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Anteryattender Heit.
Um den Kopf!
Kriminalroman von Georg Höcker.
(Fortsetzung.'»
Das Haus wurde immer noch von einer neugierigen Menge umlagert; diese hatte sich angesichts des vor dem Gebäude haltenden polizeilichen Leichenwagens womöglich noch verdoppelt.
Wachtel hielt sich unten nicht auf; hastig trat er in's Haus ein und stieg die vier Treppen hinauf. In der Wohnung des Ermordeten wurde dieser gerade eingesargt, um alsdann nach dem Leichenschauhaus gebracht zu werden.
Der Kommissar kümmerte sich nicht um die Beamten; er erwiederte flüchtig deren Gruß und eilte dann sofort auf den Tisch zu. Richtig! die Tintenflasche stand noch da und daneben lag der verrostete Federnhalter. Geschwind ließ sich der Kommissar nieder und probierte die Tinte. Er konnte es nicht erwarten, bis die Schriftzüge eiugetrocknet waren. Ungeduldig scharrte er mit dem Fuße. Endlich war die Tinte trocken; Wachtel zog den Check aus der Tasche und verglich. Es war kein Zweifel möglich, der Check war mittelst derselben Tinte und mit derselben Stahlfeder ausgefüllt worden. Die Feder war an der einen Spitzenhälfte etwas verbogen und kratzte deshalb beim Schreiben. Dieselben winzigen Tintenspritzen, welche in gleichem Abstand von der Schriftzeile auf dem Check hervortraten, nahm der Kommissar auch bei den von ihm selbst geschriebenen Worten wahr.
Gedankenvoll steckte Wachtel den Check wieder ein und befahl einem Schutzmann, Tintenflasche und Feder in sorgsame Verwahrung zu nehmen.
Dann begrüßte er den eben hereintretenden Polizeileutnant; dieser hatte mit mehreren Unterbeamten die ganze Wohnung des Ermordeten durchgestöbert, aber nicht ein einziges Schriftstück, geschweige ein Dokument aufzufinden vermocht, aus welchem die Personalien desselben festzustellen wären.
Der Kommissar überlegte; dieser Umstand schien für Arthurs Schuld zu sprechen; hatte dieser doch Papiere im Ofen seiner Schlafstube verbrannt. Aber was wollte diese Vermutung angesichts des Umstandes bedeuten, daß jetzt schon so gut wie erwiesen war, daß der Check von Arthur in der Wohnung des Ermordeten geschrieben und dem letzteren zweifellos eingehändigt worden war. Wofür? das war ja eben das Geheimnis und es war keine Hoffnung vorhanden, etwa durch Andeutungen Arthurs dasselbe zu lichten; hatte dieser doch vorgezogen sich der schlimmsten Strafthat anzuklagen, vermutlich doch nur, um die in diesem Zimmer gepflogenen Abmachungen ewig Geheimnis bleiben zu lassen!
Hatte aber Franz Wilser den Check bekommen, dann konnte nur der Mörder ihn seinem Opfer entrissen haben. Solchenfalls war der Mörder im Vorzeiger des Checks zu suchen!
Wachtel fiel es ein, daß Frau Schmidt von einem Freunde gesprochen, der Wilser manchmal besucht habe. Die von dessen Aeußern gemachte Beschreibung stimmte mit dem Signalement des Checkvorzeigers auffällig überein.
Sofort erteilte der Kommissar einem Schutzmann den Befehl, Frau Schmidt heraufzurufen. Er selbst trat inzwischen mit einem Leuchter in die Nebenkammer, um selbst noch mal nachzuforschen, ob sich nicht eine Spur auffinden ließ, welche auf die Anwesenheit einer dritten Person in der Wohnung während des gestrigen Abends schließen ließ.
Es war indessen nichts zu entdecken; während des Suchens fiel der Blick des Kommissars auf den noch immer auf der Diele liegenden Hundekadaver.
Es war ein mächtiges Tier zu Lebzeiten gewesen, das eine gewaltige Kraft bemessen haben mußte. Einem Mörder, in welchem das Tier von vornherein den feindlichen Bedränger erblickt, konnte es nur nach heißem Kampfe möglich geworden sein, den riesigen Neufundländer zu be
zwingen. Aber nichts in der Kammer deutete auf irgend welchen stattgehabten Kampf. Der Tod des Hundes war Plötzlich erfolgt; es hatte ganz den Anschein, als ob sich das Tier vertrauensvoll an den ruhig sitzenden Mörder geschmiegt, als ob dieser wie liebkosend mit der einen Hand nach der Kehle des arglosen Tieres sondernd getastet und dann mit einem energischen Schnitte das Tier im Bruchteile einer Sekunde getötet hatte.
Der Eintritt Frau Schmidt's unterbrach den Komissar in seinen Erwägungen. Das sofort mit der Vizewirtin angestellte Verhör brachte indessen nur ein geringfügiges Ergebnis.
Nochmals beschrieb Frau Schmidt auf das Genaueste die Person des hin und wieder zu dem Ermordeten gekommenen Freundes; es blieb dabei, dessen Identität mit dem Checkvorzeiger war sehr wahrscheinlich. Aber weder Frau Schmidt noch andere herbeigernfene Hausbewohnerinnen wußten zu bekunden, ob Schmidt in der Wohnung Wilsers am gestrigen Tage gewesen war. Niemand hatte ihn ein- noch ausgehen sehen.
Dagegen waren alle Frauen einig in der Beurteilung des getöteten Hundes; sie erklärten, daß Hektar die bissigste und tückischste Bestie gewesen sei, die sich nur denken läßt. Sein Herr habe ihn, sobald sich ein Fremder gezeigt, beim Halsband festhalten müssen, sonst hätte er es schwerlich verhindern können, daß das auf den Mann abgerichtete Tier sich nicht auf den Fremden gestürzt und diesen mit seinem greulichen Gebiß zerfleischt hätte.
„So ist es also nicht denkbar, daß der Hund sich ohne Kampf von einem Fremden hätte töten lassen?" frug der Kommissar.
Die Frauen verneinten eifrig.
Dem Kommissar schoß ein Gedanke durch den Kopf, welchem er sofort Ausdruck verlieh. „Jener Freund Wilsers wagte sich dem Hunde vermutlich nicht zu nähern?" frug er wie beiläufig.
Die Frauen sahen sich unter einander an.
„Ich glaube, dem that er nichts," meinte die Vizewirtin endlich. „Er hat den Hund sogar 'mal gestreichelt, als er mit Herrn Wilser zusammen fortging."
„Das durften Sie sich nicht erlauben?"
„Bewahre, die Bestie ließ einen gar nicht an sich heran — das war gleich ein Geknurre, daß Einem ganz Angst und Bange dabei wurde!"
„Wo aß Wilser eigentlich zu Mittag?" forschte Wachtel weiter.
„Das hielt er unterschiedlich," meinte Frau Schmidt. „Manchmal mußte ich ihm kochen, zuweilen ging er auch zu Fiebig's, die kleine Kneipe schräg gegenüber — aber nicht oft. Wenn er mal fort ging, dann begab er sich gleich in die Stadt und dann nahm er auch den Hund inimer mit >— er mußte ihn an einer Leine führen, denn die Bestie war trotz des Vißkorbes zu gefährlich."
Nach kurzem Besinnen beschloß der Kommissar sich in die Speisewirtschaft zu begeben. Aber man konnte ihm dort auf seine Fragen keinerlei Auskunft geben. Wilser war einigemal dort gewesen, das erste Mal hatte er seinen Hund mitgebracht, der hatte sich aber so unmanierlich gegen die Gäste betragen, daß ihm der Wirt das Mitbringen des Tieres für die Zukunft untersagt hatte. Dann war Wilser noch eiuigemal allein gekommen, hatte eine bescheidene Mahlzeit verzehrt und sich Küchenabfälle für seinen Hund mitgeben lassen. Einmal hatte auch ein jüngerer, bartloser, rothaariger Mensch für ihn in einem Napfe Essen geholt. Zusammen mit dem Unbekannten aber war Wilser nicht in der Wirtschaft gewesen.
Mißmutig wollte sich der Kommissar schon zum Gehen wenden, als die Aufwärterin ihn zurückhielt.
Als der Herr das letzte Mal hier war, schimpfte er über das Esten — die Portionen seien zu klein — da bekäme er doppelt so viel für sein Geld im Frauenhof, meinte er — ich sagte ihm, da möchte er nur immer dorthin gehen — und seitdem kam er nicht mehr zu uns, berichtete die Kellnerin.
Wachtel empfahl sich; der Frauenhof p,« eine ziemlich gewöhnliche aber äußerst lebhaft besuchte Kneipe im Herzen der Altstadt. Die Küche war weniger wegen ihrer feinschmeckerischen Leistungen als wegen der außergewöhnlich großen Portionen, die dort zu billigen Preisen verabreicht wurden, stadtbekannt. Es schien von vornherein eine hoffnungslose Sache zu sein, dort nach dem Aufenthalte Wilsers und seines Freundes Erkundigungen einzuziehen; das Personal im Frauenhof wechselte der anstrengenden Beschäftigung halber sehr häufig, außerdem war es mehr als fraglich, ob man bei den Tausenden von Gästen, die tagtäglich im Frauenhof verkehrten gerade ein besonderes Augenmerk auf den nunmehr Ermordeten, der zudem nur sehr unregelmäßig dort verkehrt haben konnte, gehabt hatte Indessen beschloß der Kommissar doch, Er- ! kundigungen unter der Hand im Frauenhaft j anzustellen; vorläufig hatte er indessen Dring- - sicheres zu thun. Zuerst wollte er seine Schritte nach dem Justizpalaste richten und dort anfragen, ob es dem Untersuchungsrichter bei dem jedenfalls sofort mit dem Verhafteten angestellten Verhör gelungen war, irgend eine belangreiche Aeußernng aus dem jungen Rechtsanwalt herauszuholen.
(Fortsetzung folgt.)
Mädchenverkauf nach Brasilien Fast jeder Tag bringt neue Notizen über den Mädchenhandel, der namentlich aus den Gebieten der österreich-ungarischen Kronländern nach Südamerika im Schwünge ist. Welch schreckliches Leben der armen überredeten Mädchen drüben in der neuen Welt harrt, zeigen Aufzeichnungen eines derartigen Opfers, die zufälliger Weise in die Spalten einer nordamerikanischen Zeitung gelangt sind. Schon auf dem Schiffe werden sich die Meisten ihrer schrecklichen Lage klar; viele suchen und finden den Tod in den Wellen, andere suchen sobald sie an Land sind, zu entkommen. Die große Mehrzahl aber läßt sich leider von ihrem Unglück Protestlos übermannen, unterschreibt auf Jahre hinaus einen ebenso entwürdigenden, wie schamlosen Konkrakt, und sucht schließlich dann sich durch narkotische oder alkoholische Mittel zu betäuben. Tag für Tag, Jahr aus Jahr ein, ist ein derartiges Mädchen an ein und dasselbe Haus gebunden, ohne eine freie Stunde, ja ohne freien Augenblick. Zuerst hören die Thränen gar nicht auf zu fließen, dann aber werden die Augen müde, eine stumpfe Gleichgiltigkeit bemächtigt sich der jugendlichen Gemüter, und manchmal macht sogar die frühere Sentimentalität einer frivolen Blasiertheit Platz, die sich in dem, was sie früher verachtete und verschmähte, gar nicht genug thuen kann. So gehen viele Hoffnungsfrische, junge und schöne . Menschenleben in jenen südamerikanischen Sklaven- l Häusern zu Grunde. Die europäischen Regier- - ungen vermögen nur äußerst schwer in das geheimnisvolle Dunkel dieser modernen Mordhäuser einzudringen, in denen jährlich Hunderte von gestohlenen und durch falsche Versprechungen bethörten Mädchen bei lebendigem Leibe vermodern und verkommen, ohne jemals die Rückkehr in die Heimat wieder zu finden.
(Erschwerender Umstand oder: Zu stark.) Gast (bei Beginn eines ländlichen Mahles in der Sommerfrische): „Da schwimmt ja eine Spielkarte auf der Suppe, Herr Wirt ... (entrüstet): und sogar 'ne Schellen-Aß!"
(Auf der Hochzeitsreise.) Sie: „Hast du die beiden Billets schon genommen?" — Er (Professor): „Ach! — jetzt habe ich in der Zerstreutheit nur ein Billet für mich genommen.'
Auflösung des Rätsels in Nro. 61.
Schwarzkoppen.
Aufgabe.
Eine Summe von 12080 Mark wurde in Fünfmarkschein und Dreirubelscheinen gezahl - Ein Rubel zu 2,20 Mark gerechnet. Me viel Fünfmarkscheine und wie viel Dreirubesichen wurden gegeben? __^
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.