gern im trauten Familienkreise verlebt hätte, mit derartigen Dingen befassen mußte. Doch ließ sich die Sache auch nicht gut anfschieben.

Für den Hinweg zn der etwa eine halbe Stunde weiten Bahnstation benutzte er seines Schwiegervaters Geschirr, während er den Rück­weg zu Fuß zu machen gedachte.

Philipp war in gehobener Stimmung; nur noch wenige Stunden trennten ihn von dem er­sehnten Zeitpunkt, da er durch das geheiligte Band der Ehe mit der verbunden werden sollte, die ihm die Liebste auf Erden war.

Die Geschäfte waren bald erledigt, und leichten Herzens trat Philipp den Heimweg an.

Es war ziemlich dunkel, als er die Eisen­bahn verließ, doch er kannte genau Weg und Steg und schritt rüstig vorwärts. Er war noch nicht weil gekommen, als er in einiger Entfernung einen Schatten bemerkte. Vielleicht ist es ein Kohlenarbeiter, der sich verspätet hat, dachte Philipp und achtete nicht weiter darauf.

Da fühlte er sich Plötzlich bei,der Schulter gefaßt, eine Stimme zischte die Worte in sein Ohr. Wenn Du nur einen einzigen Laut von Dir giebft, bist Du verloren."

Philipp war im ersten Augenblick starr vor Schrecken, doch ermannte er sich bald und packte seinen Angreifer mit kräftiger Faust; ein heftiges Ringen folgte und nach wenigen Minuten lag der Fremde am Boden.

Der Mond brach hinter den Wolken hervor er blickte durch das Gezweig und beleuchtete die Scene in dem einsamen Walde.

Beim Niederfallen hatte sich der Räuber an einem großen Steine den Kopf aufgeschlagen; er hielt, anscheinend vor heftigen Schmerzen, die Augen geschlossen.

Philipp vermochte selbst seinen bittersten Feind in diesem elenden Zustande nicht ohne Hülfe zu lassen, er flößte ihm ein Paar Tropfen von dem Cognac ein, den er zufällig in einem Reisefläschchen bei sich hatte, und es dauerte auch nicht lange, so schlug der Fremde die Augen auf.

Erbarmen," war das erste Wort, das er stammelte, während er Philipp mit flehendem Blick in s Gesicht sah. Mit einemmale schrie er auf:Philipp!"

In demselben Augenblick erkannte auch Philipp den Räuber, und indem er vor Kummer sein Gesicht in den Händen vergrub, rief er schmerzlich:O Gott, Hans, mein Bruder!"

Ja, es war sein Bruder, der verlorene Sohn, der Schande über Schande auf die Seinigen gebracht, der seinem alten Vater fast das Herz gebrochen hatte.

Wie kommst Du hierher, und in diesem Aufzug?" fragte Philipp mit einem Blick auf die Sträflingskleider, die sein Bruder trug.

O, es handelt sich nur um einen kleinen Tausch. Ihre Majestät flstz Königin schien Wohl­gefallen an meiner Kleidung zu finden und ließ mir statt dessen diese hier verabreichen," sagte Hans und lachte dabei höhnisch auf.Ich komme eben aus dem Gefängnis von Worcester, wo ich bereits einige Monate residiert habe. Vor einigen Tagen entfloh ich der Obhut meiner liebevollen Wärter; es war ein prächtiges Leben, das ich seitdem geführt habe, sage ich Dir; in Höhlen und Klüften mußte ich Hausen; mein Hauptstreben ging nun danach, mir anständige Kleider zu verschaffen, deshalb überfiel ich Dich."

O Hans, wenn das unser Vater erführe, ich glaube, der Kummer brächte ihn um."

Mein Vater hat mich verstoßen und mich dadurch zu dem Jammerleben verurteilt, das ich jetzt führe," antwortete Hans ingrimmig.Und was gedenkst Du jetzt zu thun?" fragte Philipp.

Ohne Deine Hülfe werde ich nicht viel anfangen können; ich verlasse mich auf Deinen Beistand."

Philipp dachte eine Weile nach, dann sagte er:Um unseres Vaters und unseres ehrlichen Namens willen werde ich dir beistehen; sage, was kann ich für Dich thun?"

Ich brauche vor allem Geld und einen anständigen Anzug; damit hoffe ich nach Amerika zu entkommen, wo ich ein neues Leben beginnen will."

So verbirg Dich so lange, bis ich die

Kleider bringe; ich kenne eine kleine Hütte hier im Walde, da kannst Du einstweilen bleiben."

Philipp schlug den Weg nach der bezeichneten Hütte ein; sein Bruder folgte ihm.

Es war nur ein armseliger, niedriger Schuppen, der zur Aufbewahrung der Grubenwerkzeuge diente.

Bleibe nur nicht lange fort," sagte Hans, als sich sein Bruder zum Fortgehen anschickte, mir ist's doch nicht recht geheuer."

Spätestens in einer Stunde bin ich wieder hier," war PhiliPP's Antwort. Er öffnete die Thüre und ging hinaus. Der Mond schien hell, wie Diamanten glitzerte es an den Kohlen, die aufgehäuft am Wege lagen, gespenstisch be­wegten sich die Zweige der Bäume hin und her. Philipp war noch nicht lange unterwegs, als er plötzlich Stimmen vernahm; unwillkürlich ver­barg er sich hinter einem dicken Baumstamm.

Ich glaube kaum, daß er sich hier versteckt hält," hörte er jetzt einen der immer näher kommenden Männer sagen,aber trotzdem wollen wir alles gründlich durchsuchen."

Jetzt konnte Philipp die Gestalten in der Nähe deutlich sehen, zwei der Männer trugen die Uniform der Gefangenen-Wärter, der dritte mochte wohl ein Aufseher sein.

Sie gingen vorüber und ließen Philipp in tätlichem Schreck zurück. Seines Bruders Flucht war entdeckt und man war ihm schon auf der Fährte!

Wie leicht konnten sie ihn in der Hütte finden! Eilig ging er wieder in den Schuppen zurück, wo er seinen Bruder in einem Winkel zusammengekauert fand. In kurzen Worten teilte er ihm seine Begegnung mit.

Ich bin verloren," stöhnte der Sträfling. In PhiliPP's gutem Herzen regte sich das Mit­leid.Was auch vorgefallen sein mag," sagte er,Du bist doch mein Bruder, ich will Dich nicht im Stiche lassen." Er überlegte eine Weile, dann fuhr er fort:Jetzt habe ich einen Aus­weg gefunden; Du ziehst meine Kleider an, und ich nehme dafür die Deinigen, ich bin hier genau bekannt, da wird es mir, denke ich, nicht schwer werden, ungesehen nach Hause zu kommen." So," fügte er, nachdem der Wechsel stattgefunden, mit einem gezwungenen Lachen hinzu,nun wäre ich der Sträfling, und Du Philipp Dörner, aber nun verliere keine Zeit mehr."

Du bist ein guter Bruder," sagte der Sträfling und wollte Philipp die Hand drücken, die ihm dieser jedoch entzog.

Laß nur," antwortete er,ich thue es nur für unfern armen Vater. Und nun will ich Dir noch etwas sagen. Morgen früh um 9 Uhr will ich Dir Geld bringen, Du kannst bei dem großen Steinbruch auf mich warten. Aber Du mußt pünktlich sein, später habe ich keine Zeit mehr," schloß er und seufzte bei dem Gedanken, daß der Bruder, der seiner Familie schon so viel Verdruß bereitet, nun auch noch den schönen Hochzeitstag verderben mußte.

Mit seltsamen Gefühlen schritt Hans Dörner in der Dunkelheit von dannen. Er konnte ein ihm selbst höchst unbequemes Gefühl der Dank­barkeit und Beschämung dem Bruder gegenüber nicht unterdrücken, daneben aber erfüllte ihn eine fortwährende Angst,! daß er entdeckt werden könnte, und obgleich er sich immer wieder sagte, daß er in seines Bruders Kleidung ganz sicher sei, schrak er doch, vom bösen Gewissen gepeinigt, beim leisesten Geräusch, zusammen. Als er an eine scharfe Biegung des Weges kam, wäre er beinahe drei Männern in die Arme gerannt, es waren dieselben, die Philipp vorhin gesehen. Das Herz stand ihm vor Schrecken fast still. Glücklicherweise konnte er sich noch rechtzeitig verbergen, aber was nun weiter?

Er wischte sich den Angstschweiß von der Stirn; schon glaubte er von neuem Stimmen zu hören, doch nein, das war Wohl nur das Pochen der Hämmer in den Bergwerken. Ein schmaler Fußsteig bog von der Straße ab, ihn betreten und davon rennen war das Werk eines Augenblicks; seine Aufregung wuchs mit jeder Minute, er sah sich im Geiste von allen Seiten von seinen Häschern umgeben und stürmte vorwärts. Jetzt kam der Mond hinter einer

dichten Wolke hervor und zeigte dem Geängsteten dicht zu seinen Füßen einen schaurigen Abgrund, es war eine alte abgewirtschaftete Kohlengrube, unten mit Wasser angefüllt.

Es war zu spät, er konnte den eilenden Fuß nicht mehr aufhalten, eine Minute darauf lag er in der Tiefe, und die Wasser schlugen

über ihm zusammen.-

(Fortsetzung folgt.)

Paris, 30. Dez. Die Revue des Revues" gibt ein Verzeichnis der reichsten S ch m u ck k ä si­chen, welche sämtlich Amerikanerinnen oder Eng­länderinnen angehören. An der Spitze figuriert das der Frau John Astor, das auf 3 700000 Franken geschätzt wird. Dann folgt Frau Olliver H. P. Belmont, die Eigentümerin der Perlen­schnur, welche einst der Königin Marie Antoinette gehörte und unter Brüdern 900000 Franken wert ist. Frau H. Mac Twombly ist im Besitze eines Diamantenkolliers im Werte von 1 750000 Franken, und Frau Bradley Martins hat einen Rubinenschmuck von 2 Millionen aufzuweisen.

Aus England. Ein englischer Arzt macht darauf aufmerksam, daß die Haarfarbe des Menschen mit der anscheinenden Stärke des Haarwuchses eng verbunden ist. Das rote Haar sei verhältnismäßig stark, und es genügten daher schon 30000 Haare dieser Farbe, damit der menschliche Schädel vollkommen bedeckt sei und der Eindruck eines üppigen Haarwuchses hervor­gerufen werde. Bei dunklem Haare sind dagegen schon 105000 erforderlich, um die gleiche Wirkung zu erzielen. Am zartesten ist aber das Helle Haar. Hier würde eine Perücke mit nur 30000 Haaren den Eindruck starker Kahlköpfigkeit er­wecken. Ein dicht besetzter Kopf erfordert mindestens 140- bis 160000 blonde Haare.

jU. A. w. g.s Die Sitte, diese Buchstaben auf Einladungsschreiben zu setzen, dürfte m Deutschland erst zu Anfang dieses Jahrhunderts aufgekommen sein. Mit Bezug auf diese neue Mode schrieb Kotzebue. (etwa um 1810) seinen kleinen SchwankU. A. w. g. oder die Visitenkarten." Ein großer Freund dieses lustigen Stückes, dessen Hauptrolle auf der Berliner Hofbühne der be­rühmte Komiker Unzelmann höchst komisch dar­stellte, war König Friedrich Wilhelm III. Am Schluffe des Schwanks werden die Buchstaben U. A. w. g. sehr verschieden erklärt. Einer meint, es hieße:Und Abends wird getanzt," ein anderer:Und Abends wird geklatscht," der dritte aber erklärt richtig:Um Antwort wird gebeten." Als Friedrich Wilhelm III. der ersten Vorstellung des Stückes beiwohnte, war er von Unzelmanns Spiel so ergötzt, daß er dem Schau­spieler nach der Vorstellung einen Korb voll feiner Ananas und Tokayer Ausbruch schickte. In dem Korb befand sich ein Zettel mit den eigenhändig geschriebenen Worten des Königs: Und Ananas werden gegessen Und Ausbruch wird getrunken."

Zitronen als Putzmittel. Die viel gebrauchte Redensart, daß man jemand, dessen Dienste man nicht mehr braucht, wie eineaus­gepreßte Zitrone" bei Seite wirft, hat insofern keine Berechtigung, als auch dieausgepreßte" Zitrone noch recht nützliche Verwendung finden kann. Nur wenige Hausfrauen werden wissen, daß die ihrer aromatischen Schale beraubte, aus­gedrückte Zitrone ein vorzügliches Putzmittel für allerlei Metallgefäße abgiebt. Sie nimmt es darin mit vielen Putzmitteln auf und hat vor den häufig verwandten Säuren noch den Vorzug völliger Unschädlichkeit.

sSonderbar.j Rentier:. . . Da hat mir nun der Arzt geraten, ich solle als Mittel gegen meine bedrohliche Beleibtheit einen Sport treiben. Jetzt sammle ich schon eifrigst Ansichtspostkarten und werde doch von Tag zn Tag dicker.

ISplitter.j Für den Geizhals hat der Thaler 300 Pfennige, für den Verschwender nur 3 Mark.

Redaltion, Druck und Verlag von L. Mreh i» Neuenbürg.