talbahn in Unterrot oder an die Murrtalbahn in Fichtenberg. Wenn auch zugegeben wurde, daß durch eine solche Verbindung wesentliche Wegverkürzungen (Göppingen—Hall um 40 Kilometer, Gmünd—Hall um 54 Kilometer) erreicht würden, so wurde doch die Frage des Durchgangsverkehrs verneint und vor allem daS Fehlen eines generellen Projekts be- mangelt, ohne das die verlangte Prüfung unmöglich ist. Der Antrag der Kommission auf Uebergang zur Tagesordnung wurde jedoch abgelehnt und ein Antrag Schock und Rembold-Gmünd auf Kenntnisnahme angenommen. Die zweite Petition ging von mehreren Jagsttalgemeinden aus und verlangte einen Staatsbeitrag zu den Grunderwerbungskosten der Nebenbahn Möckmühl-Dörzbach, sowie um unentgeltliche pachtweise Ueberlassung deS zur Anlage des Anschlußbahnhofs in Möckmühl erforderlichen Staatsbahngebäudes wurde zur Berücksichtigung überwiesen. Die Summe, die hierdurch bewilligt wird, beläuft sich nur auf ca. 7000 ^ Die dritte und letzte Petition ging von Creglinge» aus und bezog sich auf die Erbauung einer normalspurigen Nebenbahn von Creglingen nach Biberehren bezw. Weikersheim zum Anschluß der Tauberbahn an die bayerische Bahn von Ochsenfurt nach Nöttingen. Es handelt sich darum, einen Versuch Bayerns, durch die zu bauende Bahn Nöttingen—Ochsenfurt den württ. Holzhandel zu sich hinüber abzulenken, zu begegnen, sowie Creglingen mit seinem wirtschaftlich bedeutenden Hinterlande an die Taubertalbahn anzuschließeu und diese dadurch rentabel zu machen. Der Antrag der Kommission auf Uebergabe zur Berücksichtigung mit der Maßgabe, daß die Erbauung und Jnbetrieb- nähme der Strecke Creglingen—Biberehren bezw. Weikersheim gleichzeitig mit derjenigen der in dem Staatsvertrage zwischen Württemberg und Bayern über die Herstellung weiterer Eisenbahnverbindungen zum Bau vorgesehene Strecke Weikersheim—Nöttingen zu erfolgen hätte, fand die Genehmigung des Hauses, ebenso ein Antrag Häffner auf Vorlegung eines diesbezüglichen Kreditgesetzes noch in dieser Tagung des Landtags.
Stuttgart, 22. Febr. Die Kammer der Abgeordneten beschäftigte sich in ihrer heutigen Sitzung mit einer Reihe von Petitionen und ging zunächst über die Eingabe eines Arbeiter- und Handwerkervereins um Abänderung der Gewerbeordnung und um erweiterte Gestaltung des Verkaufs der selbst-
Kieüe und Gold!
Kriminalerzählung von Gustav Loessel.
14 ) - (Nachdruck verboten.)
12 Kapitel.
Eine schreckliche Entdeckung.
Wir müssen den Fade» unserer Erzählung hier auf einen Augenblick fallen lassen, um zu frühere», für die Folge aber hochbedeutsamen Interessen, welche mit der drohenden Katastrophe in engstem Zusammenhang stehen, zurückzuführen.
Marie fühlte sich als eine Gefangene, ohne noch zu wisse», daß sie es war.
Ihre gänzliche Isolierung von den anderen Pensionären der Vittori schen Anstalt, welche man mit der Eigenart ihres Leidens, das größter Ruhe und Schonung bedurfte, erklärt hatte, wurde trotz der ihr sonst gebotenen Annehmlichkeiten und der ihr von dem Arzt und den Angestellten bewiesenen Zuvorkommenheit auf die Dauer unerträglich. Mau gestattete ihr zwar Spaziergänge in die waldreiche Umgebung und längs dem Meere, aber Menschen begegneten ihr da nicht. Es war gerade so, als wenn sie die Nähe der Anstalt mieden.
.Das ist eben ein Vorzug meiner Anstalt," sagte Dr. Vittori, dem sie hierüber Klage führte, .die reinste Luft, die tiefste Ruhe, viele Natur und gar keine Menschen. So nur können meine Kranke» genesen.'
Marie machte Einwendungen, die er alle mit der- selben überlegenen Ruhe widerlegte. Sie wollte wenigste» allein, ohne Wärterin, ausgehen, und das bezeichuete er von kurzer Hand als unmöglich.
Verletzt und von einem heißen Drange nach Mitteilung erfüllt, schrieb sie jene rührende Briefe an ihre in Australien lebenden vermeintlichen Freunde, welche jedes fühlende Herz in Mitleid bewegt hätten, welche der Ausdruck ihrer Vereinsamung, treuen Anhänglichkeit und eines heiße» Liebessehnens waren.
Wir habe« gesehen, wie sie ausgenommen wurde». Helene las sie gar nicht, sie haßte selbst die Hand- schrift der Unglücklichen, der allein sie all das Gute verdankte, das sie jetzt im Uebermaße genoß. Robert ging über den Inhalt dieser tränenreichen Briefe mit einigen banalen Worten hinweg. Er beantwortete sie kaum mehr. Die Briefschreiberin war für ihn
verfertigten Waren nach einem Referat des Abg. Keil zur Tagesordnung über, desgleichen nach einem längeren Referat des Frhr. v. Neubronner über die Eingabe der Gebr. NÜbling in Ulm betr. eine für das ganze Land geltende gleichartige Regelung der Amtsblattfrage. Hierauf wurde eine größere Anzahl Petitionen persönlicher Art durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt und nur die Beschwerde eines Zuchthäuslers über angebliche gesetzwidrige Vor- kommnisse im Zuchthaus der Regierung zur Kenntnisnahme übergeben, nachdem Ministerialdirektor von Schwab in dieser Hinsicht durchaus befriedigende Erklärungen abgegeben hatte An Stelle des verstorbenen Abgeordneten v. Nieder wurde der Abg. v. Kiene in die volkswirtschaftliche Kommission gewählt. Die Sitzung war um ^12 Uhr bereits be- endet. Um 12 Uhr fand dann eine gemeinschaftliche Sitzung beider Kammern der Ständeversammlung statt, die gleich zu Beginn einen Anlaß zu allgemeiner Heiterkeit gab, weil bei dem üblichen Namensaufruf der Schriftführer (Jmendörfer) der zweiten Kammer es unterlassen hatte, seines Amtes zu walten, weshalb der Namensaufruf wiederholt werden mußte.
Stuttgart, 20. Febr. Ministerpräsident Dr. ».Breitling ist in der vergangenen Woche von einem Unwohlsein befallen worden, das auf Überanstrengung zurückzuführea ist und durch Schmerzen im rechten Arm zum Ausdruck kommt. Auf den Rat der Aerzte muß der Minister in den nächsten Wochen de» Geschäften fern bleiben. — 10 Kandidaten haben sich zu der evangelisch.theologischen 1. Dienst. Prüfung dieses Frühjahrs, die am 10. März zu Ende geht, gemeldet. Im Hinblick auf die Lücken, die im unständigen evangel. Kirchendienst vorhanden sind, ist der zu hoffende Zugang an Predigtamts, kandidaten erwünscht. — Auf den 1. April will die Generaldirektion der Posten und Telegraphen 40 Postsekretärstellen in einer ganzen Reihe von Postämtern des Landes besetzen.
Stuttgart. Das Reichsgericht hat die Revision des vormalige» Rechtsanwalts Aickelin hier, welcher im Februar 1905 von der Strafkammer des Landgerichts Stuttgart wegen Beleidigung des Generalstaatsanwalts Dr. v. Schönhardt zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt wurde, als unbegründet verworfen.
Mühlhausen am Neckar, 22. Febr. Bei der heutigen Ortsvorsteherwahl wurde der Sohn des
verstorbenen Schultheißen, Berwaltungs-Kandidat Schirmer, mit großer Mehrheit gewählt.
Binsdorf, 18. Febr. Von dem anläßlich des großen Brandunglücks im Jahre 1904 eingesetzten Hilfsausschuß liegen folgende Notizen vor: Einge- gangen sind 291000 ^ Nach Abzug der Ausgaben beträgt der Ueberschuß, nach Verrechnung der versteigerten Liebesgaben, noch 69050 Hievon sollen sofort 65000 ^ verteilt werden; dem Ausschuß aber noch 4050 ^ zur etwaigen weiteren Unterstützung verbleiben.
Gemmrigheim, OA. Besigheim, 22. Febr. Am 14. Februar wurde hier die Leiche eines älteren Mannes geländet, in welcher jetzt der 45 jährige Schullehrer N. aus Ochsenbach erkannt wurde, der seit längerer Zeit schon geistig gestört war und in einem solchen Anfall wahrscheinlich ins Wasser ge- gangen ist.
Weil im Schönbuch OA. Böblingen, 20. Febr. Gestern abend wurden die 4 und 5 Jahre alten Knaben, dem Wagner Schönleber und Gipser Marquardt gehörig, vermißt. Nach längerem Suchen wurden sie in dem unweit des Ortes an der Straße nach Breitenstein gelegenen See tot aus dem Wasser gezogen. Der See ist teilweise noch mit einer Eisdecke bedeckt und wie angenommen wird, gerieten die Kinder auf eine frischgeeiste Stelle und brachen ein.
Kus StaSt» Bezirk uns Umgebung,
Neuenbürg, 21. Febr. Wir machen darauf aufmerksam, daß mit Errichtung der Postagentur in Feldrennach das Briefporto dahin einschließlich der Teilgemeinde Pfinzweiler von heute ab nicht mehr 3 sondern F beträgt.
Neuenbürg, 22. Febr. Wie bekannt, war im November vor. Js. eine aus hiesigen Gemeinde- Vertretern und Gewerbevereinsmitgliedern bestehende Deputation bei Sr. Exzellenz dem Hrn. Präsidenten der Generaldirektion der Staatseisenbahnen v. Balz wegen Errichtung eines Haltepunktes an der Wildbader Straße vorstellig. In Folge hievon fand gestern durch den Vorstand der Betriebsabteil, ung, Hrn. Direktor v. Leo, im Beisein zweier weiterer Techniker, des Hrn. Oberamtmanns Hornung und der Mitglieder der bürgerl. Kollegien eine Besichtig- ung des in Betracht kommeuden Terrains statt. Nachdem in eingehender Weise die Gründe, welche für und gegen das Projekt sprechen, erörtert worden
gegenstandslos geworden. Näher liegende Sorgen drängten sich ihm auf. Tom war jetzt weit aus gefährlicher als die sicher internierte Erbin.
Marie bemerkte mit Schmerz diese Wandlung in den Gesinnungen ihrer reich gewordenen Freunde. Unter diesen Umständen konnte sie es nur als eine Last empfinden, sie noch länger unterstützen zu müssen und für Marie war dies geradezu eine Demütigung. Nie im Leben hatte sie sich so verlassen gefühlt wie jetzt, wo sie doch in guten Verhältnissen lebte und um ihren Unterhalt nicht zu sorgen brauchte. Ach, diese kleinen täglichen Sorgen, sie waren ihr jetzt so lieb, sie erschienen ihr wie eine Erlösung aus schwerem Bann. Sie wollte gern in die alten bescheidenen I Verhältnisse zurückkehreu, für ihr Brot wieder arbeiten. Sie war ja körperlich so gekräftigt, die Pflege und die milde südliche Luft hatten Wunder gewirkt.
Sie ließ den Doktor Vittori zu sich bitten und erklärte ihm rundweg, daß sie seine Anstalt verlassen und nach Deutschland zurückkehren werde.
Er versuchte zuerst in gewohnter sanfter Weise, sie von diesem für ihre Gesundheit verhängnisvollen Schritt zurückzubriugen, tröstete sie, sagte, daß sie in Bezug auf ihre Freunde in einem Irrtum befangen sei, denn niemand in der Welt nähme ein wärmeres Interesse au ihr als diese.
Marie war eigensinnig, sie hatte alles reichlich erwogen und diesen Schritt als den allein richtigen erkannt. Nur so konnte sie ihren Frieden wiederfinden.
Ein Wort gab das andere. Die Unterhaltung nahm eine unfreundliche Wendung und zuletzt erklärte ihr der Arzt mit aller Entschiedenheit, sie werde seine Anstalt nicht mehr verlassen, denn sie sei geistesgestört.
Marie stand da wie vom Donner gerührt. Geistesgestört? War dies denn nicht der Mann, der ihr das sagte?
Nachdem sie das erste, sie befallene Grauen über- wunden hatte, begann sie zu lachen. Es war ihr . nicht so ums Herz, aber sie wollte dem Manne doch zeige», wie wenig Eindruck eine so unsinnige Behauptung auf sie mache. Er beobachtete sie unaus- gesetzt, so wie man eine Kranke beobachtet.
.So geben Sie mir einen Beweis meiner Geistesgestörtheit', sagte sie mit erzwungenem Gleichmut. .Sprechen Sie mit mir über irgend eine Sache und
bemerken Sie, ob ich in meinen Antworten unkorrekt oder auch nur schwankend bin.'
.So nennen Sie mir doch Ihren Namen,' sagte Vittorie kühl.
„Meinen Namen?' Marie Laukwitz, d. h. jetzt wieder, nachdem ich mich durch eine lange Reihe von Jahren nach meiner Mutter Marie Heppner genannt hatte. Die Gründe hierfür sind die meinen und gehen Sie nichts an. Meine Freundin Helene Wöhlau kennt sie. Nun, ist das nicht verständig geantwortet?'
.Ganz so, bis auf einen kleinen Punkt — Ihren Namen. Sie sind eben gerade jene Helene Wöhlau und Ihre Freundin ist die Marie Laukwitz, welche jetzt nach Australien gegangen, um ihr väterliches Erbe anzutreten.'
Marie stand wieder einen Augenblick stumm und starr dem Manne gegenüber, der selber so verworrene Reden führte. Sein Blick, seine Haltung ließen sie erkennen, daß er im Ernst sprach.
.Wer mag Ihnen denn das eingeredet haben," sagte Marie halb ärgerlich; .zum Glück bin ich in der Lage, Ihnen das Gegenteil beweisen zu können.'
Sie schloß Ihren Koffer auf, entnahm demselben ein Kouvert, in welchem die Papiere lagen und reichte es dem Arzt hin. .Bitte, lesen Siel' sagte sie schroff.
Der Arzt nahm einige Papiere heraus, entfaltete sie und sagte: .Nun ja, hier steht es klar und deutlich: Helene Wöhlau. Sehen Sie selbstl'
Nur einen flüchtigen Blick warf Helene auf die zurückgereichteu Papiere, dann brach ein Schrei von I ihren Lippen. Die Binde war von ihren Augen ge- > fallen. Sie sah mit erschreckender Klarheit, daß sie einem furchtbaren Betrüge zum Opfer gefallen, und eine innere Stimme sagte ihr, warum.
.Mein Vater — lebt — und ich — und sie,' stieß sie stammelnd hervor, zwischen Lachen und Weinen. .Ich will — hin — zu ihm, ihm sagen —'
Sie machte einen Schritt vorwärts. Sie schwankte. Alles im Zimmer drehte sich mit ihr. Mit leisem Aechzen sank sie dem hinzuspriugenden Arzt in die Arme. Nun war der Wahnsinn doch zum Ausbruch gekommen. Mitleidsvoll blickte er auf sie nieder. Sie würde seine Anstalt nicht mehr verlassen.
Er klingelte der Wärterin, legte die Kranke aufs Bett und gab seine Weisungen. Dann blieben die beiden Frauen allein. Forts, folgt.