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„Was ist Ihnen, gnädiger Herr?" tönte eine bekannte Stimme an sein. Ohr. „Erkennen Sie Ihren Diener nicht mehr?"
Wie Schuppen fiel's von Olaf s Augen, ein Lächeln kräuselte seine Lippen.
„Ah, Du bist's, Johann?!"
In seinem Fieberwahne hatte er seinen Kammerdiener für einen Teufel gehalten.
Nun er einen Menschen in seiner Gegenwart wußte, wurde ihm leichter um s Herz. Das Gefühl unheimlicher Angst wich von ihm.
„Johann," sagte er, „entkleide mich, ich will schlafen. Ich bin so müde, so schwach."
Seine Zähne klapperten, während er sprach. Fieberfrost schüttete seinen Körper und in dicken Tropfen rollte der Schweiß von seiner Stirn in s Antlitz.
Der Diener dachte bei sich, als er das verstörte Aussehen seines Herrn bemerkte:
„Der hat kein gutes Gewissen. Er ist gewiß ein Verbrecher. Es wird wahr sein, daß er und Feodora jene Thaten begingen, weswegen Kurt und Marie zum Tode verurteilt wurden."
Schweigend kleidete er seinen Herrn aus, half ihm in s Bett.
„Johann!" sagte Olaf mit matter Stimme, „gehe in mein Arbeitszimmer, hole die Schatulle, welche auf dem Schreibtische steht."
Johann vollführte den Befehl.
Vermischtes
Ellwangen, 11. Sept. Was ein Asse nicht alles werden kann, davon erzählt die „Jagstzeitung" eine lange Geschichte. Ein aus Deutschostafrika zurückkehrender Herr brachte einen kleinen Affen (ca. 1 Pfund Gewicht) mit. Auf der Fahrt von Tanger bis Genua war der Affe „frachtfrei", von Genua bis zur schweizerischen Grenze mußte für ihn die Fracht für einen „Vogel" mit 1.50 Lire bezahlt werden. Die schweizerische Gotthardbahn war erfinderischer und stellte den Affen unter die „ Hunde "taxe mit 8.40 Frs. Die schweizerische Oftbahn übernahm den Affen zu 20 Kilogramm „Reisegepäck" mit 80 Cts. Taxe. Die badischen und württemb. Bahnen (bis Stuttgart) ließen den Affen als zum „Handgepäck" gehörig „frei". Bon Stuttgart bis zum Endziel der Reise war der Affe wieder zum „Hund" geworden und muße 1.60 Mark bezahlen.
München. Man schreibt der „Münch. Post": Das von den „Sachverständigen" im Magistrat so sehr gefeierte segensreiche Institut der Viehhof-Praxer wird durch folgenden Vorfall trefflich illustriert: In der vergangenen Woche verkaufte ein Bäuerlein ein zu Markte gebrachtes Schwein um 41 ff pro Pfund lebend Gewicht an einen Praxer. Der Praxer verkaufte das Borstentier, noch ehe er den Bauern bezahlt hatte, weiter für 49 ff pro Pfund. Das Schwein Wog 1 ','2 Zentner, so daß der Praxer im Handumdrehen 12 c/A. an einem einzigen Stück „ver dient" hatte. — Außerdem macht folgende Notiz die Runde durch die Presse: Kurze Zeit vor Beginn der Gerichtsferien war an einer Zivilkammer des Landgerichts München I ein Prozeß anhängig, in dem der Verdienst eines sogenannten Kälberpraxers eine, zwar nebensächliche, Rolle spielte. Hierbei wurde bekannt, daß ein solcher Praxer an drei Wochentagen je 60 — ver
diente, ein Verdienst, der als sehr minimal bezeichnet wird. Es soll nämlich ein Wochenverdienst von 180 ^ thatsächlich noch niedrig sein. Ein Praxer soll einen Wochenverdienst von 200 bis 400 zugestanden haben. Einen Jahresverdienst von 10400—20800^. für einen Viehhändler; da ist ein Minister von 15000 ^ der reinste Bettelmann. Und dabei braucht eine Exzellenz noch einen gestickten Rock, dem Praxer thuts ein blaues Hemd.
(Gegen entlaufene Lehrlinge.) Die Wiesbadener Handwerkskammer giebt Nachfolgendes bekannt: „Wiederholt sind uns Klagen darüber zugegangen, daß entlaufene Lehrlinge von anderen Meistern ausgenommen worden sind. Es wäre dies gewiß nicht ohne Weiteres geschehen, wenn die gesetzliche» Bestimmungen genügend bekannt wären. Wegen unbefugten Verlassens der Lehre
kann der Lehrherr das Lehrverhältnis auflösen und eine nicht unerhebliche Entschädigung fordern. (W 127 b, 123 und 127 8 der Reichsgewerbeordnung.) Für diese Entschädigung haftet u. a. der Lehrherr, der den Lehrling in Arbeit nimmt, obwohl er wußte, daß der Lehrling zur Fortsetzung des Lehrverhältnisses noch verpflichtet war. Ferner wird nicht immer beobachtet, daß ein Lehrling oder minderjähriger Arbeiter ohne Arbeitsbuch nicht in Arbeit genommen werden darf, bei Strafe für den Lehrherrn oder Arbeitgeber. Letzterer muß das Arbeitsbuch fordern. Dasselbe gilt von einem Gesellen oder Gehilfen, der unbefugt die Arbeit verlassen hat. Wer ihn einstellt oder bei Kenntnis der Sachlage behält, ist schadenersatzpflichtig und in Ansehung des Arbeitsbuches strafbar."
(Ein neues Brennholzmaterial.) Ein englischer Botaniker, Dr. E. Hutchins machte, wie uns das Internat. Patentbureau von Hmnann u. Co. in Oppeln berichtet, kürzlich den Vorschlag, in Australien oder Südafrika EukalyPtusbÜume anzupflanzen, die ein vorzügliches Brennholz abgeben würden. Er behauptet, daß Eukalyptus- bäume, in tropischen Berglandschaften angepflanzt, jährlich 50 Tonnen Brennholz pro Hektar ohne Erschöpfung der betreffenden Bestände liefern könnten. Das trockene Holz dieser Bäume wiegt pro Kubikmeter ca. 1800 KZ (60 lbs. pro Kubik- fuß), während Kohle pro Kubikmeter nur ein Gewicht von ca. 1500 lc§ (50 lbs. pro Kubikfuß) besitzt. Das Eukalyptusholz soll daher mindestens die gleiche, vielleicht sogar größere Heizkraft besitzen als Kohle. Bei sorgfältiger Waldwirtschaft in heißen tropischen Gegenden mit starkem Regensalle dürfte das Holzergebnis Pro Hektar sogar noch eine Erhöhung erfahren. Angesichts der ausgedehnten Landstriche, die in verschiedenen Erdteilen für derartike Eukalyptuskulturen zur Verfügung stehen, könnten sich das auf solche Weise gewonnene Brennholz zu einem ernsthaften Konkurrenten der Steinkohle entwickeln. (Obengenanntes Patentbureau erteilt den geschätzten Abonnenten dieses Blattes Auskünfte und Rat in Patentsachen weitgehendst und bereitwilligst.)
(Die beiden ältesten evangel. Gesangbücher der Reformationszeit) wurden, wie nunmehr festsieht, in Zwickau gedruckt. Bon beiden Arten ist nur noch je ein Stück vorhanden, von der von Jörg Gastel in Zwickau besorgten ältesten Ausgabe in der Zwickauer Ratsschulbibliothek, vor der 1528 gedruckten zweiten Edition in der K. Bibliothek zu Dresden. Von dem Gastel'schen Gesangbuch erschien schon 1889 ein Abdruck. Ein zweiter, noch genauerer ist, der „Voss. Ztg." zufolge, io eben durch den Ine. v. vr. Buchwald- Leipzig besorgt worden, der nunmehr im Zücklcv- schen Verlag in Zwickau erschienen ist.
(„Uh jeh!") Ein Besucher der gestrigen Vorstellung im Frankfurter Opernhaus berichtet ein heiteres Vorkommnis: Die Aufführung der „Schönen Helena" bot reichliche Gelegenheit zur Heiterkeit — den größten Heiterkeits-Erfolg hatte indeß eine junge Mitwirkende aus dem Zuschauerraum. Helena hatte im zweiten Akte Kalchas gebeten, ihr doch den hübschen Schäfer im Traum erscheinen zu lassen, und der Großaugur hatte gütigst zugesagt, sein Möglichstes zu thun. Helena entschlummert. In schöner Pose liegt sie auf dem Divan. Da erscheint Paris, der Schäfer. Er erblickt die Ruhende und will sie küssen. Das Publikum lauscht und schaut. Paris schleicht auf den Fußspitzen zur schönen Helena und beugt sich über sie und in dem spannenden Moment, als er seine Lippen auf den Mund der Schlummernden drücken will, ruft eine junge Zuschauerin laut und schallend „Uh je!" Stürmische Heiterkeit brach los und pflanzte sich fort; selbst Paris und Helena mußten, von dem Ausruf der naiven Frankfurterin belustigt, aus einige Augenblicke ihr Getändel unterbrechen. Nachdem sich die Lustigkeit ob des modernen Stichworts gelegt, wurde die Zeit der Antike wieder in ihre Rechte eingesetzt.
Zur Geschichte des Annoncenwesens Der Brauch, Annoncen durch die Journale und Zeitungen zu verbreiten, ist in England aufgekommen, und zwar durch Londoner Buchhändler. Die erste Spur davon findet sich in „Kereuriu.? politious" von 1652, in welchem ein Helden
gedicht auf Oliver Cromwell angekündigt ist Bald nachdem benutzte man die Zeitungen zur Anzeige verlorener Gegenstände. Als unter Cromwell die Postkutschen in England eingeführt wurden, machten die Zeitungen die Abfahrtsstunden und die Preise bekannt. Milton machte die Druckfehler seines Buches über die Republik durch ein Tageblatt bekannt. König Karl zeigt im „Olerourius" an, daß ihm sein Lieblings. Hündchen abhanden gekommen sei. Diese Annonce ist ein allerliebstes Epigramm und offenbar vom König selbst verfaßt. Sie lautet: „Wiederholt müssen wir den Verlust eines schwarzen Hündchens mit kurzem Schwänze anzeigen. Es ist Sr. Majestät höchsteigener Hund. Ohne Zweifel hat ihn jemand gestohlen, denn er ist in England weder geboren noch erzogen, und nie hätte er seinen Herrn verlassen. Wer ihn findet, kann ihn bei jeder beliebigen Person im Palaste abgeben, denn das Hündchen ist bei Hofe bekannter als der Dieb. Wird man denn niemals aufhören,' den König zu bestehlen? Ist es ihm denn verboten, einen Hund zu halten? Wahrlich, die Stelle dieses Hündchens (obwohl sie nicht so schlecht ist, wie mancher glaubt), ist die einzige Stelle, für welche es keinen Bewerber giebt." — Die Fabrikanten von Geheimmitteln und Verschönerungsmitteln bedienten sich schon damals der Zeitungspresse in zahlreichen Anzeigen. Die seltsamste Änzeige ist aber wohl folgende: „White- hall, 14. Mai 1664. Seine geheiligte Majestät (König Karl II.) hat ihren königlichen Willen kundgegeben, auch noch ferner im Monat Mai sein Volk von der Krankheit des Kropfes zu heilen und damit Michaelis aufzuhören. Demzufolge habe ich Befehl erhalten, dies öffentlich bekannt zu machen, damit in der Zwischenzeit niemand in die Stadt komme und Zeit und Mühe vergeblich aufwende." Von solchen Anfängen entwickelte sich das Jnseratenwesen zu seiner jetzigen Höhe.
(Wasserflaschen), welche trüb und gelb geworden sind, werden wieder klar, wenn man sie schwefelt; man zündet einen Schwefelfaden an, steckt ihn in die Flasche und schließt diese leicht. Nachdem der Schwefel verdampft ist, spült man den Behälter gut mit reinem Wasser aus.
(Gegen die verderblichen Holzwürmer) hat sich eine Auflösung von 5 Gramm Karbolsäure in 100 Gramm Wasser bewährt. Die Lösung bringt man mit einem feinen Pinsel wiederholt in die Löcher.
(Warzen an den Händen) entfernt man leicht auf folgende Weise: Man schneidet sie mit einem scharfen Federmesser tief ein und brennt' sie dann wiederholt mit Höllenstein aus. Wenn man die Operation mit gehöriger Vorsicht macht, so verschwinden die häßlichen Warzen schnell und ohne Schmerz.
Mutmaßliches Wetter am 16. und 17. September,
(Nachdruck verboten).
Für Dienstag und Mittwoch ist bei steigender Dem- peratur größtenteils trockenes und auch mehrfach heiteres Wetter zu erwarten.
Neueste Nachrichten u. Telegramme.
Wildpark, 14. Sept. Der Kaiser ist um 2" Uhr von hier nach Hamburg respektive Cuxhaven abgereist.
London, 14. Sept. Lord Norberts, Kriegsminister Brodrick und die anderen britischen Offiziere, welche den deutschen Kaisermanövern beigewohnt haben, sind wieder hier eingetroffen.
Madras, 14. Sept. Ein Eisenbahnunglück, bei welchem der Zug mit der englischen Post mit einer durch Hochwasser beschädigten Brücke in den Fluß stürzte, ereignete sich bei Manga- Patnan gestern früh 3 Uhr. Nur 25 Personen wurden gerettet, darunter alle Passagiere 1. Klasse. Bisher wurden 50 Leichen gefunden, unter ihnen 8 Europäer. Mehrere Schwerverletzte sind im Hospital untergebracht, ein Teil der Post ist noch nicht geborgen.
Port au Prince, 14. Sept. Es liegen sichere Nachrichten darüber vor, daß der Rebellen» admiral Killick die erste Explosion auf dem Crete ä Pierrot Persönlich verursacht hatte und umgekommen ist.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.