830

Aus Stadt Bezirk und Umgebung.

Se. Maj. der König hat den Amtsnotar Karlein in Buchau zum Gerichtsnotar in Calw und den Amtsgerichtsschreiber Nagel in Calw zum Amtsnotar in Roth ernannt.

Die 2. Schnlstelle in Pfalzgrasenweiler ist dem Unterlehrer Jakob Kühe fuß in Wildbad übertragen worden.

Calw, 5. Nov. Ein hiesiger, 16 Jahre alter Schlosserlehrling kehrte vor einigen tragen mit einem Kameraden von Gültlingen hierher zurück. Unterwegs wurde ein neugekaufter Re­volver probiert: hierbei wurde der Lehrling un­glücklicherweise getroffen und die Kugel in die Brust geschossen, wo dieselbe in der Lnngen- gegend stecken blieb. Der Getroffene suchte den Vorfall zu verheimlichen und ging andern Tags noch seinem Geschäfte nach. Die Folgen aber blieben nicht aus und so mußte derselbe wegen einer Operation heute in die chirurgische Klinik nach Tübingen überführt werden.

Pforzheim, 5. Nov. Schon wieder mußte ein junger Mann sein Leben lassen infolge einer Rauferei. Dieselbe fand vor ungefähr sechs Wochen in einer hiesigen Wirtschaft statt, wobei ein Metzgerbursche dem 23jähr. Wilhelm Kalm- bacher mit einem Bierglas derart auf den Kops schlug, daß er schwere Verletzungen erlitt, an deren Folgen er gestern starb. Der Thäter ist verhaftet und wurde gestern seinem Opfer bei der Sektion gegenübergestellt. Unter Italienern, welche eine Stunde von hier in der Nähe des Seehauses mit Erdarbeiten beschäftigt waren, ist gestern früh gegen9 Uhr ein Streit ausgebrochen, der solchen Umfang annahm, daß die Gendarmerie telegraphisch benachrichtigt wurde und einschritt.

Deutsches Weich.

Berlin, 5. Nov. DieHertha" ist gestern in Jaffa angekommen u. gleich darauf nach Beirut in See gegangen. DieHela" ist am 4. d. M. von Jaffa in See gegangen und am 5. d. M. in Beirut eingetroffen. Sie geht am 6. d. M. nach Port Said zurück. DieHohenzollern" ist heute in Beirut eingetroffen und wird am 12. die Weiterreise nach Rhodos fortsetzen.

Berlin, 6. Nov. Das deutsche Kaiser­paar ist heute früh 9 Uhr in Beirut einaetroffen und verbleibt an Bord bis zu der am Montag früh erfolgenden Abreise nach Damaskus. Alles ist Wohl, es herrscht eine tropische Hitze.

Ausder Pfalz, 1. Nov. Eine in Kaisers­lautern abgehaltene Vorstandssitzung des Ver­bands Pfälzischer Gewerbevereine nahm folgende Resolution einstimmig an:Die Vorstände-Ver- sammlung pfälzischer Gewerbevereine bedauert die Auswüchse der großen Warenbazare und hält im Interesse der Aufrechterhaltung des Kleinhandelsftande eine eingreifende Staatssteuer für wünschenswert, und zwar Progressiv nach Umsatz und Ertrag. Ferner macht sie aus die Möglichkeit der Bekämpfung der Schädigungen durch das Gesetz über den unlautern Wettbewerb aufmerksam, wenn sie auch den Nachweis der Unlauterkeit den Geschädigten überlassen muß. Im weiteren empfiehlt sie, die Steuerbehörden anweisen zu wollen, aus die Ausverkäufe, Warenversteigernngen und Warenwanderlager ein besonderes Augenmerk zu richten und die bestehenden Filialgeschäfte der Bazare zu einem höheren Prozentsatz der Staatssteuer heran­zuziehen als die selbständigen kleineren Geschäfte."

Das Kunstgewerbe, noch vor zwei Jahr­zehnten in Deutschland recht stiefmütterlich ge­pflegt, hat sich jetzt so entwickelt, daß sein Ein­fluß sich überall bemerkbar macht. Es ist eine Lust, zu sehen, welches Leben in kunstgewerblichen Kreisen herrscht, welche Fülle von Ideen wirksam ist, wie die hervorragendsten Künstler eine Ehre darein setzen, durch ihre Ideen und Entwürfe dem Kunstgewerbe Blut zuzusühren. Wir gehen der Wiedergeburt der Zeit entgegen,da Kunst dem Handwerk war geweiht," ja wir leben be­reits im Anfang dieser Periode. Daß das Kunstgewerbe sich so entwickeln konnte, verdanken wir den Kunstgewerbeschulen, in denen die Kräfte geschult und mit Ideen erfüllt werden. Das Gebiet der Möbelschreinerei bietet heute die besten Aussichten für einen talentvollen jungen

Mann. Ueberall verlangt man Kräfte, die den hochgespannten Anforderungen, wie sie die Her­stellung kunstvoller Wohnungsausstattungen er­fordert, genügen können. Solche Kräfte bilden die Kunstgewerheschulen aus. Gute Schreiner sind zur Zeit sehr gesucht; es kann daher einem jungen Manne angeraten werden, sich diesem Handwerke zu widmen.

Münster i. Els. 3. Novbr. Sehr wohl­wollend und edel, wie der verstorbene Groß­industrielle Alfred Hartmann stets bei Leb­zeiten war, so ist auch dessen Testament ausge­fallen. Es haben von ihm Vermächtnisse erhalten: der GesangvereinEintracht" 4000, der Turn verein 4000, die Feuerwehr 16000 die Musik 8000, das Hospital 8000, die städtischen Armen 16000 Mk., die Stadt Münster das jährliche Einkommen vom Hotel Altenberg. Eigentümer dieses Prachthotels sind die Fabrikbesitzer Andreas Hartmann und die zwei Kinder der Frau Witwe Albert Hartmann geworden. Die sonstigen Ver­mächtnisse an Verwandte, Dienerschaft u. s. w. welche bedeutend sein sollen, sind noch unbekannt.

Vom Weinmarkt. Rappoltsweiler, 4. Nov. Zur Zeit ist die Weinlese in unserer Gegend vollständig beendet. Es fiel die Quantität hier und südlich etwas besser aus, als gehofft war. Die Regengüsse im Oktober hatten Wunder gewirkt und die Trauben reiften sehr schön aus. Umsatz noch sehr schwach, weil die Käufer vor den hohen Preissorderungen zurückschrecken. Es wurden die neuen Weine hier zu 21- 23 Mk. und in Reichenweier, Zellenberg, Beblenheim und Hunaweier zu 21 -22 Mk., zu Mittelweier zu 1820 Mk. die 50 Liter verkauft. Württem­berg war wieder bei den Ankäufen am meisten vertreten und wird nach der Periode der Klärung noch mehr aufkaufen, wenn die Preise etwas mäßiger geworden sind. Der allgemeine Still­stand und die Einfuhr von italienischen neuen Weinen wirken in der That drückend, sodaß trotz der guten Qualität die Preise vielleicht noch auf 2021 Mk. pro 50 Liter sinken werden.

Vom Kaiserstuhl, 2. Nov. Die Flauheit im diesjährigen Weineinkaufsgeschäft hat sich nun auf den ganzen Kaiserstuhl ausgedehnt und viele Winzer würden heute ihre 1898er gern zu den ihnen während und nach dem Herbst gebotenen Preisen abgeben. Die höchsten Preise wurden in Rothweil bis zu 100 Mk. per 150 Liter für Weißherbst bezahlt, Rotwein 8090 Mk. per 150 Liter. Von der Haardt, 1. Novbr. Das freihändige Berkaufsgeschäft mit Wein wurde durch die Lese in keiner Weise beeinträchtigt, vielmehr hat das Animo in den letzten Tagen noch eine Steigerung erfahren. Von der Nahe, I.Nov. Die allgemeine Lese ist bereits im Gange oder steht unmittelbar bevor. Das Quantum fällt meist noch geringer aus, als man bis jetzt erwartet hatte. Die Qualität ist sehr unterschiedlich. Durchschnittlich dürste dieselbe gegen die des 1897er noch weit Zurückbleiben.

(D. Wein-Ztg.)

Württemberg.

Mergentheim, 5. Nov. Bei der letzten Donnerstag in Markelsheim stattgehabten Ver­steigerung der Weingärtnergesellschaft kam sozu­sagen kein Verkauf ihrer Weine zu stände, da für l. Qual, bei schwacher Beteiligung nur etwas über 40 ^ geboten wurde, während die Ge­sellschaft unter 50 nicht abzugeben sich ent­schlossen hatte.

Stut gart, 5. Nov. Vor einigen Tagen

während der Vermählungsseierlichkeiten ist es einem Manne gelungen, nachts in den Wilhelmspalast einzusteigen. Wie man hört, handelt es sich um die That eines geistig ge­störten Mannes, der zur weiteren Beobachtung seines Zustandes ins Bürgerhospital eingeliefert wurde.

Gauverbände der Gewerbevereine. Aus Besigheim wird berichtet: Da mit der Errichtung der Handwerkskammern auch eine Organisation von Gewerbevereins­gauverbänden für das ganze Land geplant ist und Vorschläge für die Gruppierung der verschiedenen Verbände bereits gemacht sind, wurde am Sonntag in einer hier unter dem

Vorsitz des Gewerbevereinsvorstandes, Buchdrucker Müller, abgehaltenen Versammlung von Mit­gliedern der Gewerbevereine Besigheim, Bietigheim Bönnigheim, Lauffen a. N., Marbach und Vaihingen a. E. der seit 1874 bestehende Gau­verband aufgelöst. Später wurde dann, nachdem sich noch Vertreter der Gewerbevereine, bezw. des Gewerbebestandes von Backnang, Murrhardt Brackenheim und Maulbronn eingefunden hatten' an Stelle des aufgelösten Verbandes ein neuer Verband gegründet, der diese 10 Vereine umfaßt. Bei einer Besprechung der Einrichtung und Befugnisse der neuen Handwerkskammern wurde einstimmig gewünscht, die Kosten dieser Einrichtung möchten nicht auf die einzelnen Gemeinden oder die Gewerbetreibenden umgelegt werden, sondern der Staat solle dieselben leisten. lieber den Wert und die Notwendigkeit der ans staatlichen Mitteln unterstützten Lehrlings­werkstätten wurden verschiedene, zum Teil gegen­teilige Ansichten laut. Man einige sich dahin, daß die Lehrlingswerkstätten wie die Fachschulen um ihrer Bedeutung für die Hebung des Ge­werbestandes willen, der Förderung mrd Unter­stützung durch die Regierung wert seien. Der Höchstbetrag des staatlichen Zuschusses zu einer Lehrlingswerkstätte betrage pro Lehrling 20Y Mark. In Betreff der Entschädigung, die den bei den Handwerkerkammern rc. thätigen Meistern und Gesellen zu teil werden soll, hielt man fm angemessen: für Zeitverlust Pro -vag für einen Meister 5 Mark, für einen Gehilfen 3 Mark, für Verköstigung noch je 3 Mark und für die Reise eine Retourkarte 2. Klasse, bezw., wenn eine Benützung der Eisenbahn ausgeschlossen sei, pro Kilometer 20 Pfg. Die nächstjährige Gau­versammlung soll in Bietigheim abgehalten werden.

Hall, 5. Nov. In Zimmertshaus, hies. Oberamts, wollte der Söldner Taidigsmann seinen schon ohnehin ca. 60 Fuß tiefen Brunnen noch tiefer graben, weil er zu wenig Wasser hatte und hat zu diesem Zwecke die in der Tiefe befindlichen Felsen mit Pulver gesprengt. Einige Zeit, nachdem der Schuß losgegangen war, begab sich der 24 Jahre alte Sohn desselben in den Brunnen, um weiter zu arbeiten. W er an einer Leiter etwa die Hälfte hinunter­gestiegen war, wurde er von den entwickelten Gasen betäubt und stürzte in die Tiefe. Der Vater, welcher dem Sohne nacheilte, wurde auch betäubt und stürzte ebenfalls hinunter. Durch rasch herbeigeeilte Hilfe aus dem benachbarten Sanzenbach wurden die Beiden nach vieler Mühe an die Erdoberfläche geschafft, und kam der Vater nach längeren Wiederbelebungsversuchen wieder zur Besinnung, während der Sohn infolge eines Schädelbruchs tot blieb. Das Befinden des Geretteten soll befriedigend sein, da er wunderbarer Weise auch nicht ein Glied ge­brochen hat.

Heilbronn, 3. Nov. Vor der Straf­kammer stand heute die wegen Betrugs schon oft vorbestrafte 74 Jahre alte Fuhrmannsehefran Rosine Kaiser von Murrhardt, OA. Backnang, eine alte Quacksalberin, wegen Betrugs im Rück­fall. In der Zeit von Weihnachten 1896 bis Frühjahr 1897 magerte das Vieh des Bauern W. Kübler in Lautern, OA. Marbach, wahr­scheinlich infolge Futtermangels, zusehends ad. Kübler glaubte nun, sein Vieh seiverhext" und zog auf Anraten Dritter die als Schwarz- künstlerin in der Backnanger Gegend bekannte Angeklagte zu Rate. Diese erklärte ihm, sie könne seinem Vieh helfen, er müsse seinen Stall eben bei ihrversichern", dies koste aber viel Geld, und zwar 60 ^ Kübler ging nun darauf ein; die Angeklagte kam in seinen Stall und beschwor durch allen möglichen Hokus-Pokus das Vieh und gab außerdem einen an die Thure zu nagelnden Zettel her. Hiefür bezahlte ihr Kübler 60 ^ und 1 Trinkgeld. Im Früh­jahr 1897 nahm dann, jedenfalls infolge besserer Fütternng, das Vieh wieder zu. Kübler schrieb dies der Thätigkeit der Angeklagten zu und glaubt dies auch heute noch; er meinte m der heutigen Verhandlung,geholfen hat sie dem Vieh eben doch"! Das Urteil lautete aus o Monate Gefängnis. ^

Heilbronn, 5. Nov. Während emc Frau ihr kleines Kind auf dem Tische liegen hatte,