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Unterhaltender Heit.

Um ein Königshaupt.

Historische Begebenheit erzählt von Klara Reichner ^Fortsetzung.!

Das war's, was Anny sah, als sie, nach­dem der erste Schreck vorüber, es gewagt, den fürchterlichen Kopf genauer zu betrachten, der bei näherer Betrachtung ihr freilich nicht mehr so fürchterlich erschien, so daß sie ihre Angst mehr und mehr verschwinden fühlte, um sich nur noch mit der Frage zu beschäftigen:Wie mag der Vater nur zu diesem sonderbaren Menschen­haupt gekommen sein, und welche geheimnisvolle Bewandtnis mag es damit haben?" und wie ein Blitzstrahl durchzuckte es das junge Mädchen: Dieser von ihrem Vater so verborgen gehaltene Kopf mußte in irgend welcher Verbindung mit dessen unbegreiflicher Melancholie und reizbarer Verstimmung stehen! War es denn aber mög­lich? konnte das Bewußtsein eines Unrechts, einer strafbaren Handlung gar, an dieses rätsel­hafte Haupt sich für ihren braven, ehrenhaften Vater knüpfen? Allerdings gehörte zu jener Zeit nicht viel dazu, um ein sogenanntes Ver­brechen des Hochverrats zu begehen, seit König Heinrich VUI., der Vater der damals regieren­den Königin Elisabeth, so viele Dinge alsHoch­verrat" bezeichnet hatte, daß er damit halb Eng­land hätte auf's Schaffst bringen können. Wie, wenn ihr Vater etwa z. B. jener geheimen, ver­botenen Gesellschaft der Bauhüttenleute ange­hörte, von denen man erzählte, daß sie noch von den alten Tempelherrn herstammten, und daß sie

wie einst diese einen Kopf als glückbringend auf ihren Zügen mit sich geführt haben sollten

ebenfalls einen sogenanntenGlückskopf" be­säßen, den sie aus der Erde gruben und aufbe­wahrten.

Gewiß! Ihr Vater war auch solch einBau- Hütten-Mann!"

Mit halb abergläubischem, halb ehrfurchts­vollem Schauer betrachtete die hübsche Anny den vermeintlichenGlückskopf", der ihr allerdings, wenn er wirklich mit ihres Vaters jetzigem Zu­stande und des garstigen Giles Bread Einfluß in Verbindung stand, ein rechter Unglückskopf eigentlich zu sein schien! Während sie so dastand, sinnend das geheimnisvolle Haupt betrachtend, und diese Gedanken bei sich erwog, fuhr sie plötzlich, aufhorchend, erschrocken auf. Herr Gott! Waren das nicht Schritte, die sich der Thür näherten? Schnell warf sie den ver­hängnisvollen Kasten zu, und wollte ihn eben hastig in den Schrank schieben, als eilig schon die Thür geöffnet wurde, und im nächsten Augen­blick bereits ihr Vater vor ihr stand.

Entsetzt blieb er beim Anblick seiner Tochter und des Kastens stehen und es war schwer zu sagen, wer von Beiden erschreckter schien', als sie sprachlos sich so gegenüberstanden.

Unglückliches Kind!" sprach endlich nach einer langen, langen Pause Meister Lancelot. So bin ich doch zu spät gekommen, und muß die Folgen meiner unbegreiflichen und unverzeih­lichen Nachlässigkeit jetzt büßen! Nun wohl

gleichviel! so kommt das längst gefürchtete, schlimme Ende einer schlimmen That nur etwas früher. Mag der Scheriff denn erfahren, was ich hier verborgen, mögen die Häscher nahen, mögen sie mich in den Tower schleppen hier ist mein Haupt Kopf für Kopf!" Und mit allen Zeichen tiefster Erschöpfung und Ent­mutigung ließ er sich in einen Sessel fallen.

Vater, lieber Vater!" bat jetzt Anny, und näherte sich dem Zusammengebrochenen, nachdem sie sorgfältig zuvor den Kasten wieder in den Schrank geschlossen.Verzeiht mir, und seid unbesorgt! Eure Anny weiß zu schweigen. Ist dieser unglückselige Glückskopf hier der einzige Beweis, daß Ihr zu der sträflichen, geheimen Gesellschaft der Vauhüttenleute gehört, o so macht Euer dadurch so eng bedrücktes Gewissen wieder frei, indem Ihr dieses Haupt so schnell als möglich fortschafft, und es dahin bringt, wohin es eigentlich gehört. Habt Ihr aber wirklich eine That begangen, welche das Gesetz

für strafbar hält, und weiß dieser Bread drum, dann will ich lieber für Euch büßen, Vater, wenn Euch das erretten kann, und will dem, der Euer Geheimnis kennt, das Jawort geben,

wenn damit Euch geholfen ist!"

Tief gerührt blickte Meister Lancelot auf seine Tochter, Thränen traten in sein Auge, und mit einer Stimme, die vor innerer Bewegung zitterte, sprach er:Ich danke Dir, mein gutes Kind! Doch Dein Opfer kann ich nicht mehr annehmen. Der Schrecken dieser Stunde und Deine mutigen Worte haben mich mir selbst zu­rückgegeben. Was würde es Wohl auf die Dauer helfen, wenn ich auch Dein Unglück noch auf dem Gewissen haben müßte! Drückt doch die eine Schuld schon schwer genug! Nein! Ich bin nun einmal ein verlorener Mann, der Alles über sich ergehen lassen muß! Mag also kommen, was da wolle ich will büßen, was ich that, will sühnen, was ich wissentlich oder unwissentlich

verbrach. Möge denn das Schicksal seinen Gang vollenden!"

Anny blickte, bewegt in tiefster Seele ihren unglücklichen Vater an, dessen gebrochene Leidens­mine ihr das Herz zerschnitt. Doch sonder­bar! obwohl nur ein Mädchen, und noch dazu ein junges, unerfahrenes, fühlte sie doch etwas in ihrem Innern erwachen, das sie gebieterisch herausforderte, den Kampf aufzunehmen mit jenem unbekannten Schrecknis, das ihr Vater sein selbst herausgefordertes, unüberwindbares Schicksal hieß, und diese innere Stimme rief ihr ferner zu, es ihrerseits zu wagen, seiner gänzlich gebrochenen, weichen Natur mit ihrer eigenen, jugendkräftigen Energie zu Hilfe zu kommen, denn an ein ernstliches Verbrechen seinerseits vermochte sie nicht zu glauben.

Vater", bat sie deshalb schmeichelnd, von diesem unwiderstehlichen Impuls getrieben, seine beiden, vor Erregung feuchten Hände fassend und sie zärtlich streichelnd,herzlleber Vater, seht doch nicht so trostlos drein noch kann ja Alles wieder gut werden! Wollt Ihr mir nicht anvertrauen, was Euch so schwer belastet? Seht ich bin ja kein Kind mehr, erleichtert also Euer Herz! glaubt mir, zu Zweien trägt sich Alles besser, und wer weiß, ob Eure dumme, kleine Anny Euch doch nicht vielleicht heraus­hilft aus der Trübsal. Ich bitte Euch recht innig: Teilt mir Euren Kummer mit, und die Geschichte dieses llnglückskopses, der doch offen­bar an Allem Schuld ist, oder wenigstens in engem Zusammenhänge damit steht."

Lancelot Dornig blickte erstaunt und nicht ohne Bewunderung auf das junge Mädchen, in dessen hübschem Gesichte sich, neben warmem Mitgefühl und herzlicher Liebe für ihn, zugleich auch etwas spiegelte, das bisher ihm fremd ge­blieben war: ein Zug nämlich von heldenmütiger Energie, der ihm selber fehlte. Freilich er sah's sie hatte Recht! sie war kein Kind mehr! sein eigen Kind war ihm über den Kopf gewachsen, er merkte es zum ersten Male! Die zarte Knospe war schnell gereift

Plötzlich zum Weib erblüht, gezeitigt durch verschiedene Vorgänge, die aneinander sich ge­reiht. Ja, das hatte sie von ihrer seligen Mutter, dieses mutige Blitzen in den dunklen Augen, diesen kampfbereiten, siegesgewissen Blick, der so feurig daraus hervorleuchtete, vor keinem Hindernis zurückschreckend; von ihm und seiner weichen, träumerischen Künstlerart kam das nicht her und ebensowenig, wie einst ihrer Mutter gegenüber, die auch stets den Sieg d. h. zum Mindesten das letzte Wort! behalten hatte, vermochte er jetzt dem liebevollen Drängen der Tochter zu widerstehen.

Wohlan sei es denn!" sprach er, tief aufatmend sich emporrichkend.Du sollst er­fahren, was für eine Bewandtnis es mit diesem Haupte hat, das Du mit Recht ein unglück­seliges nennst, denn (in Wahrheit hat es nichts wie Sorge und Kummer mir ins Haus gebracht, und steht, wie Du vermutest, in enger Verbind­ung mit der Angst und Traurigkeit, die mich beständig foltern!"

(Fortsetzung folgt.)

Gruß an Haifa.

Gedichtet von Stadtdekan u. Oberkonsistorialrat Braun auf dem Wege von Nazareth, Liberias und zurück nach Haifa und vorgelesen bei einer Versammlung, welche hier im Tempelsaal gehalten wurde, wobei Oberpräsident Barkhausen, Kultusminister v. Bosse, Prälat Sandberger Graf Uxkull von Neuenbürg und verschiedene andere HH. herzliche Ansprachen an die Versammlung hielte».

Im fremden Lande deutsche Brüder,

Wie thut uns wohl der Druck der Hand,

Im fremden Lande deutsche Lieder,

Des deutschen Geistes Unterpfand.

Im fremden Lande deutsche Sitte,

Die uns den Tisch so gastlich deckt,

Wie hat in eurer trauten Mitte Das deutsche Brot so gut geschmeckt.

Im fremden Land auf ödem Boden Der deutschen Arbeit zähe Kraft,

Sie weiß die Dornen auszuroden,

Entlockt der Rebe süßen Saft.

Im fremden Land die deutsche Treue,

Die deutsch in allen Fasern bleibt Und sich an diesem Tag aufs Neue Dem Kaiser und dem Reich verschreibt.

Doch Brüder sagt, was ist das Beste,

Das uns im heiligen Lande eint?

Das heute auch zu unserm Feste Als wärmste Lebenssonne scheint.

Der Glaube ist's, der eure Herzen Zum Lande der Verheißung trieb,

Und der in Sorge und in Schmerzen Euch Licht und Sporn und Stärke blieb,

Der Glaube, der in diesen Gauen Vom Karmel bis zu Hermons Höh'n Die Gottesthaten weiß zu schauen,

Die zu der Menschen Heil gescheh'n.

Der Glaube solgt des Heilands Spuren, Der einst, was wund und was verirrt Auf Galiläas heißen Fluren Gesucht, geheilt als guter Hirt.

Der Glaube hangt an Gottes Sohne,

In seiner Gnade froh und reich,

Die Bitte steigt empor zum Throne,

Es komme zu uns, Herr, dein Reich.

In diesem Glauben laßt uns wirken,

So lang uns hält des Höchsten Hand Ihr in des heil'gen Lands Bezirken Und wir im deutschen Vaterland.

Durch Nacht u. Sturm, durch Kampf u. Leiden, In diesem Glauben siegen wir,

In diesem Glauben laßt uns scheiden,

Haifa, Friede sei mit dir!

Zu ehrendem Andenken ausgeschrieben von einem Kolonisten (Fr. Müller aus Nagold) Augen- und Ohren- zeuqe der Ereignisse der Kaisertage im Oktober und November 1898.

(Historische Kisten.) Die Pariser Domänen­verwaltung kündigt in der staatlichen Möbel­niederlage eine sensationelle Auktion von Gegen­ständen an, die aus dem Senat und den Ministerien stammen. Darunter befinden sich neun außen mit schwarzem Firniß angestrichene Blechkisten von geringem materiellen, aber höchstem historischen Werte. In diesen Kisten wurden die fünf Milliarden der deutschen Kriegsentschädigung von 1870/71 nach Straßburg befördert. Sie sind 75 Zentimeter lang, 50 Zentimeter hoch und 60 Zentimeter breit und mit Nummern versehen. Sonst besitzen sie keine äußeren Zeichen, es sei denn die Fabrikmarke des Fabrikanten. Karakteristisch ist es, daß diese eine englische ist, Sie lautet: William Corton 2, 3, Wormwood- street, Old Broadstreet.

(Bei der Abschiedsvisite.j Dame:Sagen Sie, Herr Leutenant, Sie kennen ja doch Ihren Nachfolger, den neuen Adjutanten, was ist er für ein Mann?" - Leutenant: Auch schön, gnädige Frau!"

Mn äs 8isels.j Mama:Aber, Kind, Du liest ein Buch über Kindererziehung? Was soll denn das heißen?" Lieschen:Weißt Du, Mama, ich lese nur nach, ob Du und der Papa mich auä> richtig erziehen thut."

(Ordnung muß sein.j Hauswirt: Herr Doktor, dieser Backenzahn muß heraus; ich habe seit acht Tagen die furchtbarsten Schmerzen darin!" Zahnarzt:Aber warum sind ste denn nicht längst zu mir heraufgekommen?" Hauswirt:Ja, ich wollte ihn der Ordnung wegen nicht vor dem 1. Dezember ziehen lassen!"

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh tn Neuenbürg.