Sommers. Der 22. Juni ist der längste Tag des Jahres. Die Sonne weilt in unsere» Breiten volle 16 Stunden über dem Horizont. Mit abnehmender Mittagshöhe der Sonne tritt dann auch bald wieder eine allmähliche Abnahme der TageSlänge ein.

Wildbad, 22. Juni. Hr. Professor Louis Ritter aus Stuttgart (ein geborener Wildbader) kommt mit seiner Schülerkapelle am nächsten Sonntag den 25 ds. in die K. Anlagen, um dort ein Konzert abzuhalten.

Pforzheim. (Aus der Gold- und Silber- waren.Industrie.) Eine frohe Botschaft für unsere Bijouteriefabrikanten, namentlich diejenigen, die Arm- Länder fabrizieren, kommt aus Paris. Die dortige Mode hat die seit Jahr und Tag verbannt gewesenen Armbänder wieder zu Ehren gebracht. Sie schreibt plötzlich ganz kurze Aermel an den Kleidern vor, so daß das Armband frisch und fröhlich seine Wiedergeburt feiert. Beliebt sind die Kettenarm- bänder in Verbindung mit Steinen, cobochonartig geschliffen, Rubine, Saphire, Mondsteine, Katzenaugen, Smaragde und Türkise. Auch durchsichtige Emaille (Transparent) wird vielfach bei Herstellung der Bracelets verwendet. Auf der Lütticher Welt­ausstellung ist in der deutschen Abteilung, der im allgemeinen das Prädikat »Im ganzen gut" gegeben Verden kann, auch die Pforzheimer Industrie ver- treten. Die Firma Emil Binder hat Neuheiten in Emailleschmuck, ziemlich reichhaltig, ausgestellt.

Bei den schweren Gewittern, die in den Tagen vom Freitag bis Montag über ganz Nord-, Mittel­und Westdeutschland niedergingen, sind nach einer Zusammenstellung insgesamt in 62 Ortschaften durch Blitzschlag 116 Gebäude eingeäschert worden, 34 Personen vom Blitz erschlagen und viele ver­letzt worden. Auf den Weiden wurde viel Vieh getötet. Hagclschlag vernichtete stellenweise die ganze Ernte, so besonders im Haller Oberamt. Auffällig viel Menschen wurden auf freiem Felde vom Blitz getroffen. Es ist ja eine alte Warnung, daß man sich, wenn man auf freiem Felde von einem Gewitter überrascht wird, niederlegen soll; der Mensch', der in einer größeren Fläche den einzig hervorragenden Gegenstand bildet, ist natürlich vom Blitz schwer gefährdet. Aber man darf auch wohl annehmen, daß der Aufenthalt auf freiem Felde in vielen Gegenden insofern für Menschen gefährlicher ge­worden ist, als der zunehmende Bodengeiz dazu bei­getragen hat, Bäume mehr und mehr vom Felde zu entfernen. Mancher Baum, der an einem Graben­oder Wegrand stand, wirkte wegen des Ausstrahlungs­vermögens in den vielen Spitzen zerstreuend und ließ es zu starke» Ansammlungen entgegengesetzter Elektrizität nicht kommen. Um so gefährlicher ist der Aufenthalt in einem Gelände, wo der Mensch

»Hier am Boden." Er bezeichnete einen Punkt, * einen Schritt vom Bett entfernt.

»Mit dem Gesicht nach oben?"

,3a", sagte er hastig und es schüttelte ihn dabei.

»Lassen Sie das Zimmer genau so wie es ist," befahl ich. Es ist möglich, daß ich gegen Abend wieder herauskomme."

»Wie?" fuhr er fort.

»Sagten Sie nicht, daß der Mord wahrscheinlich gegen Mitternacht geschah, daß es wenigsten um diese Zeit hier oben lärmte?"

»Jawohl, aber das geschieht öfters. Man glaubt hier allgemein an den Schloßgeift." Zaudernd sprach er dies.

»Ich werde mir diesen Geist einmal in der Nähe ansehen," sagte ich ruhig. »Die Beerdigung unter­bleibt heute und geschieht erst morgen; richten Sie sich darnach."

. Wortlos, ob der Wuth oder Ueberraschung, weiß ich nicht, starrte mir Frieder nach, als ich davon­schritt.

Auf der Zugbrücke angelangt, untersuchte ich rasch, ob der Mechanismus noch funktionierte. Dies war nicht der Fall. Das Tor ließ sich schließlich mit der Axt einschlagen.

Ins Dorf zurückgekehrt, erfuhr ich von dem alten Ortsvorsteher noch etwas, was mich interessierte. Außer dem Ermordeten lebte wahrscheinlich doch irgendwo noch ein Verwandter des verstorbenen Grafen. Schon zu Lebzeiten desselben war dieser Mann ein Abenteurer und nicht sehr beliebt im Schloß, das er zwar öfters mit seiner Gastfreund­schaft beglückte, bis ihn der alte Graf eines Tages mit der Pistole Hinaustrieb. Man munkelte, der adelige Herr habe die Kasten seines Onkels erbrochen und wäre ertappt worden. Seitdem blieb der große, überaus kräftige Mann verschollen.

2ahre waren nun seitdem vergangen, Nur so nebenbei erzählte mir der alte Bauer diese Geschichte,

nur die einzige Erhöhung bildet. Alle augesammelte Elektrizität strömt dann in ihm zusammen.

Das .Calw. Wochenbl." bringt folgendes Ein- gesandt Vom Lande. Wenn die Autler durch ein Dorf rase» und dabei mitunter mit Geschrei und Ge­johle begrüßt, ja mit Steinen und anderen Liebens­würdigkeiten bedacht werden, so ist dies für sie. sehr unangenehm und es läßt sich begreifen, wenn Abhilfe geschaffen wird durch einen Ministerialerlaß. Die Schüler müssen gewarnt werden und das Auge deS Gesetzes muß eine scharfe Brille aufsetzen. Recht so! Ordnung muß sein! Aber ist es etwa zu billigen, wenn die Autler die Straßen geradezu unsicher machen, wenn Hühner, Enten und Gänse nur so zu- sammengefuhrwerkt werden? Wer einen Schaden anrichtet, muß auch für ihn haften. Voriges Jahr wurde Hin. Kaufmann Flik von Althengstett ein wertvoller Hund zusammengeführt. Statt daß die Herren gehalten und den Schaden vergütet hätte», fuhren sie davon und als sie in Böblingen polizeilich angehalten wurden, gab der Führer einen falschen Namen an. Der Schaden wurde nicht gut gemacht. Solche Dinge erbittern. Da darf man sich nicht wundern, wenn die Bevölkerung sehr ungehalten ist. Steht da vor einigen Tagen ein Bauer bei seinem gefährdeten Gespann und hat alle Hände voll zu tun, um seine erregten Pferde zu beruhigen, da saust ein Autler heran, entreist ihm die Peitsche, versetzt ihm einen Hieb, huscht von dannen und wirft die Geisel dann weg. So geschehen zu Althengstett OA. Calw im Jahre des Heils 1905.

vermischtes

Die oft gerügte Unsitte, das Feuer durch Auf- gießen von Petroleum oder Spiritus anzufachen, hat wieder ein Opfer gefordert. Die 65 Jahre alte Frau des Eierhändlers Sokolowsky aus Frankfurt goß Steinöl in den Herd. Im Nu standen ihre Kleider in Flammen und die Frau erlitt am ganzen Körper schreckliche Brandwunden. Sie wurde ins Königswarter-Hospital gebracht, wo sie heute vor- mittag ihren Verletzungen erlegen ist.

In Lorch a. Rh. wollten die beiden erwachsenen Geschwister Christ das erlöschende Herdfeuer mit Petroleum wieder entfachen, als plötzlich die Kanne explodierte und beide in Hellen Flammen standen. Die auf das Hilfegeschrei herbeieilenden Leute kamen leider zu spät, um die Unglücklichen zu retten.

Die größte künstliche Wasseranstauung der Welt ist bis jetzt die des Nils bei Assuan, die schätz­ungsweise 1000 Millionen Kubikmeter Wasser auf­nehmen kann.

(Gegen Hühneraugen.) Man binde etwas Char- piewatte (oder rohe Baumwolle) auf das Hühner-

mir jedoch erweckte sie eigentümliche Kombinationen. Seltsam! Vielleicht brachten die nächsten Stunden schon Aufklärung, wenn ich nicht selber in meinem Berufe fiel.

Eine fast unbezwingliche Neugierde erfaßte mich, und kaum konnte ich den Abend erwarten, wo ich die per Telegramm erbetene Hilfe erhalten mußte.

Als ich dem Ortsvorsteher meinen Vorsatz mitteilte, diese Nacht in dem alten Schlosse und in eben dem Rittersaal zu wachen, in welchem der Heimgekehrte ermordet aufgefunden wurde, ward der Mann vor Schrecken bleich.

»Tun Sie das nicht," bat er. »Weiß der Himmel, was in dem Schloß umgeht; aber es ist etwas daran. Sie kommmen nicht wieder.'

Von meinem Vorhaben ließ ich mich jedoch nicht abbringen. Auf meine Frage, ob ich einige hand­feste Bauern für die Nacht erhalten könnte, rief er:

»JnS Schloß geht Ihnen keiner!"

»Ist auch nicht nötig," erwiderte ich gelassen, »sie sollen sich im weiteren Umkreise um das Schloß und im Walde verstecken. Was ich weiter von ihnen verlange, erfahren sie erst kurz vor der Ausführung."

Ich begab wich in den Gasthof, in welchen ich die von der Stadt kommenden Criminalisten bestellt hatte, und erwartete den Abend. Mittlerweile teilte mir der Ortsvorsteher mit, daß er fünf Männer ge­funden hätte, die mir helfen wollten. Das war mehr, als ich hoffte.

Spät am Abend kamen die Criminalisten auf den Bahnhof zu. Meiner Anweisung nach sahen sie auS wie einfache Landleute. Ich besprach mich mit den Leuten, die ich als entschlossen und tatkräftig kannte, dann brachen wir auf. Am Waldessaum erwarteten uns schon lange die fünf Bauern. Sie hatten nur Aexte bei sich, die unter Umständen jedoch eine wirk­same Waffe bilden konnten.

Nach einer Viertelstunde verteilten wir uns, weil das Schloß nahe war. Am Himmel standen dunkle

äuge und tränke dieselbe vor dem Schlafengehen mit Terpentinöl. Die 4 bis 6 Mal wiederholte Prozedur entfernt jedes Hühnerauge, welcher Art es auch sein mag. Die Haut schält sich gewöhnlich mit ab um das Hühnerauge, aber dies trägt nur umsomehr zur gründliche» Entfernung des Hühnerauges bei.

Letzte Nachrichten u. Telegrammel

Paris, 22. Juni. Die auf Marokko be- zügliche Note Frankreichs ist dem deutsche» Botschafter gestern abend übergeben worden. Ja dem ziemlich langen Dokument gibt Ministerpräsident Rouvier. wie verlautet, zunächst einen historischen Ueberblick über die Frage und hebt die ganz beson- dere Lage hervor, in der sich Frankreich gegenüber Marokko befindet. Rouvier erklärt dann, Frankreich habe sich stets als Anhänger der offenen Tür in Marokko, als Anhänger der Jntekritäl des marok­kanischen Gebiets und der Souveränität des Sultans gezeigt. Bezüglich der geplanten internationalen Konferenz äußert sich der Ministerpräsident weder zustimmend noch ablehnend.

Berlin, 22. Juni. Unter den 15 große» Quartbläitern deS Rouvierschen Exposes sind mehrere Seiten den Auszüge» aus dem französisch-englische» und dem französisch - spanischen Vertrag gewidmet. Von englischer Seite wurde auf diese Form der Bekanntgabe dieser Verträge an Deutschland besonderer Wert gelegt.

Tanger, 22. Juni. In der Stimmung der französischen Kreise Deutschland gegenüber ist eine merkliche Besserung eingetreten, hingegen wird häufig geäußert, Englands Widerstand gegen den Gedanken einer Konferenz verstoße gegen den Geist des englisch-französischen Abkommens über Marokko. Das führende Lokalblatt »Journal du Maroc" tritt entschieden für eine Teilnahme Frank- reichs an der Konferenz in Tanger ein.

Herrenberg, 23. Juni. Heute nacht ' -2 Uhr brach in dem Anwesen des Hefenhändlers Nuoffer, des Schreiners Günter und des Fuhrmanns Balinger Feuer aus. Das Anwesen brannte vollständig nieder. Bei dem Brande kam die ganze Nuoffer'sche Familie, ausgenommen 1 Kind, daS sich z. Zt. in Rohrau befindet, Mann, Frau und 5 Kinder, die im Dachstocke wohnten, umS Leben.

Mutmaßliches Wetter am 24. und 25. Juni.

In Süddeutschland nimmt die Feuchtigkeit der Luft und damit auch die Gewitterneigung wieder langsam zu. Dem­gemäß ist für Samstag und Sonntag vorwiegend trockenes und heiteres, aber auch zeitweilig gewitterhaft bewölktes und zu vereinzelten Entladungen geneigtes Wetter bei fort­gesetzt sehr warmer Temperatur zu erwarten.

Wolken und verdeckten meist den Mond, doch war es trotzdem besser, einzeln gegen den Bau vorzu dringen. Unmittelbar am Graben, hinter den Büschen, wollten wir Zusammentreffen. Den mit dem Ort nicht vertrauten Criminalisten gab ich einfach die Richtung an

Schweigend lag der Wald. Mit größter Vor­sicht rückten wir näher. Jetzt flog kreischend ein Nachtvogel auS dem Busch und flatterte durch das Laub. Ohne Licht lag der schwarze Bau vor mir.

Als ich bei dem Schloßgrabeu mit meinen Ver­bündeten wieder zusammentraf, bemerkte ich, daß die Bauern sich schüttelten und ihre Aexte fester faßten. In langgezogeven Tönen ächzte die Wetterfahne auf dem First und der Mond warf seine Streiflichter auf die blinkenden Scheiben und die schwarzblechernen Drachenköpfe am Dache.

Nun wies ich jedem einzelnen seinen Platz an. Die drei Criminalisten verteilte ich am Graben hinter dem Buschwerk, in die Zwischenräume, doch weiter zurück in den Forst schob ich die Bauern.

Alle kauerten sich unter das Strauchwerk und hatten die Weisung: Jedermann darf ins Schloß hinein, wer aber herauskommt, wird festgehalten oder unschädlich gemacht. Auf meine Schüsse mußten sie besonders achten; wahrscheinlich waren sie das Signal des beginnenden Kampfes von meiner Seite.

Mein Plan war der: mich in den Fuchsbau allein zu begeben und das Wild das ich jetzt bestimmt hier vermutete heraus- und den anderen in die Hände zu treiben. Es war ein gefährliches Unter­nehmen, dies machte ich mir noch einmal klar, als ich jetzt an das eichene Tor schlug. Absichtlich hatte , ich es ziemlich spät werden lassen; es waren immer­hin noch zwei volle Stunden bis Mitternacht, zu welcher Zeit ja der Spuk im Geisterschlosse be­ginnen sollte.

(Schluß folgt.)