fort. Ueberall leuchtet die Tendenz hervor, Deutschland als den hinterlistigen Ränkeschmied darzustellen, der die Pläne anderer Mächte durchkreuzen will. So soll unsere Politik beispielsweise von der Sucht befallen sein, die Verwirklichung eines englisch-amerikanischen Bündnisses unmöglich zu machen. Darauf läßt sich erwidern, daß, wenn ein derartiges Bündnis überhaupt möglich wäre, Deutschland sein Zustandekommen gar nicht verhindern könnte. Zunächst ist von einem solchen aber gar keine Rede. Wir können jedenfalls ans der Behandlung, die unserem Vorgehen in Venezuela seitens eines großen Teiles der ausländischen Presse zu teil wird, wieder eine Bestätigung des Moltkeschen Wortes entnehmen, daß wir Deutsche auch nach 1876 noch viele Jahrzehnte mit einer ganzen Welt von Feinden zu thun haben werben. Im übrigen wird Deutschland seinen Weg ruhig fortsetzen, und sowohl die deutsche als auch die mit dieser in loqalster Weise Hand in Hand gehende englische Regierung haben allen Grund, auf einen befriedigenden Ausgang der Venezuela-Angelegenheit zu hoffen.
Berlin, 6. Febr. Nachrichten aus Mentone bestätigen, daß Krüger der Auflösung entgegengeht.
Frankfurt a. M., 5. Febr. Für den Gesangswettstreit im Juni 1903 sind in der Sängerfesthalle auch die Logen L 1000 ^ nahezu alle vergeben. Der Finanzausschuß, Vorsitzender Bürgermeister Dr. Varrentrapp, will daher dem Hauptausschuß empfehlen, die wenigen noch übrigen Logen zunächst nicht zu verkaufen, da es ratsam erscheint, eine Anzahl Logenplätze verfügbar zu halten. Für die Ermietung der Sängerfesthalle, welche bekannilich nach Beendigung des Gesangswettstreits für andere geeignete Veranstaltungen auf kürzere oder längere Zeit vergeben wird, laufen zahlreiche Anmeldungen ein. Die Festhalle befindet sich in vorzüglicher Lage an der Forsthausstraße; sie hat einen Flächeninhalt von 8100 qm im Erdgeschoß und 6000 qm im Obergeschoß.
Mannheim, 31. Jan. Der vor einiger Zeit bei Reitlingen erfolgte Jagdunfall, wobei der Privatmann Epting von hier den Landwirt Schmidt von Käferthal durch einen Schuß in den Unterleib sehr schwer verletzte, hatte für elfteren insofern ein unangenehmes Nachspiel, daß Schmidt eine Entschädigungsklage von 20000 anstrengte. Durch Vergleich wurde nun die Sache dahin erledigt, daß Epting freiwillig 15 000 -/E an Schmidt bezahlt (wovon 9000 -/L durch Haftpflichtversicherung getragen werden.) Die Verletzungen des Schmidt sind so schwerer Natur, daß derselbe wohl zeitlebens damit zu thun hat.
Die französische Deputiertenkammer ist z. Zt. mit der Budgetberatung beschäftigt und steht beim Budget des Kriegsministeriums. Die Abschaffung der Feldprediger, welche die Sozialdemokraten verlangt haben, wurde abgelehnt, dagegen ein anderer sozialistischer Antrag betreffend die Abschaffung, der 13tägigen Reserveübung angenommen. Der Sozialistenführer Jaures hat iü einer Rede vor seinen Wählern angekündigt, daß er in der Kammer neue Enthüllungen über die Dreyfusangelegenheit machen und die ganze Wahrheit über verschiedene Persönlichkeiten an den Tag bringen werde. — Ministerprä-
Wangen bemerkt hatte, aus dem Verdeck des Dampfers saß, der sie nach Europa zurückbringen sollte.
„Nein, den guten dicken John hätte ich nicht heiraten können, nie und nimmermehr!"
Warum sollte sie überhaupt heiraten? Es lag ja gar kein Grund dazu vor. Sie wollte bei den Eltern bleiben und ihnen immer eine gute Tochter sein. Die Pflegeschwester Selma freilich,Ähre Cousine, dachte ganz anders. Sie hatte ihr noch bei ihrem letzten Besuch im Hospital so ernstlich zugeredet, Diakonissin zu werden, dann erst werde sie den Frieden der Seele finden.
Magdalene hatte dazu geschwiegen, sie wies den Gedanken nicht ab, im Gegenteil, sie erwog ihn in ihrem Herzen, aber fürs erste wollte sie ihre Eltern nicht verlassen, sie war ja erst 21 Jahre alt. Plötzlich nahmen ihre Gedanken eine andere Richtung! Sie sah das blasse Gesicht des jungen Keller vor sich, die ernsten, braunen Augen, der tieftraurige Blick! Sie hörte die Abschiedsworte, die er ihr gesagt hatte: „Ich danke Ihnen, Fräulein Grünwald, für alle Ihre Güte, ich werde Sie nie vergessen."
Und dann nach einer Pause: „Sagen Sie, bitte, meinem Bruder, daß ich es einsehe, welch ein schlechter Kerl ich gewesen bin mein Lebcnlang, und daß ich versuchen wollte, geduldig zu sein!"
Der Dampfer näherte sich der Elbmündung. Magdalenens Herz begann zu klopfen in gemischten Gefühlen. Aufgeregt ging sie auf dem Verdeck auf und nieder und suchte sich ihr Wieder-
sident Combes scheint nuu doch ein Haar in seinem scharfen Vorgehen gegen die Klöster und Kongregationen gefunden zu haben. Er will die Auflösung der Kongregationsschulen erst innerhalb 15 Jahren, also ganz allmählich durchführen, wozu er allerdings zwingende Gründe hat; denn zur Errichtung von Staatsschulen an Stelle der Kongregationsschulen fehlt vorerst die Hauptsache, nämlich eine genügende Anzahl von Lehrern.
Marseille, 6. Febr. Im mittelländischen Meer wütete ein furchtbarer Sturm. Alle Postdampfer erleiden Verspätungen. Die Schiffe suchten Zufluchtshafen auf. Mehrere sind beschädigt.
Ein höchst aktuelles Interesse hat zur Zeit der Kampf um den vorherrschenden Einfluß in Persien zwischen Rußland und England. Soeben ist die russisch-persische Zolldeklaration, ein Abkommen, welches den Handels- und Verkehrs-Beziehungen zwischen Rußland und Persien zur Förderung gereicht, rati- fiziert worden. Gleichzeitig traf aber auch ein englischer Spszialbotschafter in Teheran ein und wurde dort vom Schah in feierlicher Audienz empfangen. Indessen scheint die englische Presse die russischen Erfolge höher als die des eigenen Vaterlandes zu bewerten; denn sie zeigt sich über das russisch-persische Abkommen lebhaft beunruhigt, und die „Times" weist in längeren Ausführungen warnend auf den wachsenden Einfluß Rußlands in Persien hin. Deutschland steht diesen Dingen als unparteiischer Beobachter gegenüber.
Die Nachricht von der Gefangennahme des Thronprätendenten Bu-Hamara durch die marokkanischen Regierungstruppen bestätigt sich. Trotzdem gilt die Lage des Sultans Abdul Asis und seiner Regierung noch immer als eine etwas kritische, da die Niederlage der Rebellen keineswegs eine so vernichtende gewesen sein soll.
Württemberg.
Stuttgart, 4. Febr. Der König hat gestern nachmittag ProfessorLitrmann ans München empfangen, der ihm die Pläne zum Neubau des Hoftheaters vorlegte.
Stuttgart, 6. Februar. Die Kammer der Standesherren verhandelte heute nachmittag in der Generaldebatte über den Bericht der Steuerkommission der Standesherren zu dem Entwurf eines Gesetzes betreffend die Besteuerungsrechte der Gemeinden und Amtskörperschaften. Im Laufe der Debatte erklärte Minister v. Pischek: Der Vorschlag des Fürsten zu Löwenstein, die Erfahrungen mit der staatlichen Einkommensteuer abzuwarten und dann erst das Gemeinde- cinkommensteuergesetz vorzulegen, habe manches für sich; es sei dies aber nicht möglich, weil durch die staatliche Gesetzgebung das Gesetz über die Dienst- und Berufseinkommensteuer beseitigt werde. Die Befriedigung des Bedürfnisses der Gemeinden, deren Auslagen in der neuesten Zeit bedeutend gestiegen seien, dürfe allerdings nicht länger hinausgeschoben werden. Die Steigerung der Ausgaben der Gemeinden habe etwas Bedenkliches. Man dürfe aber auch nicht zu schwarz sehen. Angesichts der heutzutage geltend gemachten Ansprüche, sei es an die durch die Volksschule zu gewährende Bildung, seien es Wohlfahrts- Einrichtungen oder sonstige Maßnahmen, werde ein
sehen mit Martin Keller auszumalen. Gewiß, er würde bald nach ihrer Ankunft im Elternhause kommen und sich Nachrichten von seinem Bruder holen. Ob es ihr dann gelang, ruhig zu bleiben?
Da legte sich eine Hand auf ihre Schulter. Sie gewahrte, sich umschauend, die alte Engländerin, welcher sie sich zur Ueberfahrt angeschlossen hatte.
„Ich möchte Sie einem Herrn vorstellen, ckear," sagte die Dame in ihrem gebrochenen Deutsch, „hier ist er, Mr. Morton aus New Jork."
Magdlene verneigte sich leicht. Sie hatte schon öfters während der Fahrt bemerkt, daß der jetzt vor ihr stehende Herr sie beobachtete, jetzt reichte er ihr mit freundlicher Treuherzigkeit die Hand.
„Wir haben einen gemeinschaftlichen Freund, Miß Grünwald," sagte er, „es ist der junge Keller, den unser Herrgott so schwer geprüft hat!"
Die einfachen Worte fanden sofort ihren Weg in Magdalenens Herz. Nicht nur, daß sie in ihrer Muttersprache geredet waren, vor allem der fromme Geist, der aus ihnen herausklang, ließen sie gleich Vertrauen fassen zu dem fremden Mann.
„Ich hoffte immer, Ihnen oder Ihrer Frau zu begegnen, Mr. Morton," eutgegnete sie freundlich, Herr Keller hat mir gesagt, daß Sie sich seiner so gütig angenommen hätten!"
„Er hat es uns vorgeworfen, daß wir ihn von seinem Vorhaben abgehalten haben," sagte Morton ernst, „es ist aber in den letzten Tagen eine Wandlung mit dem armen Jungen vorgegangen, als ich ihm Lebewohl sagte, kam er mir wie ein völlig
Zurückschrauben der Ausgaben nicht möglich sein Allerdings müsse auch betont werden, daß dank der sozialen Gesetzgebung die Armenlasten bedeutend gesunken sind. Daraus, daß es nicht möglich ist, die fortschreitend wachsenden Ausgaben in Staat und Gemeinde zu dämpfen, folgt aber auch, daß den Gemeiuden eine Steuerquelle eröffnet werden muß, die einen allmählich steigenden Ertrag verspricht. Diese Steuer sei nur die allgemeine Einkommensteuer. Deshalb halte er das Maximum von 25 °/» der staatlichen Einheitssätze für die Gemeindeeinkommensteuer, wie dies die Mehrheit der Kommission verlange, für ungenügend und bleibe bei 50 "/o gemäß dem Entwurf. DaS Haus beschloß, in die Einzelberatung des Gesetzentwurfes einzutreten.
Stuttgart, 5. Februar. Bei der fortgesetzten Beratung der Volksschulnovelle nahm die Abgeordnetenkammer den Artikel 5, insoweit er sich mit der Oberschulbehörde befaßt, nach dem Anträge der Kommision mit 48 gegen 30 Stimmen an. Nach den Bestimmungen dieses Artikels wird dem evangelischen Konsistorium die Eigenschaft alsOberschulbehördegenommen und ein besonderer Oberschulrat geschaffen, während für die katholischen Volksschulen der katholische Oberkirchenrat die Oberschulbehörde bleibt, jedoch in dieser Thätigkeit die Amtsbezeichnung „katholischer Oberschulrat führt. Das Zentrum stimmte auch gegen diesen Artikel.
Stuttgart, 4. Febr. Oberlandesgerichtsrat Loedel wurde als Nachfolger der Reichsgerichtsrat Zimmerle an das Reichsgericht berufen.
Der Gebührenanfall aus dem Württ. Post-, Telegraphen- und Fernsprechbetrieb vom Dezember ergiebt im Ganzen 1 458 30013 ^ (ff- 118 519.52 c/E). Im Ganzen vom 1. April 1902 bezw. 1901 ab 11908508.15 -/A (ff- 865 726.8 ^l).
Kus StaSt, Bezirk unS Umgebung.
* Neuenbürg, 6. Febr. Gestern abend fand im Saale des Gasthofs zum Bären der vom hiesigen Leseverein veranstaltete Recitationsabend statt, zu welchem der Verein die durch ihre Borträge weithin bekannte Recitatorin, Frln. Clara Oester len-Stuttgart, gewonnen hatte. Nach einer Begrüßung durch den Vorstand, Hrn. Oberamtmann Kälber, trug Frln. Oesterlen eine Auslese klassischer und neuerer Dichtungen vor. Sie verstand es vortrefflich, die Zuhörer völlig in Bann zu nehmen. Mit einer ansprechenden, klangvollen Stimme und mit künstlerischem Verständnis und Ausdruck trug sie Proben aus der „Braut von Messina" und aus Dichtungen von Seidel, Wildenbruch, Geibel, Hedenstjerna, Diehl und Seuffer vor. Besonders gefielen auch die patriotischen Lieder von Geibel (1858) und „An Deutschland" (1871), sowie das bekannte humorvolle Dialektgedicht „'s Loiterle" von L. Diehl, in welchem die schwäbische Gemütlichkeit in köstlicher Weise illustriert wird. Am Schluß des genußreichen Abends sprach der Veremsvorstand im Namen aller Anwesenden Frln. Oesterlen den wohlverdienten Dank aus.
Wildbad, 5. Febr. Das Sägmühleanwesen des Albert Proß in Sprollenmühle wurde bei dem heute auf dem hiesigen Rathaus stattgehabten letztanderer vor; kein bitteres Wort kam über seine Lippen! Er sagte sogar: „Es geschieht mir ganz recht, daß ich hier so liege."
Magdalenes Augen glänzten.
„Haben Sie das zu stände gebracht, Fräulein?" fragte Morton lächelnd.
„O nein!-Aber ich weiß, seit wann
er anders Senkt. Das Sterben eines alten Mannes, der sein Bettnachbar war, hat ihm einen so tiefen Eindruck gemacht!"
Und nun erzählte sie ihrem neuen Freunde von dem alten Thadden, dessen fromme Ergebung auch sie so mächtig ergriffen hatte.
„Ach, wenn Rudi Keller doch noch sich bekehren könnte!" sagte sie zuletzt mit einem Seufzer.
„Bei Gott ist kein Ding unmöglich," entgegnete Mr. Morton ernst, „Erkenntnis der eigenen Sünden ist doch immer der erste Schritt zur Buße!"
(Fortsetzung folgt.)
(Zerstreut.s „Es ist abgemacht, ich heirate meine Haushälterin! .... Dann muß ich ihr aber doch wol am 15. kündigen!?"
(Naive Begründung.^ A.: „Na, ich sage Ihnen, wir hatten vor einem Jahre einmal 19 Grad Kälte in Berlin." — B.: „Nu härren Se, des is Sie noch gar nischt; da hatt'n mer in Drüsen z. B. 30 Grad." — A.: „Dreisig Grad? — Unsinn!" — B.: „Ei jaaah — in de Neustadt fünfzehn un in de Altstadt ooch fünfzehn."