nach drm Friedensschluß Oesterreichs mit Frankreich die deutschen Angelegenheiten regeln sollte, die Kurfürstenwürde, sowie eine beträchtliche Vergrößerung seines Gebietes: neben 9 Reichsstädten (darunter Reutlingen, Rottweil. Weilderstadt) eine Anzahl geistlicher Gebiete (wie Ellwangen, Rottenmünster), zusammen etwa 120000 Einwohner.
Indes hatte der Friede keinen langen Bestand. Wieder stand Oesterreich in Verbindung mit andern Mächten im Felde gegen Frankreich, wo Bonaparte inzwischen Kaiser der Franzosen geworden war (Mai 1804), und wieder neigte Friedrich Oesterreich zu, von dem er wiederum im Stiche gelassen wurde. Den Versuch neutral zu bleiben, machte Napoleon bei einem persönlichen Zusammentreffen mit Friedrich in Ludwigsburg (2. Okt. 1805) zur Unmöglichkeit, indem er diesen unter Androhung im Weigerungsfall, Württemberg als eroberte Provinz zu behandeln, zum Waffeubündnis zwang. Immerhin kamen die ausrückeoden Württemberger in kein ernstliches Gefecht, und als die Schlacht bei Austerlitz (2. Dez. 1805) den Krieg entschied und Oesterreich den Frieden von Preßburg schlichen mußte (26. Dez. 1805), verhalf Napoleon dem Kurfürsten von Württemberg zu einer Entschädigung, welche diesen mit dem erlittenen Zwang reichlich aussöhnte: auf den 1. Januar 1806 wurde Friedrich König von Württemberg und konnte seinem Lande als Morgengabe wiederum einen ganz erheblichen Gebietszuwachs darbieten. Vor allen Dingen kamen die Württemberg angrenzenden vorderösterreichischen Lande in Friedrichs Besitz, vornehmlich die Grafschaft Hohenberg mit Rottenburg, Horb, Oberndorf, in Oberschwaben Ehingen, Riedlingen, Saulgau u. a.
Friedrich hatte damit das höchste Ziel erreicht, » welches für ihn und sein angestammtes Land möglich war, und wenn es auch keinem Zweifel unterliegt, daß in jenen Tagen oft genug „Gewalt vor Recht" ging und die Ereignisse und ihre Sachwalter in der Wahl ihrer Mittel und Wege keineswegs wählerisch waren; wenn ferner auf Jahre an die Stelle des ohnmächtigen deutschen Kaisers der unbändige Macht- und Gewaltwille des Kaisers der Franzosen trat, so mußte doch jene Zeit die einleitende Periode bilden für («me höhere Entwicklung, welche in der Einigung der deutschen Völker und Stämme im neuen deutschen Reich nnp in der Kaiserproklamation von Versailles am 18. Januar 1871 ihre höchste Krönung fand.
Stuttgart. 4. Januar. Der Landtag wird, laut einer im „Staatsanz." veröffentlichten K Verordnung, am 11. Januar wieder zusammen- treten. In der bevorstehenden Tagung wird der Landtag ein ebenso umfangreiches, wie wichtiges Arbeitspensum zu erledigen haben. Für die Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten im Plenum find vorbereitet das Verfassungsgesetz nebst dem Laudtagswahlges'tz, die Hoftheatervorlage, verschiedene Elsenbahupetitionen, das Gesetz über die Bahneinheiten, der Gesetzentwurf über die Bereinigung der Weiler Karlshöhe und Salon mit Ludwigsburg und die Eingaben um Eingemeindung von Degerloch, Bothvang und Kaltental nach Stuttgart. Man nimmt an, daß in derselben Zeit, in welcher die Abgeordnetenkammer diese Gegenstände erledigt haben wird, die Kammer der Standesherru die Gemeindeordnung und wohl auch noch die Bezirksordnung behandeln kann. Sodann dürfte es zu einer längeren Pause in den Plenarberatungeu kommen, während welcher die Kommissionen der zweiten Kammer sich mit den abweichenden Beschlüssen der StandeSherrn zur Verwaltungsreform, mit der Gerichtskostenordnung und dem neuen Eisenbahnbaukreditgesetz betr. den Stuttgarter Bahnhofumbau u. s. w. zu beschäftigen haben werden und gleichzeitig die Kommissionen der Standesherrn die von der Ab- geordnetenkammer behandelten Vorlagen, darunter die Verfassungsreform, in Beratung ziehen könne».
Stuttgart, 4. Jan. Das Gesamtministerium hat bekanntlich schon seit längerer Zeit beschlossen, den höher geprüften Staatsbeamten der Departements des Innern, der Finanzen und der Verkehrsanstalten alrbald nach Erstehung der zweiten höheren Dienstprüfung den Titel Assessor zu verleihen. Nun handelt es sich zunächst um die Frage, was die seitherigen Regierungs- und Finanzassessoren für einen Titel erhalten sollen. Wie nunmehr ein hiesiges Korrespondenzbureau auS sicherer Quelle wissen will, ist die Entscheidung dahin gefallen, daß die bisherigen Assessoren den Titel Kreisamtman» im Departement des Jnneru und Kreisfinanz, amt manu im Departement der Finanzen erhalten solle».
Slus Stasi. Bezirk uns Umgevung.
Neuenbürg, 4. Jan. Aus Kirchheim u. T. kam gestern die Trauerkunde von dem Hinscheiden des Hrn. Bahnmeisters a. D. Fr. Rubeusdörffer, welcher hier mit seiner zahlreichen Familie seine zweite Heimat gefunden hatte. Der im 62 Lebensjahr Verschiedene war hier als Bahnmeister seit dem Jahr 1882 tätig und hat sich als stets pfiichtgetreuer, durchaus tüchtiger und gerechter Beamter, als ehrenwerter Charakter und braver Familienvater, wie durch seinen frischen Humor und lebendigen Patriotismus allgemeine Achtung und Verehrung erworben. Als Kriegsveterau von 1866 und 1870/71 und infolge seines beschwerlichen, häufigen Erkältungen allsgesetzten Dienstes Halle sich Rubeusdöiffer ein Herzleiden, verbunden mit gichtischen und asthmatischen Beschwer- den, zugezogen, die seine Pensionierung im Oktober 1904 nötig machten und ihn veranlaßten, de» Ruhestand in dem ihm bekannten Kirchheim aufzu- suchen. Es war ihm daselbst nur ein kurzer Lebensabend beschieden, denn ei» Schlaganfall, von dem er sich zwar wieder zu erholen schien, machte seinem Leben gar zu bald ein Ende. Heute wurde der brave Mann unter ehrenvoller Teilnahme auch von Seiten eines hies. Bahnhofbeamten auf dem Friedhof zu Kirchheim zur letzten Ruhe bestattet.
Neuenbürg, 4 Jan. Der auf den Wettersturz vom 30. v. Mts. plötzlich wieder aufgetretene Frost, welcher längere Zeit anzuhalten schien, ist wieder gebrochen. Seit heute hat langsam ein Tau- Wetter eingesetzt. Für die Eisgewinnung und zum Schlittschuhlauf wurden die paar Tage lebhaft ans- geuützt. Eine neue Art von Eisproduktio» beansprucht allgemein lebhaftes Interesse. Die HH. Metzgermeister Gottlieb Stengele und Hugo Sten gele hier haben ein Eis Haus neuesten Stils am Bruunenweg erstellt und auf dem Eisgerüst in den letzten 2 Tagen allein ca. 500 Ztr Eis einge- heimst. Das Gerüst hat bei der in Rede stehenden modernen Anlage für seinen Zweck eine besonders günstige, gegen die Einwirkung der Sonnenstrahlen geschützte Lage. Die Eisgewinnung ist, da keinerlei Transportkosten damit verbunden find, die denkbar billigste, da sie höchst einfach ist. Ein hölzernes 2stöckiges Gerüst wird durch Wasser aus der städt. Quellwasserleitung mittelst des natürlichen Druckes durch 5 trichterförmige feingefiebte Seiher, einem Sprühregen gleich, langsam übergossen, so daß sich bei entsprechendem Frost kristallklares Eis in herabhängenden Zapfen bildet, das nun direkt vom Gerüstboden aus in kürzester Zeit mittelst Schaufeln ins Eishaus befördert wird, um daselbst zu einer festen Masse sich zu bilden. Das aus Backsteinen massiv erbaute Haus ist bei einer Frontlänge von 8 w und einer Tiefe von 5 m an der Giebelseite 9 w hoch; es nimmt etwa 2000 Zentner Eis auf »nd ist so kon- struiert, daß das Eis nur ganz langsam zum Schmelzen kommt, wenigstens hat die ausführende pat. Firma Schäferlein u. Wolfram in Frankfurt die Gewähr dafür übernommen, daß der Eisvorrat auf volle 2 Jahre ausreicht, so daß also, selbst wenn einmal in einem Winter kein Eis gewonnen werden kann, sich noch genügend Eis im Hause befindet und die Kühl- lustanlage nicht notleidet Der 4 bis 5 cbm große Kühlluftraum ist so eingerichtet, daß die Kälte durch eine regulierbare O-ffnung unten vom Eisraum her eindringt und die wärmere Luft auf der anderen Seite des Raumes abzieht, so daß, was einen Haupt- Vorzug vor den bisherigen Kühlluftanlagen bildet, eine Zirkulation von reiner Luft hergestellt ist, welche das Anlaufen der aufbewahrten Fleisch- und Wurst- Waren ausschließt. Der Borraum, welcher gleich dem Kühlluftraum durchweg mit glasierten weißen Tonplättchen ausgeschlagen ist. dient zum Einsalzen des Fleisches oder zur vorübergehenden Aufbewahrung der Fleisch und Wurstwaren und entspricht so voll und ganz seinem Zipeck. Die ganze, wenn auch etwas kostspielige Kühlluftaulage bedeutet einen sehr beachtenswerten Fortschritt, speziell für das Metzgerei- gewerbe, und dürfte mit Recht bald weitere Verbreit- ung finden.
ss Neuenbürg, 5. Jan. Einen Milchaufschlag haben wir auch in hiesiger Stadt zu verzeichnen, indem bei der Versammlung des hiesigen Viehversicherungsvereins am 31. Dez v. I beschlossen wurde, vom 1. Jan. ab das Liter Milch nicht mehr unter 20 abzugeben.
f Neuenbürg, 3. Jan. Am heurigen Neujahrsfest hielt der Evang. Jünglingsverein in Birken- seid im Gasthof zur „Schönen Aussicht' seinen alljährlichen Familienabend. Schon vor 7 Uhr war der geräumige Saal gedrängt voll und allgemein lag fröhliche Erwartung über den zahlreichen Teilnehmern. Niemand wurde enttäuscht. Der Vorstand, Hr-
Maushardt, hielt eine treffliche Ansprache über den Zweck unserer Vereine; in anschaulicher Weise führte er de» Unterschied eines echten Jünglingsvereinsmitglieds von einem in den Gefahren der Jugend haltlos unterliegende» Jüngling jedermann überzeugend vor Auge». In jedem Verein gebe es freilich auch schädliche Elemente, aber seine Arbeit sei deshalb nicht umsonst, sichtlich gehe es vorwärts unter der Anerkennung der Urteilsfähigen. Aufge- führt wurden 6 kleinere dramatische Stücke: „Der Erbe", „Kaiser Joseph und der Amtmann", „Furchtlos und treu', „Des Pfarrers Geburtstag", „Das neue Paradies", „Um tausend Mark". Diese wie die 4 Deklamationen zeugten von dem Fleiß und der Rührigkeit der Vereinsmitglieder und Waiden dank- bar angehört Sehr zur Belebung des Ganzen dienten die feierlich ernste» Lieder des gemischten Chors, die allgemeinen Gesäuge und die zahlreichen Darbietungen des PosaunenchorS von Dietlingen und Ellmendingen. An Stelle des leider verhinderten Ortsgeistlichen hielt Stadtvikar Paulus eine Ansprache, in der er seiner lebhaften Freude über den schönen Abend Ausdruck gab und die dringliche Not- Wendigkeit eines engeren Zusammenschlusses der Be- zirksvereine betonte. Ein Mitglied des Neuenbürger Vereins trug ein hübsches Gedicht in schwäbischer Mundart vor. Das Ganze verlief so in harmonischer Weise. Wir hoffen, daß auch dieses Fest unsere Vereine im B zirk und besonders den Verein m Birkenfeld nach innen und außen kräftigt und so zur Erreichuug ihrer Bestimmung tauglicher macht.
Neuenbürg. Um bei den Bauhandwerkern den Sinn für tüchtige meistermäßige Arbeit zu fördern, und auch um das Publikum auf den Wert einer richtige» Kofteuberechnung aufmerksam zu machen, wird die Zentralstelle für Gewerbe und Handel künftighin alljährlich einen Wettbewerb für verschiedene Zweige des Baugewerbes mit nachfolgender Ausstellung der eingesandten Arbeite» im Landesgewerbemuseum veranstalten. Für den Wettbewerb sollen nur solche Gegenstände in Betracht kommen, wie sie in der bürgerlichen Baukunst täglich Verwendung finden. Vom Preisgericht, das sich aus dem Vorstand der Beratungsstelle für das Baugewerbe, Professor Schmohl, und aus zwei tüchtigen Meistern des beteiligten Handwerkezweiges zusammensetzen wird, wird der Häuptwert auf die Tüchtigkeit der Ausführung der Arbeiten gelegt werden. Jeder Arbeit ist eine ins Einzelne gehende Berechnung der Selbstkosten ohne Gewinnzuschlag beizugebeu.
Pforzheim, 4. Januar. Aus der Ladenkaffe eines hiesigen Pferdemetzgers in der Gerberstraße wurden gestern nachmittag etwa 20 ^ gestohlen.
Pforzheim, 4. Jan. Durch einen unglücklichen Zufall wurde am letzten Sonntag das Töchterche« Hedwig des Goldarbeiters R in der Barfüßergaffe von kochendem Wasser derart verbrüht, daß es nach dem Kinderkrankenhaus verbracht werden mußte, wo es nun seinen Verletzungen erlegen ist
Neuenbürg, 5 Jan. Dem heutigen Schweinemarkte z; geführte 30 Stück Milchschweine wurden zu 28—34 l/L pro Paar verkauft.
Letzte Nachrichten u. Telegramme
Neustadt a. d Hardt, 4. Januar. Nach einer Meldung des „Pfälzer Kuriers" hat sich der Reichs- tagsabgeorduete Sartorius unter Darlegung der Grundlage seines Prozesses an die Fraktion der freisinnigen Volkspartei gewandt und ihre Entscheidung angerufen, ob sie es für geboten erachte, daß er sein Mandat in die Hände seiner Wähler zurücklege.
Moskau, 4. Jan. Generalgouverneur Lubaffoff veröffentlicht einen ausführlichen Bericht über die letzten Ereignisse in Moskau, und sagt darin folgendes: Nach der am 28. Dezember erfolgten gründlichen Niederlage ergriffen die revolutionären Banden unter Benutzung der Eisenbahn, die sich noch bis zum 29. Dezember in ihren Händen befand, die Flucht. Jetzt sind sie vollständig zersprengt.
Petersburg, 4. Jan. Der Kaiser befahl dem Generalgouverneur von Moskau 100000 Rubel zur Verfügung zu stellen. Die Summe soll an die not- leidende Bevölkerung, die durch den Aufstand gelitten hat, verteilt werden.
Reklameteil.
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„ Anton Heine«, Pforzheim und Wildbad.
Mit einer vierseitigen Beilage.