die Rede. Hat Wohl der „demokratische Gedanke' nur noch so wenig Zugkraft, daß man den Kandidaten der sogen. Bolkspartei nicht mehr als den demokratischen ausgiebt, ihn vielmehr mit der allgemeinen Bezeichnung „liberal' versieht?! Man spricht sonst auf volksparteilicher Seite so gern von „Mischmaschpolitik', „Bauernfang' u. dergl. Ist das jetzt beliebte Vorgehen der Volkspartei nicht auch etwas derartiges?!
(Tinges.) Von den Sozialdemokraten wird bei der Wahlagitation jedesmal Versteck gespielt. In ihren Wahlflugblättern wendet sich die Sozialdemokratie nicht blos an die Arbeiter, sondern auch an die Vertreter des gewerblichen Mittelstandes. Dabei ist die Sozialdemokratie die Todfeindin des selbständigen Mittelstandes und Kleinbürgertums. Beispielsweise schrieb der „Vorwärts' vor einigen Jahren: „Je rascher die Mittelklassen zu Grunde gehen, desto mehr beschleunigt sich die Auflösung des Kapitalismus. Mit kühler Ruhe steht die Arbeiterklasse, wie die bürgerliche Gesellschaft sich selbst vernichtet, wie ein Stützbalken nach dem andern abfault und verwittert. Je rascher, desto besser!' Ebenso erklärten die Sozialdemokraten v. Elm und Herbert den Handwerkerstand und die Kleinhändler für „im Absterben begriffene Teile des Gesellschaftskörpers, die künstlich erhalten zu wollen eiu Undring sei.' Das Erfurter Programm der Sozialdemokratie von 1891 stellt „die Verwandlung des kapitalistischen Privateigentums an Produktionsmitteln — Grund und Boden, Gruben und Bauwerke, Rohstoffe und Werkzeuge, Maschinen, Verkehrsmittel — in gesellschaftliches Eigentum", d. h. also die Aufhebung jeglichen Privatbesttzes und Privatbetriebes als Hauptziel der Partei hin. Dieses Ziel aber wird in der Agitation sorgfältig verhüllt. Da ist immer nur von der Bekämpfung des „Kapitalismus" die Rede. Hierunter stellen sich die kleinen Leute etwas ganz anderes vor, als was die Sozialdemokratie damit meint; sie glauben etwa, es handle sich um den Kampf Wider hartherzige Gläubiger und erbarmungslose Wucherer oder dergleichen. So gehen sie auf die Leimrute. Würden sie wissen, daß „Kapitalismus" in der Sprache der Sozialdemokratie die heutige Staats- und Gesellschaftsordnung bedeutet, und daß Kampf gegen den Kapitalismus so viel heißt als Kampf gegen das Privateigentum, sie würden den sozialdemokratischen Agitatoren sicherlich mit Entrüstung die Tür weise». Diese Beispiele mögen für heute genügen, um das sozialdemokratische Versteckspiel darzutun. Es ist dringend nötig, dasselbe vor der Oeffentlichkeit in das richtige Licht zu stellen, m.
Einige aktenmäßige Mitteilungen über die Abstimmungen beim Fleischfchaugesetz.
Wir werden um die Aufnahme des folgenden, in der „Württ. Volkszeitung' erschienenen Artikels gebeten:
„In einer Briefkastennotiz, die sich an einen Adressaten aus Murr richtet, teilt der „Beobachter" die neue, ungemein wichtige und darum durch Sperrdruck noch besonders hervorgehobene Entdeckung mit,
daß der Abg. Hieber am 23. März (soll „Mai" heißen) 1900 für das Schlachtvieh- und Fleischbeschau- gesetz gestimmt hat. Diese Feststellung gibt uns willkommenen Anlaß, hierzu einige wesentliche Ergänz- ungen beizufügen:
Erstens: Der einzige volksparteiliche Abgeordnete, der bei der namentlichen Gesamtabstimmung Über das Gesetz am 23. Mai 1900 im Reichstag anwesend war, hat gleichfalls dafür gestimmt. Es ist dies der Abgeordnete Augst. Gefehlt haben Eckart (Ansbach), Haußmann (Balingen), Haußmann (Böb- lingen), Hoffmann (Hall), Hähnle, Payer. Unter solchen Umständen hat es allerdings die Volkspartei sich außerordentlich bequem gemacht, anderen Leuten die Verantwortung aufzuladen.
Zum andern: Bei der Abstimmung über den entscheidenden Kompromißantrag zu Z 14 » des genannten Gesetzes, an dessen Annahme schließlich das ganze Gesetz hing (Einfuhrverbot von Pökelfleisch, Büchsenfleisch u. s. w.,) stimmten, zusammen mit dem größeren Teil der Konservativen, mit den Freikonservativen, dem Zentrum, den Nationalliberalen, die beiden allein anwesenden volksparteilichen Abgeordneten Augst und Eckart für diesen Paragraphen. Dagegen stimmten die extremen Agrarier sowie die gesamte freisinnige urtd sozialdemokratische Linke, erstere weil ihnen daS Einfuhr- verbot nicht weit genug, letztere, weil es ihnen zu weit ging. Die übrigen volksparteilichen Ab- geordneten Hähnle. Haußmann (Balingen), Haußmann (Böblingen), Hoffmann (Hall), Payer haben auch bei dieser Abstimmung gefehlt. Hier ist es wiederum zwar bequem, aber nicht schön, gegen andere Leute Vorwürfe zu erheben. Wir laden die Volkspartei ein, auch für diese von freisinniger und sozialdemo- kratischer Seite besonders angefochtene Bestimmung, wie überhaupt für das ganze Gesetz sich mit uns, sowie mit den Konservativen und dem Zentrum in die Verantwortung freundlich und brüderlich teilen zu wollen.
Zum dritten: Für die Befreiung der Hausschlachtungen von der obligatorischen Fleischbeschau haben zusammen mit'Gröber, Braun, Hofmann (Ell- wangen), Hieber, Hegelmaier, Kettner, Schrempf auch Augst, Eckart, Hähnle und Payer gestimmt, gegen die Befreiung Kloß und Hoffmann (Hall). Gefehlt haben auch hierbei Haußmann (Balingen) und Haußmann (Böblingen). Wenn Hoffmann (Hall) sich von seiner Fraktion in dieser Frage getrennt hat, so ist er doch der Vertreter seiner Fraktion in der Kommission gewesen.
Zum vierten: Für die obligatorische, reichsgesetzliche Trichinenschau, auch bei Hausschlachtungen, haben Augst, Hoffmann (Hall), Hähnle, Payer gestimmt; die anderen württ. Abgeordneten wollten (wie auch der Regierungsentwurf und jetzt das Gesetz) bei der großen Verschiedenheit der Verhältnisse und Lcbensgewohnheiten Bestimmungen hierüber der landesgesetzlichen Regelung überlassen. Gefehlt haben hierbei wiederum Hauß- mann (Balingen) und Haußmann (Böblingen). Die obligatorische Trichinenschau auch bei
Hausschlachtungen wäre eine Belastung und Belästigung der bäuerlichen Bevölkerung geworden, gegenüber der die Klagen über die Beschwer schon des jetzigen Gesetzes geradezu federleicht wiegen.
So viel für heute. Wir glauben dem „Beobachter" den Rat geben zu dürfen, bei der Agitation in Sachen des Fleischbeschaugesetzes sich der größten Vorsicht u befleißigen; die Reichstagsprotokolle könnten sonst eichtlich auch fürderhin dafür sorgen, daß der Schuß auf den Schützen losgeht. Im übrigen soll es unsererseits an der Bereitwilligkeit nicht fehlen, für die möglichste Aufklärung über den wirklichen Sachverhalt beim Fleischschaugesetz zu sorgen. Wir brauchen uns in keiner Weise davor zu scheuen."
Vermischtes.
Einen Igel für den Reichstag anzuschaffen, erscheint als ein dringendes Bedürfnis. Seit einigen Jahren haben sich nämlich im Reichstagsgebäude in den Räumen oberhalb des Lesesaales der Bibliothek eine Unmenge von „Schwaben" ein gefunden. Am Tage halten sie sich versteckt an warmen Stellen auf. Im Reichstage sind sie eine zoologische Merkwürdigkeit, da cs durchaus rätselhaft ist, wovon sie sich dort eigentlich nähren. Der Igel führt gleichfalls nur ein Nachtleben, fängt Mäuse und frißt namentlich gern Schwaben. Er würde zweifellos in kurzer Zeit den Reichstag von den greulichen Käfern säubern.
Als der Bauer Georg Rapp aus Iptingen in Württemberg seine christlich kommunistische Kolonie in Amerika gründete, da ahnte er, so wird der „Augsb. Abd.-Ztg." geschrieben, wohl nicht, daß sie — mit sechs Millionären als Privateigentümern enden würde. Und doch gab er selbst den Anlaß dazu. Denn im Jahre 1807 führte er in ihr die Ehelosigkeit ein. Zwar wurde der Ausfall an Seelenzahl anfänglich durch Zuzug aus der alten Heimat und durch Kinder- adoption möglichst ersetzt; und als Rapp im Jahre 1847 in seiner Schöpfung Economy im Pennsyl- vanischen Beaver-County, nicht weit von Pittsburg, starb, war die Kolonie, emporgebracht durch sein Organisationstalent, noch blühend. Aber mit der Zeit starb sie immer mehr aus. Und zuletzt waren nur noch sechs Mitglieder übrig, meist im hohen Greisenalter stehend; ein Mitglied ist jedoch jünger, nämlich Johann Duß. Im Einverständnis mit den Sechs hat nun ein Verkauf des wertvollen Koloniebesitzes stattgefunden. Das hierdurch entstandene Gesamtvermögen wird auf 10 Millionen Dollar geschätzt. Nach einer kürzlich erfolgten Entscheidung der Gerichte wird es zu gleichen Teilen unter die Sechs verteilt. Diese werden auf einem reservierten Landstücke daselbst wohnen.
Infolge des Genusses von Wiesenschierling erkrankten 4 Kinder eines Arbeiters in Neumünster. Eins von ihnen ist bereits gestorben, ein weiteres dem Tode nahe.
fEr kennt sich:) Rachel: „Jakob, nimm Dir mit den Revolver auf die Reis'!" — Jakob: „Fallt mer ein! Soll ich mer ferchten den ganzen Tag vor mir selber."
Der Angekommene war kein anderer, als derjenige, dessen Weib sie gezwungen hatte werden sollen, ein Schicksal, dem sie sich nur durch die eiligste Flucht entzogen hatte: Erich Feddersen. Es lag nichts von Ueberlegung in Elsas Handlungsweise, was sie, sobald sie den mit dem Zuge Angelangten erkannt, bewegte, sich hastig abzuwenden und davonzufliehen, wie ein gehetztes Wild. Völlig instinktiv trieb es sie vorwärts, fort aus seiner Nähe. Aber zu spät! Schon hatte auch er sie erkannt und er hatte das Mädchen kaum erblickt, als er vorwärts stürzte, um die Eilende einzuholen, wobei er sie laut anrief, ihn doch anzuhören und nicht vor ihm zu fliehen. Elsa vernahm Wohl seine Rufe, aber sie achtete derselben nicht. Unaufhaltsam floh sie, flüchtig wie eine Gazelle, den vorhin gekommenen Weg zu- rück, ihr Verfolger ihr stets hart auf dem Fuße.
Jetzt hatte sie das Wäldchen erreicht, das sich unmittelbar an den Garten des Lorenzenschen Hauses schloß. Erschöpft und wildschlagenden Herzens blieb sie einen Augenblick stehen, um Atem zu schöpfen, als sich fast gleichzeitig eine Hand auf ihre Schulter legte.
Mit einem jähen Aufschrei taumelte Elsa zurück -Fred Walker stand vor ihr.
„Fliehen Siel" raunte er Elsa hastig zu.
Das junge Mädchen raffte alle Kräfte zusammen, allein bereits war es zu spät; schon hatte Erich sie erreicht und sie am Kleide zurückhaltend, rief er ihr im gebieterischen Tone:
„Du bleibst! Ich habe mit Dir zu reden!"
Elsa senkte das Haupt; Walker machte eine Bewegung der Ungeduld.
„Elsa steht unter meinem SchutzeI" sprach er, Erich mit zornigen Blicken messend.
Dieser schien ihn nicht zu beachten.
„Du wirst sofort mit mir umkehren,' sprach er in strengem Tone zu dem bebenden Mädchen. „Folgst Du mir freiwillig, so soll alles vergeben und ver- gessen sein. Komm!"
Er legte seine Hand auf ihren Arm, aber mit blitzenden Augen begegnete Elsa einem drohenden Blick.
„Roher Gewalt werde ich mich niemals fügen," entgegnet? sie mit Festigkeit.
„Recht so!" rief Walker. „Du hast gehört, daß sie Dir nicht folgen will!"
„Sie wird und sie muß!" versetzte Erich mit zornbebender Stimme.
„Nein, sie wird nicht müssen! Sie ist meine Braut und kennt keinen andern Willen, als den meinen!"
„Elsa, ist das wahr? Du bist die Braut dieses Mannes?" rief Erich aus. „Weißt Du auch, wer er ist?"
Ueber Walkers Antlitz flog eine dunkle Zornesröte. Wenn Elsa die Wahrheit erfuhr, dann war sie ihm für immer verloren.
„Kein Wort mehr!" rief er, zwischen beide tretend. „Elsa ist meine Braut und wird sich durch keine Lüge betören lassen ..."
„Ich will alles wissen!' unterbrach Elsa ihn mit fester Stimme. „Sprich, Erich!'
Mit erhobener Stimme fuhr dieser fort:
„Fred Walker ist derjenige, der Deinen Vater zum Spiel verleitete und zur Fälschung getrieben hat, er . . ."
Der junge Mann konnte nicht vollenden. Ein wohlgezielter Faustschlag gegen seine Schläfe ließ ihn lautlos zusammenbrechen.
Mit einem wilden Aufschrei sank Elsa neben dem Bewußtlosen auf die Kniee nieder und beugte sich über den regungslos Daliegenden.
Sie rief ihn bei seinem Namen, aber kein Laut kam über die blassen Lippen, auf denen noch das ungesprochene Wort zu schweben schien; kein Zucken, kein Beben in dem starren Antlitz verriet das wiederkehrende Leben, kalt und steif lag er da. Elsa rieb seine Stirn mit Schnee und rüttelte in wahrer Todes- angst au ihm, — vergebens. Sie legte ihr Ohr lauschend an feine Brust; sein Herz stand still, es hatte ausgeschlagen für immer.
— (Fortsetzung folgt.) —
Logogrhph.
Mit n tut es kein edler Mann, Wenn er es oft auch haben kann. Mit t find'st du's in fremdem Land, Es ist als Hafenstadt bekannt.
AnflSsung der Viersilbigen Charade in Nr. 87. Mittelalter.
Richtig gelöst von Karl Schäfer, Maurermeister, Birkenfeld.
Redaktion, Druck und Verlag von L. Meeh in Neuenbürg.
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