Vor der Neuwahl sind die Kautions- und Besoldungsverhältnisse festzusetzen. In den hierüber abzufassenden Protokollen muß auch eine genaue Kautionsberechnung enthalten sein. Bezüglich der letztere« find die neue« Vorschriften zu beachten. (Minist.-Verfügung vom 8. Juni 1900 Reg.-Bl. S. 471.)

Behufs Ermittelung der Kautionshöhe ist der Betrag der ordentlichen etatsmäßigen Einnahmen der betreffenden Verwaltung nach der letztgestellten Rechnung und des etwa umgelegten Gemeinde­schadens zusammenzustellen; bei Gemeindepflegern denen zugleich der Steuereinzug obliegt, ist autzer- dem noch der vierte Teil der auf die Gemeinde pro 1901/02 entfallenen Staatssteuer, sowie des Amtsschadens, Brandschadens, der Körperschafts­steuer und Umlage für die landwirtschaftliche Berufs­genossenschaft, hinzuzurechnen. Innerhalb des Rah­mens von mindestens 4°/» bis 8°/° der hiebei sich ergebenden Summe ist sodann die Höhe der Dienst­kaution zu bestimmen. Die gefaßten Beschlüsse sind dem Oberamt spätestens bis 15. April d. I. zur Genehmigung vorzulegen.

Da, wo den Rechnern zugleich dieKapital- briesverwahrung übertragen war, ist bei einer Neuwahl auch über Aufstellung des Kapitalbrief­verwahrers Beschluß zu fassen und zwar ist zuerst die Rechnerswahl vorzunehmen und erst, wenn die Person des Rechners bekannt ist, darf über die Uebertragung der Kapitalbriesverwahrung an den­selben, sowie über die periodische Vornahme der Kapitalienbeurkundung binnen je 3 Jahren be­schlossen werden.

Die gewählten Rechner sind zu beeidigen, bezw. ans den früher abgelegten Diensteid hin­zuweisen, auch mit den Strafbestimmungen für öffentliche Rechner bekannt zu machen. Wenn die­selben Mitglieder des Gemeinderats sind, ist die Zustimmung des Bürgerausschusses zur Wahl ein- zuholcn.

Ein passendes Gemeindepflegerswahlprotokoll ist im Handbuch von Frisch S. 1211 enthalten.

Calw, den 8. März 1902.

K. Oberamt.

Voelter.

Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betreffend die Abhal­tung von Unterrichtskursen im Hufbeschlag.

Um Schmieden die Vorbereitung zu der durch das Gesetz vom 28. April 1885, betreffend das Hufbeschlaggewerbe, vorgeschriebenen Prüfung be­hufs deS Nachweises ihrer Befähigung zum Betrieb dieses Gewerbes zu ermöglichen, finden an den Lehrwerkstätten für Hufschmiede in a) Hall, d) Heilbronn, e) Reutlingen, ä) Ra­vensburg und e) Ulm dreimonatliche Unter­richtskurse im Hufbeschlag statt, welche am Frei­tag, den 2. Mai 1902 ihren Anfang nehmen.

Die Anmeldungen zur Aufnahme in einen dieser Kurse sind bis 1. April ds. Js. bei dem Oberamt, in dessen Bezirk sich die betreffende Lehrwerkstätte be­findet, vorschriftsmäßig einzureichen.

Dem Zulassungsgesuch sind in Form ur­kundlicher Belege anzuschließen:

1) ein Geburtszeugnis;

2) der Nachweis der mit Erfolg bestandenen Lehrzeit im Schmiedhandwerk und einer zweijährigen Thätigkeit als Schmied geselle, wobei der Bewerber schon im Hufbeschlag beschäftigt gewesen sein muß; die Zeugnisse hierüber müssen von den betreffenden Meistern selbst ausgestellt und von der Orts­behörde beglaubigt sein;

3) wenn der Bewerber minderjährig ist, eine Ein­willigungserklärung des Vaters oder Vormunds;

4) ein von der Gemeindebehörde des Wohnsitzes des Bewerbers ausgestelltes Prädikatszeugnis, sowie eine Bescheinigung derselben darüber, daß dem Bewerber die erforderlichen Geld­mittel zur Bestreitung seines Unterhalts wäh­rend des Unterrichtskurses zu Gebot stehen werden;

5) eine von dem Bewerber und wenn derselbe minderjährig ist, auch vom Vater oder Vor­mund Unterzeichnete Erklärung, durch welche die Verbindlichkeit übernommen wird, die der Staats­kasse erwachsenen Kosten zu ersetzen, wenn von dem Schüler der Unterrichtskurs vor seiner Beendigung ohne Genehmigung der K. Zentral­stelle für die Landwirtschaft verlassen oder durch eigenes Verschulden die Entfernung aus demselben veranlaßt oder die Prüfung binnen einer gesetzten Frist nicht erstanden wird (8 4 Abs. 2 der Verfügung des K. Ministeriums des Innern vom 11. Juni 1885).

Stuttgart, 1. März 1902.

v. O w.

Tagesnemgkeiten.

Herrenberg, 7. März. Vorgestern Abend stillte das Haus des Bauern Stoppel in Haslach hies. Oberamts, ein, als die Familie gerade am Abendessen saß. Das Haus sollte repariert werden und war deshalb gesprießt, aber wie es scheint, nicht gründlich genug. Der Mann, der in den Keller stürzte, und die Frau, die auch einen Fall erlitt, kamen mit Verwundungen davon, die nicht lebensgefährlich sind.

Stuttgart, 7. März. Heute nachmittag traf im Gefangenenwagen, von Kirchheim u. T. kommend, der Mörder der Babette Wirth gefesselt hier ein und wurde unter starker Bedeckung nach dem in der Kronenstraße haltenden Gefangenen­wagen verbracht. Gerster ist ein ziemlich hagerer Mensch von kleiner Statur, der den einen Fuß etwas nachschleppt. Er sah kreidebleich aus und erregte die größte Aufmerksamkeit der zufällig auf dem Bahnsteig Anwesenden. Bei einem Verhör in Kirchheim gab er an, daß nach seinen Wahrnehmungen die erste Verletzung nicht notwendig tötlich wirken mußte. Infolgedessen habe er seinem Opfer mit einem Taschenmesser den Hals durch­schnitten, damit es der Verwundung sicher er­liege und nicht mehr gegen ihn aussagen könne. Ferner ist festgestellt worden, daß Gerster nicht in der Absicht der Ablegung eines Geständnisses zur Polizei kam, sondern weil er aus Mangel an Mit­teln aus einer Wirtschaft ausgewiesen wurde und auf der Wache das Geld zum Uebernachten zu er­halten hoffte.

Stuttgart. Gestern Mittag wurden in der Calwerstraße dem 4jährigen Kind eines Metzger­meisters beide Beine von einem elektrischen Straßen­bahnwagen abgefahren. DaS häufige Vor­kommen dieser Art von Unfällen legt die Frage nahe, ob man nicht wie in München, Hannover und in anderen Städten durch die Anbringung von Fangvorrichtungen wenigstens für einigen Schuz gegen solche traurige Fälle sorgen sollte. Das Kind ist auf dem Transport nach dem Karl-Olga- spital gestorben.

Straßburg, 7. März. Der Kron­prinz besichtigte gestern von Metz aus mit seiner Umgebung unter Führung des Grafen Häseler die Schlachtfelder und nahm Abends bei dem Diner bei Graf Häseler teil, wobei die Bevölkerung ihn auf der Fahrt dorthin jubelnd begrüßte. Der Bischof Benzler von Metz erwiderte am Mittwoch den Besuch des Kronprinzen und verweilte längere Zeit bei ihm. Heute Abend '/>9 Uhr ist der Kron­prinz hier eingetroffen. Zum Empfang auf dem Bahnhof waren der Statthalter mit seinem Adjutanten, der Kommandeur des 15. Armeekorps, der Gouverneur und der Polizeipräsident anwesend. Nach der Begrüßung begab sich der Kronprinz nach dem Palais des Statthalters.

Berlin, 8. März. Nach einem Telegramm aus Newyork hat Prinz Heinrich durch den Kapitän zur See v. Müller die Erklärung abgeben lassen, daß er von der Reise höchst befriedigt sei. Er wisse wohl, daß er nur einen ganz kleinen .Landesteil ganz oberflächlich kennen gelernt habe. Er habe aber doch eine Idee von der Größe des Landes und seiner Hilfsquellen bekommen. Mehr als die Reiseeindrücke, so erklärt Kapitän Müller ferner, schätze der Prinz das herzliche Willkommen, das ihm überall bereitet worden sei, und durch welches die Bevölkerung gezeigt habe, daß sie die Absicht, welche Kaiser Wilhelm bei der Entsendung des Prinzen hatte, verstehe und würdige. Der Prinz bedaure wiederholt, daß er nicht jedem Einzelnen danken könne, besonders denen, die ihn mit Musik und Hochrufen bewillkommneten, während er im Bette lag. Nie werde er vergessen, wie das ameri­kanische Volk ihn überall mit Gastfreundschaft und Sympathie ausgenommen habe. Der heutige Samstag ist gesellschaftlichen Pflichten gewidmet. Möglicherweise besucht Prinz Heinrich auch noch das Grab des Generals Grant. Am Montag Abend giebt er den Spitzen der Regierung, der Armee und der Marine, den Vertretern der Eisenbahnen, die ihn während der Reise begleitet haben, auf der Deutschland" ein Abschiedsmahl. Das ist die letzte gesellschaftliche Veranstaltung, welcher Prinz Heinrich beiwohnt. Am Dienstag wird die Rückreise nach

Deutschland angetreten. Tie Reise durch die Ver­einigten Staaten hat sich auf 4000 Meilen erstreckt.

Berlin, 8. März. Nach Meldungen aus Newyork ist der Schluß der großen Rundreise des Prinzen Heinrich in der Hauptsache programm­gemäß verlaufen. Der große Commers ehemaliger Studenten deutscher Hochschulen, worunter zwei Drittel Deutsche und ein Drittel Amerikaner waren, wurde durch den zwar angekündigten, aber in An­betracht der Verhältnisse kaum mehr erhofften Be­such des Prinzen nebst Gefolge ausgezeichnet. Der Vorschlag des Professors Learned-Philadelphia, einer nationalen Vereinigung ehemaliger deutscher Studenten zum Zwecke der Förderung freundschaft­licher Beziehungen beider Nationen fand begeisterten Widerhall. Die Mitgliederliste wurde mit mehreren hundert Unterschriften bedeckt. Die Stimmung der Versammlung war brillant und verspricht einen dau­ernden Erfolg, nachdem der Boden für derartige Bestrebungen längst geebnet ist.

Berlin, 8. Mürz. Aus Westpoint im Staate Newyork wird gemeldet: Prinz Heinrich wurde bei seiner Ankunft um 2 Uhr nachmittags von dem Direktor der Marine-Akademie Oberst Mils und den Offizieren empfangen und unter Es­korte einer Kavallerie-Abteilung nach dem Parade­platz geleitet, wo 21 Salutschüsse abgefeuert wurden. Der Prinz besichtigte 6 Kompagnieen Kadetten, und nahm eine Parade derselben ab. Nach Beendigung der Besichtigung richtete der Prinz eine Ansprache an die Kadetten, worin er sie zu ihrer vortrefflichen Erscheinung beglückwünschte.

Vermischtes.

Handwerker k a mm e r Reutlingen. Auszug aus dem Protokoll der Sitzung am 4. März. 1) Die Kammer beantragt bei der Zentralstelle für Gewerbe und Handel, daß das Taggeld für die Mitglieder des Gesellenausschusses, sobald die Zeitversäumnis 8 Stunden übersteigt, von 3 auf 4 erhöht werde. 2) Die von einer Kommission besorgte Auswahl der Beisitzer für die Gefellen- prüfungsausschüsse wird gutgeheißen. 3) Die Mehrheit der Kammer stimmt den von der Zentral­stelle für Gewerbe und Handel zur Begutachtung vorgelegten Gesellenprüfungsordnungen nach längerer Erörterung verschiedener Punkte zu. In den nächsten Tagen bringen die Amtsblätter eine Bekanntmachung, welche zur Teilnahme au der Prüfung anffordert, über diese selbst alles Nötige mitteilt, im besondern auch die für die einzelnen Gewerbe bestimmten Prüfungsorte und die Vor­sitzenden der Prüfungsausschüsse bezeichnet. 4) Zur Organisation der Meisterprüfung unterbreitet die Kammer der Zentralstelle folgende Vorschläge: a) für jedes Gewerbe wird eine besondere Prüfungs­kommission bestellt, aber nur je eine für den ganzen Kammerbezirk; v) es erhalten ihren Sitz: Die Prü­fungskommissionen für Feinmechaniker, Kürschner,' Hut- und Kappenmacher, Photographen, Bildhauer, Buchdrucker, in Tübingen die Kommissionen für Säge- und Getreidemüller in Nagold eine für Bierbrauer in Horb alle übrigen in Reutlingen. 5) An Stelle des verstorbenen Schlossermeisters Zwanger-Tübingen wird Schlossermeister Georg Heldmaier-Calw in den Vorstand gewählt.

Handelskammer (Lalw.

Oeffentliche Sitzung

am Freitag, den 14. März 1902, vormittags 9 Uhr.

Tagesordnung:

1. Wahl

rc) deS Kammervorsitzenden und seines Stell­vertreters,

b) eines Beirats der K. Centralstelle für Ge­werbe und Handel und eines Stellvertreters, «) eines Beirats der K. würtl. Verkehrs­anstalten und eines Stellvertreters.

2. Aufstellung beerdigter Bücherrevisoren.

3. Geschäftsführung der Gerichtsvollzieher.

4. Kaufmännisches Fortbildungsschulwesen.

5. Beratung wegen Kooptation von 2 weiteren Kammermitgliedern.

Vorstand:

Kommerzienrat E. Zoeppritz.

AildmrtMtl. llcmkMM».

Die von den Mitgliedern bestellten Obst­bäume wollen am nächsten Mittwoch, 12. März, bei Herrn Oberamtsbaumwart Widmann in Calw abgeholt werden. Auch können noch einige

Spalier- und Pyramidenbäume abgegeben werden.

Calw, 8. März 1902.

Vereinssekretär Fechter.