Wie dem „Dzennik Polski' telegraphiert wird, ist am 5. iu der Stadt Radymno ein großer Brand ausgebrochen. Hunderte von Einwohnern sind ohne Obdach und brotlos.
Wer hat die Schuld?
Unter den Schlagworten, mit denen die Sozial, demokraten arbeiten, ist das von der „Fälschung der Emscr Depesche' eins der verwerflichsten. Fürst Bismarck habe dadurch — so sagen die Sozialdemokraten — den Ausbruch des Krieges von 1870/71 veranlaßt und trage daher die Schuld an dem Blutvergießen zwischen Deutschland und Frankreich. Obwohl der wirkliche Sachverhalt seit den amtlichen und aktenmäßigen Mitteilungen bekannt ist, die der früh,re Reichskanzler Graf Caprivi im Reichstage gemacht hat, gibt es infolge der sozialdemokratischen Hetzerei immer noch Leute, die die gehässigen Erfindungen dieser Partei für bare Münze nehmen. Unter diesen Umständen dürfte es nicht unzweckmäßig sein, aus unanfechtbarer französischer Quelle den Beweis zu führen, daß die Franzosen und besonders die Kaiserin Eugenie mit ihrer höfischen Gesellschaft den Krieg heraufbeschworen haben, trotzdem von Deutschland die weitestgehende Nachgiebigkeit geübt worden war. Es handelt sich um Erinnerungen des Marschalls Mac Mahon, die jüngst zwei hervorragende Pariser Blätter, das „Journal des Dcbats" und der „Temps", veröffentlicht haben. In diesen Aufzeichnungen heißt es u. a.:
.... Nach dem Ministerrat in den Tuilerien am 14. Juli war der Kaiser nach St. Aoud zurückgekehrt, indem er die Hoffnung auf den Frieden mit sich brachte, was einen großen Zorn unter den Höflingen erregte, welche den Krieg um jeden Preis wollten. Ein neuer Kriegsrat war für den Abend auf Veranlasfung des Marschalls Le Boeuf ein- berufen. Napoleon bereitete eine Rede vor, welche sich süc den Frieden aussprach. ,.Jm Moment des Eintritts in den Kriegsrat", sagt Marschall Mac Mahon, „durchschritt er einen Salon, in dem sich die Kaiserin mit ihrem Kammerherrn, Herrn de Pienne, befand. Er las seine Rede der Kaiserin vor, welche nach beendigter Lektüre eine mißbilligende Kopfbewegung machte. Der Kaiser trat dann in den Kriegsrat ein, wohin ihn die Kaiserin begleitete. Er las seine Rede vor; dann aber, in dem Augenblick, wo er die Stimmen entgegennehmen wollte, wurde ihm schlecht (ein Anfall der Krankheit, an welcher er litt), und er war genötigt, aus dem Saale zu gehen. Nach Ablauf von einer halben oder drei Viertel Stunden kam er, trotz seiner Schmerzen, zurück. Aber während dieser Zeit hatte die Kaiserin auf die Mitglieder des Kriegsrats eingewirkt, und bei der Abstimmung waren 4 Stimmen Mehrheit für den Krieg."
.Die Idee der Kaiserin war," fährt Mac Mahon fort, „daß die innere Politik, in welche man sich mit Olivier eingelassen hatte, zum Abgrund führte. Eine Ablenkung nach außen schien ihr eine rettende Not- Wendigkeit. Nach vierzehn Tagen oder drei Wochen, dachte sie, würde man Erfolge erzielt haben. Dann würde Friede geschlossen, und der Kaiser, wieder in den Besitz seines Ruhmes eingesetzt, könnte von den gemachten gefährlichen Zugeständnissen zurückkommen. Vor dem Kriegsrat hatte aber der Kaiser, der zum Frieden entschlossen war, allen ergebenen Journalisten eine Anweisung zugehen lassen, die friedliche Lösung zu verkündigen und zu predigen. Um Mitternacht telegraphierte man, um ihnen die entgegengesetzten Aufträge zu geben und die Gemüter auf den Krieg vorzubereiten."
Die beiden Blätter bemerken dazu: „Man kennt die Katastrophen, welche der verhängnisvollen Erklärung vom 15. Juli folgten: Die Niederlage unserer Armee trotz ihrer heldenmütigen Tapferkeit, der Einfall, der Sturz des Kaiserreichs und die Zerstückelung Frankreichs. Dahin hatten uns die Leichtfertigkeit der einen und die Kurzsichtigkeit der andern geführt, während, wenn man sich mit der einfachen Entsagung des Prinzen Hohenzollern und der ihr folgenden Billigung des Königs Wilhelm begnügte, man einen schönen diplomatischen Sieg davongetragen hätte, ohne einen Taler auszugeben oder einen Tropfen Blut zu vergießen, einen Sieg, der im Angesicht Europas reichlich das Unrecht, das uns Sadowa angetan, wettgemacht hätte."
Soweit die französischen Urteile, die über die Schuld an dem Kriege keinen Zweifel lassen!
Württemberg.
Benützung verschiedener Strecken mit Fahrkarten. Um eine einheitliche Handhabung der Bestimmungen über die Benützung verschiedener Strecken mit Fahrkarten herbeizuführen, hat die Ge
neraldirektion eine Verfügung getroffen. Sie erklärt es u. a. als zulässig, daß nicht bloß mit einer einzelnen Karte, sonderen auch mit mehreren unmittelbar einander anschließenden Fahrtausweisen ein anderer Weg von der Abgangs- zur Bestimmungsstation eingeschlagen werden kann. In Fällen, in welchen es für das Zugbegleitungspersonal zweifelhaft sein kann, ob der 'neue Weg länger oder kürzer ist als der Weg, auf den die Fahrtausweise lauten, ist, falls der Reisende beim diensttuenden Slations- oder Schalterbeamten vorstellig wird, von diesem, auch wenn der neue Weg kürzer ist, ein Vermerk über die Gültigkeit anzubringen. Im übrigen hat das Zugbegleitungspersonal in zweifelhaften Fällen auf der nächsten geeigneten Station zu erheben, ob die Fahrtausweise über den benützten Weg Gültigkeit haben. Eine Aenderung der endgültigen Bestimmungsstation des letzten zur Umschreibung gelangenden Fahrtausweises darf nicht eintreten. Bei Umschreibung von nach Bottwartalbahnstationen gültigen Fahrtausweisen über die untere Neckarbahn, sowie umgekehrt von nach Stationen der unteren Neckarbahn gültigen Fahrtausweisen über die Bottwartalbahn ist die Strecke Heilbronn Hauptbahnhof—Heilbronn Südbahnhof als durchgehende Schienenverbindung anzusehen. Bezüglich der Fahrtunterbrechung sind die zur Umschreibung gelangenden Fahrtausweise als ein Fahrtausweis zu behandeln. Im direkten Verkehr ist die Umschreibung mehrerer aneinander anschließender Fahrtausweise gleichfalls zulässig, wenn für die neugewählte Strecke in den einschlägigen Tarifen Ergänzungskarten vorgesehen sind.
Stuttgart, 4. Nov. Der Parteitag der Deutschen Volkspartei, der am 14. und 15. ds. zu Heilbronn stattfindet, weist folgende Gegenstände der Beratung auf. Am Samstag: ParteiLericht, erstattet von Dr. S. Goldschmitt. Kassenbericht, erstattet von M. W. Hohenemser. Antrag des weiteren Ausschusses (Bcuchsaler Resolution) wegen eines engeren Zusammenschlusses der bürgerl. Linken, Referent: Land- tagsabg. Oeser-Frankfurt. Süddeutsche Kanalpolitik, Referent: Reichstagsabg. Storz-Heidenheim. Neuwahl des Vororts, des engeren und weiteren Ausschusses. Am Sonntag: Mittelstands- und Handwerkerfrage, Referenten: Stadtverordnetenvorsteher W. Fulda und Messerschmiedmeister Vogel-Mannheim. Die demokratischen Aufgaben der Gegenwart, Referent: Reichs- und Landtagsabg. Konr. Haußmann. Militärjustiz, Referent: Prof. Dr. Quidde-München.
Stuttgart. Die internationale Katzen- Ausstellung in der Gewerbehalle wurde am Mittwoch vormittag eröffnet. Es sind auch von seiten des hiesigen Publikums eine große Anzahl hervorragender Exemplare zur Verfügung gestellt worden. Die Zahl der ausgestellten Tiere beläuft sich auf 163. Unsere Hauskatzen sind in großer Anzahl, voll farbenreicher Abwechslung, in allen Größen und Arten vertreten. Dann kommen Tiger-, Räder-, Tüpfel-, Cypern-, Nubische-, Wetter- und Malteser-Katzen. Es folgen Halbangoras, weiß mit blauen Augen, asiatische Angoras; die Nummer 144, eine algerische Angora, Stammbaum 1864, ist ein Geschenk von Prinz Ludwig Ferdinand von Bayern. Die nächste Nummer ist der Star der Ausstellung, der berühmte „Dodo", der Sieger des Grand Prix Paris (5000 Fr.) Von großem Interesse sind auch die beiden siamesischen Katzen aus dem Serail des Königs von Siam. Das Fell dieser letzteren ist von eigenartigen lichtbraunen Farben. Von der Insel Man, bei der Nordwestküste Englands, stammen die Nummern 148—150, die sogen. Mankatzen. Die Ginsterkatze aus dem Atlasgebirge (Nummer 151) ist ein Bindeglied zwischen Katze und Marder. Die Ausstellung zeigt in ihrer Gesamtheit auf dem Gebiet der Katzenpflege und -Zucht ein umfassendes Bild von seltener Anschaulichkeit, das in weiten Kreisen ein erhöhtes Interesse für die Haustiere erwecken dürfte.
Eßlingen, 6. Nov. Zwischen der Leitung der hiesigen gewerblichen und kaufmännischen Fortbildungsschule einerseits und dem Gewerbe- u. kaufmännischen Vereine andererseits ist ein förmlicher Schulstreit ausgebrochen. Elftere hat den Beginn der Abendschulen auf 6^/s Uhr festgesetzt und letztere wollen ihre Lehrlinge und Gesellen nicht vor 7 Uhr zur Schule schicken. Da keiner der beiden Teile nachgeben will, sind die Vorgesetzten Behörden zur Entscheidung angerufen worden.
Eßlingen, 6. Nov. Gegen die Inhaber Karl Bausch und Emil Neefs der beiden Firmen C. u. A. Bausch, Tuchhandlung und Herrenbekleidungsgeschäft und I. Weidebner, Manufakturwaren- und Damenkonfektionsgeschäft hier ist von seiten des württemb. Schutzvereins für Handel und Gewerbe der Antrag auf Klageerhebung wegen unlauteren Wettbewerbs gestellt worden.
Tübingen, 4. Nov. Wir lesen in der „Tüb. Chronik": „Die Hinrichtung der Mörder des Privatiers Krauß Häspeler und Genosse steht anscheinend bevor! Die „Cannst. Ztg." schreibt: Einen nicht alltäglichen Auftrag erhielt gestern eine Cannstatter Werkzeugfabrik. Es wurde nämlich der Firma von einem Gehilfen des Scharfrichters das zu den Hinrichtungen in Württemberg benutzte Fallbeil zum Schärfen übergeben, was auf eine baldige Benützung dieses grausigen Instruments schließen läßt. Bei dem hiesigen Landgericht ist, wie mitgeteilt wird, eine Verfügung über die Festsetzung des Tages der Hinrichtung bislang noch nicht eingelausen. Mörder erfreuen sich gewöhnlich weitgehenden Interesses beim Publikum, wurden doch seinerzeit dem Kneißl Hiasl aus besseren Kreisen Heiratsanträge gemacht. Auch ans unserem Leserkreis haben sich zartfühlende Leserinnen gefunden, die sich teilnahmsvoll nach den beiven zum Tode Verurteilten und nach ihrer baldigen Hinrichtung erkundigten. In der vorstehenden Notiz werden sie eine Befriedigung der blutrünstigen Neugierde erblicken können; leider können wir mit schauerlichen Einzelheiten von der Haft nicht dienen."
Urach, 6 Nov. Das einige Minuten vor der Stadt, Münsingen zu, gelegene Wohnhaus des Holzwarenfabrikanten W. Rudi wurde am Dienstag nacht ein Raub der Flammen. Vom Mobiliar konnte bei dem ungeheuer raschen Fortschreiten des Feuers nichts gerettet werden. Die nahe Fabrik und die Nebengebäude blieben verschont, ebenso die Holzvorräte. Die Arbeit in der Fabrik konnte am Mittwoch morgen ausgenommen werden.
Von den Fildern, 3. Nov. Der Krauthandel gestaltete sich Heuer lebhafter als in den Oktobermonaten der Vorjahre. Der Grund liegt in der im voriger Spätherbst erfolgten Einrichtung der Normalspur auf der Filderbahn, welche den raschen Versandt ins Ausland ermöglicht. Auf sämtlichen Stationen wird täglich eine größere Anzahl Wagen befördert, so daß nicht selten Mangel an rollendem Material eintritt. Daneben nimmt der Fuhrwerksverkehr nach allen Richtungen des Landes seinen ungehinderten Fortgang. Zurzeit wenden sich die Krautbauern besonders den Weingegenden zu, wo sie jetzt willige Käufer für ihre Ware finden. Die Qualität des heurigen Erzeugnisses ist vorzüglich. Krautköpfe im Gewicht von 14—16 Pfund sind keine Seltenheit. Die Sauerkrautfabriken, deren Kundenkreis sich von Jahr zu Jahr erweitert, haben vollauf Arbeit.
Kus StaSt» Sezirti uns Amgedung.
Wildbad, 3. Nov. Schon seit einer Reihe von Jahren erwies sich unsere schöne Trinkhalle auf der Höhe der Kurzeit, namentlich bei Regenwetter während der Konzerte als zu engräumig. Das Gedränge war in dieser Zeit oft ein unangenehmes. Diesem Uebelstand will nun die Domänendirektion, jederzeit auf Verbesserung und Verschönerung bedacht, durch Erweiterung der Halle nach der Enz zu abhelfen. Der Musikpavillon soll ganz über die Enz zu stehen kommen und es soll Raum gewonnen werden für Vergrößerung der Trinkhalle um die Hälfte. Mit den Arbeiten wurde gestern begonnen; sie werden jedenfalls so gefördert werden, daß sie mit Beginn der neuen Kurzeit vollendet sind.
Neuenbürg, 7. Nov. Dem heutigen Schweinemarkt zugeführte 36 Stück Milchschweine wurden zu 8—44 pro Paar verkauft.
vermischtes.
Freuden st adt, 5. Novbr. Folgendes wahre Stückchen, das sich dieser Tage hier zugetragen, wird dem „Grenzer" berichtet: Ein interessanter Verkauf wurde zwischen einem hiesigen Gypser- meister und einem hiesigen Metzger von hier abgeschlossen. Der Metzger kam in eine hiesige Wirtschaft mit einem Milchschwein und bot es um de« Preis von 10 und 20 ^ff Trinkgeld an. Ein Pflästerer bot ihm 6 -/A, der Wirt 8 Der Metzger sagte aber, keinen Pfennig billiger als 10 ^ und 20 -ff Trinkgeld. Einer von den Anwesenden sagte dann: „Fr . . ., Du verkaufst die Sau a'm Kilometer noch." „Gut, was zahlert'er für da' Kilometer?" Der Wirt bot 600 ^ für den Kilometer, der Gypsermeister 700 worauf der Metzger voll Freude gleich zusagte: „Du muaicht deß Säule hau!" Das „Säule" wurde gemessen, es hatte 45 cm, und der Metzger erhielt den schönen Betrag von 45 Vs ausbezahlt. Da er den Schaden hatte, brauchte der Metzger für den Spott nicht zu sorgen. Doch er verschmerzte seine verfehlte Spekulation, trank seinen Schoppen aus und ging dann ruhig seines WegeS weiter.