vermischtes.
Brüssel, 19. Jan. In Belgien ist bekanntlich ebenso wie in Frankreich die bedingte Verurteilung eingesührt, die darin besteht, daß die einem strafgerichtlich Verurteilten zudiktierte Strafe als überhaupt nicht ausgesprochen angesehen wird, wenn dieser sich nicht innerhalb einer bestimmten, von dem Richter festzusetzenden Frist abermals des nämlichen Vergehens schuldig macht. Diese bedingte Verurteilung wurde angewandt im Jahre 1891 in 21,193, im Jahre 1896 in 61,310 und 1899 in 68,278 Fällen. In diesem letzten Jahre waren von sämtlichen strafgerichtlichen Urteilen 61,1°/» solche bedingte, und von diesen 61,1°/» bedingt Verurteilten wurden im Ganzen von den zuchtpolizeigerichtlich Verurteilten 24,17"/» und von den einfach polizeilich Verurteilten 7,54"/» rückfällig. Aus der offiziellen Statistik über diesen Gegenstand geht ferner hervor, daß die Zahl der Rückfälligen in den letzten Jahren beständig abgenommen hat, ein Umstand, der wie so manches Andere sehr zu Gunsten jener Einrichtung spricht. Denn wenn die Strafe nicht lediglich als ein Abschreckungs-, sondern auch als Besserungsmittel wirken soll, dann wird man diesen Zweck kaum besser erreichen können als mit dem System der bedingten Verurteilung und der damit verbundenen Androhung einer definitiven und alsdann doppelten Bestrafung im Wiederholungsfälle.
20000 ^ Finderlohn. Aus Wien berichtet die „N. Fr. Pr.": In Folge einer dieser Tage ergangenen Entscheidung des obersten Gerichtshofs mußte das Postärar einem Infanteristen des Infanterieregiments Nr. 24 den stattlichen Finderlohn von 20000 Kr. ausbezahlen. Dieser Soldat fand eines Tages, als er mit dem Wachrapport in die Kaserne ging, ans der Straße einen mit Bindfaden umwundenen und versiegelten Sack. Der Soldat hob den Sack auf, um ihn auf der Stationswache abzugeben. Unterwegs kam atemlos ein Postbediensteter daher, der mit dem Ausrufe: „Gott sei Dank, da ist ja der Postbeutel!" dem Soldaten den Sack abnehmen wollte. Allein der Soldat gab denselben nicht aus der Hand, indem er erklärte, er müsse den vorgeschriebenen Dienstweg einhalten. Auf der Stationswache, wo der Soldat die Meldung erstattete, wurde der Postbeutel amtlich eröffnet, und es fand sich in demselben die stattliche Summe von 200000 Kronen. Der Postbeutel war unterwegs aus dem Postwagen herausgefallen. Der Infanterist reklamierte den gesetzlichen lO prozentigen Finderlohn, der ihm aber vom Postärar mit der Begründung verweigert wurde, daß es sich hier nicht um einen Fund handle, da der Postbedienstete noch auf dem Wege den Postbeutel bei dem Soldaten entdeckte. In dem Prozesse, den der Soldat gegen das Postärar anstrengte, vertrat der klägerische Anwalt den Rechtsstandpunkt, daß nicht der Postbedienstete,
Aus Ueuenburgs vergangenen Tagen.
Bon A. Braun.
IX.
Das alte Schloß wurde verbrannt (ein bayrischer Fähnrich soll es im Uebermut angesteckt haben), das neue war derart verwüstet, die Treppen, überhaupt alles Holzwerk durchs Feuer zerstört, daß es von Grund auf erneuert werden mußte. Wie sehnte man sich nach dem Frieden! Und als er endlich kam, waren der Ortschaften des Amts verbrannt und -/s der Bewohner umgekommen.
Ein rohes Geschlecht war herangewachsen, das fremde Sitten und Laster (u. a. auch das Tabaktrinken, wie man das Rauchen anfangs nannte) angenommen hatte. Der Sonntag wurde entheiligt, die Kirchen waren vielfach leer, daher eine Verordnung nach der andern erschien und die Sonntagsfeier eingeschärft wurde. Wegen eines „nachdenklichen" Kometen hielt man 1655 besondere Kometenpredigten. Wie streng die kirchliche Zucht in den nächsten Jahrzehnten gehandhabt wurde, davon einige Beispiele. Im Jahr 1673 wurden etliche junge Gesellen fürgefordert, weilen sie an einem Feiertag die Predigt göttlichen Worts versäumt. Strafe 24 Schilling. Ein Bürger wurde angeklagt, weil er an Pfingsten über Feld gangen und die Predigt negiglieret (3 Schilling). Ein anderer wurde etliche Stunden ins „Zuchthäußlen" gesprochen, weil er über die Christfeiertage in Dürrmenz gewesen und keinen Schein über den Besuch des dortigen Gottesdienstes vorweisen konnte. Die Magd des Schultheißen Rothen in Niebelsbach war an Advent mit einer Damasthaube beim Abendmahl. Obgleich sie beteuerte, die Haube sei bloß halbseiden gewesen, mußte sie ins Zuchthaus wandern. Die ganze Gemeinde wurde mancherorts am Sonntag von der
sondern der Soldat als Finder anzusehen sei. Wenn der Postbedienstete den Postbeutel „fand", so habe er ihn eben bei dem Finder gefunden. Alle Instanzen entschieden zu Gunsten des Soldaten und durch das Urteil des obersten Gerichtshofes wurde das Postärar nicht nur zur Zahlung des Finderlohnes von 20000 Kronen sondern auch zur Tragung der Prozeßkosten von 2400 Kronen verurteilt.
Winterlawinen wüten gegenwärtig nach den „M. N. N." in den Bergen der Schweiz und fordern ihre Opfer. Das unbeständige, alle Augenblicke vom Föhn zur Brise umschlagende Wetter begünstigt ihren Niedergang in ungewöhnlichem Maße. Bei Pohlern am Berner Oberländer Stockhorn riß eine solche Rutschlawine einige Holzhacker mit sich, von denen einer lebendig begraben wurde, während die andern mit dem Schrecken davon kamen. An der Berniastraße wurden drei Postpferde samt Schlitten und Postillon von einer Lawine in den Abgrund geworfen, erlitten aber glücklicherweise keinen Schaden. Uebler noch hätte es einem Major der Gotthardbefestigung, v. Vivis, ergehen können, der mit seiner Frau im Schlitten von Göschenen nach Andermatt fuhr. Kurz vor der Teufelsbrücke riß eine Sturzlawine Pferd und Schlitten in die tiefe Reißschlucht: der Major und seine Frau konnten noch mit knapper Not abspringen, verloren aber die Kopfbedeckung. Das Pferd wurde am andern Tage noch lebend aus dem Schnee hervorgezogen, mußte aber abgethan werden.
(Der Kaufmann und der Weise.) (Ein modernes Märchen.) „Was fang ich an, um mein Geschäft zu heben?" Die Sorge drum beraubt mich aller Ruh Ach könntest du nicht einen Rat mir geben?" So rief ein Kaufmann einem Weisen zu. Der sprach: „Mein Sohn ein guter Rat ist teuer und nützt oft herzlich wenig in der That, doch billig und von Wert stets ungeheuer ist jederzeit ein gutes Inserat." Der Kaufmann that nach jenes weisen Wort und heute ist er der reichste Mann im Ort!
Zur Kopfdüngung der Wintersaaten.
Infolge der sehr späten Ernte hat sich die Bestellung der Wintersaaten fast allenthalben außerordentlich verzögert, und da, wo sie auch rechtzeitig ausgeführt wurde, konnten die Bestellungsarbeiten kaum in der erforderlichen sorgfältigen Weise vor- geuommen werden. Hieraus erklärt es sich auch, daß fast allgemein der augenblickliche Stand der Wintersaaten ein wenig günstiger ist, wirklich gut bestandene Wintersaaten kaum vorhanden sind. Es kommt hinzu, daß infolge der fehlenden Schneedecke und der außerordentlich wechselnden Witterung während dieses Winters auch selbst die gut entwickelten Pflänzchen mehr und mehr geschädigt werden, sodaß auf gute Erträge ohne besondere Hilfsmittel kaum gerechnet werden kann. — Das Wetter kann der Landwirt nicht machen, wohl
Kanzel abgelesen und die Säumigen hatten sich her
nach zu verantworten.
Die Bauern von Dobel scheinen auch keine allzu eifrigen Kirchgänger gewesen zu sein, denn sie verklagten 1609 ihren Pfarrer, „daß er gar zu fleißig mit dem Predigen sei, denn da er nur alle 14 Tage predigen sollte, so vertreibe er ihnen die Ehhalten (Dienstboten) mit solchem steten Predigen am Sonntag mittags und in der Woche."
Die Bewohner hatten sich auf den Trümmern ihrer früheren Wohnungen wieder angesiedelt und auch die Neuenbürger Schlösser waren hergerichtet worden, das alte zur Fruchtscheuer, das neue so einfach als möglich zur Wohnung des Prinzen Ulrich (1658). Mit diesen prinzlichen Herrschaften hatte Neuenbürg kein Glück, sie blieben nicht lange, und so wurde das Schloß von 1672 an den Obervogt eingeräumt, während der Vogt in der Stadt wohnte. Welche Eigenschaften und Titel ein solcher Obervogt hatte, davon auch ein Beispiel. Ihn redete man an als den „Gestrengen und Vösten auch Ehrnhafft und Fürnehmen (Beiten Schönerer von Straubenhardt), württembergisch bestellten Obristen und Obervogt, den gebietenden günstigen Junkher und Herrn."
Kürzer machte man's beim „fürnehmen, ehrsamen, weißen Bürgermeister der Stadt N." und noch einfacher beim „ehrnbarn und bescheidenen Bürgermeister des Fleckens Arnbach", wie uns dies ein „Pergamen- tiner" Brief kund und zu wissen thut.
So übertrieben wie die Titel war auch die Mode. Eine Polizeiordnung von 1660 sucht der über- mäßigen Kleiderpracht zu steuern und verbot z B. den Beamtenfrauen die damals noch sehr teuren Seidenzeuge und den Bürgersfrauen die kostbaren Frankfurter Häublein. Die Nöte des Kriegs schienen vergessen zu sein. Doch sie kamen wieder und auf lange. Eine Hungersnot leitete die Drangsalsjahre 1674
Redaktion, Druck und Verlag von L. Me eh in Neuenbürg.
aber ist er imstande, die Pflanzen auf andere Weise so zu kräftigen, daß sie eben den ungünstigen Witterungseinflüssen dennoch Trotz zu bieten vermögen, und geschieht dies am besten durch entsprechende Düngung. In erster Linie, und zwar sofort, ist hier überall an eine Düngung mit Phosphorsäure und Kali, also mit Thomasschlacke wie auch mit Kalisalzen, zu denken: denn werden diese jetzt sofort als Kopfdünger aufgebracht und es tritt feuchte Witterung ein, so werden sie durch die Bodenfeuchtigkeit in den Boden eingeschlcmmt und zu den Pflanzenwurzeln gebracht, so daß diese also überall mit den Dungstoffen in Verbindung treten. Sobald dann das Erwachen der Pflanzen im Frühjahr eintritt, finden die Wurzeln in ihrer nächsten Umgebung reiche Mengen der nötigsten Nährstoffe und ist die sichere Folge die, daß dadurch die Entwickelung der Pflänzchen sofort aufs kräftigste gefördert wird. Folgt dann zudem noch die unbedingt nötige Stickstoffdüngung in Form von Kopfdüngung mit Chilisalpeter, und zwar zuerst sofort beim Erwachen der Vegetation im halben Quantum, und nach dem Eintritt der vollen Vegetation die zweiteZHälfte, so darf erwartet werden, daß durch die infolge dessen entstehende kräftigere Bestockung sowohl wie auch die stärkere Entwickelung der einzelnen Halme einem Ausfall in den Erträgen vorgebeugt wird. Es kann deshalb nur dringend empfohlen werden, jetzt überall pro Morgen sofort 1'/-r bis 2 Zentner hoch citratlösliche Thomasschlacke zu geben, außerdem je nach der Bodenbeschaffenhcit bis 1 Ztr. 40"/»iges Kalidüngesalz. Bei leichtem Boden empfiehlt sich an desfen Stelle die Verwendung von Kainit, von welchem 3 Ztr. pro Morgen oder mehr auszustreuen sind. Im Frühjahr beim Erwachen der Vegetation folgt dann zuerst eine schwache Düngung mit Chili- salpeter, vielleicht im Quantum von 40 bis 50 Pfund pro Morgen und nach 3 bis 4 Wochen dasselbe Quantum nochmal. Jedenfalls hat damit der Landmann seine volle Schuldigkeit gethau, und wird es dann auch bei einigermaßen günstiger Witterung am Erfolge nicht fehlen.
(Rache ist süß.j Karl (nachdem er und sein kleiner Bruder abgestrast worden sind): „Wart nur. Fritz, wenn wir erst einmal groß sind und Kinder haben! Nachher Hann wir die auch!"
(Bettlerhumor.s Bettler (zu einem Herrn, der ihm einen sehr zerrissenen Rock schenkt): „Können Sie mir nicht auch gleich die Gebrauchsanweisung dazu verehren?"
Rütseldisticho«.
Lieblingsname mit H. Manch' Knaben rufet man so. Mit G. indessen, o Weh, ein Kosename für Mädchen.
Auflösung des Kapselrätsels in Nr. 14.
Eine Liebe ist der andern wert.
ein. Im Jahr darauf kamen die Franzosen, weshalb zum Schutze der Gegend eine Besatzung von 60 Reitern vom Regiment Starcmberg und 30 Fußgänger nach Neuenbürg gelegt wurde. Infolge ihrer schlechten Mannszucht war die Truppe jedoch mehr eine Plage als ein Schutz.
Wie fest und treu die Wacht an der Enz gestanden, das zeigte sich am 30. Dezember 1688. Bei dichtem Schneegestöber sprengt von Pforzheim her der französische Oberst Feuquiöres mit 600 Dragonern, dringt zum untern Thor herein und nimmt, was zu nehmen ist. Und unsere wackeren Reichstruppen? Sie machens zwar nicht wie Götz von Berlichingen, der den in eine Schafherde einfallenden Wölfen zuries: „Glück zu, liebe Gesellen!" aber sie räumen den Herrn Franzosen den Platz und verschwinden durchs obere Thor. Nachdem die Feinde abgezogen, kehrte auch die tapfere, Besatzung zurück. Ganz anders machtens doch die Weiber von Schorndorf im gleichen Jahr dem Mordbrenner Melac. Dieser erlaubte sich 1692 einen abermaligen Besuch im Schwarzwald, einen Besuch, von dem man in Zavelstein, Calw, Liebenzell und Hirsau noch zu erzählen weiß, und würdens die Bewohner vergessen, dann müßten die Ruinen, die Steine reden.
Auch Neuenbürg wurde damals beehrt, zwar nicht angezündet, aber ordentlich ausgeplündert. In Gräfenhausen ging das Rathaus in Flammen auf, und Marodeurs stahlen drei Glocken. Abgedankte Soldaten durchstrichen hinter den Heeren her die Gegend mit dem „Bettelkarch". Lazarette wurden zu Arnbach, Gräfenhausen und Obernhausen eingerichtet. Nach einigen Ruhejahren gings 1705 aufs neue an: denn der Chronist klagt über sittliche Verwilderung, Mord und Totschlag, Raub und Brand (spanischer Erbfolgekrieg.)