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Krieger gegen den Grafen von Tripolis Balduin IV., Araber gegen Mongolen verteidigten. Dann sind sie aus dem Gedächtnis der Völker entschwunden und erst im 16. Jahrhundert von europäischen Reisenden entdeckt worden. Die Akropolis oder Burg steht auf einem Hügel, der von allen Seiten von einem tiefen und breiten Festungsgraben umgeben ist. Zu dieser gelangte man früher auf einer großen Treppe zunächst in die Propyläen mit zwei Flügelbauten, ein altes großes Thor, wie etwa das Brandenburger Thor in Berlin, darauf in den eckigen, von Mauern, die mit Nischen architektonisch dekoriert sind, umgebenen Hof, von diesem in einen eben solchen, aber viel größeren viereckigen Hof und von diesem auf den Platz, auf welchem rechts der große Sonnentempel, links der des Jupiter steht. Von ersterem stehen nur noch 6 Säulen mit dem Gebälk aufrecht, von letzterm ist noch viel erhalten, die ganze Cella, etwa 20 Säulen der Peristyls, die Kasettendecke über (dem Peristyl, soweit die Säulen noch stehen und einzelne der cannelierten innern Säulen des Pronaos (Vortempels). Ihre Verhältnisse sind großartig angelegt und die malerische Wirkung der Ruine ist eine prächtige.
Der Unterbau des Akropolis, namentlich die Mauern, welche den Sonnentempel stützen, müssen aus sehr alter Zeit stammen, denn hier sieht man die kolossalen Quader verwendet, die in der Welt nicht ihresgleichen finden, und zwar drei neben einander von 20—22 Metern Länge und 5 Metern Höhe. Der Bau über diesen Quadern ist anscheinend aus der Römerzeit und von viel kleinern Steinen. Das berühmte Portal des Jupitertempels ist mit drei Steinblöcken horizontal abgeschlossen, von denen der mittlere keilförmig eingesetzt, die beiden andern hält. Durch das Erdbeben im Jahre 1759 sind aber die Thürpfosten bewegt, und dadurch hat der keilförmige Schlußstein Luft bekommen und ist soweit durchgerutscht, daß er jetzt in einer höchst gefährlichen Position zwischen den beiden Thürsturzsteinen nur noch zu hangen scheint, sich aber doch in dieser Weise schon über 100 Jahre gehalten hat.
Die Türken haben aus der Akropolis vor Zeiten eine Festung gemacht und auch eine Moschee erbaut, die sie gleichfalls aus dem Tempelmaterial herstellten, und eine zweite in der Stadt, welch' letztere namentlich viele Säulen von dem egyptischen Granit enthält, aber auch schon Ruine ist.
Auch der Steinbruch bei Baalbek ist von großem Interesse, da in ihm noch von uralten Zeiten her, riesige Blöcke liegen, von denen einer sogar 25 Meter lang, 4 Meter breit und 5 Meter hoch ist, ganz behauen und nur unten noch von dem Felsen gelöst werden muß, um fortgeschafft werden zu können.
Nach der Besichtigung der Ruinen von Baalbek fährt man wieder in vier Stunden nach der Eisenbahnstation Muallaka zurück, von wo die Bahnlinie das an 1100 Meter hoch liegende Thal durchquert, dann steigt sie aufs neue empor, um die 1405 Meter betragende Paßhöhe des von dem mit ewigem Schnee bedeckten Hermon überragten Antilibanon zu erreichen. Hier stehen die Cedern, welche Salomon zum Tempelbau verwendete, hier ist die Heimat der syrischen Bären, die im Hermon nicht selten sind; am häufigsten werden sie im Herbste erlegt, wenn sie in die Weinberge heruntersteigen. Von der Paßhöhe aus senkt sich die Bahn, meist dem mit Eichen-, Pappeln-, Walnuß-, Aprikosen- und Apfelbäumen, wilden Rosensträuchern und Weinreben üppig bestandenen Thale des Barada folgend, nach Ueberwindung zahlreicher Tunnel hinab zu der etwa 700 Meter über dem Meere liegenden Ruta, der von den orientalischen Dichtern mit Ueberschwenglichkeit als Abglanz des Paradieses besungenen Gartenlandschaft, aus deren grüner Mitte die unzählbaren Minarets von Damaskus hervorragen.
Bühl, 2. Nov. Mit einem „ehrlichen" Dieb scheint es der hiesige Rechtsanwalt Dr. Sternfeld zu thun zu haben, der dieser Tage, st. „M. A.", ein annonymes Schreiben erhielt
des Inhalts, der Absender brauche auf Martini Geld und habe sich deshalb aus der Geldschublade des Herrn Doktors 200 ^ geholt; gegen Weihnachten werde die erste Hälfte zurückbezahlt, später die andere. Herr Dr. Sternfeld war ob dieser Kundschaft nicht wenig überrascht, schaute nach, und in der That war die Schublade erbrochen, zwei Hundertmarkscheine verschwunden, während einige Hundert Mark in Gold unberührt dalagen. Der Bestohlene wird jetzt ab- warten, ob der Dieb wirklich „ehrlich" ist und sein Versprechen auf Rückzahlung pünktlich einhält.
Todtnau (Wiesenthal), 4. Nov. Das reichste Dorf in Baden soll das benachbarte Schlechtnau werden. Dasselbe wird, wie man hört, von einer Dame, die dort erzogen wurde und nunmehr in England gestorben ist, 11 Will. Mark erben.
(Postscheine dienen nicht als Quittung.) Vielfach findet man bei Zahlungen durch Postanweisungen den Vermerk: „Postschein dient mir als Quittung." Hiergegen richtet sich eine Entscheidung des Reichsgerichts, der zufolge der Postschein über eine mittelst Postanweisung gemachte Zahlung noch nicht als Quittung, betr. die Tilgung einer Schuld, anzusehen ist. Der Postschcin gelte in diesem Fall vielmehr als Beweis, daß an eine bestimmte Person ein gewisser Betrag eingezahlt bezw. abgesandt wurde. Unter solchen Umständen ist es dringend geboten, sich nicht mit dem obenerwähnten Vermerk zu begnügen, sondern vielmehr bei Zahlung durch Postanweisung vom Empfänger, also dem Adressaten, eine Empfangsbescheinigung einzufordern, und zwar möglichst umgehend, damit etwaigen Unregelmäßigkeiten bei der Bestellung des überwiesenen Geldbetrags rechtzeitig begegnet werden kann.
Zwei reiche Sternschnuppenfälle wird der November bringen: Zwischen dem 12. und 16. November, besonders am 14., den reichen Sternschnuppenfall der Leoniden. Dieser Schwarm erreicht in seiner dreiunddreißigsten Periode 1899 sein Maximum und ist daher auch in diesem Jahr schon sehr dicht. Am 27. d. M. ist ein Sternschnuppenfall aus dem Biela'schen Kometen zu erwarten, mit dem die Erde wie vor 13 und 26 Jahren voraussichtlich wieder zusammentrifft. Die Sternschnuppen gehen von der Andromeda aus und stiegen nach allen Richtungen über den ganzen Himmel. Am 27. November 1885 wurden 7 Uhr abends 60 bis 80 Sternschnuppen in der Minute gezählt. Die schöne Erscheinung wird leider durch den Vollmond etwas beeinträchtigt. Nach Denning wäre der Schwarm einige Tage früher, etwa am 23. November zu erwarten.
Sprechende Uhren sind das Neueste auf dem Gebiete der Uhrmacherkunst, und sollen alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen. Ein in Genf wohnender französischer Uhrmacher hat, wie uns vom Patent- und technischen Bureau G. Brandt in Berlin SW., Kochstraße 4, mitgeteilt wird, dieses neue Wunderwerk dadurch hergestellt, daß er an Stelle des Schlagwerkes einen Phonographen einbaut mit einer Gummirolle, welche in bekannter Weise mit der Zeiteinteilung derart versehen ist, daß alle halbe Stunde die Zeit laut und deutlich gerufen wird. Bei Uhren ohne Schlagwerk wird der Apparat an Stelle des Weckers eingeschaltet, und man kann sich leicht den Schreck jenes Engländers vorstellen als derselbe, in einem Genfer Hotel abgestiegen, früh morgens neben seinem Bette deutlich die Worte vernahm: „Es ist 6 Uhr vorüber und die höchste Zeit zum Aufstehen." Diese neue originelle Verwendung des Phonographen dürfte geeignet sein, demselben eine umfangreichere praktische Verbreitung zu sichern, als dies bisher geschehen ist. Ein Vorläufer hatten derartige Uhren allerdings schon in den vor mehreren Jahren auftauchenden sprechenden Puppen, welch letztere aber, des hohen Preises wegen, keine abgemeine Einführung fanden.
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In Gedanken.) Räuber: „Geben
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ofort Ihre Börse und Ihre Uhr! Professor: „Aber, mein Herr — ich kenne Sir ja gar nicht!"
(Merkwürdiger Fall.) „Der Rentier Huber bleibt bei Ihren Jagden nie aus, Herr Förster?' — „Niemals, der kommt jeder Einladung nach und fehlt doch immer!"
Telegramme.
Berlin, 6. Nov. Mit Rücksicht auf die tropische Hitze, welche zur Zeit der Kaiserreisin Syrien und Palästina geherrscht hat, ist da Kaiserin von ärztlicher Seite angeraten worden nicht auf dem kürzeren Wege vom Süden nach Norden zurückzukehren, da ein schroffer Tew peraturwechsel mit nachteiligen Folgen für die Gesundheit verknüpft sein könnte. Es ist deshalb wahrscheinlich, daß die Majestäten die ganze Reise heimwärts nach Deutschland zur See zurücklegen werden.
Bückeburg, 6. Novbr. Bei der gestern abgehaltenen Reichstagsersatzwahl erhielt Müller (frs. Vp.) 2584, Bockler (Reformpartei) UZ, Stroßer (kons.) 2336, Reichenbach (Soz.) 5SI Stimmen. Somit ist Stichwahl zwischen Müller und Stroßer.
Paris, 6. Nov. Die „Agence Havas' giebt unter Vorbehalt eine Depesche des „Nev Jork Herald" aus Singapore wrever, wone- die französische Kirche in Bangkok am 19. mir 20. Oktober von siamesischen Polizeibeamten uni Soldaten geplündert worden sein soll; dieselbe« hätten behauptet, daß dort böse Geister ihr Unwesen trieben. Die Thüre der Kirche wurde zerbrochen, der Tabernakel wurde zertrümmert, mit den Bajonetten wurden Stickereien und Ornamente zerrissen. Man sagt, es handle sieh um eine Bande von 7 Siamesen, die von englischen Offizieren dazu beordert worden seien. Die siamesischen Behörden hätten sich geweigert, um Entschuldigung zu bitten. In Bangkok herrscht Unruhe.
Paris, 6. Nov. Wie eine hiehergelangte Depesche meldet, erhielten die vor kurzem zum Winteraufenthalt in Cannes eingetroffenen englischen Offiziere den Befehl, sich sofort in ihre Garnisonsorte zurückzubegeben.
Paris, 6. Novbr. Die Blätter erörtern die Sprache Salisburys im Mansionshouse und die der englischen Presse weiter und erklären, die Räumung Faschodas beweise nichts anderes, als daß Frankreich sich einer Macht gegenüber befinde, deren Feindseligkeit deutlich zeige, daß Frankreich entweder auf seine Kolonien verzichten oder deren Verteidigung durch ein großes Kolonieheer und eine gut befehligte Marine reorganisieren müsse.
Charleston, 6. Nov. Das Panzerschiß „Maria Theresia" von dem seinerzeitigen Geschwader Cerveras, welches in der Schlacht bei Santiago de Cuba gestrandet und später von den Amerikanern flott gemacht worden war, iß am 1. Okt. bei den Bahama-Jnseln gescheitert Die Mannschaft wurde gerettet und ist hier eingetroffen.
Rotterdam, 6. Nov. Bei dem Versuche, einen Wechsel über 5000 ^ auf eine Berliner Firma lautend, zu veräußern, wurde hier ein Deutscher verhaftet.
Kanea, 6. Nov. Gestern wurde der Reg der türkischen Truppen vom englischen Geschwader nach Kandia gebracht und auf einem türkischen Schiff transportiert. Hier hat die Entwaffnung der Christen begonnen.
Kanea, 7. Nov. Meldung des Wiener Correspondenzbureaus: Ein in der Nähe des Fort Jdzedin verankertes türkisches Panzerschiff mit Marinemannschaft an Bord ohne Dampfmaschine wurde von Insurgenten beschossen. Eine italienische Panzerfregatte kam zum Schutze herbei: Die türkische Post- und Telegraphenverbindung wurde siftiert.
Rio de Janeiro, 6. Nov. Der Hauptanstifter der am 5. November 1897 erfolgten Ermordung des Kriegsministers Bitencourt wurde zu 30 jährigem Gefängnis, die vier anderen Mitschuldigen zu 10 bis 20 Jahren Gefängnis verurteilt.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.