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man kann sich denken, wie lähmend diese Meldungen auf die Besatzung wirken müssen, unter welcher überdies nach übereinstimmenden Berichten Seuchen ausgebrochen sind. Der Kanzleitrost, an welchen sich ein Teil der englischen Presse angesichts dieser bedenklichen Lage immer noch zu klammern sucht, kann nicht mehr allzulange andauern. Es ist sehr Wohl möglich, daß den Buren die in Ladysmith eingeschlossenen Feinde dort besser aufgehoben erscheinen als in Transvaal, wohin sie nach der Einnahme der Stadt als Gefangene verbracht werden müßten; sie sagen sich vielleicht, daß ihnen die Belagerten doch nicht entgehen können, und sie haben sie daher immer noch lieber in Ladhsmith wie als eigene Kostgänger in Transvaal. Die Sympathien der ganzen zivilisierten Welt sind nach wie vor auf der Seite der Buren, welchen von dem nirgends beliebten John Bull in wahrhaft frevelhafter Weise ein Kampf ums Dasein aufgedrungen worden ist.
Pietermaritzburg, 3. Jan. Ladysmith ist in der letzten Woche heftig beschossen worden. Es wird immer deutlicher, daß ein Angriff General Bulkers, am Tugela sehr nahe bevorsteht. Eine große Anzahl Ambulanz« rains wurde aus Durban telephonisch zur Front berufen.
Tiflis, 4. Jan. In den zehn vom Erdbeben heimgesuchten Dörfern sind mehr als die Hälfte aller Wohnungen zerstört. Dem Vernehmen nach sind 600 Menschen umgekommen. Die Ausgrabungen werden Tag und Nacht fortgesetzt. Der Gouverneur hat sich nach der Unglücksstätte begeben, wohin er eine Sanitätskolonne und fliegende Lazarette abgesandt hatte.
Anteryattender Heil.
Sein Herz.
Eine russische Dorfgeschichte.
Von Julius Berger.
(Nachdruck verboten.)
Es ist nicht lange her, wenn ich nicht irre, vier Wochen, da meldeten die Blätter von der Hinrichtung einer kaum zwanzigjährigen Bäuerin aus Skaschin bei Moskau, dem Ende des Dramas eines schönen Weibes.
Als sie in Moskau gefesselt eingeliefert worden war, befand ich mich zufällig dort, und es gelang mir, das Schicksal des unglücklichen Mädchens zu erfahren ... ein Drama.
Hier ist cs!
Ihre Wiege hatte in dem schon erwähnten Skaschin gestanden; Pietruscha war armer Bauersleute einziges Kind.
Schon dem trippelnden Schwarzkopf sah man es auf den ersten Blick an, daß sich der Keim dereinst zu einer wunderbar schönen Knospe und vielleicht noch herrlicheren Blume entfalten würde.
So kam es auch; Pietruscha war schon vom vierzehnten Jahre an das schönste Mädchen im Ort und weit im Umkreise.
Dabei umgab dieses Kind des Dorfes eine stolze Grazie, die es jedem fast unnahbar machte; zudem war sie keine Freundin von vielem Reden und lebte, soweit es ihr die den anderen Mädchen gleiche Beschäftigung in der Landwirtschaft gestattete, meist für sich allein. Beim Festtanz sah man sie nie.
Man munkelte dies, man munkelte jenes . .. es wird nämlich auch in Rußland gemunkelt!
Pietruscha war indessen zwanzig Jahre alt geworden; allen Söhnen des Dorfes hatte sie im Laufe der Zeit den Korb gegeben, selbst dem hübschen herrschaftlichen Förster.
Man fing an, das Mädchen als nicht ganz zurechnungsfähig anzusehen. Weshalb? Weil sie nicht war, wie andere?
Seit zwei Jahren wirkte ein noch recht junger Geistlicher an der Kirche des Dorfes.
Bald munkelte man — wieder das verdammte Munkeln . .. daß der junge Mann auf das hübsche Evakind sein Auge, nein sogar seine beiden Augen geworfen habe.
Wie aber stand's um das hübsche Mädchen?
O, diese Schlange! dachten Alle, denn an ihr war nicht das Mindeste zu merken. Sie wußte ihre Gefühle schlau zu verbergen, sie spielte
ihre Komödie vor den Augen der Leute besser, als die Schauspieler in Moskau .... so hatte der hübsche Förster den anderen Mädchen ins Ohr geraunt . ..
Die Sonne glühte zur Sommerszeit, die reifen Aehren schaukelten der Ernte entgegen. Die Gemeinde, der Geistliche an der Spitze des kirchlichen Zuges, begab sich vorerst nach den Feldern, woselbst der Geistliche die Früchte segnete, wie üblich in jenen und auch noch anderen Landen.
Welches Bild mag ihm vorgeschwebt haben, als er segnend die Hände hob und seinen Blick in das ewige Blau des unendlichen Himmels tauchte?
Denn, als die Gemeinde in die Knie sank, sich bekreuzend tief zur Erde neigte, da hielt er es für den günstigsten Moment, zu Pietruscha hinüber zu schauen, die auch im Zuge war und die er längst entdeckt hatte.
Ihm war es schon lange aufgefallen, daß dieses Mädchen jetzt die Kirche mied.
Zufällig begegnete dem seinen ihr Blick ... ihrer flammte nicht. Ob der seine?
Die Gemeinde hatte sich erhoben, der Zug bewegte sich heimwärts.
Nach der Zeremonie irrte der Geistliche planlos in den Feldern einher ....
Da auf einmal stand er an des Waldes Rand vor einem Kornfeld dem Mädchen gegenüber.
„Pietruschka!" kam es über seine Lippen.
„Nun?" fragte das Mädchen unbefangen.
„Was thust Du hier?" brachte er mühsam hervor.
„Meines Vaters Korn ansehen, ob wir es morgen hauen können."
„Lasse das Korn, sieh mich an, sieh mich an, Pietruscha."
„Ich kann Ihnen ruhig in die Augen sehen, ich habe nichts Unrechtes je gethan."
„Das Hab' ich auch nie geglaubt von Dir, Pietruscha.
Ueber Dir soll meine Liebe Wachen.
„Sie haben gesprochen, jetzt will ich es auch thun: Nie!"
Von dem Manne, den ich liebe, muß ich das Herz haben, oder..."
„Sein Herz? Du allein hast mein Herz ..."
Nein, es ist zu spät ..."
„Ah, Du liebst.einen.sprich!"
„Ich will nur sein Herz haben, sonst nichts. Auf das warte ich nun schon so viele Jahre..."
„Und vergebens, Närrin? So gieb diese Liebe auf!"
„O nein, nie, ich will nur sein Herz!" Mit einem Schrei war das Mädchen in den Wald gestürzt und bald im Dickicht verschwunden.
„Irre!" lallte der Priester und schritt heim über die wogenden Felder, wobei Thränen aus seinen geröteten Augen niederfielen.
Sonderbarerweise trat der junge Mann aus dem Kornfeld im nämlichen Augenblick, als auf der anderen Seite Pietruscha aus dem Felde kam.
Man sah beide, sah sie genauer an . . . denn man munkelte ja ... er verweinte Augen, sie auch ... es war kein Zweifel, sie waren bei einander gewesen . . . o diese Heuchlerin . . . dieser Heuchler!
Das Gerede ging den ganzen Abend, die ganze Nacht hindurch.
Am anderen Morgen war das Gotteshaus voll Andächtiger.
Mit einem Male wurde die Thür zum Kirchlein aufgerissen und herein stürzte ein Weib mit fliegenden Haaren, ein blutendes Messer schwingend, fiel auf die Knie vor dem Altar nieder mit den Worten: „Sein Herz, jetzt habe ich sein Herz" . .. eine tiefe Ohnmacht umfing die hingestürzte — Pietruscha.
Der Priester hob sie in seine Arme; doch nur einen Moment. Dann stürmten Gutsleute in die Kirche und schrieen: „Mörder, Mörder! Unseres Herren Sohn ist ermordet. Pietruscha, ist es gewesen, wo ist sie?"
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ch:
Man hatte den Priester mit der Sache in Verbindung gebracht ... von ihm hieß es, er liebe Pietruscha und sie sollte das Schloß berauben, denn der Mord geschah vor dem Geldschrank, vor dem der junge Mann, Pietruschas
Verführer, jedenfalls ohne Berechtigung, gestanden . . . Zufall! Des Priesters Beteuerungen halfen nichts . . . Beiden wurde der Prozeß gemacht: für sie der Strang, für ihn Sibirien! „Sein Herz!" wimmerte das ärmste Weib, das schönste Weib von Kaschin in einem fort, bis des Henkers kunstgerechter Griff die schönen Lippen für immer schloß, das leidenschaftliche Herz den letzten Schlag thun ließ.
Berlin, 2. Jan. In der „Freis. Ztg." liest man: Das 10jährige Töchterchen eines Kunstmalers hat, da am Postamt keine neuen Jubiläumskarten mehr zu haben waren, unmittelbar den Staatssekretär v. Podbielski um solche Karten unter Nachnahme ersucht, unter der Versicherung: „Mein Papa wird Ihnen sehr danken, er zahlt gern seine Steuern, ist eifriger Förderer der Flottenvorlage und ist kein Briefmarkenhändler." Darauf hat Herr v. Podbielski 20 Stück Karten gratis übersandt.
Auch auf der internaiionalen Postkarten-Ausstell- ung zu Genf ist der bekannten Theefirma Meßmer (Hoflieferant) in Frankfurt a. M. für hervorragende Leistungen auf dem Gebiete künstlerischer Ansichtspostkarten die große goldene Medaille von der Jury zu« erkannt morden. Da die Meßmer'schen Postkarten demnächst auch in Paris u. Petersburg zur Ausstellung gelangen werden, so dürften den bisherigen Auszeich« nungen bald noch weitere folgen und den Sammelwert der Karten erhöhen. Käuflich sind dieselben nicht, sondern werden Kunden von Meßmers Thee durch die bekannten Verkaufsstellen gratis abgegeben. '
jEin Zweifler.j A.: „Was halten Sie von den täglichen Wetterprognosen in den Zeitungen?" — B.: „Ach, die sind recht unzuverlässig geworden. Früher waren sie immer richtig, dann traf Jahre lang immer das Gegenteil ein, und jetzt trifft nicht einmal mehr das Gegenteil ein!"
Wenn wir für uns keine Ausrede mehr finden, so sagen wir, wir hätten es aus Prinzip gethan.
Ein Narr findet in der Regel einen größeren Narren, der ihn bewundert.
Mutmaßliches Wetter am 5. bis 6. Januar.
«Nachdruck verboten.«
Der letzte Luftwirbel ist in England und Südirland auf 745 mm vertieft worden und auch im nördlichen Rußland zeigt sich ein Lustwirbel von 755 mm nur über Mittel- und Nordskandinarnen, Livland, Esthland, Klein- und Gioßrutzland, Ungarn und Italien zeigt sich noch ein schwacher Hochdruck von wenig über Mittel, über der Balkanhaldinsel ein solcher von 765 mm. Bei fortgesetzt milder Temperatnr ist demgemäß für Freitag und Samstag noch immer größtenteils bewölktes, morgens vielfach nebliges und zu vereinzelten Niederschlägen geneigtes Wetter zu erwarten.
Am 6. und 7. Januar.
Von Nordwesten her naht wieder ein Hochdruck von 765 mm gegen Irland und Nordschottland und gleichzeilig ist auch in Nordskandinavien der Hochdruck aus 765 mm gestiegen. Der letzte, aus 750 mm abge« flachte Lustwirbel ist auf der Wanderung vom irischen Kanal nach Osten von dem skandinavischen Hochdruck gespalten worden, so daß die eine Hälfte über der unteren Nordsee, die andere über der südöstlichen Ecke der Ostsee liegt, beide werden wohl bald aufgelöst werden. Für Samstag und Sonntag ist bei etwas frischerer' Temperatur größtenteils trockenes und auch zeitweilig ausgeheitertes, morgens mehrfach nebliges Wetter in Aussicht zu nehmen.
Telegramme.
Berlin, 4. Januar. Der Kaiser empfing heute mittag die Bischöfe von Osnabrück und Kulm.
Kiel, 4. Jan. Die „Kieler Ztg." meldet: Der Oberwerftdirektor der kaiserlichen Werft in Kiel, Ahlefeldt, teilt in einem Tagesbefehl mit, daß der Staatssekretär des Reichsmarineamts bestimmt hat, daß den Arbeitern der kaiserlichen Marinewerft jährlich steigende Dienstalterszulagen gewährt werden. Diese Bestimmung tritt sofort in Kraft.
Frankfurt a. M., 4. Jan. Heute nachmittag um 1.55 fuhr der V-Zug Nr. 76 auf einen Güterzug, wahrscheinlich infolge falscher Weichenstellung, und setzte den letzten Wagen, der mit Spiritus beladen war, in Brand. Die Lokomotive und der Postwagen wurden in Brand gesetzt. Drei Postbeamte verbrannten. Der Lokomotivführer und der Heizer sind schwer verletzt. Mehrere Personen erlitten leichtere Verletzungen.
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Für die Prompte Reg mich betroffenen Pfe spreche ich hiedurch de« Pferde-Verficherungs - ( Stuttgart meine vollste aus.
Dermach, 30. Dezen Griff
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.