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kommt, wohin sie gehöre. Die geifernde Rede, mit der Abg. Bebel in der Sitzung vom 11. Januar über die Haltung der deutschen Truppen n China herfiel, war nichts weniger als sachlich, es muß in der That als ein sehr starkes Stück bezeichnet werden, die Angehörigen der eigenen Nation öffentlich derart zu beleidigen, wie es soeben der Führer der deutschen Sozialdemo­kratie in seiner Reichstagsrede gethan hat. Der Reichskanzler erteilte ihm die gebührende Antwort.

Der antisemitische Reichtagsabg. Lieber­mann von Sonnenberg ist am letzten Frei­tag im deutschen Reichstag gegen Chamberlain und das englische Heer scharf aufgetreten, aber gewiß hat er im Sinne weiter deutscher Volks­kreise gesprochen. Was darauf der Präsident und der Reichskanzler gesprochen, das, sollte man meinen, müßte auch den empfindlichsten Engländer befriedigt haben. Nicht soTimes" undStandard", die Oberdeutschenfresser unter der englischen Presse. DieTimes" z. B. meint, selten, wenn überhaupt jemals, sei eine befreundete Nation in einem fremden Parlament so gröblich beschimpft worden, niemals hat, so weit wir uns erinnern können, eine Beleidigung eine so milde Zurückweisung vom Vertreter einer fremden Macht erfahren, wie es die Zurückweisung war, die Graf Bülow gegenüber dem Abgeordneten Lieber­mann für ausreichend erachtete. DieDaily News" dagegen sagt: Graf Bülow hätte keinen besseren diplomatischen Weg wählen können, um den unliebsamen Zwischenfall zum Abschluß zu bringen, als die Zurückweisung der Angriffe des Abg. Liebermann. Er habe gesprochen, wie ein weiser, vernünftiger Mann, der den Frieden wolle.

Der Reichskanzler soll sich gesprächs­weise dahin geäußert haben, daß ein etwaiges Hinausgehen der Reichstagsmehrheit über die in der Zolltarifvorlage vorgeschlagenen Zollsätze für landwirtschaftliche Produkte mit einem Scheitern des gesamten wichtigen Gesetz­gebungswerks gleichbedeutend sein und unter Umständen sogar zu einer Auflösung des Par­laments führen würde. Es heißt, daß Graf Bülow diese ihm zugeschriebene Aeußerung gegen­über einem liberalen Abgeordneten gethan habe, indessen ist nicht ausgeschlossen, daß es sich in der ganzen Angelegenheit nur um einen muffigen politischen Klatsch handelt.

Die Aufhebung des Gumbinner Ur­teils. Das Todesurteil des Oberkriegsgerichts gegen den Unteroffizier Marten in dem Pro­zeß wegen Ermordung des Rittmeisters Krosigk ist seinerzeit, wie die Freisprechung des Ser­geanten Hickel, mit allgemeinem Befremden aus­genommen worden. Nun hat das oberste mili­tärische Gericht, das Reichsmilitärgericht zu Berlin, beide Urteile aufgehoben. Es begründete die Zulassung der Revision bezüglich Martens mit nicht ordnungsmäßiger Besetzung des Kriegs­gerichtes, sowie unstatthafter teilweiser Ausschließ­ung der Oeffentlichkeit, ferner bezüglich Hickels mit der Ablehnung des Gesuches des Vertreters der Anklage auf Entfernung der Zeugen Meitzer und Schneider während der Vernehmung des Zeugen Skopek. Die neue Verhandlung werde, so heißt es, im März oder April in Gumbinnen stattfinden.

Berlin, 13. Jan. Die bevorstehende An­leiheoperation umfaßt 15 Millionen Reichsan- leche und 185 Millionen preußische Consols, welche demnächst zum Kurs 89,80 zur Sub­skription gestellt werden sollen.

Wilhelmshaven, 13. Jan. Die Kaiser- YachtHohenzollern" tritt am nächsten Samstag die Reise an.

Siegburg, 13. Jan. Bei der Reichstags­ersatzwahl im Wahlkreis Siegburg-Waldbröl, wurde der Kandidat des Zentrums Amtsrichter Becker gewählt.

Erfurt, 11. Januar. Das Kriegsgericht verurteilte den Reservisten Schlothauer, der im Chinakrieg geplündert hatte, zu 5'/- Jahren Gefängnis.

Geheimrat Krupp in Essen versteuert nach der neuesten Steuerstatistik ein Einkommen von 2021 Millionen Mark für das Jahr, während er im Jahr 1900 1516 Millionen und 1899nur" 1213 Millionen Mark ver­steuerte.

Württemberg.

Der Erbauer der Orgel in der Protestations­kirche in Speyer, Karl G. Weigle, Orgelbau­geschäft in Stuttgart, ist in Konkurs geraten. Das Komite für den Bau der Speyerer Pro­testationskirche hat bereits zwei Raten der Kosten für die Orgel im Betrage von 17 000 ^ be­zahlt. Ob diese Summe verloren geht oder nicht, ist nicht bekannt.

Ludwigsburg, 13. Jan. Der erst im vorigen Jahr hierher versetzte Regierungsrat Sommer bei der Regierung des Neckarkreises wurde gestern morgen von einem Schlaganfall betroffen und war sofort tot.

Gmünd, 13. Jan. Gestern abend gab ein Goldarbeiter seinen 3 Kindern Gift. 2 davon starben, das dritte konnte gerettet werden. Den Vater fand man in derselben Nacht bei der Arche tot auf. Er hatte ebenfalls sich selbst vergiftet. Im benachbarten Straßdorf wurde gestern während des Gottesdienstes ein alter Mann vom Schlag getroffen und war sofort tot.

In Kaltenthal bei Stuttgart wurde am Sonntag Abend 9 Uhr im Nesenbach die Leiche eines jungen Mannes mit zerschmettertem Schädel aufgefunden. Der Verunglückte ist der Metzger Julius Dittmann aus Gablenberg. Derselbe kehrte mit seiner Frau und seinen Kindern von einem Ausflug von Vaihingen zurück. Bei Kaltenthal blieb er etwas hinter seiner Familie zurück, stürzte in der Dunkelheit die hohe Bösch­ung hinunter und zerschmetterte den Kopf an der steilen Wand des Nesenbaches.

In Wurmberg ist in der Nacht vom Sonntag auf Montag teilweise das Anwesen der Witwe des Altschultheißen Kälber abgebrannt. Der Schaden beträgt insgesamt etwa 12000^ Zu Hilfe kamen die Feuerwehren von Wurmberg, Bärenthal und Mönsheim. Es wird Brand­stiftung vermutet.

Äuskarrd

Wien, 11. Jan. Gestern sind aus der Hauptkasse der VersicherungsgesellschaftProvi­dentia,", während sich der Hauptkassier in ein Nebenbureau begab, 30 000 Kronen gestohlen worden. Hauptkasse und Kasfenraum waren verschlossen.

Pest, 11. Jan. Der hiesige Arzt I)r. Tomka, welcher vor einigen Tagen Anzeige er­stattete, daß bei ihm 180000 Kronen durch Einbruch gestohlen wurden, hat sich heute aus dem Fenster des 4. Stockwerkes gestürzt und blieb sofort tot. Einem Gerücht zufolge sollen sich Verdachtsgründe ergeben haben, daß der Einbruch nur vorgespiegelt war, da Tomka sich gegen Einbruch hoch versichert hatte.

Laroche (Dep. Donne), 13. Jan. In einem Dachzimmer der Frauenabteilung des Departe­ments-Irrenhauses brach in der vergangenen Nacht Feuer aus. 250 Kranke wurden, nachdem alle geweckt waren, in den Hof gebracht. Das Gebäude brannte vollständig nieder. Am Morgen fehlten 12 Kranke; man glaubt, daß mehrere derselben bei Fluchtversuchen in dem nahen Flusse ertrunken sind.

New-Dork, 13. Jan. Prinz Heinrich wird, wie derStandard" meldet, hier als Gast sowohl der Nation wie des Präsidenten Persön­lich im Weißen Hause empfangen werden. Die JachtHohenzollern" wird mit dem beim Empfang von Souveränen üblichen Präsidenten-Salut begrüßt werden.

Der englische Koloniakminister Chamber­lain hat, wie noch in der letzten Nr. mitgeteilt, in einer zu Birmingham gehaltenen Rede Ge­legenheit genommen, sich über die gegen ihn und gegen England überhaupt herrschendeAnimosi­tät" zu verbreiten und hierbei die Politik des jetzigen englischen Kabinetts energisch zu ver­teidigen. Er zählte die Fragen der internationalen Politik auf, an denen England beim Amtsantritte des Ministeriums Salisbury - Chamberlain be­teiligt gewesen sei, nämlich die Samoafrage, die siamesische Angelegenheit, den Grenzstreit mit Venezuela, die Frage betreffs des Hinterlandes der britischen Kolonien in Westafrika, die Frage der Inseln im Stillen Ozean und dann den Konflikt mit Frankreich wegen der Nilposition.

Er betonte, wie die Salisbury'sche Regier^ alle diese Fragen in für England erfolgreiche Weise gelöst und weiter auch die Interesse Englands in Ostasien gewahrt sowie die TU renzen mit Nordamerika beseitigt habe. Schlich lich berührte Chamberlain das südafrikanisch Thema, indem er den an ihm gewohnten selbst bewußten Ton anschlug und die durch den D afrikanischen Krieg zu Tage getretene innig, Zusammengehörigkeit Englands und sein-, Kolonien lobte.

Eine Proklamation der britischen Behörde in Pretoria enthält Bestimmungen betreffs der Eingangszölle für Waren, die nach andere» Plätzen als Pretoria und Johannesburg gehe» sollen, in den Eingangshäfen. Laut eine, Meldung aus Volksrust hat ein Burenarz, berichtet, daß in dem Gefecht des Kommandos Christian Bothas mit den englischen Truppe» am 4. Januar 42 Buren gefallen und 73 ver­wundet worden seien. Dewet ist bei seinen erneuten Versuche, nach Süden vorzurücken, vor den Engländern nördlich von Kronstadt eins: weilen zurückgeschlagen worden.

In Venezuela hat sich ein neuer Revo- lutionshcrd gebildet; die Provinz Zamora erhob sich gegen den Präsidenten Castro. Seitens deS DampfersLibertador" wurden an verschiedener Punkten der venezuelanischen Küste Waffen für die Insurgenten gelandet.

Vermischtes.

Gänse, Enten, Hühner! feinster Milch­mast, speckfett, frisch geschlachtet und gerupft, per 10-Pfund-Korb 4.30 franko, annonciert B, Kaphan in Buczacz (Oesterreich) in württemb. Blättern. Hiezu wird von einem Hereinge­fallenen mitgeteilt: Die Sendung hatte nur 9'/, Pfund, die Verpackung war unsauber und eckel­erregend, da die Teile Herz, Lunge und Magen in beginnender Verwesung, stark riechend, weg­geworfen werden mußten. Die Enten waren nicht ausgenommen. Außerdem wurden nicht -/A 4.30 sondern 4.95 nachgennmmen.

Houferveu-Hcmüle aller Art, wie Bohnen. Erbsen, Karotten, Blumenkohl, Morcheln, Spargeln rc. schmecken wie frisch aus dem Garten geholt, wenn mau dieselben nach dem Entfernen der Wasserbrühe in steigende Butter schwenkt, salzt und pfeffert und unmittelbar vor dem Anrichten mit einigen Tropfen der altbewährten Maggi- Würze durchzieht.

Neueste Nachrichten u. Telegramme.

Frankfurt a. M., 13. Jan. Heute fanden hier zwei von 1400 Personen besuchte Versamm­lungen Arbeitsloser statt, die ruhig verliefen. Es wurden Beschlüsse angenommen, worin die Be­hörden um Schaffung von Arbeitsgelegenheit ersucht werden.

Karlsruhe, 14. Jan. Die Regierung erachtet die Heidelberger Schloßstage nicht für spruchreif und wird dem gegenwärtigen Landtag keine Vorlage darüber machen.

London, 14. Jan. In einem Artikel der Moring Post" heißt es:In Großbrittannien herrscht vollständige Bereitwilliguug, in voll­kommener Herzlichkeit ein Verhältnis zu der stammverwandten deutschen Nation aufrecht zu erhalten, deren große Eigenschaften hier voll an­erkannt werden und deren Herrscher ein Neffe des Königs und willkommener Gast dieser Insel ist und deren politische Interessen in vielen Punkten mit den unsrigen zusammenfallen."

Johannesburg, 14. Jan. Lord Kitchener meldet: Es gelang der Streitmacht Bruce Hamil­tons, bis auf drei Meilen an Louis Botha heran­zukommen, der in einem Wagen in der Nacht vom 11. ankam. Die Truppen, die einen langen Marsch gemacht hatten, verfolgten Botha 7 Meilen, bis die Pferde erschöpft waren. 32 Buren wurden gefangen genommen.

Mutmaßliches Wetter am 16. und 17. Januar,

(Nachdruck verboten.)

Da bei uns das Barometer höher steht als im Süden, so ist bei weiterhin kühler Temperatur für Donnerstag und Freitag morgens mehrfach nebliges, tagsüber auch zeitweilig aufgeheitertes und durchweg trockenes, Wetter zu erwarten.

LW" Mit einer Beilage.

Burenfammlung gerbandes. Die Bur Mschen Verbandes hat Me von 410159 -/

L96660 -F. für Unterst icrwendet bezw. bewilligt ,och 113499 für Unt chgung stehen. In Anbet and der noch unabsehbare sind weitere Spenden seh wärtig widmet sich der : der Linderung der Not rr lagern, wobei ihm seine N durchaus angesehene Deut Männer behilflich sind. Verwendung der Spende Verband nunmehr eine Praxis hinter sich, und langen, das Geld zweckents! Notleidenden zu bringen, aus Transvaal und dur reicher deutscher Mitkämp legenheit gehabt, die deuts krieges entsprechend zu b gilt aber seine Thätigkeit unglücklichen Opfern in lagern. Weitere Gaben s oder

Von dem bekannten plat Jürgensen-Friedenau, de der Burensammlung des Allde> gegebenen prächtigenSöß p geht uns der folgende warnv im Anschluß an den jüngst r erlassenen Aufruf sich an das wendet, thatkräftig zur Li! Elends in den Konzentration tragen. Wir sind gewiß, da Hallen wird.

Crstarmt Aug ii Kirrenk

En Wurd an't düi

Kein Hiisung! Kein Sch Nich Dack und nich Fack Heu Kei Hemd un lein Rock, nich Kei Medizin, wenn s' elend Un gorkein Erlösung as bloi Wo gaww't up Eerden je gr Wer he

Kein schrecklicher Elend wc Kein fwarer Verbräken is je So lang Uns' Hergott de W Heww'n Minschen kein ähnln Kein ihrliche Sprak fiud't do As: Murd! gemeine, koldblä Wer he

Kein Staat, kein Regierun Kein vörnehme Herren ut hr Kein Fürst, kein Minister Heww'r. den Maud, tau verh En Murd, de lud tau'n Hin En Moffenmurd, de en Volk Wer hi

Wer helpt? Wer sülwft Wer sülwft mal eins röp: Wer sülwft mal in Jammer Sin krankes Kind helt holl'n Wer sülwft dörch den Dod n Wer sülwst ünner Weihdag' De he

Erbarm sick wer eigen leiw t Erbarmt Ing Ii Fruens in Helpt, helpt dütsch' Fruens Un makt den Satan sind W Helpt, helpt, dormit nich mi En edel Volk vun de Welt > Helpt, I

Württer

Ulm, 14. Jan. De Nr. d. Bl. über die gr Schutzvereins für Hände wir im Besonderen die 2 einssekretärs Hiller-Sl tagsabg. Schrempf nc aus: Alle Stände und Großindustriellen, die Ar

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in NeueubLrg