444
Unterhaltender Heil.
Die Lebensversicherung.
Kriminal-Novellete.
«Nachdruck verboten.)
„Mama, Mama, ein Glücksfall", rief die achtzehnjährige Ellen Turnau ihrer eben heimkehrenden Mutter, der verwitweten Posträtin Turnau entgegen. „Denke Dir nur, ich habe unsre Vorderzimmer vermietet!" „Wirklich Ellen, das wäre freilich ein Glücksfall", entgegnete die Mutter erfreut, „es ist wahrlich kein Vergnügen, die teure Wohnung so lange leer stehen zu haben."
„Ach Muttchen, thu nicht gar so kümmerlich," begütigte die schöne Ellen, „schlecht geht es uns doch noch lange nicht und ich wette, morgen Abend ist alles in Ordnung und Du bist die Sorge los." „Also so ganz fest scheint die Sache nicht abgemacht zu sein, wie ist 's denn Kind, sprich doch, was für Ausstellungen hatte der Herr denn noch?" „Ausstellungen keine, aber der junge Herr war so geschäftsunkundig und fremd, daß es mir richtiger erschien, Du verabredetest das Nähere selbst mit ihm." „Du bist mein kluges Kind," lobte Frau Turnau, „doch erzähle, wie sah der Herr aus?" „Fein und vornehm, Mama," erwiderte Ellen, „er ist Franzose und sagte mir, daß er unsere kleine Residenz zum längeren Aufenthalt ausgewählt habe, um gründlich Deutsch zu lernen und auch in unserer Gallerte einige der alten Meisterwerke zu kopieren." „Also ist er ein Maler?" sagte die Mutter gedehnt. „Dieses weniger", lächelte Ellen schelmisch und nahm von dem Tisch eine Visitenkarte auf, welche sie der Mutter hinhielt. „Georges Detroit Marquis" stand auf derselben. „Ein Marquis, Muttchen, also etwas ganz Vornehmes!" Frau Turnau nickte zufrieden und verbrachte den übrigen Teil des Abends damit, Luftschlösser zu erbauen, in denen dem vornehmen Fremden eine Hauptrolle zugedacht war.
Die Posträtin war keineswegs so mittellos, um auf Zimmervermieten angewiesen zu sein. Sie hatte im Gegenteil ihr zwar bescheidenes, doch sicheres Einkommen, besonders wenn sie, dem Beispiele anderer Standes- und Schicksalsgenossinnen folgend, sich bescheiden eingerichtet hätte. Allein das entsprach nicht ihren Absichten und Plänen, die namentlich in Bezug auf ihre Ellen von der hochfliegendsten Art waren. Ellen war wirklich bildschön, eine schlanke, elegant gewachsene Blondine, von vollendeter Anmut zog sie aller Blicke auf sich und mehr wie einmal war es vorgekommen, daß Fremde sich nach der eleganten Schönheit erkundigt hatten und sehr enttäuscht warm, wenn sie hörten, daß das junge Mädchen in bescheidenen bürgerlichen Verhältnissen daheim sei. Sie Paßte ihrer ganzen Erscheinung nach in eine vornehmere Sphäre. Dies fand auch Frau Turnau und richtete darnach ihr Handeln ein. Sie mietete im elegantesten Stadtviertel eine hochherrschaftliche verhältnismäßig teure Wohnung, deren Vorderzimmer sie mit den besten Stücken aus ihrem gediegenen Mobiliar Paffend ausstattete und wartete auf vornehme Mieter, denn nur solche konnten in der Lage sein, den geforderten Preis zu zahlen. Auf diese Weise, so rechnete sie, bekam Ellen Gelegenheit, Herren höherer Stände kennen zu lernen, und sie zweifelte nicht, daß der eine oder andere ihr schönes und dabei gutes Kind auch lieben lerne.
Bis jetzt hatte Frau Turnau kein Glück. Der erste Mieter, ein Ministerialasfeffor, entpuppte sich schon am ersten Tage als glücklicher Bräutigam, der nur noch kurze Zeit eines Junggesellenheims bedurfte. Der zweite, ein unternehmender Premier und Flügeladjutant eines der hiesigen Prinzen, nahm zwar von Ellens Schönheit mehr Notiz. Als aber die Mutter bemerken mußte, daß er seine Huldigungen auf die vier Wände des Hauses beschränkte, sich aber bei etwaigen öffentlichen Anlässen vorsichtig zurückhielt, war sie schließlich froh, daß das Manöver Anlaß gab, ihm auch für die Folge zu kündigen. Der Ausfall, durch die leerstehenden Zimmer entstanden, war ziemlich bedeutend und bis zur Stunde noch nicht gedeckt. Um so erfreuter zeigte sich daher Frau Turnau über die Absicht des Fremden, und wer will ihr verdenken, wenn sie
in dieser Nacht, zwischen Furcht und Hoffnung schwebend, wenig Schlaf fand.
Der folgende Tag erledigte Alles zur vollsten Zufriedenheit der guten Frau. Der Marquis mietete die teuren Zimmer ohne zu feilschen und nahm alle Vorschläge und Wünsche seiner zukünftigen Hauswirtin in liebenswürdigster Weise entgegen. Er bat die Dame besonders sich seiner Sprachunkenntnis anzunehmen und ihm zu gestatten, sie häufig aufzusuchen. Selbstredend wurde ihm diese Erlaubnis von Frau Turnau, die ihre Befriedigung nur schwer zu bergen vermochte, huldvollst erteilt. Und Turnaus hatten diesmal Glück mit ihrem Mieter! Einen solidem, pünktlicheren Herrn fand man so leicht nicht wieder. Der Marquis lebte überaus regelmäßig und machte seinen Hausgenossen wenig Beschwerde. Früh besorgte ihm das Mädchen sein Frühstück, worauf er meist in die Gallerte ging, die er selten vor Mittag verließ. Sein Diner nahm er in einem der ersten Restaurants ein und kam dann nach Hause, wo er einige Zeit auf seinem Zimmer verblieb. Pünktlich wie die Uhr klopfte er dann, einen Nachmittag wie den andern, bei den Damen an, bat um die Erlaubnis, ihnen aufwarten zu dürfen und ließ sich nicht selten bewegen, auch den Abendthee in ihrer Gesellschaft einzunehmen. Gegen 11 Uhr suchte er dann sein Zimmer wieder auf. Dabei machte sein Sprachstudium gute Fortschritte. Ellen gab sich alle Mühe und als ihr gelehriger Schüler erst größeres Verständnis zeigte, machte es ihr besondere Freude, ihm mit ihrer lieblichen Stimme aus den Werken unserer namhaften Dichter hier und da einiges vorzulesen. Bei solchen Gelegenheiten verschlang oer aufmerksam Horchende seine holde Vorleserin fast mit den Augen und ihre Seelen fanden sich mehr und mehr. Frau Turnau sah dem allen mit wachsender Hoffnung zu. Schon nach den ersten Tagen glaubte sie zu bemerken, daß Ellen dem Marquis nicht gleichgültig blieb. Das tägliche Zusammensein zeitigte eine gewisse unbefangene Vertraulichkeit zwischen den Beiden, die der klugen Mutter längst offenbar war, ehe vielleicht die Beteiligten selbst sich völlig klar über ihre Gefühle geworden waren. Ellen besaß neben ihrer Schönheit wahrhaft innere Vorzüge, Wohl dazu angethan, das Herz eines Mannes zu gewinnen. Neben großer Sanftmut und Nachgiebigkeit war ihr jene demütige Unterordnung eigen, welchen vielen Männern, namentlich solchen von heftigem Temperament und starkem Willen, als der Inbegriff holder Weiblichkeit erscheint. Und heftig, temperamentvoll war dieser Franzose, gleich der Mehrheit seiner Landsleute. Als sorgsame Mutter bemühte sich Frau Turnau, recht viel und ausführlich über das Leben u. Treiben Detroits, seine Familie, Verhältnisse und Stellung zu erfahren. Die Auskunft wurde von ihm selbst in harmloser, offenster Weise stets bereitwilligst erteilt. Georges Detroit erzählte, daß sein Vater, der schon sehr alt sei, ihm den Titel als Marquis bereits übertragen habe; nicht so die dazu gehörige große Besitzung. Der Grund hierfür sei darin zu suchen, daß seine junge Stiefmutter, der nach dem Ableben des Gatten nur eine kleine Rente zufalle, bestrebt sei, zu dessen Lebzeiten aus den reichen Einkünften Ersparnisse zu machen, zu ihren Gunsten.
(Schluß folgt.)
(Für das reisende Publikum von großer Wichtigkeit ist) eine Entscheidung des Amtsgerichts Braunschweig. Ein Geschäftsreisender aus Braunschweig, welcher von Schwerte nach Arnsberg fahren wollte, stieg irrtümlich in den nach Hagen i. W. bereitstehenden Zug, nachdem ihn ein Eisenbahnschaffner auf seine Anfrage in den Zug gewiesen hatte. In Hagen bemerkte er seinen Irrtum und machte dem Stationsvorsteher sofort mit dem Bemerken Mitteilung, daß er sich in diesem Falle der Bestimmung der Verkehrsordnung, für die ganze von ihm fälschlich zurückgelegte Strecke das Doppelte des Fahrpreises, mindestens aber 6 Mark zu zahlen, nicht unterwerfen werde, weil ihn der Bahnschaffner falsch unterrichtet habe. Die preußische Eisenbahn- Verwaltung betrachtete diese Entschuldigung nicht als stichhaltig, weil nach den Vorschriften der Verkehrsordnung jeder Reisende selbst dafür zu
sorgen hat, daß er auf den Wagenwechselstationen und auf allen Stationen, wo verschiedene Züge halten, in den richtigen Zug gelangt. Da der Reisende Zahlung nicht geleistet hatte, fo klagte die Eisenbahnverwaltung gegen ihn auf Zahlung von 2 Mark als doppeltes Fahrgeld der zurückgelegten Strecke. Das Gericht verurteilte den Reisenden diesem Anträge gemäß auf Zahlung von 2 Mark, weil nach den Vorschriften der Verkehrsordnung die Eisenbahnverwaltung nicht dafür aufzukommen brauche, daß sie auf einer Wagenwechselstation oder einer Station, wo Züge nach verschiedenen Richtungen halten, von ihren Beamten in Bezug auf die Fahrrichtung eines Zuges gegebenen Auskünfte der Wahrheit entsprächen.
Die Rose. Es giebt wohl keine Blume auf der ganzen Erde, welche so wie die Rose seit undenklichen Zeiten der Liebling aller Völker war. Noch heute steht sie hoch über allen Blumen des Feldes und des Gartens. In ihren verschiedenen Arten ist die Rose fast über die ganze nördliche Erdhälfte verbreitet, und überall da, wo sie ihre duftigen, edelgestalteten und farbenprächtigen Blumen zur Entfaltung bringt, ! ist sie auch die Königin des Gartens und der > Blumen, wie sie zuerst die griechische Dichterin Sappho treffend nennt. Es ist wohl nicht zu ) viel behauptet, wenn man sagt, daß es im weiten Deutschen Reiche kaum einen wohlgepflegten ! Hausgarten giebt, in welchem nicht auch der Rose ein Plätzchen eingeräumt wäre; wo immer von liebevoller Hand gepflegte Blumen die Fenster schmücken, da wird man nur selten nach einem Rosenstock vergeblich Umschau halten, und wo bei^Ereignissen ernster und heiterer Natur Blumen Verwendung finden, da fehlt auch die Rosenblüte nicht. Nach der Sage ist die Rose ursprünglich weiß gewesen, und sie hat dann vom Blute der Venus oder des Eros, die sich an ihren Dornen geritzt hatten, die rote Farbe bekommen. Die Rose ist das Symbol des Rätselhaften und Geheimnisvollen, deshalb malte man ; in alten Beichtstühlen, Ratssälen und Weinstuben ! — wir erinnern an den Ratskeller — eine Rose an die Decke, zur Mahnung, daß jedes Wort sub rosa gesprochen sei und nicht weiter (erzählt werden dürfe. Nach einem alten Mythus war die Rose schon im Altertum dem Gotte der Verschwiegenheit geweiht, und bei uns ist die rote Rose das sinnigste Symbol der Liebe.
(Die Schreibmaschine eine alte Erfindung.) Man pflegt allgemein anzunehmen, daß die Schreibmaschine eine Erfindung der Neuzeit ist. Daß dem nicht so ist, beweist eine Urkunde in dem Archiv des englischen Patentamtes aus dem Jahre 1713, in der, wie uns das Internationale Patentbureau Karl Fr. Reichelt, Berlin kM. 6, mitteilt, ein Patent auf einen solchen Apparat nachgesucht wird. Genau 100 Jahre später kam j die Firma Bain und Wright um ein ähnliches Patent ein. Auf Grund ihres Systems konstruierte ein gewisser Thurber dann eine wesentlich verbesserte Schreibmaschine. Im Jahre 1851 nahm ein Franzose, Namens Foucall, ein Patent auf einen schon sehr vollkommenen Schreibapparat, der auf der Ausstellung in London großes Aufsehen erregt hat.
(Wirkung der Ammenmärchen.) Lehrer: „Weshalb bist Du denn gestern aus der Schule geblieben, Fritzchen?" — Fritzchen: „Der Storch hat uns 16 kleine Ferkel gebracht!"
(Deutlich.) Karlchen (mit seinem Schwesterchen beim Großvater gratulieren): „Lieber Großpapa, wir wünschen dir auch viel Glück zum Geburtstag, und Mama hat gesagt, wenn du uns einen Thaler schenkst, sollen wir ihn ja nicht verlieren!"
(Doch etwas.) Dame: „Haben Sie schon einmal ein Duell gehabt, Herr v. Fiferl?" — Herr: „Nein, — aber eine Ohrfeige habe ich schon einmal bekommen!"
(Der Bergfex.) „... Dieses Gebirge, mein Herr, kennen Sie wohl ganz genau?" — „Na, und ob! Da giebts keinen Abgrund, in dem ich nicht schon gelegen bin!"
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.