Schweiz und in Schweden zum Vergleich heran und kommt zu dem Endurteil, daß im Durch­schnitt mit der fortschreitenden Verbilligung auch die Ausbreitung dieses Verkehrsmittels gleichen Schritt hält.

Altensteig, 25. Mai. Auf dem heutigen Jahrmarkt entwickelte sich reges Geschäftsleben. Die Zufuhr an Vieh war zwar gegenüber sonst­igen Jahrmärkten mäßig in Mastvieh. Zugvieh, Kühe, Kalbeln und junge Tiere waren besonders auch von Händlern zahlreich auf den Platz ge­bracht. Der Handel ging anfangs flau, später sehr lebhaft bei steigenden Preisen. Das zahl­reich am Platze aufgestellte Händlervieh wurde zu guten Preisen abgesetzt. Für Mastvieh waren nur wenig ausländische Händler zugegen. Ueber- führt war der Schweinemarkt mit Läufern, die demgemäß auch nicht alle abgesetzt wurden. Die Preise bewegten sich pro Paar zwischen 4070 Mark. Milchschweine waren weniger zugeführt und wurden rasch verkauft, das Paar zu 24 bis 35 c/M Der Krämermarkt gestaltete sich be­sonders nachmittags noch recht zufriedenstellend.

Deutsches Beich.

Kassel, 27. Mai. Der Kaiser hatte zu dem Essen, das nach dem Gesangwettstreit stattfand, die Preisrichter und den Musikaus­schuß geladen. Beim Empfang hielt der Kaiser eine Ansprache, in der er seine Genugthuung über die gebotenen Leistungen, namentlich über volkstümlichen Zug des Männergesangs aussprach. Den Preisrichtern verehrte der Kaiser sein Bildnis mit eigenhändiger Unterschrift.

Die Mitteilung über den Gesangwettstreit in Kassel ist insofern unvollständig, als darin als zugelaffen zum engeren Preissingen die Liederhalle Karlsruhe" nicht genannt ist. Außer dem Kölner Männergesangverein, welcher den Ehrenpreis des Kaisers, eine goldene Kette im Werte von 18000 ^ erhielt, wurden noch 7, nicht wie mitgeteilt, 6 Vereine mit Preisen be­dacht, darunter außer den schon in letzter Nr. genannten, dieLiederhalle Karlsruhe."

Dem preußischen Abgeordneten­hause ist während der parlamentarischen Pfingst- pause neben der Wahlreformvorlage auch ein Nachtragsetat zugegangen, der zur Bestreit­ung verschiedener dringlicher Ausgaben dienen soll. Seit dem Amtsantritt des jetzigen Finanz­ministers Dr. v. Miguel ist dem preußischen Landtage überhaupt noch kein Nachtragsetat zugegangen, die jetzige Nachforderung zum laufenden Etat bildet demnach die erste Vorlage dieser Art unter dem Regime des Herrn v. Miguel. Daß man in Preußen so selten genötigt ist, zum Auskunftsmittel eines Nachtrags­etats zu greifen, liegt daran, daß in dem führenden Bundesstaate die Quellen, aus denen für nachträglich hervortretende Bedürfnisse die nötige Deckung bestritten werden könnte, im Gegensatz zum Reiche fehlen. Matrikularumlagen giebt es selbstverständlich nicht, etwaige Ueber- fchüsse aber müssen laut Gesetz im vollen Be­trage zur Schuldentilgung verwendet werden, die Aufstellung eines Nachtragsetats läßt sich in Preußen daher immer nur durch besondere Umstände ermöglichen, bei dem jetzigen ist es dadurch geschehen, daß die im Etat der Staats­schuldenverwaltung vorgesehene ursprüngliche Forderung von 500000 ^ für Schatz-An­weisungen auf 100000 herabgesetzt werden konnte, so daß 400000 für andere Zwecke verfügbar geworden sind.

Das wachsende Interesse im deutschen Volke an unserer maritimen Entwicklung, wie es sich in so erfreulicher Weise in dem fast überraschend schnellen Gedeihen des Flottenvereins bekundet, hat eine neue Bethätigung in der Begründung einerSchiffbautechnischen Gesellschaft" gefunden, die sich in Berlin nach dem Vorbilde der englischenInstitution of Naval Architekts" gebildet hat. Ehren-Vorsitzender ist der Erb­großherzog von Oldenburg. In den deutschen Marine-Schiffsbau- und Rhedereikreisen wird die Errichtung derSchiffsbautechnischen Gesell­schaft" mit großer Befriedigung begrüßt werden. Sie ist nicht nur ein neues Zeichen des wachsen­den Interesses an Deutschlands Entwicklung zur

See, sondern auch zugleich der Ausdruck des Entschlusses, auf dem Gebiete der Schiffsbau­technik hinter dem Auslande und namentlich hinter dem rühmlichen englischen Vorbilde nicht zurückstehen zu wollen. Wir zweifeln nicht, daß sich die deutsche Gesellschaft denselben angesehenen und ehrenvollen Rang erringen wird, den sich die englische in den Fachkreisen aller Nationen erworben hat.

Anläßlich einer vor Kurzem in Hannover ab gehaltenen Konferenz zur Beratung handels­gewerblicher Fragen zollt das russische Organ des Departements für Handel und Industrie den Fortschritten von Deutschlands Handel und Industrie die höchste Anerkennung. Das Blatt führt aus, daß selbst die Konkurrenten Deutschlands dessen erste Stellung auf industriellem Gebiete anerkennen, und schreibt die Erfolge Deutschlands in erster Reihe dem hohen Stande der allgemeinen Bildung und dem Zusammen­gehen von Wissenschaft und Praxis zu. In den Beschlüssen der hannoverschen Konferenz erblickt das Blatt einen Beweis für die Höhe der deut­schen Kultur. Deutschland erfreue sich nicht thatenlos seiner Erfolge, sondern sei auch be­müht, die errungene Stellung zu behaupten und werde hierzu zweifellos die wirksamsten Mittel anwenden.

Württemberg.

Stuttgart, 29. Mai. Die Kammer der Abgeordneten erledigte in ihrer Sams­tags-Sitzung vollends den Etat des Ministeriums des Innern. Die Debatte über die Zentralstelle für Gewerbe und Handel nahm noch längere Zeit in Anspruch. Das Zentrum hatte zwei Anträge eingebracht; der eine verlangt Maßregeln gegen die vorzeitige und übermäßige Ausnützung schulpflichtiger Kinder, der andere Arbeits­bestimmungen für die Hausindustrie. Beide Anträge fanden Unterstützung seitens verschiedener Redner; andere Wünsche bezogen sich auf die Anstellung weiterer weiblicher Assistenten bei der Gewerbe-Inspektion, die Vermehrung der Jnspektionskräfte u. s. w. Minister v. Pischek trat den Zentrums-Anträgen entgegen, bemerkte jedoch hinsichtlich der Gewerbe-Inspektion, daß es sich bei der Anstellung eines weiblichen Assistenten zunächst nur um einen Versuch handle. Durchaus befriedigende Erfahrungen habe man übrigens, wie der Minister zugab, mit den weiblichen Vertrauenspersonen gemacht. Schließlich wurden beide Zentrums-Anträge mit großer Mehrheit angenommen und damit auch, da die übrigen Titel keinen Anlaß zu Debatten mehr gaben, das ganze Kapitel 38. Zu Kapitel 40, Straßenbauverwaltung, wurde ein Antrag Sachs und Genossen angenommen, der der Regierung die Bereitwilligkeit ausspricht, einer für die Förderung des Straßenbahnwesens einzubringenden außerordentlichen Existenz zu­zustimmen. Bei Kapitel 42, Flußbaufonds, wurden manche Wünsche betreffs der Donau- und Jllerkorrektion vorgebracht, denen Baudirektor v. Euting im Namen der Regierung Berück­sichtigung zusagte. Der Abg. Tag brachte die Frage der Aufhebung der Flößerei auf dem Neckar zur Sprache. Minister Pischek erklärte darauf: Die Aufhebung der Flößerei auf dem Neckar sei abhängig von der vorherigen Her­stellung der Straße bei Neckarhausen über den Neckar. Der Vertrag zwischen Württemberg und Preußen habe den preußischen Landtag kürzlich beschäftigt und derselbe sei dort genehmigt worden. Sobald die Straße bei Neckarhausen hergestellt sei, werde die Beseitigung der Flößereieinricht­ungen auf dem Neckar bewerkstelligt werden. Bei Kapitel 42, Flußbaufonds, Titel 2 Unter­haltung der Floßstraßen, sprach der Abgeordnete Haffner-Calw der Regierung den Dank dafür aus, daß sie eingehende Untersuchungen über die Flößerei auf der Nagold habe anstellen lassen. Diese haben den überzeugenden Beweis geliefert, welch geringen volkswirtschaftlichen Wert die Flößerei gegenwärtig noch habe. Der Redner verliest einzelne Stellen aus dem Ver­waltungsbericht über die Flößerei. Dieser Bericht enthalte ein so vernichtendes Urteil über dieselbe, daß man sich wundern müsse, wenn sie

heute überhaupt noch bestehe. Ein Floß kostet den Staat 396 an Unterhaltungskosten Wenn die Flößer die Wasserstraßen zu unter­halten hätten, würde die Flößerei mit einem Schlag beseitigt sein. Die Flößerei werde jetzt noch betrieben von Altensteig bis Pforzheim und zwar an Stellen, an denen die Eisenbahn nebenherlaufe. Das sei doch verkehrt. Ez werde begründet sein, wenn eine Verfügung getroffen würde, daß von da an, wo das Holz ebensogut auf der Bahn befördert werden könnte die Flößerei aufgehoben werde. v. Lutz führte aus: Ein großer Kreis von Interessenten sei anderer Ansicht als der Vorredner über den volkswirtschaftlichen Nutzen der Flößerei. Man dürfe nur schrittweise mit der Aufhebung der Flößerei Vorgehen; von diesem Gesichtspunkt aus könne man an eine Aufhebung der Flößerei auf der Nagold noch nicht denken. Der Titel 2 wurde hierauf ohne weitere Erörterung bewilligt. Die nächste Sitzung findet erst wieder am 6. Juni statt, da die laufende Woche mit Kommissionsberatungen ausgefüllt wird.

Stuttgart, 27. Mai. Nach kurzem Kranksein ist am Samstag der ehemalige Präsident der zweiten Kammer, Staatsrat a. D. Karl v. Hohl, im Alter von 74 Jahren hier ver­schieden. Im Landtag vertrat er seit 1872 den Wahlkreis Geislingen, wo er früher als Ober­amtsrichter thätig gewesen war. Seine hervor­ragende Befähigung, die er sowohl bei Kom­missionsberatungen wie in den Plenarsitzungen erwies, sicherte ihm bald eine einflußreiche Stellung in der Abgeordnetenkammer. Im Jahr 1877 wurde er in den engeren ständischen Ausschuß und 1880 als Vizepräsident berufen. Zwei Jahre später als der bisherige Kammerpräsident v. Holder an die Spitze des Ministeriums des Innern berufen worden war, erfolgte seine Wahl zum Präsidenten der Kammer, und als solcher waltete er mit Unparteilichkeit und Geschick seines Amtes bis 1895, in welchem Jahre die durch die Neuwahlen erstarkte und in die leitende Stellung vorgerückte Volkspartei den Präsidenten- sitz für sich in Anspruch nahm. Stuttgart war dem Verewigten schon seit Ende der 60er Jahre beruflich zum Wirkungsort geworden; zuletzt bekleidete er hier die Stelle eines Landgerichts­direktors. Mit dem Ausscheiden aus dem Amte des Kammerpräsidenten trat Hohl auch aus dem K. Justizdienste in den Ruhestand über, den er hier verlebte.

Heilbronn, 30. Mai. Ein schändlicher Mord wurde gestern Abend in der Nähe des benachbarten Ortes Großgartach verübt. Das 24jährige Mädchen, die Tochter des Hauptlehrers Gilbert aus Schlüchtern, wollte von dort nach Großgartach, um mit dem Zug nach Heilbronn zu fahren. Ca. 100 Schritte von Großgartach wurde sie von einem Burschen überfallen und ihr ein Stich in den Hals beigebracht, der tät­lich war. Der Bursche ist ein Stromer aus Niederbayern. Seine Festnahme erfolgte an Ort > und Stelle, als auf das Geschrei mehrerer Frauen einige Männer herbeieilten.

Eßlingen, 28. Mai. Schullehrer a. D. Herrigel (gebürtig aus Neuenbürg) und seine Frau Marie geb. Gänßlen feierten heute das Fest der goldenen Hochzeit. Der Jubilar ist 75, seine Frau 74 Jahre alt; beide sind noch rüstig und gesund. Die kirchliche Feier, die Stadtpfarrer Planck vornahm, wurde mit Orgel­spiel und Choralgesang eröffnet und ge­schlossen. An der Feier nahmen die 6 Kinder des greisen Ehepaars, von denen 5 verheiratet sind, mit ihren Ehegatten, mit 13 Enkeln teil. Der kirchlichen Feier folgte ein Festmahl m ! Gasth. z. Krone. H. erfreut sich hier allgemeiner > Beliebtheit. (S. M) !

Von der Tauber, 30. Mai. Einen

seltenen Fund machte bei einer Renovation seines !

Hauses ein Bürger in Weikersheim. Beim !

Oeffnen seines Stubenbodens entdeckte er ca.

60 Stück Kronenthaler, welche gut verborgen waren. Demselben wurden bereits 4 für jedes Stück geboten.

Fortsetzung in der Beilage.

Redaltion, Druck und Berlag von C. Merh in Neuenbürg.