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ung der bestehenden Streitpunkte Ausdruck und versichert ihren besten Willen zum Festhalten an der Londoner Konvention von 1884. Die Ant­wort schließt mit der Erwartung, daß England mit keinen weiteren drückenden Vorschlägen mehr hervortreten werde. Diese Antwort Trans- vaal's ist zweifellos ein kleines diplomatisches Meisterstück, lehnt aber freilich im Wesentlichen ein weiteres Nachgeben gegen England ab, so daß sie von den Londoner Morgenblättern vom 18. September als jedes fernere Unterhandeln ausschließend bezeichnet wird. DieTimes" fordern die englische Regierung auf, nunmehr energisch vorwärts zu gehen.

Unterhaltender Heil.

Beim Kampf um Orleans.

Erzählung aus dem Kriege 1870/71.

^Fortsetzung.^

Hochfeld reichte, ohne ein Wort zu sagen, den Brief dem Rittmeister, der ihn las und kopf­nickend an Doktor Senden weiter gab. Der Doktor erhob sich lebhaft, sei es, daß ihm der Appell der fremden Dame an den deutschen Arzt schmeichelte, oder daß die Erscheinung von vor­hin Eindruck auf ihn gemacht hatte. Georg übernahm die Führung, er mußte wohl des Weges zu dem niedlichen Kammermädchen sicher sein.

Nach einer Weile kehrte der Arzt zurück. Es ist ein tüchtiger Typhus. Die Sache ist unverantwortlich verschleppt. Ich habe ein Re­zept verschrieben, aber die nächste Apotheke ist zwei Stunden Weges von hier von uns gelegen und Alles kommt darauf an, daß das Heilmittel vor morgen früh da ist. Wer soll der Bote sein? Von den Franzosen traut sich keiner in die Nacht bei diesen Zeiten hinaus die arme Frau dauert mich. Sie ist verzweifelt."

Geben Sie mir das Rezept, Doktor. Ich besorg' es," rief Leutnant von Hochfeld schnell. Das heißt," fügte er sich besinnend und mit einem bittenden Blicke auf seinen Chef hinzu, wenn der Herr Rittmeister erlauben. Die Ronde würde Romberg gewiß für mich übernehmen." Dieser nickte bejahend.

Hab' ich mir gedacht, mein junger, fahrender Ritter," meinte lächelnd der Doktor,und also übergebe ich Ihnen"

Halt!" rief der Rittmeister dazwischen. So weit sind wir noch nicht. Wo ist der Herr Verwalter?" Er läutete.

Ein alter Diener trat ein.Rufen Sie mir den Intendanten des Herrn Marquis hierher, aber sofort!"

Der Alte erschrak.Den Herrn Inten­danten? Dann faßte er sich, verbeugte sich und ging.

Nach zehn Minuten kehrte er bleich und verstört zurück.Der Herr Intendant ist nicht in seiner Wohnung. Ich glaube, er hat sich in Geschäften in das nächste Städtchen begeben."

In Geschäften? Bei Nachtzeit und ohne meine Erlaubnis? Wie ist der Mann ohne Passierschein durch unsere Posten hindurchge­kommen? Premier-Leutnant Hartung, ich bitte Sie, alsbald die Sache auf oas Genaueste zu untersuchen. Nehmen Sie ein Dutzend Leute und durchforschen Sie noch heute Abend dieses Schloß, das mir geheime Ausgänge zu haben scheint, dieser Herr Intendant ist mir sehr ver­dächtig."

Premier-Leutnant Hartung verbeugte sich und ging.Und Sie, Hochfeld," wendete sich der Rittmeister an den Genannten, der noch immer mit dem Rezepte des Doktors in der Hand und mit bittender Miene da stand,schlagen Sie sich die romantische Idee aus dem Kopfe. Ich kann unmöglich das Leben einer meiner Offiziere einer sicheren Gefahr aussetzen für das Kind des Mannes, der unser Feind und im Stande ist, Weib und Kind in solcher Lage im Stiche zu lassen."

Erlauben Sie, Herr Rittmeister," fiel eifrig der kleine Doktor ein.Sie mögen von Ihrem Standpunkte aus Recht haben. Aber wenn Sie den Leutnant von Hochfeld nicht reiten lassen wollen, so bitte ich um gütige Erlaubnis zu

diesem Ritte. Ich habe der Frau einmal meinen ärztlichen Beistand geliehen und ihr mein Wort gegeben, daß Alles, was möglich ist, zur Rettung ihres Kindes geschehen soll. Ohne die Medizin stirbt das Kind. Also bitte ich um Urlaub."

Einen Augenblick musterte der Rittmeister den kleinen, in dienstlicher Haltung stramm vor ihm dastehenden Doktor. Dann brach er in ein lautes Gelächter aus:

Sie, Doktor, auf Ihrem klapperbeinigen Braunen vier Stunden Weges in dieser Dunkel­heit in unbekanntem Lande? Donnerwetter, diese Romantik hätte ich Ihnen nicht zugetraut. Was doch ein paar Weiberaugen und schwarze Locken vermögen! Nein, Doktor, Sie lasse ich noch viel weniger fort. Wenn's sein muß," setzte er wieder ernst werdend hinzu,so mag Hoch­feld sein Leben auf's Spiel setzen." Ein Freüden- ruf entrang sich den Lippen des Leutnants.

Sachte, junger Freund! Kann ja sein, daß die Sache ganz ungefährlich ist, und morgen früh hätte ich Sie so wie so auf Rekognoszierung geschickt. Also reiten Sie mit Gott, seien Sie vorsichtig und denken Sie an Ihre Eltern da­heim. Drei Mann Bedeckung nehmen Sie jeden­falls mit, und sind Sie in vier Stunden nicht zurück, so komme ich Ihnen selbst mit der Es­kadron entgegen."

Ich danke Ihnen, Herr Rittmeister, aber ich meine, wenn ich meine beiden eigenen Pferde und meinen treuen Georg nähme, so wäre das genügend. Pferde und Leute," ein Seiten­blick streifte den Doktor, der bereits wieder am Kamin saß und sich ein neues Glas Grogk mischte.

Hochfeld hörte nichts mehr. Er stürmte hinaus und rief seinen Georg, den Nero und die Diana zu satteln und sich marschbereit zu machen. Er wußte, daß er sich auf den treuen Menschen, der mit ihm auf dem elterlichen Gute aufgewachsen war, in jeder Lage verlassen konnte und daß dieser ihm willig bis in den Tod ge­folgt wäre. Er wußte auch, daß seine beiden edlen Pferde, so müde sie gewesen waren, nach der gehabten Rast zu einer Extra-Anstrengung, wie dieser nächtliche Ritt sie bedingte, vollauf im Stande waren, und im Uebrigen verließ er sich auf Gott und sein gutes Glück, im Notfall auch auf den Revolver und den Säbel in seiner Faust.

Zehn Minuten darauf, die Hochfeld dazu benutzt hatte, sich über den einzuschlagenden Weg durch den alten Kammerdiener genau unterrichten zu lassen, sprengten Herr und Diener in die Nacht hinaus. Der Weg war nach der Ver­sicherung des Franzosen nicht zu verfehlen, er war die direkte Fortsetzung desjenigen, auf dem die Schwadron heute angekommen war und führte unterwegs nur durch ein kleines Dörfchen, sonst über ebenes, baumloses Terrain bis in das Städtchen, in dem sich die Apotheke befand. Feinde sollten nicht in der Nähe sein. Also Gott befohlen!

Die beiden Reiter hatten die Postenkette überschritten und ritten nun in schlanken Trabe, aber doch vorsichtig auf dem breiten und ebenen Wege vorwärts. Die Nacht war dunkel, der Himmel umwölkt, erst gegen eins ging der Mond auf und jetzt war es kaum elf Uhr. Kein Laut ließ sich weit und breit vernehmen, nur der Hufschlag der eigenen Pferde, wenn dieselben zufällig auf einen Stein traten, vernahmen Leutnant von Hochfeld und sein Bursche, tonst tiefe Stille der Nacht umher. Dem jungen Offizier kamen aller­lei Bedenken, ob er recht gethan, den Botenritt auf sich zu nehmen. Wenn er auch Furcht nicht kannte, so war doch der Gedanke eines rühm­losen Todes durch die meuchelmörderische Kugel eines im Hinterhalt lauernden Bauern durchaus nicht angenehm, und daß dies nur gar zu leicht sein Schicksal sein konnte, sagte ihm sein Ver­stand und vielfache Erfahrung im Kriege. Hatte er denn keine Verpflichtungen gegen seine Eltern? Und war es recht von ihm, auch den treuen Georg, der ebenfalls Eltern und sogar eine Braut daheim hatte, mit in das Wagnis zu ziehen? Nein, er hätte nicht darauf bestehen sollen, für den Sohn eines Feindes, der ihnen mit Heimlichkeiten und Verkleidungen entgegen getreten und offenbar auch zu anderen Mitteln, sie zu verderben, als zum offenen, ehrlichen

Kampfe bereit war, sein Leben in die Schanze zu schlagen. Aber dann sah er wieder die wunderbare Erscheinung, das blasse Frauengesicht i mit den großen, angsterfüllten Augen vor sich, er empfand die zauberhafte Wirkung des flehen­den, an ihn ganz besonders gerichteten Blickes er überdachte die Zeilen des von der Muttersorge diktierten Briefes, und er sagte sich, daß er nicht anders hätte handeln können, als er gethan hatte. Bei diesen Gedanken richtete er sich hoch auf und holte tief Atem. So mochte nun auch denn kommen, was wollte, er stand im Gottes Hand.

Herr Leutnant," flüsterte Georg, der dicht hinter seinem Herrn ritt,vor uns ist etwas Dunkles und Schwarzes. Das müssen Häuser , sein."

Kann sein, Georg. Nach Aussage des Kammerdieners haben wir halbwegs ein Dorf zu Passieren."

Wirklich schlugen die Hufe ihrer Pferde in diesem Augenblick auf Steinpflaster, sie hatten die Dorfstraße erreicht.

Carriere, Georg, durch's Dorf, eh sie zur Besinnung kommen!" Die Hufe donnerten über das Pflaster. Hier und da erhellte sich ein Fenster, aber kein Mensch ließ sich auf der Straße blicken; unangefochten erreichten die Reiter das jenseitige Ende des Ortes und das freie Feld.

Hindurch wären wir," meinte Georg für sich, als sie die Pferde ein wenig verschnaufen ließen, ich wollte, wir wären erst rückwärts eben- so weit." ^Fortsetzung folgt.)! !

Mutmaßliches Wetter am 20. bis 22. September. ^

i Nachdruck verboten.;

Der neu? Luftwirbel über der oberen Nordsee und dem Süden Norwegens ist aus 740 mm vertieft worden. Südlich von Irland, sowie dem Golf von Biskaya und in Spanien behauptet sich aber noch ein Hochdruck von 765 mm. während im adriatischen und im tyrrhenischen Meer die ältere Depression wieder auf 755 mm ver­tieft worden ist. In Frankreich, sowie über Südwest- deutschland steht das Barometer wenig über, bezw. aus Mittel. Für Mittwoch und Donnerstag ist bei west­lichen Winden und nur zeitweiliger Aufheiterung vor­wiegend bewölktes und auch zu mehrfachen Nieder­schlägen geneigtes Wetter zu erwarten.

Am 21. und 22. September.

lieber Skandinavien liegt noch immer ein Lun. ! Wirbel von 740 mm, über Südwestfrankreich ein Hoch- ! druck von 765 mm, während im übrigen Frankreich, sowie in Süddeutschland das Barometer wenig über Mittel steht. Die Luftwirbel über dem adriatischen und tyrrhenischen Meere sind aufgelöst, da von Süden her ein neuer Hochdruck kommt. Bei ziemlich milder i Temperatur ist demgemäß für Donnerstag und Freitag fortgesetzt trübes und zu vereinzelten Niederschlägen geneigtes Wetter in Aussicht zu nehmen.

Telegramme.

Berlin, 19. Sept. DieNordd. Mg. ! Ztg." meldet: Nach hier eingetroffenen amtlichen ! Telegrammen aus Sansibar ist der Freihafen ! dortselbst aufgehoben. Zollfrei bleiben nur Münzen, Kohlen, Elfenbein, Kautschuk und Schildplatt. Von allen übrigen Waren wird ein Einfuhrzoll von 5 Prozent erhoben. Der bisherige Spirituosenzoll bleibt derselbe.

Pest, 19. September. Die Donau ist in schnellem Steigen begriffen. Ueberall sind Arbeiten zur Verhütung von Hochwasser im Gange. Unterhalb Komorn ist in letzter Nacht eine Dammüberflutung und ein Dammriß erfolgt, wodurch 17 000 Joch Feld unter Wasser ge­setzt sind.

Paris, 19. Sept. Der heutige Minister- rat beschloß die Begnadigung Hauptmanns Dreyfus, die schon im vorigen Ministerrate grundsätzlich festgelegt worden war, da Dreyfus ^ seinen Revisionsantrag zurückgezogen hat. Wegen Erledigung der notwendigen Formalitäten ist me Veröffentlichung der Maßregel auf das Ende dieser Woche verschoben worden. Der bezügliche Erlaß wird voraussichtlich erst geheim Dreyfus zugestellt und nach dessen Ueberstedelung nach Folkestone veröffentlicht werden, um Ausschrei­tungen zu vermeiden. Frau Dreyfus mietete m Laboris Begleitung eine Wohnung in Folkestone. ^

Paris, 20. September. Nachdem nachts . energische Maßregeln getroffen waren, das Haus j in der Rue de Chabro! zu stürmen, verließ Guönn mit seinen Genossen vor 4 Uhr dasselbe. ^ wurde sofort verhaftet. ^

Redaktion, Druck und Verlag von L. Meeh in Neuenbürg.