Viel von sich reden macht in Frankreich ein neues Millionen skandälchen, eine Fälschung der Gründerliften anläßlich der Konstituierung der Suez­kanalgesellschaft im Jahre 1859, durch die die An­sprüche des eigentlichen Schöpfers des Suezkanals, des österreichischen Ingenieurs Negrelli, illusorisch gemacht worden sein sollen und die sich nunmehr nach Angaben der Erben Negrellis auf nur 170 Millionen Francs belaufen. Ein ganz nettes Sümmchen, das sich seiner Eintreibung schon verlohnt.

In England hat das Ministerium Balfour die Initiative zu einer endlichen Aussöhnung der Iren mit England ergriffen. Es ist dies durch Einbring­ung der irischen Land bill im englischen Untcrhause geschehen, welche eine wesentliche Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Pächter und kleinen Grund­besitzer in Irland erstrebt. Die vom Staatssekretär für Irland, Wyndham, begründete Bill fand denn auch selbst seitens der irischen Nationalpartei eine nicht unfreundliche Aufnahme; schließlich nahm das Unterhaus die Bill in erster Lesung an. König Eduard reift am Montag nach Lissabon ab.

Präsident Castro von Venezuela hat mit seiner Rücktrittserklärung richtig nur eine Komödie gespielt. In einer neuerlichen Botschaft an den Kongreß in Caracas zieht Castro seinen Rücktritts­entschluß zurück, hervorhebend, er beuge sich vor dem Wunsche des Kongresses, daß er die Präsidentschaft noch ferner beibehalten möge: er versichert aber, daß er nur noch so lange Präsident bleiben wolle, bis er dem Volke den Frieden wiedergegeben und die Ord­nung widerhergestellt habe, d. h. also bis zur Be­endigung des Bürgerkrieges.

Brüssel, 21. März. (Orig.-Korr.) Ganz im Gegenteil zu dem König Leopold und seiner ver­storbenen Gemahlin, von denen die Belgier im allge­meinen mit großer Gleichgiltigkeit zu sprechen pstegen resp. pflegten, erfreut sich das Thronfolgerpaar hier zu Lande überall einer ganz außerordentlichen Be liebtheit. Vor allem ist es die Prinzessin Elisabeth, die Tochter des Herzogs Theodor von Bayern, die in einer geradezu beispiellosen Weise die Liebe und Verehrung der sonst sehr wenig schwärmerisch veran­lagten Belgier besitzt, und diese Zuneigung des ganzen Volkes zu der zukünftigen Königin ist auch unschwer zu erklären, zumal wenn man den Charakter der letzteren mit dem der verstorbenen Königin vergleicht. Die natürliche Anmut der Prinzessin, ihre außer­ordentliche Herzensgüte, ihr schlichtes» nie eine Spur von Stolz oder gar Hochmut verratendes Wesen, alle diese Eigenschaften haben ihr in einem solchen Maße und so ganz allgemein die Herzen gewonnen, daß selbst die Sozialisten bei verschiedenen Gelegen­heiten ihrer Achtung vor derkleinen Prinzessin" unwillkürlich Ausdruck verleihen. Alles, was diese sagt und thut, wird hier interessant und vortrefflich gefunden, es wird eifrig kommentiert oder auch nach­geahmt, welch letzterer Umstand, da die Prinzessin eine gute Deutsche geblieben und speziell für alles Deutsche sehr eingenommen ist, der deutschen Jndu strie stellenweise nicht unwesentliche Vorteile bringt. Auf diese Weise ist z. B. eine gewisse Sorte boynsches Bier sehr in Mode gekommen, eine Brannschweiger

äugen treten, ohne uns zu enychuldigeu, mögen wir auch auf der Eisenbahn, in dem Tram, im Wirts- Hause die Ellbogen rücksichtslos in die Weichieile des lieben Nächsten einbohren, mögen wir auch immerfort brüllen: Geh weg da ich will hin gebildet sind wir doch. Was, am Ende nicht? Sie Lümnul! Ich fordere Sie oder haue Ihnen eine runter! Je nachdem man sich gebildeter oder ungebildeter aus- drücken will.

Wenn sich heutzutage schon die Erwachsenen so benehmen, sollen sich d,e Kinder anders z> ige» ? Sie sind es ja von den Eltern g. wohnt, beim geringsten Anlaß angebrüllt zu werden. Da kann man be­sonders die lieblichsten Ersah, ungen machen, wenn man nur auf den Straßen und öffentlichen P atzen die Ohren offen hält. V,rst'ht ein Kind irgendeine Kleinigkeit, gleich reißt die Mutter oder das über Wachende Dienstmädchen das Schleusenwerk des Ae,gers auf, und eine Sintflut von Schimpsworten ergießt sich in Cascaden über das Kind Das ist aber noch der feinere Ton; eine Nüance tiefer, u> d es setzt Knüffe und Püffe. W>nn Ellern unter einander und ihre Kinde, sich derartig fortgesetzt anvrüllen, dann ahmen es die Kinde, «den nach. Man köre die Unterhaltung unserer Schuljugend aus der Straße. Da sich duse Jugend und diese erwach»ne Wel, ständig in den grausamsten Lup rlauven -rgehl, so ist eben bei einer Gelegenheit, wo man sich wirklich ärgern kann, keine Steigerung mehr vc»Händen und der Knüppel Ham, das Messtr nich. Was sollen da die Rufe nach der gut«n Polizei? Der

Pianofortefabrik, die die Instrumente für den bayer­ischen Hof liefert, hatte seit der Vermählung der Prinzessin einen erheblich größeren Absatz ihrer Pianos in ganz Belgien zu verzeichnen, und die auffallend starke Verbreitung, welche Hierselbst die Räder, auch kettenlose und Motor-Zweiräder der Coroner Fahr­radwerke in Brandenburg a. H. gefunden haben, soll neben den Erfolgen dieser Räder auf so vielen Wett­rennen ganz besonders auch auf die Einwirkung des vom Hose des Prinzen Albert gegebenen Vorbildes zurückzuführen sein. Uebrigens hat sich die Verehr- ung der Belgier für das Thronfolgerpaar auch bereits auf dessen Sohn, den kleinen Leopold, übertragen, und als vor einiger Zeit die Zeitungen meldeten, daß der letztere die ersten Gehversuche gemacht hätte, da bildete dieses wichtige Ereignis überall den Gegen­stand der eifrigsten Unterhaltung. Ueberhaupt, wenn man die Belgier von dem Prinzen Albert und der Prinzessin Elisabeth reden hört, dann erkennt man dieseRepublikaner mit einem König als Präsidenten" kaum wieder. Diese Leute, die sonst mit allem anderen eher denn mit Begeisterung von König und Königtum zu reden gewohnt sind, die schwärmen geradezu von ihrer zukünftigen Königin und ihrem Gemahl, und wir möchten niemanden raten, ihnen in dieser Schwär­merei auf irgend eine Weise entgegenzutreten. Für die Befestigung des monarchischen Gedankens in Belgien hat die schlichte deutsche Prinzessin bereits sehr viel gethan, und wenn erst sie und ihr Gemahl einmal den Thron besteigen, dann wird dieser Thron in Belgien so fest und sicher stehen wie vielleicht nie zuvor.

In San Francesco d Albaro bei Genua drangen Diebe in das Haus eines Assessor ein, nachdem sie vorher die Dienstboten durch eine List fortgeschickt hatten. Sie erbrachen einen Kassenschrank und stahlen 125000 Lire in italienischer Rente, die der Assessor für eine Wohlthätigkeits - Gesellschaft aufbewahrte. Man kennt jedoch die Nummern der Titel und ist den Dieben auf der Spur.

Württemberg.

Stuttgart, 26. März. Die Kammer der Abgeordneten setzte heute Nachmittag die Berat­ung des Justizetats fort nnd debattierte nicht weniger als drei Stunden über den Antrag der Kommission, die im Etat vorgesehene Vermehrung der Oberlandes- gerichisratsstellen um 2 Stellen nicht zu beanstanden. Allgemein wurde dabei die Geschäftsüberlastung der jetzigen Mitglieder des Oberlandesgerichts anerkannt. Während nun aber der Justizminister v. Breitling und namentlich auch Vizepräsident Dr. v. Kiene für die Position mit aller Wärme eintraten, sie mit der Geschäftsvermehrung des Oberlandesgerichts begrün­deten und im Interesse einer guten Rechtssprechung als eine absolute Notwendigkeit bezeichneten, machten sich die Abgeordneten v. Geß und Liesching zu den Vertretern der Gegner derselben. Beide führten als Grund ihrer ablehnenden Haltung die ungünstigen Finanzverhältnifse ins Feld, letzterer meinte auch, daß am Oberlandesgericht zu umständlich gearbeitet werde und stellte den Antrag, nur eine Stelle zu genehmigen. Dieser Antrag wurde mit 57 gegen 13 Stimmen angenommen, dagegen der Kommissionsantrag mit

Hebel ist m der Familie, in der Schule anzusetzen. Dort und da haben sich die Verantwortlichen un- ausgesetzt die Mühe zu geben, durch Beispiel und Lehre bessernd zu wirken; die Schule sollte vor allem versuchen, ordentliche Menschen heranzubilden und unseretwegen immerhin dem eine glänzende Note zu­erteilen, der den besten Kopf hat, aber auch dem das größte Wohlwollen, die größte Fürsorge zuwenden, der das beste Herz hat, aber weniger glänzend ver­anlagt ist. Es gibt auf der Welt leider mehr ge­scheite als gute Menschen. Die Gescheiten kommen schon selber auf, züchtet uns gute Menschen! Lehrt die angenehmen Formen des Umgangs Hochhalten, sie sind nicht Luxus, sondern der fruchtbringende Boden des notwendigen Verkehrs mit den Neben­men, chen Wollt nicht immer Recht haben; unter- o.ückt auch manchmal eine Widerrede, selbst wenn Ihr recht zu haben glaubt. Und wenn Ihr antwortet und Euer Recht wahren wollt, so thut es höflich und f eundiich. Wenn Ihr bittet, wenn Ihr dankt immer in liebenswürdiger Form. Es ist ebenso leicht, ein gutes Wort zu geben, wie ein böses, aber . . wie wenige verstehen jene Kunst? Manche L.ule glauben nur tadeln zu sollen; sie sollten viel meh> und viel leichter loben. Anerkennung und Freundlichkeit lockern auch ein verhärtertes Herz. Sieier Tad>l verhärtert auch ein weiches Gemüt. Uebt Rücksicht, Ihr Menschenkinder, übt Rücksicht gegeneinander.

Wir sind uns bewußt, die Frage durchaus nicht erschöpfend behandelt zu haben, wir konnteu meist

38 gegen 34 Stimmen abgelehnt. Die Schaffung einer weiteren Direktorsstelle am Landgericht Stutt­gart wurde genehmigt. Zum Schluß entstand noch eine lebhafte Debatte über die Forderung von 2 Landgerichtsdirektorsgehalten für 2 weitere Ober­staatsanwälte. Es handelt sich dabei, wie der Justiz­minister betonte, nicht um eine Finanzfrage, sondern um eine Prinzipienfrage. Dr. v. Kiene stellte den Antrag, eine Stelle zu genehmigen und zwar die am meisten belastete. Nieder und v. Wöllwarth traten in ihrem Antrag für die Genehmigung beider Stellen ein, die Kommission beantragte Ablehnung derselben. In der Debatte brachte Betz einige Klagen gegen die Heilbronner Staatsanwaltschaft vor, die von Nieder zurückgewiesen wurden. Haußmann-Balingen meinte, allzugroße Schneidigkeit der Staatsanwälte sei vom Uebel und wünschte eine gesetzliche Regelung der Entschädigung unschuldig Verhafteter. Zu einer Be­schlußfassung kam es nicht mehr. An der heutigen Debatte, die morgen fortgesetzt wird, nahmen außer den Genannten noch teil die Abgg. Haußmann-Gera- bronn, Rembold-Aalen, Graf Uxkull und Haug.

Stuttgart, 25. März. Der Feuersee ist gestern mit Fischen besiedelt worden, und zwar durch den Württembergischen Anglerverein, der gestern mittag unter Teilnahme einer großen Zahl Neugieriger eine Anzahl größerer Karpfen, darunter solche bis zu 12 Pfund, einsetzte; in nächster Zeit sollen amerikanische Regenbogenforellen folgen. Das Stadtschultheißenamt hat den Feuersee dem Verein aus hygienischen Gründen zu Fischzuchtzwecken überlassen, weil die Fischbrut gleichsam als Wasserpolizei gelten kann, die mit den mikroskopisch kleinen Pflanzen und Tierchen aufräumt und so deren Abfterben und Verwesen verhindert. Auf diese Weise dürften in einigen Jahren Wasser und Schlamm des Feuersees so gesäubert werden, daß die Nasen der Seeanwohner kaum mehr beleidigt werden. Die im Feuersee gewonnene Fischbrut soll nächstes Frühjahr in öffentliche Gewässer (wie z. B. den Neckar) verbracht werden.

Tübingen, 27. März. Vor dem Schwurgericht hatte sich gestern der frühere Stadtpfleger und Kirchen­pfleger Wilhelm Gräßle von Herrenalb zu verant­worten. Sein Vergehen bestand darin, daß er der Stadtkasse nach und nach 21700 der Kirchen- Pflegekasse 3000 ^ entnahm, und, um seine Verun­treuungen zu verdecken, Bücher und Register falsch führte und unrichtige Belege vorlegte. Seine Unter­schlagungen gehen bis auf das Jahr 1883 zurück, wo er nach seiner Angabe zur Bezahlung einer für seinen nach Amerika entwichenen Bruder geleisteten Bürgschaft den ersten Eingriff in die Stadtkasse machte. Als nach der Absetzung und Verurteilung des Stadtschultheißen Beutler Herrenalb einen neuen Ortsvorstand erhielt, kamen verschiedene Unregel­mäßigkeiten in der Verwaltung Gräßle's zu Tage, so daß es dieser für geraten hielt, sich im Okt. v. I. selbst der Staatsanwaltschaft in Tübingen zu stellen. Der Angeklagte legte ein umfassendes Geständnis ab und suchte seine Verfehlungen noch mit Krankheiten in der Familie, Verluste im Konkurs eines Ver­wandten und mit Schulden seines Schreinereigewerbes zu entschuldigen. Die Stadtgemeinde Herrenalb hat

nur einen Gedanken anspitzen, wir wollten aber auch nur durch diese Zeilen diese Frage anschneiden, weil sie ungeheuer wichtig ist und weil wir glauben, daß es höchste Zeit zur Einkehr ist.

(Das schnellste Automobil.) Es herrscht große Freude in England, denn einer der dortigen Sportsleute, Charles Rolls, hat auf PnSr Fahrt am 26. Februar den Weltrekord auf einen Kilometer geschlagen. Er legte die Entfernung in unerhört kurzen Zeit von 27 Sekunden zurück, das stfld ganze 1Sekunden weniger als die bisher schnellste Fahrt von Charles Jarret. Auf die Sekunde berechnet, ergiebt das eine Geschwindigkeit von etwa 130 Kilometer, die noch von keinem Schnellzug außer bei elektrischem Betrieb, auch nur versuchsweise erreicht worden ist. Das Automobil erzielte diesen Erfolg erst bei der vierten Wiederholung der Fahrt.

sAus Not.j Leutnant:Nanu, Franz, seit wann dichtest Du denn Deine Köchin an?" Bursche: Erft seit der Fleischnot, Herr Leutnant!"

Firnfsilbige Charade.

Die Erste eine Himmelsgegend, Verhältniswort die Zweite,

Es blühen die drei Letzten Auf weiter deutscher Haide.

Das Ganze, großes, herrliches Land,

Wo Mancher zweite Heimat fand.

Auflösung des Buchstabenrätsels in Nr. 46.

Perrücken Rehrücken.