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9 an der Zahl, als rotzverdächtig getötet werden. Bei der Sektion stellte sich heraus, daß die Krank­heit schon vor Jahresfrist in den Stall eingeschleppt worden sein mußte.

Frankfurt a. M., 11. Febr. In das Möbelgeschäft von F. Lauenstein, Große Gallus­straße 17, drangen heute Nacht gegen 3 Uhr zwei Einbrecher ein. Der Inhaber des Geschäftes, Christian Pfannkuchen, wurde durch die elektrischen Wecker alarmiert. Er traf mit den Einbrechern in dem Bureau des Geschäftes zusammen. Einer derselben gab 3 Schüsse auf denselben ab, wovon einer traf. Alsdann entflohen die Einbrecher. Pfannkuchen ist durch eine Kugel, die in den Kopf drang schwer aber nicht lebensgefährlich verletzt. Die Einbrecher sind bis jetzt nicht ermittelt.

Dresden, 11. Febr. In dem Ehescheid- ungs-Prozeß des Kronprinzenpaares verkündete heute Nachmittag 4'/< Uhr der Vorsitzende im Namen des Königs folgendes Urteil: Die Ehe des Kronprinzen Friedrich August mit seiner Ehefrau Louise geborene Erzherzogin von Oesterreich wird wegen Ehebruchs der Frau Beklagten, begangen mit, dem Sprachlehrer Giron, von dem Bande geschieden. Die Frau Beklagte ist allein schuldig und hat die Kosten des Verfahrens zu trogen.

Berlin, 11. Febr. Nach einer Wiener Depesche derMorgenpost" drücken Telegramme des Direktors des Sanatoriums, in welchem sich die Prinzessin Louise befindet, an Wiener und Salz­burger Hofstellen die Auffassung aus, daß die Reue der Prinzessin eine tiefe und aufrichtige und die Trennung von Giron eine aufrichtige sei. Lachenal erklärte gestern, der Aufenthalt der Prinzessin in der Anstalt werde nur von kurzer Dauer sein und sich keinesfalls über die Zeit der Niederkunft er­strecken, die im April zu erwarten sei. Die Prin­zessin erhielt gestern zahlreiche Depeschen aus Deutsch­land, in denen sie zur Trennung von Giron beglück­wünscht wird. Aus Amerika erhielt sie von einem anonymen Absender einen größeren Geldbetrag.

Berlin, 12. Febr. Wie demBerliner Tageblatt" zur Ehescheidung des sächsischen Kronprinzenpaares noch ans Dresden ge­meldet wird, erfolgte die Verurteilung auf Grund des Z 1565 des bürgerlichen Gesetzbuches. Da beide Teile römisch-katholischer Konfession sind, ist nach kanonischem Recht eine Ehescheidung nicht statt­haft. Man nimmt aber in Dresdener gut unter­richteten Kreisen bestimmt an, daß sich der Papst unter den obwaltenden Umständen zu einem Ehe­scheidungs-Votum bereit erklären wird. In Dresden wie in Leipzig erregte das Scheidungsurteil unge­heures Aufsehen. Nach einer Dresdener Meldung desLokalanzcigers" sind durch das gestrige Urteil die Beziehungen der Prinzessin Louise zum sächsischen Hofe als definitiv zu betrachten und die Rente, die für die Prinzessin wahrscheinlich ausgesetzt werden wird, ist dann eine freiwillige Gabe des Kronprinzen. Wie demselben Blatte aus Genf telegraphiert wird, ist die Prinzessin Louise durch den Advokaten Lachenal sofort von dem Urteil im Dresdener Prozeß unterrichtet worden. Sie war auf diesen Ausgang gefaßt und erklärte, daß er übereinstimme mit den Wünschen, die sie selbst alsbald nach der Abreise mit Giron geäußert habe. Die Bemühungen des Letzteren, die Prinzessin gestern in der Heilanstalt La Metairie zu sprechen, hatten keinen Erfolg. Die Prinzessin empfängt keine Besuche, ihr Gesundheits­zustand ist aber befriedigend.

Berlin, 12. Febr. Nach einer Newyorker Depesche desLokalanzeigers" hat auch Italien das englische Protokoll angenommen. Der Gesandte Bowen bot Deutschland nun eine höhere Barzahlung an, falls es die Forderung von 340,000 Dollar aufgebe. England und Italien sind mit der offe­rierten Bevorzugung Deutschlands einverstanden.

Genf, 12. Febr. Giron, der gestern vor­mittag in Lausanne eingetroffen ist, begab sich nach­mittags in Begleitung von Leopold Wölfling nach Genf. Er wurde aber von Lachenal nicht empfangen, vielmehr ließ dieser ihm sagen, er möge unverzüg­lich nach Brüssel zurückkehren. Giron soll diesem Wunsche am Abend nachgekommen sein ohne auch nur den Versuch gemacht zu haben, die Prinzessin zu sehen, wenigstens sagt man so. Gut unterrich­tete Kreise glauben auch nicht recht an die Rückkehr GironS nach Brüssel, denn man muß in Betracht

ziehen, daß er wegen eines zweistündigen Aufent­haltes doch nicht eine solche Reise machte. Lachenal macht häufig Besuche bei der Kronprinzessin, deren Gesundheitszustand zufriedenstellend ist. Sie hat noch nicht alle Hoffnung verloren, sich nach Salz­burg begeben und ihre Kinder sehen zu dürfen trotz der ablehnenden Antwort des Hofes. Tie Verhand­lungen dauern fort.

Rom, 12. Febr. Die Villa des Senators und Bürgermeisters von Palermo, Tasca, wurde von Briganten vollständig ausgeraubt. Der Wert der von den Briganten gemachten Beute be­ziffert sich auf über 100,000 Lire.

Paris, 12. Febr. Der Jntransigeant kündigt einen grpßen Skandal an, der heute zum Ansbruch gelangen soll. Es handelt sich um eine sehr bekannte Persönlichkeit aus Gerichtskreisen, dessen Gattin unter Mitnahme von Juwelen und Goldsachen im Werte von über 100,000 Francs mit einem jungen Manne entflohen ist. Der betrogene Gatte hat gerichtliche Klage eingeleitet und die An­

gelegenheit yiir^vj^l Staub aufwirbcln.

Die Pertmldung der Gnubahn und Uügold- bahn durch eine normalspurige Nebenbahn Wischen Herrenberg einerseits und Wildberg oder Calw oder Althengstett andererseits.

In dem Gesetzentwurf, betr. den Bau von Nebenbahnen, der im Jahr 1902 der Ständever­sammlung zur Beratung unterstand, ist eine Bahn von Herrenberg nach Tübingen durch das Ammer­tal unter denjenigen Linien aufgeführt, die durch den Staat zu erbauen sind, bei denen aber die Verbcscheidung der erforderlichen Geldmittel Vor­behalten bleiben soll. Diese von der Kammer ge­nehmigte Verbindung zwischen Gäubahn und oberer Neckarbahn hat bei der beteiligten Bevölkerung den Wunsch gezeitigt, eine Fortsetzung der Linie gegen Westen ins Auge zu fassen. Die Vertreter der Städte Wildberg, Calw und Herrenberg haben sich deshalb mit denen der zwischenliegenden Ortschaften vereinigt, um zunächst eine allgemeine Untersuchung darüber anstellen zu lassen, wie eine solche Verbindung am zweckmäßigsten hergestellt werden könnte. Eine Versammlung am 26. Okt. 1902 beauftragte den Re­gierungsbaumeister Wallersteiner in Nürnberg mit der Ausarbeitung eines generellen Projekts. Dieser hat nun 5 Projekte ausgearbeitet. Die geplanten Strecken sind folgende: Projekt 1: Herrenberg SulzWildberg, 15,35 km, geschätzte Baukosten 1,230,000 beteiligte Bevölkerung 9134. Projekt2: HerrenbergDeckenpfronnStammheim-Schlitten­bachtalCalw, 22,05 km, Baukosten 2,300,000 Bevölkerung 15,753. Projekt 3: HerrenbergDecken­pfronnStammheim entlang der Hauptbahn Althengstett, 24,25 km, Baukosten 1,820,000 Bevölkerung 10,861. Projekt: 4: Herrenberg DeckenpfronnGechingenStammheimindieHaupt- bahnCalw, 22,16 kw, Baukosten 1,840,000 Bevölkerung 16,861. Projekt 5: Herrenberg

Deckenpfronn, gemeinschaftliche Station Gechingen StammheimAlthengstett, 21,50 km, Baukosten 1,790,000 Bevölkerung 11,473. Bei Projekt 1 würde die Entfernung von Herrenberg nach Calw über Wildberg 25,66 km betragen; bei Projekt 4 HerrenbergCalw beträgt die Gesammtlänge 28,81 km, nämlich 22,16 km bis zur Einmündung in die Hauptbahn unterhalb des Hau's und von da an nach Calw 6,65 Km. Bei Projekt 2 müßte die Bahn am untern Thalende des Schlittenbachs den Bergrücken zwischen dem Schlittenbach- und dem Nagoldtal mit einem 260 w langen Tunnel durch­brechen und das Anfahrtsgleis für die Nebenbahn würde um 5,5 m höher zu liegen kommen als der Bahnhof Calw; der Verkehr der mit der Neben­bahn ankommenden Personen würde durch einen Steg vermittelt, der über den Bahnhof hinweg auf den Hauptbahnsteig führt. Die Linie durch das Schlittenbacht.gl wird wegen der schwierigen Führ­ung am Steilhange des Tals und insbesondere wegen des bei der Einmündung in den Bahn­hof Calw erforderlichen Tunnels, der ungemein schwierige Betriebsverhältnisse ergiebt, auszuscheiden haben. Projekt 4 dagegen, das auch den Interessen von Gechingen und den östlich davon gelegenen Ortschaften Rechnung trägt, also die Linie Herren­bergDeckenpfronnGechingenStammheim mit Anschluß an die Hauptbahn oberbalb des Hirsauer

Tunnels in der Richtung gegen Calw, dürfte von allen Projekten als das geeignetste erscheinen. Sollte die Einmündung auf freier Strecke und die Ein­richtung einer Blockstation auf zu große Schwierig­keiten stoßen, so könnte Projekt 4 mit 3 in der Weise verbunden werden, daß die Linie von Stamm­heim aus gegcn Althengstett geführt wird, wodurch die Strecke HerrenbergAlthengstett eine Länge von 25,05 Km bei 1,880,000 Baukosten erhalten würde. Die Linie HerrenbergWildberg erfordert bei einer Länge von nur 15,35 km einen um 6700,000 geringeren Aufwand als die Linie HerrenbcrgCalw; die beteiligte Bevölkerung be­trägt bei der elfteren Linie aber nur 55 °/° von der bei der Calwer Linie berechneten. Die Ertrags- fähigkcit beider Bahnen wird nicht wesentlich ver­schieden sein; für die Linie nach Althengstett oder Calw entstehen höhere Betriebsausgaben, denen aber wegen der hier vorhandenen kommerziellen - Bevölkerung auch erhöhte Betriebseinnahmen gegen­über stehen. Bei beiden Richtungen ist indes die kommerzielle Bevölkerung zu klein im Verhältnis zu ihren Längen und daher auch zu den Betriebs­ausgaben, so daß eine Verzinsung des aufgewendeten Baukapstals nur dann zu erwarten ist, wenn nach den vorliegenden örtlichen Umständen (Holztrans- porte, industrielle Anlagen) besonders hohe Ein­nahmen sich ergeben würden. Wallersteiner schließt seine Ausführungen mit folgenden Worten: Aus den vorstehenden Erwägungen geht hervor, daß die unmittelbare Verbindung von Herrenberg und Calw über Deckenpfronn eine höhere volkswirtschaftliche Bedeutung als die Linie nach Wildberg besitzt und daß hienach die Bemühungen um Herbeiführung dieser Bahn gerechtfertigt sind; trotzdem wird es mit Rücksicht auf die geschilderten Verhältnisse be­greiflich erscheinen, wenn auch die Vertreter von Wildberg und Sulz die Bestrebungen um Erlangung der Linie HerrenbergWildberg fortsetzen. Den interessanten detaillierten Ausführungen ist eine ge­naue Uebersichtskarte mit Einzeichnung der 5 pro­jektierten Linien beigegeben. Am letzten Samstag fand in Herrenberg eine von 150 Personen besuchte Versammlung statt, in welcher die vorliegenden 5 Projekte näher erläutert und besprochen wurden. Von Calw hatten sich der Stadtvorstand und einige Mit­glieder der bürgerlichen Kollegien eingefunden. Inder Besprechung traten die Vertreter von Wildberg und Umgebung entschieden für Projekt 1 ein, während Hr. Stadtschultheitz Conz, dem sich die Vertreter des Bezirks Calw anschlossen, nur das Projekt 4 für annehmbar erklärte. Die Vertreter von Herren­berg und Umgebung meinten, für sie sei die Haupt­sache eine Verbindung des Ammcrtals mit dem Nagoldtal und sie stehen daher der Streitfrage der Linien neutral gegenüber. Nach längerer Beratung wurde beschlossen, die Sache binnen kurzer Zeit noch eingehender durch die bürgerlichen Kollegien der beteiligten Gemeinden beraten zu lassen, damit die eingeleitete Bewegung kräftig erhalten und noch mehr geklärt werde.

HLezirksfischerei-Aerein.

Am Sonntag, 15. Februar ds. Js., nachmittags SV- Uhr, findet im Lamm in Liebenzell die Generalversammlung des Bezirks­fischereivereins statt, wozu sämtliche Mitglieder hie- mit eingeladen werden.

Calw, 8. Februar 1903.

Der Vorstand Regierungsrat Voelter.

Gottesdienste

am Sonntag Serageft« ä, 15. Februar.

Vom Turm'230. Predigtlied: 235. Kirchenchor: Ich bete an re. 9H- Uhr: Vormitt.-Predigt, Herr Dekan Wurm. 1 Uhr: Christenlehre mit den Söhnen. 5 Uhr: Bibelstunde im Vereinshaus, Herr Stadtpfarrer S ch m i d.

Sonnerrtag, 19. Februar.

Abends 8 Uhr: im Vercinshaus Vortrag von Herrn Pfarrer Herzog ans Gerlingm überTrinker­elend und Trinkerrcttung."

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