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Hnterhattender Heit.
Ein schwieriger Fall.
Krimmal-Erzählung v. C. von Ungern-Sternberg.
(Nachdruck verboten.)
(Schluß.'!
Heldern war entzückt. Der Alte erzählte ihm alles, ohne daß er selbst auch nur die geringste Anstrengung zu machen brauchte. Die Geldverlegenheiten, das leichtfertige Privatleben des noch jungen Professors, die reiche Erbschaft im Hause, vielleicht auch ein wenig Eifersucht — gewiß, hinter der freiwilligen Anzeige beim Kommissär war nur irgend eine besondere Absicht verborgen, um später desto sicherer handeln zu können. Jetzt galt es nur, einen festen Anhaltspunkt zu finden, zu erfahren, ob nicht doch dieser verschollene Neffe, wenn er wirklich existierte, sich in der Nähe befände, und dann mit dem Haftbefehl in der Tasche wieder zurückzukehren. Alles übrige würde sich dann schon von selbst finden. — Nur über einen Punkt wollte er noch gerne Auskunft haben. In welchem Verhältnisse lebte der Professor mit seiner schönen Frau? Und wie stand der Kranke selbst zu ihr? So antwortete er denn scheinbar mit der größten Gleichgültigkeit: „Wenn auch bei einiger Vorsicht gewiß keine Gefahr bei diesen Experimenten zu befürchten ist, so verstehe ich doch die Unruhe namentlich Ihrer Frau Nichte; aber im Interesse der Wissenschaft bringt man doch so gerne ein kleines Opfer."
„Die arme Frau", sagte Herr Herbart in mitleidigem Tone. „Sie hat ihrem Manne schon sehr viele Opfer zu bringen, daß es ihr auf eins mehr oder weniger Wohl nicht ankommen wird. Uebrigens sind Sie Wohl über das Privatleben meines Neffen orientiert. Mich geht die Sache ja sonst nichts an; aber eine so liebenswürdige und schöne Frau irgend einer hergelaufenen Chansonetten-Sängerin zu opfern, das finde ich denn doch wirklich unverzeihlich."
Heldern räusperte sich. Es schien beinahe als erriete der alte Herr alle seine Gedanken und käme ihm mit seinen Antworten zuvor. Er wußte jetzt so gut wie alles, was er wissen wollte, und mußte nun schleunigst zurückkehren, um seinen Rapport zu machen. Die Fährte wies deutlich auf den Professor selbst hin, und es galt jetzt nur, der wirklichen Ausübung des Verbrechens zuvor zu kommen. So erhob er sich denn, um sich zu verabschieden.
„Ach", hielt ihn der Kranke zurück. „Die Wirkungen welcher Gifte studieren Sie denn jetzt?"
Heldern wußte nicht recht, was er antworten sollte. „Morphium und Antropin", sagte er endlich.
„Und giebt es gründliche Gegengifte dagegen?"
„Gewiß, bei zeitigem Einschreiten kann der tödlichen Wirkung immer vorgebeugt werden."
„Und hat mein Neffe die Gegengifte zur Hand?"
„So viel ich weiß, ja." Warum richtete der alte Herr alle diese sonderbaren Fragen an ihn; es war doch wirklich auffallend, wie sehr er sich mit diesen Dingen beschäftigte. Da jedoch der Professor zur selben Zeit wieder eintrat, so hielt er es für geratener, keine weiteren Nachforschungen anzustellen.
„Auf morgen," sagte er. Und als ihm Dr. Herbart höflich bis zur Thür das Geleit gab, wiederholte er dieselben Worte „Auf morgen" mit einer sehr eigentümlichen Betonung. „Ich hoffe, daß bis dahin dem Kranken kein weiteres Unglück passieren wird, die Polizei würde sonst unerbittlich mit dem Schuldigen verfahren."
Auch der Polizeikommissär Müller hatte sich unterdessen eingehend in dieser Angelegenheit beschäftigt und ganz merkwürdige Dinge zu Tage gebracht. Von durchaus kompetenter Seite wurde ihm versichert, daß der alte Herr Herbart sich wiederholt über seinen Neffen beklagt und gedroht habe, ihm seine Börse für immer zu verschließen und das sehr bedeutende Vermögen einem entfernten Verwandten, gerade dem Neffen, von dem der Professor erzählt hatte, zu vermachen. Im Gegensatz dazu aber habe er in der Deutschen Bank der schönen Frau Professor ein Girokonto für einige Tausend Mark eröffnet. Auch hatte
er in Erfahrung gebracht, daß die junge Frau durchaus keinen ganz tadellosen Ruf genösse, früher auf einer kleinen Vorstadtbühne gearbeitet habe, von wo sie denn ihr jetziger Mann weggeheiratet habe. Aber immerhin fröhne sie auch noch heute einem Luxus, dessen Bestreitung die Mittel ihres Mannes bei weitem übersteigen mußte. — Als also Heldern bei ihm erschien und ihm seinen gefaßten Verdacht gegen den Professor selbst mitteilte, da mußte er ihm anfangs teilweise recht geben, wenn er auch nicht verstehen konnte, warum er, einmal zum Verbrechen entschlossen, die Anzeige gemacht hatte. Bei reiferem Nachdenken kam ihm aber Plötzlich ein ganz anderer Verdacht.
„Sie sind in die Falle gegangen, Heldern," sagte er. „Der Professor — trotz aller gegen ihn sprechenden Judicien — ist ebenso unschuldig wie ein neugeborenes Kind; meiner Ansicht nach liegt hier überhaupt kein Mordversuch vor, sondern die ganze Sache ist eine schamlos gespielte Komödie, um einen unschuldigen Mann ins Elend und ins Gefängnis zu bringen. Der alte Herbart ist ein Geck und ein Mädchenjäger; die Frau Professor mag sich an ihrem Manne rächen wollen oder ist durch das Geld des Alten mürbe gemacht worden; sie wollen sich seiner entledigen, und das ist alles."
Im selben Augenblicke wurde wieder an der Klingel gerissen, und Professor Herbart stürzte bleich und aufgeregt ins Zimmer. „Herr Kommissär", rief er, „derselbe verbrecherische Anschlag ist in meinem Hause wiederholt worden; ich habe im Wasserglase meines Onkels eine starke Lösung Atropin entdecken können."
Die beiden Polizeibeamten sahen sich mit einem verständnisvollen Blicke an. „Atropin?" fragte Heldern, „und in der Cognak- oder Weinflasche vielleicht ein Zusatz von Morphium?"
Dr. Herbart sah ihn erstaunt an. „Das weiß ich nicht," sagte er. „Ich habe die Cognak- flasche nicht, ohne den Verdacht meines Onkels zu erregen, untersuchen können."
„Das ist auch gar nicht nötig. Eilen wir, und wir werden die Schuldigen vielleicht noch auf frischer That ertappen können."
Der Professor wußte nicht, was er zu diesen Worten sagen sollte; je mehr er aber um Aufklärung bat, desto mehr drängte man ihn zur Eile. Er würde schon alles in kürzester Zeit erfahren. „Erwartet man Sie zu Hause?" fragte Heldern, als sie gemeinsam eine Droschke bestiegen hatten und in schnellstem Tempo dahinfuhren.
„Nein, man glaubt, ich sei auf der Klinik."
„Ausgezeichnet. Dann öffnen Sie Ihre Thür, ohne zu klingeln, und versuchen wir ungesehen das Krankenzimmer zu erreichen." Dr. Herbart versprach, zu gehorchen.
Als sie vor die Thür des Krankenzimmers traten, hatte im Hause wirklich niemand ihre Ankunft bemerkt; nicht wenig erstaunt aber war der Professor, als er seinen Onkel aufgestanden und an der Seite seiner Frau auf dem Divan sitzen sah. In sichtbarer Verlegenheit erhoben sie sich beide.
Dr. Herbart stellte Heldern seiner Frau vor und bedauerte in seinem Herzen, ihr nicht vorher den wahren Stand feines Assistenten haben nennen zu können. Dieser jedoch hatte sich scheinbar vollkommen in seine Rolle hineingefunden und zog die ihm vo» der schönen Frau Professor dargebotene Hand mit ausgesuchter Höflichkeit an die Lippen. O, sie war wirklich ein schönes Weib und ganz dazu angethan, einem Manne den Kopf zu verdrehen."
„Ihnen, Herr Herbart kann man gewiß Glück zu Ihrer endgiltigen Genesung wünschen", sagte er, sich liebenswürdig an den alten Herrn wendend; nur müssen Sie sich noch sehr vor Rückfällen in acht nehmen; Sie hätten sich dann selbst die Schuld daran zuzuschreiben." Und dann, sich setzend, fingierte er plötzlich einen großen Durst zu haben, und ehe ihn jemand daran verhindern konnte, war er zum Betttisch geeilt. „Sie gestatten mir Wohl ein Glas Wasser — ah, und dort steht Cognak; mit Ihrer Erlaubnis gieße ich einige Tropfen hinzu."
„Nein, nein!" riefen Frau Herbart und der alte Herr erblassend. „Trinken Sie nicht! ...
Das Wasser ist nicht frisch! ... Ich werde Ihnen sofort ein Glas Herstellen. Die Frau Professor war von ihrem Sitz gesprungen und blickte verwirrt um sich.
„Warum soll ich nicht dieses Wasser trinken?" sagte Heldern ernst, und als beide schwiegen:
„Ist es vielleicht vergiftet? Enthält es vielleicht Atropin und der Cognak Morphium? Sie, Herr Herbart, waren ja vorsichtig genug, mich danach zu fragen, ob die Gegengifte im Hause seien."
Ein furchtbares Entsetzen malte sich auf den Zügen der Schuldigen. —
„Aber ich denke, wir haben genug Komödie gespielt, fuhr er im selben Tone fort. Sie hatten Ihren Herrn Neffen zum Verbrecher stempeln, hatten ihn, nachdem er Sie mit seinen Gegengiften gerettet, verklagen und ins Gefängnis werfen lassen wollen, um so ungestörter Ihren unerlaubten Neigungen nachgehen und Ihren Racheplänen genügen zu können. Ihre Rolle ist zu Ende gespielt. Gestatten Sie mir, daß ich mich auch der meinen entkleide. Ich bin Agent der Geheimpolizei.
Dann, sich an Dr. Herbart wendend, der wie verstört die Hände vor das Gesicht geschlagen hatte, sagte er ruhig: „Meine Pflicht ist hier ge- than, Herr Professor; mögen Sie den Schuldigen ein gnädiger Richter sein!" Und sich leicht verbeugend, schritt er zum Ausgang.
Die Marttejel find schuld.
Ein Liedlein nach bekannter Melodie.
(„König Wilhelm saß ganz heiter".)
Stolz in ihrem Albione Trank um sünf Uhr aus dem Throne Ihren Thee Urgroßmama.
Sie zerdrückt 'ne Freudenthräne.
Denn vor ihr steht Chamberlaine;
„Sieg aus Sieg in Afrika!
Wieder dicht ist aus den Spuren Unser Heer den frechen Buren!
Hier Depeschen — da steht's drin.
Siegreich „drahtet" Feldherr White,
Wie ich immer prophezeite.
Nehmet hin. 6oä suvo tbo tzuosn?"
Diese stippt sich eine Mucke Aus dem Thee und nach 'nein Schlucke Liest sie erst recht stillvergnügt.
Aber bald stützt auf die Lehne Sie sich, äugt an Chamberlaine:
„Höret zu, wie White siegt:
Melde, daß voll Hindernissen Unser Streit bei Ladysunthen;
Dennoch wieder ward gesiegt.
Aber leider, wie wir fuhren Mit Kanonen in die Buren,
Haben wir eins abgekriegt.
elden waren unsre Krieger. !
chuld sind, goddam, nur die Viehcher,
Die Maulesel vorm Geschütz. !
Wie die hörten Kugeln pfeifen, !
Fingen sie an auszukneifen,
Aber vorwärts wie der Blitz. !
Diesem Beispiel jener Esel !
Folgend stürzt' ins Schlachtgetösel !
Unser Fußvolk hinterdrein.
Plötzlich packen hint' und vorne Buren es mit Flint und Zorne,
Spinnen rücksichtslos es ein.
Jedenfalls, bis es wird Abend,
Bin mein Heer ich wiederhabend,
Aber vorerst bin ich's los.
Esel können eh' sie sterben, !
Selbst den größten Sieg verderben. i
Doch er war auch so noch groß."
Also „drahtet" Feldherr White Aus dem fernen Burenstreite.
Traurig ward Urgroßmama.
Sie zerdrückt 'ne Trauerthräne,
Und sagt dann zu Chamberlaine:
„Esel giebt's in Afrika."
(Die verkannten Schmisse.j (Im Barbier- >
laden.) Studiosus: „Kannst du denn auch schon rasieren?" — Barbier-Lehrling (selbstbewußt): „Na, so gut wie der, der Sie zuletzt rasiert hat, kann ich's auch!"
(Kleines Mißverständnis.) Frau (zur ,
weinenden Köchin): „Sagen Sie, Nanni, wo liegt denn eigentlich die Ursache Ihres Grames?"
— Nanni: „ Bei der 11. Kompagnie!" („ Fl. Bl.")
(Das Schreckenskind.) Tante: „Nein, Fritzchen, das ist zu nett, daß Ihr mich heute besucht!" — Fritzchen: „Papa sagte gleich, was soll man bei dem Wetter sonst anfangen!"
Redaktion, Druck und Verlag von L. Meeh tu Neuenbürg