Tage verweilen und sich dann nach Omdurnian begeben. Mit der Rückkehr Lord Kitchemer's auf afrikanischen Boden wird sich wohl auch die Arage des weiteren Vorgehens der Engländer un Sudan entscheiden.
London, 10. .Dez. Der „Standart" schreibt zu Chamber lains Rede über die englischen Beziehungen zu Deutschland, nur wenn Deutschland und England gemeinsame Interessen haben, haben sie auch die Verpflichtung, gemeinsam vorzugehen. Keine der beiden Machte hätte irgendwie Verlangen nach neuen Erwerbungen, grade in der gegenwärtigen Zeit.
Unterhaltender Teil.
Um ein Königshaupt.
Historische Begebenheit erzählt von Klara Reichner.
^Fortsetzung.^
Ms der jähe Tod des Schloßherrn den Erfolg des ungleichen Kampfes entschieden, und König Jakob klagend vor den toten Körpern der gefallenen Brüder Ruthven stand, riefen seine Lords ihn in die Wirklichkeit zurück, indem sie ihn mahnten, doch so schnell als möglich dies Haus des Mordes und Verrates zu verlassen, um ohne Zögern seine Person im Cistercienser- kloster zu Perth in Schutz und Sicherheit zu bringen. Jakob Stuart fühlte einen jener bei ihm seltenen Momente echter königlicher Würde in sich erwachen, um so mehr, da es dies Mal gleichzeitig galt, seinem guten Herzen zu folgen, und Jemand zu loben und zu erfreuen.
„Erst Ehre dem, dem sie gebührt! denn, bei Unserer Krone! — ohne diesen hier", sprach er, auf seinen Pagen deutend, „ohne John Ramsay, wären wir Alle Wohl verloren. Er rettete des Königs Haupt und entschied den Kampf zu unfern Gunsten! — Kniee nieder also, John Ramsay, der Du gesuchten wie ein echter Ritter, um Dich hier, auf dem Schauplatz Deiner That sogleich als Ritter zu erheben!"
Und mit einem der blutigen Schwerter erteilte König Jakob, schaudernd sein Gesicht abwendend, dem dankbar ihm zu Füßen Stürzenden den Ritterschlag. —
Als die Lord des Königs zum Aufbruch rüsteten, näherte im Schloßhos schreckensbleich sich auch der Reisende, dessen Anliegen mit dazu hatte helfen müssen, um den Anschlag gegen des Königs Freiheit auszuführen, dem neuernannten Ritter Sir John Ramsay, um ihn flehentlich zu bitten, sich seiner Angelegenheit beim König anzunehmen, damit er nicht unverrichteter Sache wieder heimwärts ziehen müsse. Er komme ja eigens von London her, um mit ihm zu reden, und nenne sich Lancelot Äsung, Hof-Glaser- meister ihrer Majestät, der Königin Elisabeth.
„Wie — Ihr — Ihr seid Meister Lancelot?" rief John Ramsay, ganz außer sich vor freudigem Erstaunen. „Der holden Anny Vater?" Und plötzlich zuckte es wie ein Lichtstrahl durch seinen Kopf. Die Helle Warnungsstimme — der sogenannte taubstumme Knabe — war es denn möglich und wo hatte er denn seine Augen? —
„Seid getrost, Meister Lancelot!" rief er fröhlich, „und folgt uns nebst Eurem Begleiter auf dem Fuße nach. Begebt Euch sofort ins Cistercienserkloster zu Perth — dort sollt Ihr den König sprechen — mein Wort darauf, mein wackerer Meister!"
Als Meister Lancelot später im Cistercienserkloster zu Perth von John Ramsay vor den König geführt wurde, fiel er, der heute zum zweiten Male Wider Willen Mitschuldiger geworden bei dem Frevel an eines Königs Haupt, mit samt dem Kistchen, das er unter dem Arme trug, sofort zerknirscht nieder auf die Kniee.
„Steht nur auf, Mensch, Glasermeister!" sprach in seiner bizarren Manier König Jakob gütig zu dem knieenden armen Sünder. „Du bist also jener tbosaurensis, der uns so Wertvolles zu überbriugen hat? — Nun, zittre nicht, Meister Lancelot, so heißt Du ja Wohl, — Du kannst ja nichts dafür, wie uns Sir John Ramsay sagte, der sich für Dick verbürgte, daß Wir durch Dich, oder vielmehr ourch den angeblichen kbe- 8nurus, den Du uns ja wohl zu überbringen hast, in so große Gefahr geraten sind. Wo also
hast Du diesen Schatz, wie bist Du zu etwas so Wertvollem gekommen, das unser Eigentum sein soll?"
„Hier, Euer Gnaden —" weiter vermochte Meister Lancelot demütig und voll Angst nichts hervorzubringen, indem er dem König den Kasten überreichte; die Kehle war ihm vollständig wie zugeschnürt.
König Jakob öffnete schnell den mit Metall beschlagenen, uns bereits wohlbekannten Kasten, aus welchem, wie er, — der allezeit Geldbedürftige — vielleicht noch immer heimlich hoffen mochte, Geld, Edelsteine oder sonst etwas besonders Wertvolles ihm entgegenblinken sollte. Wie von der Tarantel gestochen aber fuhr er zurück, als er nicht die geringste Spur von einem Schatz, dafür aber ein bleiches, totes Haupt darin erblickte! — Es war in diesem Augenblicke schwer zu sagen, wer eigentlich erschreckter aussah: der Delinquent, oder der König selber. —
„Mensch, bist Du toll?" schrie der König zurückprallend. „Dieses abgeschnittene Haupt hier soll das Wertvolle vorstellen, das Du uns zu überreichen hast? — Ist es nicht genug, daß an heutigem Unglückstage bereits an unserem eigenen königlichen Haupte ein Majestäts-Verbrechen geplant worden!" —
Der arme Lancelot seufzte tief auf.
„Ach, Euer Majestät, es ist auch leider eines Königs Haupt!" stöhnte er, dem König abermals zu Füßen fallend.
Schon wollte der entsetzte König John Ramsay den Befehl erteilen, diesen Mann, der ihm offenbar verrückt erschien, hinauszuschaffen, als der flehende Blick aus dessen Augen und die demütige Haltung ihn entwaffnete, und seine natürliche Gutmütigkeit herausforderten. Ermutigt durch einen auffordernden Wink des Königs, begann Meister Lancelot nun seine Erklärung, das heißt, er erzählte die uns bereits bekannte Geschichte, wo und wie er in den Besitz dieses denkwürdigen, unglückseligen Kopfes gekommen, und welche traurigen Folgen für seine Ruhe sich daran knüpfe. —
Die Hände auf dem Rücken, wandelte König Jakob im Gemache auf und nieder, ab und zu einen anteilnehmenden, mitleidsvollen Blick auf den Erzähler werfend. Dann als dieser seinen Bericht beendet hatte, begann er, sich räuspernd nach seiner Art und Liebhaberei die willkommene Gelegenheit benützend, das Licht seiner Gelehrsamkeit leuchten zu lassen, eine laute ausführliche Rede, gespickt mit vielen lateinischen Brocken, denn das jus und dessen eingehendes Studium war ja sein besonderes Steckenpferd, auf welchem er sich gern nach Herzenslust umhertummelte. — Es war eigentlich eine Verteidigungsrede, die er auf solche originelle, jedenfalls für einen Monarchen sehr ungewöhnliche Weise im Interesse und zu Gunsten des Angeklagten hielt, deren Hauptpunkte und Resultat dahin gipfelten, daß der Delinquent gar keines Verbrechens angeklagt sei, und daß also alles, was er da eben ungefragt von und gegen sich selber ausgesagt, nach den Gesetzen dieses Landes keine Giltigkeit besitze,, und daß der einzige Zeuge dieser That Wohl aus guten Gründen — denn der Hehler sei nicht besser als der Stehler — sich hüten werde, etwas auszusagen, das ihm selbst durch seine indirekte Beihilfe und sein Schweigen verderblich werden könne; — außerdem aber sei noch kein Beweis erbracht, ob dieses fragliche Haupt hier denn auch wirklich unzweifelhaft einem Stuart, seinem eigenen Ahnen, angehört habe, möge es immerhin bisher dafür gegolten haben. — Bei dem Tode des Königs in der Schlacht bei Floddau sei bekanntlich niemand zugegen gewesen. der gerichtlich hätte davon zeugen können, was sogar zu allerlei unklaren, einander widersprechenden Gerüchten Veranlassung gegeben, daß nämlich der König damals gar nicht gefallen, sondern wieder aufgetaucht, und vielleicht später erst ermordet worden sei. — Das einzige Zeugnis aber sei der Engländer: die Feinde! —Bon einem Feinde aber sei ein Zeugnis nicht als gütig anzunehmen, habe schon Cicero gesagt, — folglich sei der Kläger, der sich selbst an- klage, abzuweisen, obwohl freilich unter andern Verhältnissen er ein strafbares, ja todeswürdiges
Majestäts-Verbrechen, — wenn auch unwissent. lich und ohne böse Absicht — sich hätte zu Schulden kommen lassen. — Nur sei demselben anbefohlen, das fragliche Haupt in aller Stille an geweihtem Ort zur Ruhe zu bestatten.
(Schluß folgt.)
Heiligenstadt, 4. Dez. Ueber Pflege der Eitelkeit im Gefängnis, schreibt mau der „Köln. Volksztg.": Den Beamten der hiesigen Gefangenenanstalt fiel es auf, daß mehrere Sträflinge morgens stets mit fein gewichstem Schnurrbart antraten. Man forschte nach der Ursache dieser Erscheinung, und da stellte sich heraus, daß ein Gefangener, Schuster seines
Zeichens, aus Lederabfällen S ch n ur r b a r t b i n d e n
gefertigt und diese an seine Genossen verteilt hatte. Die Gefangenen pflegten damit nachts ihre Bärte und konnten daun am Tage „nobel" auftretenü"
Vom Oberland, 12. Dez. In einer oberschwäbischen Gemeinde fand sich anläßlich der Bürgerausschußwahl folgender Wahlzettel vor: „Korinther 11. Kap. 30. Vers, welcher also lautet: „Es sind aber auch unter Euch viele Schwache und Kranke und schlafen Manche."
Telegramme.
Berlin, 11. Dezbr. Bei dem heutigen Empfang des Präsidiums des Reichstages reichte der Kaiser zunächst den drei Herren Grafen von Ballestrem, von Frege und Schmidt ebenso wie beim Abschied die Hand. Der Kaiser sprach sich sehr erfreut über den Verlauf und den Schluß der Sitzung aus, in welcher das Präsidium des Reichstages konstituiert wurde. Dann ging der Kaiser auf die internationale Situation ein und betonte, daß dieselbe, obwohl wir mit allen in Betracht kommenden Mächten auf friedlichem Fuße stehen, doch große Aufmerksamkeit erheische, was ja auch jeder Laie einsehe und daß es deshalb nötig sei, die vorgeschlagene Vervollkommnung und Ergänzung der Armee durchzuführen. Was vorgeschlagen sei, sei freilich wenig, aber es hätte sich wegen Schonung der Steuerkraft des Landes nicht mehr Vorschlägen lassen. Dann sprach der Kaiser mit Befriedigung von der Palästinareise, teilte verschiedene Episoden aus derselben mit, besonders auch, daß er sich gefreut habe über das Zusammenhalten aller Deutschen, sowohl der evangelischen wie der katholischen Konfession. Der Präsident nahm Veranlassung, dem Kaiser die Glückwünsche über den günstigen Verlauf der Reise und der glücklichen Heimkehr beider Majestäten Namens des Reichstags auszusprechen. Die Audienz dauerte ^/t Stunden. Hierauf wurde das Präsidium auch von der Kaiserin empfangen, welche sich gleichfalls außerordentlich freute und den Herrn die Hand zum Kusse reichte. Die Kaiserin sprach ebenfalls über die Palästinareise und erkundigte sich bei Frege nach der sächsischen Königsfamilie.
Berlin, 11. Dez. In Anwesenheit des Kaiserpaares fand heute die feierliche Einweihung der Trinitatis-Kirche iu Charlottenburg statt.
Berlin, 11. Dez. Die Morgenblätter melden aus Lübeck: Ein orkanartiger Sturm richtete hier großen Schaden an. Von dem Giebel eines hohen Geschäftshauses in einer Hauptstraße wurde das große Schild herabgeworfen, Schiffsvertauungen wurden losgerissen. Die Fähren mußten den Betrieb einstellen. Der Orkan verursachte auch große Störungen im Telephonbetrieb.
Berlin, 11. Dez. Der „Lokalanzeiger" meldet aus Petersburg: In der Nähe von Taganrog fuhr bei starkem Nebel ein Kurierzug in eine Kolonne von 60 Arbeitern hinein, die, um einem Güterzuge auszuweichen, in das Nebengeleise getreten waren. 6 Arbeiter waren sofort tot. Viele wurden stark verstümmelt.
Kasan, 11. Dez. Gestern nachmittag um 5 Uhr ging über Kasan ein sehr heftiges Gewitter nieder. Zugleich entwickelte sich em orkanartiges Sturm, welcher noch andauert. Die Ueberfahrt über die Wolga ist unmöglich. Der Bahnverkehr ist eingestellt.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Me^eh in Neuenbürg.