Draga wird in sehr beachtenswerten Kreisen erzählt, sie habe für eine Berzichtleistung auf einen Empfang in Livadia drei Millionen Franken erhalten. Es werden alle möglichen Vorbereitungen getroffen, damit die Wahl des Fürsten Peter Karageorgiewitsch einstimmig erfolge. Die Armee beharrt entschieden auf dieser Wahl. Gestern sprach eine Abordnung höherer Offiziere beim Ministerpräsidenten für Karageorgiewitsch, der ein Soldat von Beruf sei und sich sowohl im deutsch-französischen Kriege wie auch im bosnischen Aufstand als ein Held hervorgetan habe. Unangenehm berührt die kühle Haltung Rußlands. Sie läßt den wiederholt ausgesprochenen Verdacht aufkommen, daß Draga eine Agentin der russischen Politik war.
Berlin, 13. Juni. In einer Depesche der „Nationalztg." aus Semlin heißt es: Im Belgrader Konak findet zur Zeit eine Inventaraufnahme statt, wobei Papiere aufgefunden worden sein sollen, daß das Attentat auf Milan vor 4 Jahren von Draga und Alexander angezettelt war, um Milan fortzuschaffen und die Heirat zu ermöglichen. — Dragas Nichte, die Tochter des Bankdirektors Petrowitsch, ein 14jähriges Mädchen, kam zufällig gestern abend im Eilzug aus dem Pensionat aus Paris an. Sie wurde auf Anordnung Avakumowitschs in Semlin von serbischen Geheimpolizisten erwartet, um sie unbehelligt nach Belgrad zu bringen. Neuerdings bestätigen Belgrader Lokalblätter, das Königspaar habe sich im Wandschrank seines Schlafzimmers versteckt, es wurde aber bald entdeckt, trotzdem der Adjutant Petrowitsch die elektrische Beleuchtung abgedreht halte. Draga habe furchtbar geschrieen, beide hatten nur Nachtkleider an.
Belgrad, 13. Juni. Das Hauptinteresse wendet sich der Tagung der am Montag zusammentretenden Skupschtina zu. Die Mehrbeit der Stadtbevölkerung hält die Wahl Peter Karageorgiewitschs für sicher. Man spricht aber auch von der Möglichkeit, daß Stimmen für den Prinzen Mirko von Montenegro abgegeben werden; es sind auch vereinzelte republikanische Strömungen wahrnehmbar.
Wien, 13. Juni. Das .Neue Wiener Tagblatt" veröffentlicht eine Unterredung mit dem neuen serbischen Handelsminister Georg Gentschitsch. Ueber die kritische Nachl äußerte sich der Minister sehr zurückhaltend. Erst wenn die Erregung sich gelegt habe, werde es geboten erscheinen, eine amtliche Darstellung zu veröffentlichen. König Alexander habe seit seiner Thronbesteigung Fehler auf Fehler gemacht und durch seine Heirat mit Draga und die Komödie von der Geburt eines Thronfolgers auch den letzten Halt im Volke verloren. Der Zeitpunkt für den Anschlag sei gewählt worden, weil am 30. Mai (a. St.) der Wunsch der Königin Draga endlich erfüllt werden sollte. Nicodem Lunjewitsch zum Thronfolger auszurufen. Das Ausland könne ruhig sein; es handle sich lediglich um eine innere serbische Angelegenheit.
Sofia, 13. Juni. Offiziös wird mitgeteilt, daß die Regierung ihre Vertreter im Auslande verständigt habe, daß Bulgarien nichts unternehmen werde, was Serbien Schwierigkeiten bereiten würde.
Weisungen, dann gab er der Haushälterin seine Befehle. Nachdem das geschehen war, kehrte er zu Elsa zurück.
Bei seinem Eintritt fuhr das junge Mädchen erregt empor.
Ein fragender Blick traf den düsteren Mann, der in starrer Ruhe vor ihr stand.
„Was Dir auch Walker gesagt haben mag," begann er, „die volle Wahrheit weißt Du nicht. Doch jetzt ist keine Zeit zu Erörterungen. Habe ich irgendwie gefehlt, so will ich mein Unrecht wieder gut machen. Du sollst das verhängnisvolle Papier haben —
Sein Blick richtete sich mit durchbohrender Schärfe auf das junge Mädchen. Ein Freudenschimmer übergoß Elsas bleiche Züge.
„Das wolltest Du tun?" stammelte sie.
„Ja, doch ich habe das Papier nicht bei mir. Ich wollte gerade heute mit einem meiner Handelsschiffe eine Reise antreten; das Dokument befindet sich unter meinen Effekten bereits au Bord desselben. Begleite mich und ich will es Dir aushändigen."
Wie ein Schwindel wollte es Elsa erfassen, aber sie hielt sich gewaltsam aufrecht. Sie wollte ja das Papier haben, das ihres Vaters Unschuld dartat! Kein Argwohn beschlich ihre vertrauende Seele; furchtlos folgte sie dem Manne, der mit ihr nun das Haus verließ, um sich an Bord seines Schiffes zu begeben, das gerade heute den Hafen verlassen sollte.
Er führte Elsa in die Kajütte und bat sie, einige
Württemberg.
Stuttgart. Der Verkehr auf den württemb Staatseisenbahnen war über die Psingstfeiertage ein ganz erheblicher. Wie jetzt festgestellt ist, wurden am 30. und 31. Mai und am 1. Juni im Binnenverkehr der württ. Staatseisenbahnen 515369 Personen befördert, gegenüber 355 675 im vorigen Jahr und 445938 im Jahre 1901. Die von außerwürttem- bergischen Bahnen und von den württembergischen Privatbahnen übergegangenen Reisenden sind hiebei nicht mitgerechnct. Es dürfte der diesjährige Pfingst- verkehr der stärkste sein, den die württ. Bahnen je zu bewältigen gehabt haben. Die Einnahmen aus diesem Verkehr betrugen 485000 -/L. Abgesehen von einzelnen größeren Zugverspätungen, die zum Teil von Anschlußbahnen übernommen wurden, haben sich bei der Abwickelung dieses außerordentlichen Verkehrs wesentliche Anstände nicht ergeben.
Der Fernsprechverkehr zwischen Württemberg und der Schweiz erfährt vom 15. d. M. an insofern eine wesentliche Erweiterung, als eine große Anzahl württ. Fernsprechanstalten in den telephonischen Verkehr mit der Schweiz neu einbezogen oder der Verkehrskreis derselben erheblich ausgedehnt worden ist. Der erweiterte Umfang des Fernsprechverkehrs betrifft hauptsächlich die mittleren und kleineren Postanstalten. Im Tarif ist eine Aenderung nicht eingetreten; derselbe beträgt nach wie vor 2 resp. 1 letztere Gebühr kommt nur für den südlichen Teil des Landes in Betracht.
Cannstatt, 12. Juni. Der Brand in der Daimler-Motoren-Fabrik wird glücklicherweise für die rund 800 Arbeiter nicht die gefürchteten Folgen haben: kein Mann wird entlassen. In den stehen gebliebenen Werkstätten und in Räumlichkeiten, die von der Eßlinger Maschinenfabrik zur Verfügung gestellt wurden, wird, wie erwähnt, die Arbeit sofort wieder ausgenommen, um insbesondere die vielen verbrannten Wagen zu ersetzen. Die Neubauten der Gesellschaft in Untertürkheim werden möglichst beschleunigt, um den Betrieb auch dort mit verstärkten Arbeitskräften aufnehmen zu können. Die von der Eßlinger Maschinenfabrik überlassenen Räume wurden heute früh schon bezogen.
Leonberg, 11. Juni. Ein angesehener Bürger von Mönsheim betrieb seit einiger Zeit mit einem dortigen Taglöhner das Wildern. Im Monat Mai schossen sie nicht weniger als 7. Stück Rehwild und lieferten es, in Kisten verpackt, an einen Wildpret- händler nach Pforzheim. Dem Landjäger von Wnrm- berg ist es gelungen, den Jagdfrevlern das Handwerk zu legen.
Biber ach, 14. Juni. Eine verunglückte Zeitungsgründung ist von hier zu berichten. Wie schon gemeldet, sollte hier eine liberale Zeitung erscheinen, übrigens ohne Anschluß an hiesige Parteigruppen. Das Erscheinen der Probenummern war für den 8. ds. Mts. durch Zirkulare angezeigt, die ganze Einrichtung am Platze, Setzer an der Arbeit und der Tag des Erscheinens der ersten Probenummer gekommen. Aber keine Nummer erschien; dagegen wurden Türen und Fensterläden der neuen Druckerei
Erfrischungen zu sich zu nehmen, während er das Dokument hervorsuchen wollte.
Das arme Mädchen hatte seit langen Stunden nichts genossen: die Aufregung hatte sieganz beherrscht; so machte die Natur jetzt ihre Rechte geltend und hastig nahm sie von dem Wein und den Biskuits, die er ihr angeboten, zu sich. Sie brannte vor Ungeduld, das Schiff, sobald sie das vielbedeutende Papier in den Händen hatte, wieder verlassen zu können.
Feddersen blieb ziemlich lange fort. Elsa wollte sich schon, von einer leisen Unruhe erfaßt, erheben, als er eintrat. Ein Blick überzeugte ihn, daß sie das vor ihr stehende Glas Wein kaum berührt hatte.
„Du hast ja noch gar nicht getrunken," sprach Feddersen freundlich; „ich kann Dich nicht von mir lassen, ohne daß Du, der dir Anstrengung und Aufregung die Schwäche auf das Gesicht gezeichnet haben, ein Glas kräftigen Weines zu Dir genommen hast!"
Elsa leerte hastig das Glas, um dann mit zitternden Fingern nach dem Dokument zu langen. Ein böses Lächeln umspielte Feddersens Lippen, während er das Papier in die Hände seiner Nichte legte.
„Dank!" stammelte sie mit aufleuchtenden Blicken. Kaum aber war das Wort ihren Lippen entschlüpft, als Plötzlich ihr Kopf schwer zurücksank, während ihre Augen sich schlossen und ihr Gesicht eine fahle Blässe überzog, so daß sie dalag wie eine Tote.
Mit teuflischem Ausdruck beobachtete Feddersen die Wirkung des Schlafmittels, das der Wein enthalten, den sie getrunken hatte. So stand er noch,
zugeschlagen. Die Schriftsetzer klagen gegen Lohnzahlung. Was nun werden soll, ist nicht bekannt. Die Geschichte verdient als Illustration dafür verzeichnet zu werden, wie heutzutage bei Zeitungsgründungen mitunter Verfahren wird.
klus Slaöt» Bezirk unS Umgebung.
Neuenbürg, 15. Juni. Liebliche Klänge vom Turm der Stadtkirche herab verkündigten in der Frühe des gestrigen Sonntagmorgens, daß die Väter der Stadt im Verein mit der kirchlichen Gemeindevertretung den hochherzigen Entschluß gefaßt hatten, das sonntägliche Choralblasen nunmehr als ordnungsmäßige Einrichtung in hiesiger Stadt einzubürgern und die hiesige Musikkapelle mit der Ausübung des gemeinnützigen Dienstes förmlich und recht- mäßig zu betrauen. Mancherseits hatte man Stimmen hören können, die dem Wunsche Ausdruck gaben, es möchten doch Mittel und Wege gefunden werden, die schöne Sitte dieser feierlichen, Herz und Sinn himmelwärts hebenden Begrüßung des Sonn- und Festtagmorgens auch in hiesiger Gemeinde festzulegen und dauernd zu erhalten. Diesem Wunsche ist nun Genüge geschehen, und die hiesige Kapelle wird sich ein Verdienst erwerben, wenn sie dem übernommenen Auftrag nun ohne Wanken treu bleibt.
Neuenbürg. (Einges.) In der Stadtkirche findet am Donnerstag den 18. Juni, abends 8 Uhr ein Konzert des blinden Orgelkünstlers aus der „Wiesche und der Oratoriensängerin Anna Wente" aus Hannover statt, auf welches hiemit besonders aufmerksam gemacht sei. Ueber ein früheres Konzert wurde folgendermaßen geurteilt: „Denjenigen, welche das gestrige Kirchenkonzert besuchten, wurde ein selten hoher Genuß zu teil. Der blindgeborene Herr aus der Wiesche aus Mühlheim a. d. Ruhr zeigte nicht nur, daß er Orgelvirtuose und Interpret der hervorragendsten Bach'schen Schöpfungen ist, er kennzeichnet sich auch als Meister in der Kunst der freien Choral- Fantasie. Eine gewaltigere Predigt über: „Jerusalem, du hochgebaute Stadt" konnte es für den aufmerksamen Zuhörer nicht geben. Die im Bach'schen Sinne stilgerechte Durchführung des herrlichen Motivs war dazu angetan, auch die trägsten Herzen zu rühren und die Seele zu erheben über das Irdische zur ewigen Gottesstadt. Frl. Wente aus Hannover, welche seit 9 Jahren seine treue Begleiterin und Führerin ist, steht hinsichtlich ihrer gesanglichen Leistungen ihm ebenbürdig zur Seite. Im Besitze einer hervorragenden Sopranstimme vermag sie die wundervollen Kompositionen Bach's und Mendelssohn's in vollendeter Schönheit wiederzugeben. Auch das „Mache mich selig" von A. Becker wirkte erhebend auf alle Zuhörer. Von allem, was geboten wurde, verdient jedoch besonders hervorgehoben zu werden das Duett von Joh. Seb. Bach: „O Jesu, meine Ruh." Die herrliche Tonschöpfung zeigt in den beiden Stimmen, Gott und die Seele im Zwiegespräch darstellend, wie Jesu Gnade und Liebe die verzweifelte Seele aufrichtet und ihr die Krone des Lebens verheißt. Sicher ist diese edle und angreifende Musik bei keinem der Zuhörer wirkungsvoll verhallt.
als ein lautes Signal vom Deck herab erscholl. Fast gleichzeitig verkündete eine schaukelnde Bewegung, daß das Schiff die Anker gelichtet und seine Fahrt begonnen hatte.
Hoch richtete Rolf Feddersen sein Haupt auf und es war die wilde Grausamkeit des Panthers, mit der er auf das Mädchen vor sich blickte, das machtloser denn je in seine Gewalt gegeben war.
„Es ist gelungen!" kam es zwischen seinen Zähnen hervor. „Ich werde nicht unterliegen! Der Preis des Kampfes ist mein! Ich trotze Dir, Schicksal! Du wolltest mich bezwingen, aber Du bist ohnmächtig gegen mich, — ich habe gesiegt!"-
Elsa wußte nicht, wie lange Zeit vergangen war, bis sie aus ihrer Betäubung wieder erwachte.
Als sie die Augen aufschlug, stand Feddersen vor ihr; in seiner Hand hielt er das Papier, für das Elsa ihm auf das Schiff gefolgt war.
Bestürzt fuhr sie empor.
„Du hast lange geschlafen," sprach er ironische» Tones. „Wir sind bereits auf offener See, weit weg von Hamburg."
Ein Aufschrei unterbrach ihn.
— (Schluß folgt.) —
(Wichtig.) Vorsitzender: „Haben Sie mir noch etwas Wichtiges zu sagen?" — Zeuge (Wirt): „Ja, Herr Rat — in einer Stunde wird bei mir frisch angestochen."