liche Niederschläge der jüngsten Tage ungünstig auf die Wintersaaten wirkten, lauten die Nach­richten nicht so gut. In einigen Provinzen Spaniens gilt die Ernte so gut wie verloren, in andern haben sich die Ernte-Aussichten ge­bessert. Aus den Dürr-Gebieten Rumäniens und des südlichen Rußlands laufen zumeist widersprechende Nachrichten ein, aus denen so viel erhellt, daß die Niederschläge nicht reichlich genug oder aber zu spät gekommen sind.

Württemberg.

Stuttgart, 16. Juni. (56. Sitzung der Kammer der Abgeordneten.) T.-O.: Fortsetzung des Volksschulgesetzes. Am Regierungstisch: Min. v. Sarwey, Ministerialrat v. Habermaas. Präsident Payer eröffnet die Sitzung um 9^/4 Uhr. Berichterstatter Prälat v. Sandberger referiert über Art. 7, der debattelos genehmigt wird. Art. 8 handelt von der Gehaltsregulierung der unständigen Lehrer. Der Berichterstatter und Nußbaumer treten für den Kommissions- antrag ein, ebenso Mayser, Sachs, Eggmann und Rembold. Der Art. wird genehmigt, ebenso Art. 9 debattelos. Art. tO regelt die Pensionsverhältnisse. Abg. Schmidt-Maulbronn und Genossen beantragen, die Mindestpension auf 300 festzusetzen. Dr. Kiene regt eine Besserstellung der Lehrerpensionäre durch Ge­währung von Zulagen an, daß diese, die den ganzen Kampf um die Besserstellung mitgemacht haben, sich auf 10001200 stellen. Dies

würde nur ein Mehr von 8000 ausmachen. Abg. Schmidt begründet seinen Antrag. Nach dem Entwurf und dem Kommissionsantrag wären die jüngeren und mittleren Witwen schwer ge­schädigt, wie Redner an Zahlen nachweist. Man möge das den Lehrern gegenüber gezeigte Wohl­wollen auch auf die Witwen ausdehnen. Min. v. Sarwey: Der Entwurf entspreche vollständig früher ausgesprochenen Wünschen; die nachteilige Wirkung der Anwendung des Beamtengesetzes verkenne er nicht, v. Sandberger bittet, den Kommissionsantrag anzunehmen. Abg. Sachs tritt für den Antrag Schmidt ein, ebenso Abg. v. Geß, Eggmann und Schrempf; der An­trag entspreche der Gerechtigkeit gegenüber den jungen Witwen. Nußbaumer befürwortet im Interesse der älteren Witwen den Kommissions- Antrag, dagegen Rembold den Antrag Schmidt. Bei der Abstimmung wird der Antrag Schmidt angenommen und im übrigen die Kommissions­anträge. Damit ist der 1. Teil erledigt. Wegen Erkrankung des Berichterstatters zum II. Ab­schnitt, Domkapitular Stiegele, wird in die Be­ratung des II. Abschnitts, Rechtsverhältnisse der Lehrerinnen, eingetreten. Berichterstatter ist wiederum Prälat v. Sandberger.

Stuttgart, 16. Juni. Nach dem bis­herigen Geschäftsgang in der Abg. Kammer läßt sich annehmen, daß die Arbeiten der Kammer, soweit sie in dieser Tagung erledigt werden sollen, in der Zeit zwischen dem 8. und 15. Juli zu Ende geführt werden. Die Vertagung der Kammer ist also im Laufe der zweiten Woche des Juli zu erwarten. (S. M.)

Brenz-Feier. Seitens der Knltministerial- abteilung für Gelehrten und Realschulen ist laut St.-Anz. eine ähnliche Verfügung bezüglich der Abhaltung von Brenz-Feiern ergangen, wie sie vom K. Konsistorium für die evangelischen Volks­schulen angeordnet wurde, und zwar mit der Maßgabe, daß die Feier in den überwiegend von evangelischen Schülern besuchten Lehranstalten abgehalten werden soll, daß aber die Schüler, welche nicht zur evangelischen Kirche gehören, in keiner Weise zur Teilnahme herangezogen werden dürfen. Die Anordnung ist im Hinblick auf die Bedeutung erlassen, welche Brenz für das gelehrte Schulwesen Württembergs wie für die Reformation gehabt hat.

Stuttgart. Da mit der Einführung des einjährigen Militärdienstes der Volksschullehrer vom Jahre 1900 an für den Schuldienst an Lehramtskandidaten eine Jahresklasfe weniger als bisher zur Verfügung stehen wird, ist, um dadurch entstehenden Mangel an Lehrkräften zu decken, in den letzten Jahren in die evangelischen

Präparandenanstalten eine größere Anzahl von Präparanden ausgenommen worden als bisher. Diese treten nun in die Seminare über, weshalb in sämtlichen vier evangelischen Seminarien in der nächsten Etatsperiode, wie wir dem Kultetat entnehmen, eine höhere Zahl von Seminaristen Aufnahme findet und dementsprechend auch die Zahl der Stipendien vermehrt wird. Für die katholischen Seminarien ist nach dem Stand der zur Verfügung stehenden Kandidaten für die nächsten Jahre eine Vermehrung der Zöglinge nicht erforderlich.

Stuttgart. Rosenausstellung. Die Rosenausstellung des Vereins deutscher Rosen­freunde, die vom 16. bis 18. Juni im Konzert­saal der Liederhalle stattfindet, wurde heute vor­mittag ohne besondere Feierlichkeit eröffnet. Von den 14 Rosenzüchtern, welche die Ausstellung beschickt haben, wurden etwa 1500 Sorten in ungefähr 8000 Blumen zur Schau gestellt. Die Blüten, die meist mit den heutigen Nachtzügen ankamen, gewähren in der Fülle ihrer Formen, dem frischen ungetrübten Schmelze ihrer Farben ein prächtiges Bild. Dazu kommt noch der unvergleichliche Duft, der bei aller schwellenden Süße doch nichts Aufdringliches hat. Das Interesse für die Ausstellung erwies sich schon bei Eröffnung äußerst lebhaft, denn der Besuch war sehr stark.

Bonder hohenzollernschen Grenze, 14. Juni. Gegen den Hausierhandel mit Geflügel bricht sich eine Agitation Bahn, um das Feilbieten von Hühnern ohne gesundheits­polizeiliche Erlaubnis zu verhüten. In Gammer­dingen wurde erwiesen, daß die Hühnercholera durch fahrende Geflügelhändler eingeschleppt wurde.

Laupheim, 16. Juni. Vorgestern ver­unglückten drei Kinder dadurch, daß sie ungelöschten Kalk in eine Flasche thaten, Wasser dazu goßen und die Flasche zupropften. Die Flasche zer­sprang und verletzte die Kinder im Gesicht. Eines derselben dürfte das Augenlicht verlieren.

Vom Allgäu, 16. Juni. Bei der Frank­furter Viehausstellung kamen insgesamt an Preisen 2370 Mark zur Verteilung ins Allgäu.

Ausland

Bezügl. der Arbeiten der Friedens- und Abrüstungskonferenz im Haag werden trotz der beschlossenen Geheimhaltung immer wieder von einzelnen Mitgliedern recht einseitige Darstellungen an Zeitungsreporter gegeben, weshalb die deutschen Delegierten eine amtliche Veröffentlichung der Sitzungsprotokolle bean­tragten. Die Mehrheit war aber gegen diesen deutschen Antrag und nun bleibt der deutschen Regierung nichts anderes übrig, als immer wieder etwaigen falschen Darstellungen die wahre Thatsache entgegenzustellen. Hienach ist Deutsch­land mit der englischerseits vorgeschlagenen Errichtung eines ständigen Schiedsgerichts so lange nicht einverstanden, als nicht Garantien für die völlige Unparteilichkeit desselben gegeben werden. Deutschland, so erklärt eine offiziöse Mitteilung, halte vorerst die ganze Aufstellung eines Schiedsgerichts von Fall zu Fall für zweckentsprechender. Bereits wird auch angekündigt, daß die deutschen Delegierten sich um die beschlossene Geheimhaltung künftig auch nicht kümmern, wenn sie von anderer Seite nicht ein­gehalten werde. Mit der von den Amerikanern beantragten völligen Unantastbarkeit fremden Eigentums zur See während eines Kriegs sind die Franzosen nicht einverstanden, da sie bei einem etwaigen Krieg mit England diesbezgl. sich nicht die Hände binden lassen wollen.

Ziemlich unerquicklich lauten die neueren Meldungen über die Haager Friedens­konferenz. Von englischer Seite werden aller­hand Quertreibereien inszeniert, um Deutschland als einen übelwollenden Konferenzteilnehmer namentlich in der Schiedsgerichtsfrage hinzu­stellen ; zwar ist diesen lügnerischen Verdrehungen von Berliner offiziöser Seite aus alsbald ener­gisch entgegengetreten worden, aber wahrscheinlich wird die englische Mißgunst gegen Deutschland nun an irgend einem andern Punkte des Kon-

ferenz-Programmes einsetzen. Auch sonst nehmen sich die Nachrichten über den Fortgang dxz Konferenz-Werkes nicht befriedigend aus es wird Wohl dabei bleiben, daß dasselbe in' der Hauptsache scheitert.

Auf der Insel Kreta wandern die Muhamedaner massenhaft aus; auch die vermög- lichen Muhamedaner warten nur auf eine günstige Gelegenheit zum Verkauf ihres Besitztums, um gleichfalls wegzuziehen. Der Generalgouverneur Prinz Georg von Griechenland giebt den Muhamedanern die schönsten Wörtchen, damit sie doch da bleiben möchten, aber vergeblich. Wenn aber gerade die Muhamedaner, welche die einzigen fleißigen Menschen auf jener Insel sind, so bleiben nur noch die eigentlichen Kreter übrig, welche Apostel Paulus als Lügner und faule Bäuche bezeichnet hat. Prinz Georg sucht nun fremde Einwanderer au die Stelle der ab­ziehenden Muhamedaner zu setzen, aber wer nicht Leben und Eigentum gleichzeitig riskieren will, mag sich hüten, in Kreta sich anzukaufen.

Auf den Philippinen hat ein neues, blutiges Gefecht zwischen den Amerikanern und - den Tagalen stattgefunden; elftere verloren hier- ! bei nach einer die gewöhnliche Zuversicht auf- ! weisenden Depesche General Otis' 10 Tote und ! 20 Verwundete, die Verluste der Tagalen sollen weit schwerer gewesen sein.

Charade.

Vor'm Ersten beuget sich die Welt,

Das Andre führt durch Wald und Feld.

Das Ganze hat, in dunkler Nacht,

Schon manchem Feigen bang gemacht. ^

Mutmaßliches Wetter am 18. und 19. Juni.

(Nachdruck verboten.)

Während über Großbritanien der Hochdruck von 765 nun standhält, hat er einen Teil mit gleichem Barometerstand nach Mittelskandinavim vorgeschoben, weshalb nun auch in ganz Mittel­europa mit Ausnahme der Ostschweiz, Tyrol, Steiermark und Istrien das Barometer über Mittel gestiegen ist. Ueber den südlichen Teilen von Russisch-Polen liegt noch eine sehr schwache Depression von wenig unter Mittel, eine gleiche Depression aber auch über Südostfrankreich, ganz Italien und den südwestlichen Teilen von Deutsch- Oesterreich. Für Sonntag und Montag sind wenig oder keine Niederschläge und dabei auch zeitweilige Aufheiterung in Aussicht zu nehmen,

Telegramme.

Stettin, 16. Juni. Bei Züllichotv ereignete sich ein Schiffsunglück. Die beiden etwa 100 Fuß langen DampferBlücher" und Poelitz" stießen zusammen. Der von Stettin kommendeBlücher" war im Begriff fortzufahren und derPoelitz", von der Stadt gleichen Namens kommend, im Begriffe anzulegen. Durch falsches Manövrieren des letzteren rannte sein Steven mitten in denBlücher" ein und dieser sank nach einigen Minuten. Auf dem Schiffe befanden sich hauptsächlich Kinder aus den um­liegenden Ortschaften, welche, aus den Schulen von Stettin znrückkehrend, diesen Dampfer zur Heimfahrt benutzten. Von dem gesunkenen Schiff, welches 7 Meter tief liegt, ragt nur ein Mast mehrere Fuß über Wasser hervor. Leichen wurden bisher trotz aller Mühe nicht geborgen. Doch werden die Bergungsarbeiten fortgesetzt. Es werden alle Anstalten getroffen, das Fahr­zeug zu heben, um dann die im Raum befind­lichen Leichen (man spricht von über 30) bergen zu können.

Paris, 16. Juni. Poincarä setzt heute die Verhandlungen über Zusammensetzung des Kabinets fort. Die Radikalen erhoben fast ein­stimmig Widerspruch gegen den Eintritt Ribots ins Kabinet wegen dessen Haltung in der Kammerverhandlung über die Maßregelung Merciers. Poincarö gab den Auftrag der Kabinetsbildung in die Hände des Präsidenten zurück.

Mit einer Beilage

Redaktion, Drr-ck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.