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Der LnZtSl

Anzeiger für das Lnztal und Umgebung.

Amtsblatt tür Ssn OberamtsbLAirk IlLuenb

Revelrhürg, Dienstag dm 2. Januar 1906.

K«zeigk«Prns:

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64. Jahrgang.

Politische Iahresrundschan.

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Bei einem Rückblick auf das Jahr 1905 ge­denken wir in deutscher Treue zunächst unteres all­verehrten Kaisers und seines HauseS Erfreulicher- weise ließ der Gesundheitszustand des erlauchten Herrschers in dem abgelaufeuen Jahre nichts zu wünschen übrig, dagegen war Prinz Eitel Friedrich, der zweite Sohn des Kaiserpaares, zu Anfang deS JahreS nicht unbedenklich erkrankt, seiner Erholung galt hauptsächlich die Mittelmeerfahrt, welche der Kaiser uud die Kaiserin in Begleitung des wieder« genesenen Prinzen während der Monate März und April unternahmen. Hierbei hatten die Majestäten die Freude, ihren aus Ostafien heimkehrenden dritten Sohn Prinz Adalbert in Italien begrüßen zu könne«. Tie nächstfolgende Auslandreise des Kaisers war wesentlich politischen Charakters, denn sie führte de« Monarchen nach Tanger; welche Wirkungen dieser sensationelle Besuch des deutschen Kaisers in der Politisch wichtigen Stadt Marokkos auf die schließlich friedlichere Gestaltung der schwierige» marokkanischen Frage auSgeübt hat, das ist ja hin« länglich bekannt. Auf der Fahrt des Kaisers nach Tanger erfolgte eine Begegnung desselben mit König Ludwig von Portugal in Lissabon. Im Sommer führte der Kaiser dann wieder die gewohnte alljähr­liche Erholungsreise nach dem skandinavischen Norden aus, nur, daß sie diesmal nicht nach Norwegen, sondern nach Schweden gerichtet war; in ihrem Ver­laufe fand eine Zusammenkunft des Kaisers mit dem Zaren Nikolaus bei der Insel Björkö statt. Später stattete der Kaiser dem greisen König Christian von Dänemark einen Besuch in Kopenhagen ab, wodurch erueut die Herstellung besserer Beziehungen zwischen den Höfen von Berlin und Kopenhagen bekräftigt wurde. Zwei frohe Ereignisse vollzogen sich während des alten Jahres im Kaiserhause, die Vermählung des Kronprinzen Wilhelm mit der Herzogin Cäcilie von Mecklenburg-Schwerin und die Verlob­ung des Prinzen Eitel Friedrich mit der Her­zogin Sophie Charlotte von Oldenburg. AuS fürstlichen Kreisen rief der Tod ab den Fürsten Leopold von Hohenzollern, pjx Großherzogiu Karoline von Sachsen-Weimar und den geistes­kranken Fürsten Alexander von Lippe-Detmold; ferner ging der berühmte Maler Professor A. v. Menzel und der um Deutschlands Kolonialstellung hochver­diente Afrikaforscher Hermann v. Wißmann mit Tod ab. Weiter wurde durch den Tod ein Personal­wechsel auf je einem der höchsten Aemter des Reiches und Preußens verursacht. Es starb der Reichs- gerichtspräfident Dr. Gutbrot, zu seinem Nach­folger wurde der Unterstaatssekretär im preußischen Justizministerium v. Seckendorf ernannt; außerdem verschied der Preußische Minister des Inner« von Hammerstein, er erhielt zu seinem Nachfolger den bisherigen Oberpräfidenten der Provinz Brandenburg v. Bethmann-Hollweg. Auch sonst noch traten im Bestände des Preußischen Staatsministeriums Ver­änderungen ein. Haudelsminister Möller legte sein Amt nieder, er erhielt in demselben den seitherigen Oberpräfidenten von Westpreußen Dr. v. Delbrück zum Nachfolger. Ebenso demissionierte der Justiz- minister v. Schönstedt, ihn ersetzte der bisherige OberlandesgerichtSprästdent in Breslau Dr. Beßler. Auch in der Kolonialverwaltung erfolgte eine Per- sonalveränderung, Kolonialdirektor Dr. Stübel schied von seinem Posten, in welchem ihm der Erbprinz zu Hohenlohe-Langenburg nachfolgte, der bislang die Regierungsverwesung im Herzogtum Koburg-Gotha geführt hatte. Der greise Fürst Karl Günther Schwarzburg-Sonderhausen feierte sein 2öjährigeS Regierungsjubiläum, Herzog Karl Eduard von Sachsen.Koburg-Gotha übernahm anläßlich seiner Mündigkeit selbst die Regierung seines Landes und Ed darauf vermählte er sich mit der Prinzessin Adelheid Viktoria von Schleswig-Holstein-Glücks-

j bürg. Eine ehrende Auszeichnung seitens des Kaisers wurde dem Reichskanzler Grafen Bülow und dem Fürsten zu Pletz dadurch zu teil, daß der Monarch erstereu in den Fürstenstand, letzteren in den Herzog, stand erhob. Definitive Erledigung fand der lippische Throufolgestreit, das Reichsgericht entschied denselben zugunsten der Linie Lippe-Biesterfeld, infolgedessen der bisherige Grasregent Ernst den Thron von Lippe-Detmold als Fürst bestieg. Der Reichstag trat am 28. November 1905 zu seiner neuesten Session zusammen; ihre Hauptberatungsgegenstände bilden die Reichsfinanzreform und die hiermit zusammen­hängenden Steuervorlagen, der Etat, die Flotten­vorlage und die Militärpenfiousgesetze. Im Ruhr- kohlengebiet brach wieder ein größerer Bergarbeiter- streik aus, er wurde erst nach mehrwöchiger Dauer beendigt. Gon einschneidender wirtschaftlicher Be­deutung für weite Bevölkerungskreise wurde die Fleisch- teuerung, welche mißliche Erscheinung auch jetzt noch fortbcsteht. Jo den östlichen Provinzen Preußens trat die Cholera auf, sie drang in einzelnen Fällen sogar nach der Provinz Brandenburg vor; im No- vember konnte die gefährliche Krankheit amtlich als wieder erloschen erklärt werden. Die kolonialen Schwierigkeiten des Reiches in Afrika dauerten auch im Jahre 1905 fort; der Eingeborenen-Aufstand in Deutsch-Südwestafrika konnte noch immer nicht gänz­lich niedergeschlagen werden, obwohl im Laufe des Jahres der Hauptführec der Rebellen, der einfluß­reiche Hendrick Witboi, an seiner Etlichen Wunde starb und sein Sohn und Nachfolger. Jsak Samuel sich mit fernen meisten Leureu den Deutschen ergab. Zudem gab es auch in Deutsch Ostafrika Schwierig­keiten, da dort ebenfalls ein Aufstand ausbrach; auch der ist noch nicht gänzlich uiedergeworfeu. Ja Deutsch-Südwestafrika trat mit Herrn v. Lindequist, dem bisherigen Generalkonsul in Kapstadt, ein neuer Gouverneur an die Spitze der Verwaltung, der bis- herige oberste Truppenbefehlshaber in Deutsch-Süd- westafriko, General v Trotha, wurde von seinem Posten abberusen. Ernste auswärtige Verwickelungen drohte für Deutschland die Marokkofrage herbeizu- führen; die Gefahr eines kriegerischen Zusammen- stoßes mit Frankreich und England lag eine Zeit lang näher, als viele dies für möglich gehalten hätten. Glücklicherweise erhellt sich der uudüstere politische Horizont wieder einigermaßen. Als ein Zeichen dieser Aufhellung konnte der Besuch eines englischen Geschwaders in Swiuemüude und Danzig betrachtet werden. Dennoch bleibt die Weltlage noch immer ernst genug, wie dies auch die gewichtige Sprache der kaiserlichen Thronrede bei Eröffnung des Reichstages hinlänglich erkennen ließ.

In Oesterreich.Ungarn gab es in beiden Reichshälften Kabinettswechsel. In Oesterreich trat das Ministerium Körber zurück und wurde durch ein Ministerium Gautsch ersetzt; doch griffen dann wie- derum in letzterem noch mehrfache Personalveränder- ungen Platz. In Ungarn demissionierte das un­populäre Ministerium Tisza infolge des schlechten Ausfalles der Reichstagswahlen, nach längerer Kabinkttskrists bildete sich ein Ministerium Fejervary, dem es aber bis zur Stunde noch nicht gelungen ist, die Opposition zu besiegen oder sich mit ihr zu ver- ständigen. Wiederholt schon reichte darum auch daS Kabinett Fejervary seine Entlassung beim Kaiser ein, doch lehnte der greise Monarch die Annahme des Entlassungsgesuches ab. Einstweilen ist der ungarische Reichstag wiederum vertagt worden, und zwar bis zum 1. März.

rirmSschau.

Der deutsche Reichstag wird seine Sitzungen am 9. Jan. wieder eröffnen. Die bisherigen De­batten über die Reichssteuerreform bieten weniges erfreuliches; der einen Partei gefällt diese, der andern jene Steuer nicht uud doch kann die Regierung keine einzige entbehren, wenn überhaupt das Reich finanziell

aus eigene Füße gestellt und so gesunden soll. Biele Mitglieder des Reichstags scheinen geneigt zu sein, die Reichserbschaftssteuer ganz bedeutend in die Höhe zu schrauben und sie auch vou direkten Nachkomme» zu erheben; auch für eine Wehrsteuer scheint sich schließlich eine Majorität im Reichstag zu finden. Bis jetzt aber sind die Verhältnisse noch gar nicht geklärt und es wird noch mancher Redeschlacht be­dürfen, bis ein wirkliches Resultat erzielt wird, wo­bei noch immer zu befürchten ist, daß gar nichts herauskommt. Namentlich gegen die Brau- und Tabaksteuer erhebt sich vielfacher Widerspruch.

Der Großherzog von Baden ist an einem Bronchialkatarrh erkrankt, durch welchen sich der greise Monarch bis auf weiteres ans Bett gefesselt steht.

In Deutsch-Südwestafrika haben sich, laut einer amtlichen Berliner Meldung, de» deutschen Be­hörden bis zum 24. Dezember insgesamt 1100 Hotten­totten, darunter 390 Männer mit 132 Gewehren, gestellt. Sie setzen sich zusammen aus Wilbois des Kapitäns Isaak Witboi, des Großmauns Sebulou und Elias, eines Feldkornets Heudrik, ferner aus Leuten der Kapitäne Manassa von Hoachanas und Simon Köpper von GochaS, sowie HrruS Hendriks, Kapitäns der Beldschoendrager.

Die Krisis in Ungarn entwickelt sich nach­gerade zu einem erbitterten Kampf der Komitats- und Gemeindeverwaltungen gegen die Fejsrvarysche Regierung. Nicht weniger als 37 Mumzipien sind in offener erbitterter Fehde gegen die Regierung, uud nahezu die gesamte Gendarmerie des Landes, sowie eine beträchtliche Streitmacht des gemeinsamen Heeres und der Honvedtroppen muß aufgeboten werden, um die Orgaue der Regierung gegen die empörte Be­völkerung zu verteidigen. Nur nerm Mumzipien stehen auf der Seite der Regierung; 11 andere nehmen zurzeit eine noch unentschlossene Haltung ein, während 5 eine gemäßigte Resistenz beobachten. Unter allen Umständen sind nur sehr geringe Anzeichen vorhanden, daß der Friede im Bereich der Möglichkeit liegt.

Die Hungersnot in den drei Nordprovinze« Japans hat dort hochkritische Zustände geschaffen, annähernd drei Millionen Menschen leiden dort bitterste Not.

Der vor kurzem gegründeteFlottenbund deutscher Frauen' hat sich zur Aufgabe gemacht, die Kosten für ein größeres oder kleineres Kriegs­schiff zu sammeln. Wie imHann. Kur.' uuumehr mitgeteilr wird, ist der Kaiser über die durch die Sammlung betätigte patriotische Gesinnung sehr er­freut und hat den Wunsch ausgesprochen, daß die Beteiligten von dieser Freude des Kaisers Keuutuis erlangen. Die Sammelgelder sollen einstweilen einer Frauenlobstiftung' zufließen, die vom Kaiser ge­nehmigt und ins Leben getreten ist.

München, 29. Dez. Hoskapellmeifter Kremser aus Wien, Professor Kretschmer aus Berlin und Dr. Hegar aus Zürich haben gestern uud heute hier über gewisse technische Einrichtungen des neuen Volksliederbuches für Männerchöre beraten, das bekanntlich von Kaiser Wilhelm angeregt worden ist. Wie verlautet, soll das Buch gegen Ende des nächsten Jahres fertig sein.

Die Versammlung der Hamburger Kaufmann­schaft und die Handelskammer zu Frankfurt a. M. nahmen Resolutionen zugunsten der deutsch­englischen Annäherung an.

Ja Leipzig wurden zwei Kommissionäre unter dem dringenden Verdacht verhaftet, eine für eine Londoner Firma bestimmte Rauchwarenseuduvg im Wert von 80000 -/A beiseite geschafft zu haben.

Großes Aufsehen erregt in der ganzen Umgegend der Konkurs der Holzhandlung der Gebr. Krämer auf der Obermiesauer Mühle. Wie nach dem Pfälz. Kur.' verlautet, stehen etwa 20000 Aktiva 200000 ^ Passiva gegenüber. Eine Reihe von Geschäftsleuten und Bauersleuten wird durch den Konkurs in Mitleidenschaft gezogen, da sie der