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Eine neue Serie Postkarten winkt den i Liebhabern jetzt von London. Anläßlich der Krönung König Eduards am 9. August werden nämlich von dortKrönungsansichtskarten" ani jedermann verschickt, der solche bestellt.

Coruna, 4. Aug. Ein Eisenbahnzug fuhr bei der Einfahrt in den Bahnhof infolge Ver­sagens der Bremsvorrichtung gegen eine Mauer. Eine Anzahl Personen wurde verletzt.

Aus Amerika. DerFrankfurter Ztg." wird aus London unterm 31. Juli berichtet: Nach einer Meldung derMorning Post" aus New-Hork versuchten bei der Begräbnisfeier des Oberrabbiners Joseph 100000 Juden zu der kleinen Synagoge in Henry Street, in der die Feier stattfand, Zutritt zu erhalten. Die Polizei war genötigt, einen Angriff zu machen, um die Straße für den Verkehr frei zu halten, und es gab einen kleinen Tumult. Viele Per­sonen wurden von den Knütteln der Polizei verletzt. Der Sarg konnte kaum durch die Menge geschafft werden; sie hob ihn hoch auf ihre Schultern und nur mit Hilfe der Polizei brachte man den Sarg durch. Als der Sarg bis vor Hoes Druckerei in Grand Street ge­langt war, wurde, wie demExpreß" berichtet wird, von der Druckerei aus, Wasser auf die Menge gegossen; diese stürmte darauf die Druckerei und verwüstete das ganze Erdgeschoß. Die An­gestellten der Druckerei verteidigten sich, Hunderte wurden dabei verletzt und niedergeworfen. Die Polizeireserve mußte eindringen und die Ruhe wieder Herstellen. Viele Personen wurden in das Hospital geschafft. Die Firma Hoe drückte ihr Bedauern über den Vorfall aus. Nach einer Meldung derDaily Mail" aus New-Uork hatten die Arbeiter Hoes einen Wasserschlauch gegen die Juden gerichtet. Die Juden zer­trümmerten hierauf jede Fensterscheibe in dem großen Gebäude. Solange man nur Schrauben, Blei und geölte Lumpen auf die Juden geworfen hatte, war der Trauerzug ruhig weitergegangen, als aber der zweizollige Schlauch in Thätigkeit ge­setzt wurde, begannen die Juden ihren Angriff. Auf beiden Seiten wurde auch mit Pistolen ge­feuert. Männer mit blutenden Köpfen lagen auf der Straße umher. Ein riesenhafter rot­bärtiger Jude stieg die Stufen zur Druckerei hinauf und rief:Ist dies das freie Amerika? Das ist schlimmer als Rußland."

St. Louis (Vereinigte Staaten), 31. Juli. Präsident Roosevelt hat in einer amtlichen Be­kanntmachung die Eröffnung der Weltausstellung im Jahre 1904 kundgethan. Die Bekanntmach­ung wird den Regierungen sämtlicher Nationen übermittelt. Von den fünfzehn großen Aus- stellungspalästen sind fünf bereits im Bau begriffen.

Aus Aegypten. Die Sphinx von Gisch ist im Begriff, ihr vielhundertjähnges steinernes Dasein zu beenden. Ungewöhnlich viel Regen­güsse und Wüstenstanbwirbelwinde zerstören das Steingefüge neuerdings auffallend, sodaß man befürchtet, daß der Widerstand dieses Urkunst- getiers bald gebrochen werden dürfte.

Unterhaltender Teil.

Auf dunklen Pfaden.

10 Roman von E. Eiben.

Kurt betrachtete das Werkzeug prüfend.

Du hast mir die Freiheit verschafft, jetzt sollst Du mir nochmals ein Gefängnis öffnen, das die Hand des Todes verriegelte."

Kurt nahm von dem Sarge seines Vaters die Kränze und legte sie abseits.

Vater, noch einmal muß ich Dein teures Antlitz sehen!" bebte es seufzend von seinen Lippen.

Er kniete neben dem Sarge nieder und ver­suchte mit dem Werkzeug die Schrauben aufznziehen.

Schon nach kurzer Zeit hatte er die Schrauben soweit gelockert, daß er eine nach der andern mit den Händen vollends herausziehen konnte.

Der Sarg war von Metall. Er nahm den Deckel ab.

Ein mächtig ergreifender Anblick bot sich ihm dar.

Im schwarzen Gewände lag sein Vater da, das graue Haupt auf weißen Kissen gebettet, die Hände auf dem Herzen gefaltet.

Zwischen den Fingern hielt er einen Rosenkranz.

Das Antlitz mit dem silbernen Bart war leicht auf die Brust geneigt.

Die Augen fest geschlossen, lag er in träu­merischer Ruhe da, mehr das Bild eines in inniger Andacht versunkenen Greises als das des Todes.

Wie gebannt ruhten die Blicke Kurt s auf dem teuren Vater, mit jener heiligen Scheu, welche uns beim Anblick eines Toten ergreift.

Kurt sank auf ein Knie neben dem Sarge nieder, beugte sich und berührte küssend den bleichen Mund des Vaters.

Wie kalt, wie eisigkalt die Lippen waren! Sie schienen ihn mit dem Atem des Todes an­zuhauchen.

Vater" flüsterte Kurt,Vater, ich habe Dir das Herz gebrochen! Unbewußt bin ich Dein Mörder geworden! O, wenn Du wüßtest, wie schwer ich unter diesem Gedanken leide! Das furchtbare Schicksal, das mich ergriff, mich als den Mörder meiner Mutter anklagte, das­selbe Schicksal mußte mich zur Ursache Deines Todes werden lassen! O Gott!" rief er in erschütterndem Tone und verzweiflungsvoll rang er die Hände,war es noch nicht genug, daß meine arme Mutter sterben mußte, daß sie mich nach sich in die Gruft ziehen will? Mußte auch mein Vater dahin gehen, von wo niemand wiederkehrt?"

Thränen rannen ihm über das bleiche Antlitz.

Nimmer, nimmer werde ich Dich Wieder­sehen, mein Vater! Nimmer Deine Stimme wieder hören! Der Segen, den Du mir auf dem Totenbette hättest geben sollen, Du hast ihn mir diese Nacht im Traume erteilt! Ich danke Dir, Vater! Der Kummer, den Du während Deiner letzten Lebenslage um mich littest, hat sich aufgelöst in Freude und Seligkeit dort oben! Die Thränen, die Du hienieden um mich weintest, der Kuß der ewigen Liebe hat sie aus­gelöscht! Jetzt stehst Du an der Hand meiner Mutter im himmlischen Paradiese und Ihr beide blickt herab auf mich, Euren unglücklichen Sohn! Eure Gebete am Throne des ewigen Vaters wieder sind mir geweiht! O, ich weiß, Gott wird Euer Flehen erhören, er wird mich nicht untergehen lassen, er wird mich erretten!"

Noch einmal drückte er einen Kuß auf den bleichen Mnnd des Vaters und lispelte:

Schlafe sanft!"

Lange noch ruhten seine Blicke wehmütig auf der teuren Gestalt.

Dann verhüllte er sein Antlitz mit den Händen und wandte sich ab.

Endlich legte er den Deckel wieder auf den Sarg.

Er hatte zum ersten Male seinen Vater gesehen.

Er bedeckte den Sarg wieder mit den Kränzen. Er setzte sich auf einen Stcinvorsprung der Mauer zwischen den Särgen seines Vaters und seiner Mutter.

Wie er so dasaß, hätte man ihn mit seinem aschgrauen Gesicht, seiner hageren Gestalt für einen aus dem Sarge Gestiegenen halten können, der über das Rätsel des Todes nachdachte.

Marie hatte Kurt ein Brot und eine Flasche mit Wein in die Gruft mitgegeben.

Kurt hatte lange nichts genossen.

Endlich machten sich die Rechte der Natur geltend.

Er genoß von dem Brote und trank von dem Weine.

Langsam vergingen ihm die Stunden.

Wenn er seinen Blick empor durch das eiserne Gitter sandte, sah er den blauen Himmel im vollen Lichte glänzen.

Einzelne Strahlen fielen zu ihm herab wie Grüße heiteren Lebens.

Ein unheimliches Dunkel umgab ihn.

Ach, wie sehnte er sich nach Marie.

Er hörte von dem nahen Kirchenturm die Glocke schlagen.

Es war die dritte Nachmittagsstunde.

Gleich darauf erscholl dumpfes Trauergelänte.

Er wußte, was das zu bedeuten hatte.

Das Grab, worin er gestern zuerst eine Zu­flucht gefunden hatte, sollte jetzt den Leib eines müden Erdenbürgers empfangen.

Das Trauergeläute verstummte, die letzten Klänge verhallten schauernd.

Die Nacht kam, deckte ihren schwarzen Schleier über die Erde.

Kurt sah durch das Gitter die ewigen Sterne herniederleuchten wie ein tröstendes Wahrzeichen der nimmer ruhenden Liebe Gottes.

Um Mitternacht wollte Marie kommen.

Es war noch eine Stunde bis dahin.

Sie dehnte sich ihm zu einer Ewigkeit aus!

Er war aufgestanden, wanderte ruhelos in der Gruft hin und her.

Endlich, endlich erscholl die Glocke wieder vom Turme, zwölf Schläge hintereinander.

Er fürchtete sich in seiner Einsamkeit, von unsagbarer Wehmut beschlichen.

Marie!" rief er mit zuckendem Munde.

Die volle Sehnsucht seines Herzens lag in dem Tone und er wiederholte den Namen immer und immer wieder.

Ihm war's, als könne er mit diesem Rufe Marie herbeibannen.

Horch! Was war das für ein Geräusch?

Er blieb unter dem Gitter stehen, spähte hinauf, lauschte mit angehaltenem Atem.

Ja, ein leises Klirren verriet ihm, daß die eiserne Gitterthür vor der Halle über der Gruft aufgeschlossen wurde.

Sein Herz zitterte vor Freude.

Marie! Marie!"

So klang's wieder mit trunkenem Entzücken von seinen Lippen.

Er reckte sich auf den Zehen, umklammerte mit den Händen die Gitterstäbe.

Gleich darauf neigte sich ein holdes Mädchen­antlitz über das Gitter.

Kurt!" flüsterte Marie,Kurt, lieber Kurt!"

Ich danke Dir, daß Du kommst, Du mein Schutzgeist! O, wie habe ich mich nach Dir gesehnt!"

Kurt ließ auf eine Weisung Marie's die Gitterstäbe los.

Sie öffnete das Gitter.

Kurt kletterte geschwind die Treppe hinauf und in der nächsten Sekunde lagen sich die Liebenden in den Armen.

Auflösung des Quadraträtsels in Nr. 120.

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Richtig gelöst von Gotthilf Krastel, Schreiner in Neuenbürg und Gotthilf Klink in Waidrennach.

Logogrhph.

Mit H ist im Verkehr es längst nicht mehr,

Mit K darf es in keinem Hause fehlen;

Mit T sieht man es lieber voll als leer,

Mit W ist zu den Fischen es zu zählen.

Mit Z bezeichnet's einen feinen Trank,

Von dem besiegt zu Boden mancher sank.

Mutmaßliches Wetter am 6. und 7. August.

Für Mittwoch und Donnerstag ist bei vorherrschend westlichen Winden und mäßig warmer Temperatur größtenteils bewölktes, aber nur zu vereinzelten Stör­ungen geneigtes Wetter in Aussicht zu nehmen.

Am 7. und 8. August.

Für Donnerstag und Freitag ist bei ziemlich warmer Temperatur und sporadischer Gewitterneigung größten­teils trockenes und auch mehrfach heiteres Wetter zu erwarten.

Meiik-k Nachtichirn n. Telegramm.

München, 5. Aug. Der Finanzausschuß der Kammer der Abgeordneten lehnte wiederum die von der Kammer der Reichsräte hergestellten Postulate für Kultuszwecke im Kultusetat ab.

München, 5. Aug. Die Verlobung Sr. K. Hoheit des Herzogs Siegfried in Bayern mit I. Kais. Hoheit der Erzherzogin Maria Annunziata von Oesterreich-Ungarn wurde heute in beiderseitigem Einverständnis gelöst.

Haag, 5. August. Der ehemalige Buren­general Lukas Meyer stattete heute vormittag dem ehemaligen Präsidenten Krüger einen Besuch ab.

Rom, 5. August. In letzter Nacht fand ungefähr um Mitternacht in Genua ein etwa 3 Sekunden lang währendes Erdbeben statt. Auch in Pisa verspürte man unter leichtem Ge­töse Erderschütterungen. Größerer Schaden ist nicht angerichtet worden.

Red aktiv«, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.