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Die Fürstin läßt sich nach dem Befinden des fremden Herm erkundigen/ hörte ich eine Frauenstimme flüstern.

Es geht ihm augenblicklich gut; er wird bald geheilt sein/ erwiderte der Alte kurz und schloß die Thür wieder, offenbar bemüht, mir jeden Verkehr mit andern Bewohnern der Burg abzuschneiden.

Ms ich seine Frage, ob ich noch irgendwelche Befehle habe, kurz verneinte, zog auch er sich zurück und ich war mir nun selbst überlassen.

(Fortsetzung folgt.)

Die Kaiserreise nach Jerusalem,

xx.

20 Das Kloster Marsaba und das tote Meer.

Unsere Reise von Bethlehem ging zunächst durch Gersten- und Linsenfelder, auch an einigen Weingärten vorbei, dann aber in eine gebirgige Kalkstein-Wüste, wo nur infolge des starken Winterregens sich hie und da in den Rinnsalen ein grüner Schimmer bemerkbar machte. Gegen 5 Uhr kamen wir an dem Kloster Marsaba an, wo wir unsere 4 Zelte, 2 für uns und 2 für die Dienerschaft, schon aufgeschlagen fanden; wir eilten aber sofort zur Besichtigung des Klosters, eines der eigentümlichsten der Welt. Der heilige Saba, welcher es gegründet, hat von Anfang an in einer Höhle am Felsenabhange des Kidron- thales gewohnt und zwar mit einem Löwen zu­sammen. Bald zog er eine Schar von Anacho- reten heran, welche sich ebenfalls in den in dem Kalkfelsen vielfach vorhandenen Grotten an­siedelten. So entstand allmählich das Kloster, indem die Grotten nach außen durch Anbau er­weitert wurden, und es ist jetzt ein sehr weit­läufiger und unregelmäßig gebauter Komplex, dessen einzelne Teile an den steilen Felsenab­hängen des Kidronthales zu hängen scheinen. Trotz dieser Unzugänglichkeit wurde das sehr alte Kloster oft von Feinden heimgesucht und ge­plündert, am schlimmsten erging es ihm in der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausend unserer Zeitrechnung, als die Perser unter Chosroes es ausraubten und eine Menge Höhlen-Eremiten erschlugen, deren grinsende Schädel uns in der St. Nikolaus-Kapelle gezeigt wurden. Jetzt ist das Kloster eine Demeriten-Anstalt für unbot­mäßige, griechische Geistliche, zur Zeit unseres Besuches war es etwa von 50 Mönchen unter einem Archimandriten bewohnt. Ohne Acker und Garten erhalten sie ihre ganze Verpflegung von Jerusalem und scheint nur Langeweile als Straf­mittel in Kraft zu stehen.

Um 5 Uhr morgens giengen wir auf einem sehr beschwerlichen Gebirgspfade unter anhalt­endem Regen über die Berge und durch die engen Schluchten nach dem toten Meere.

Gegen Mittag langten wir am toten Meer an und zwar in der Nähe der Stelle, wo sich der Jordan in dasselbe ergießt. Das Land, welches wir nach Überschreitung des Kalkstein- Gebirges etwa eine Stunde vor dem Meere passierten, ist alter Meeresboden und wüst und öde, wie die ganze Umgebung des Meeres, dessen bittersalziges Wasser keine Vegetation aufkommen läßt. Wir waren hier am tiefsten Punkte der Erdoberfläche angelangt, denn das tote Meer liegt nahe an 400 Meter unter dem Wasser­spiegel des Mittelmeeres, an seiner tiefsten Stelle soll es sogar noch 400 Meter tief sein; es ist nur im Norden, wo wir uns befanden, von der Ebene des Jordan begrenzt, an allen Seiten er­heben sich steile Felsen, zum Teil vulkanischen Ursprungs. Der südliche Teil des Sees, an welchem die Städte Sodom und Gomorra ge­sucht werden müssen, war trotz der wieder lach­enden Sonne in Nebel gehüllt; es soll dieses stets der Fall sein, da das tote Meer keinen Abfluß hat und die ganze täglich vom Jordan zugeführte Wassermenge, die einer 13 '/-> Milli­meter dicken Wasserschicht entspricht, verdampft.

Die warme Temperatur, die gegen die frische Luft Jerusalems sehr abstach, erklärte sich da­durch, daß wir uns 1154 Meter tiefer als in Jerusalem befanden, 393 Meter, wie schon ge­sagt, unter dem Niveau des Mittelländischen

Meeres. Das Wasser des toten Meeres ist außerordentlich bitter, der Jordan, von dem täg­lich ein Zufluß von etwa 6 Mill. Tonnen süßen Wassers hineinkommt, vermag es nicht zu ver­süßen, es enthält immer 25 Proz. feste Bestand­teile, worunter 7 Prozent Kochsalz. Im Süden sind die großen Salzlager, mit denen es in Ver­bindung steht und die dem (Wasser einen so scharfen, bitteren und salzigen Geschmack geben, daß man es sofort wieder ausspeien muß. Das Wasser ist durch diese starke Beimischung so schwer, daß es für einen menschlichen Körper unmöglich ist, darin unterzutauchen, das Wasser trägt ihn immer wieder in die Höhe. Auch wirft es alles Holz, welches der Jordan hinein­spült, sofort wieder ans Ufer, welches von Baum­stämmen und Aesten bedeckt ist. Etwas Schilf und kleines Gesträuch befindet sich übrigens in der Nähe des Meeres, wo wir hindurch ritten.

Nachdem wir am Meeresufer während einer kleinen Pause gefrühstückt, verließen wir das un­wirtliche Gestade und ritten durch die wüste Ebene so weit hinaus, bis wir an einer im schönsten Grün prangenden Stelle an den Jordan kamen und zwar an den Ort, an welchem Christus von Johannes getauft sein soll. Hier machten wir bei einer schönen Balsampappel Halt, und mein Freund füllte sich eine Flasche voll Jordanwasser, zur Taufe seines Erstge­borenen. Im Hohenzollernhause ist es Tradi­tion, daß die Taufe mit Jordanwasser geschieht. Der Jordan ist kein großer Fluß, an dieser Stelle etwa 33 Meter breit, aber ziemlich reißend; das Ufer, an dem wir uns befanden, war flach und mit Balsam-Pappeln, Tamarinden und Weiden bedeckt, das andere Ufer steil und felsig. Nach dreistündigem Ritt langten wir bei dem Dorfe er-Riha an, an der Stelle, wo Jericho einst gestanden haben soll. Das Jordanthal, welches bis Jericho noch mehrere hundert Meter unter dem Niveau des Meeres liegt, gegen Winde geschützt und durch den Jordan in jeder be­liebigen Weise zu bewässern ist, könnte eines der größten und dankbarsten Gemüse-Frühbeete der Welt sein.

Ein alter germanischer Friedhof wurde kürzlich bei Bodman am Bodensee auf einem Ackerselde entdeckt. Geheimer Rat Wagner aus Karlsruhe ist gegenwärtig damit beschäftigt, Ausgrabungen vorzunehmen, die eine große Anzahl Waffen, Gerate und Schmuck­gegenstände aus Bronze, Eisen und Glas zu Tage fördern: ungefähr 20 Gräber wurden geöffnet. Der Friedhof soll aus dem 4. oder 5. Jahrhundert stammen.

Der Generalpostmeister in Sydney (Neu-Süd-Wales) scheint nicht sehr frauenfreund­lich zu sein. Er hat sich,um der übertriebenen Geschwätzigkeitsneigung der Damen zu steuern," wie er sich in seinem Erlaß ausdrückt, veranlaßt gesehen, die Dauer von Unterhaltungen am Fernsprecher auf höchstens zehn Minuten festzu­setzen.

(Paradiesäpfelsalat.) Einige frische Tomaten werden gewaschen, mit scharfem Messer in feine Scheibchen aufgeschnitten, gesalzen und gepfeffert. Man verrührt dann zwei harte Eidotter mit zwei Eßlöffeln Oel halbsoviel Senf, dem nötigen Essig, etwas feingeschnittenen Schnittlauch und einem Theelöffel Maggi und übergießt mit dieser Sauce die Tomaten.

(Ein Schwerenöter.) Dame:Soeben erhalte ich einen Brief von meiner Freundin, darin sendet sie mir tausend Küsse. Ist das nicht nett?" Herr:Das heißt, Fräulein Amalie, da könnten Sie mir eigentlich leicht ein paar abgeben!"

Merblümt.)Wenn ich Sie so sehe, Herr Bummel, muß ich immer an einen Herrn Meyer denken, der ist mir nämlich auch noch zehn Mark schuldig."

(Praktische Chemie.) Professor:Was geschieht mit Gold, wenn es längere Zeit in der freien Luft liegt?" Schüler;Es wird gestohlen!"

(Aus der Kaserne.) .:Wie

Sie?" Rekrut:Ochs." .: ^

heißen schon Ochs ja Mensch, wie soll"»,», Sie denn da noch nennen.

Telegramme.

Pera, 23. Okt. Das Kaiserpaar sch nachmittags 2 Uhr unter militärischem Gepriinl, vom Dildiz nach Dolma-Bagdsche auf der aanr« Fahrt lebhaft begrüßt. Die Einschiffung de! kaiserlichen Gefolges begann um 4'/ Uhr. Bo, Palais bis zum Landungsquai bildete die LK kompagnie mit Musik und Fahne Spalier. II, 4BB Uhr erschienen an der Ausgangspforte Kz Palastes die Kaiserin am Arme des Sultan und der Kaiser in der Uniform der Garde d, Korps. Die Majestäten durchschritten unter den Klängen der deutschen Nationalhymne das Ehre,- spalier. Der Abschied gestaltete sich sehr herz­lich. Der Sultan drückte der Kaiserin mehrfach die Hand. Von dem Kaiser verabschiedete fich der Sultan durch wiederholtes Händeschüttel, Auf der Fahrt znr JachtHohenzollern" wurde das Kaiserpaar von den Mitgliedern der deutscher Kolonie, welche sich in der Nähe des deutsche! Geschwaders in Booten befanden, begrüßt. N Hohenzollern," sowie die türkischen Schifl gaben Salutschüsse ab. Nach 5 Uhr erfolgt! die Abfahrt derHohenzollern" und d« Herta." DieHela" war bereits vormittag! abgefahren. Als dieHohenzollern" sich in Bewegung setzte, wurde wieder Salut geschossen. Die am Meer angesammelte Volksmenge brachte dem Kaiserpaar lebhafte Ovationen. Der Kaiser hat dem Sultan einen goldenen Stock zum Geschenk gemacht, welcher genau dem von Fried­rich dem Großen gebrauchten nachgemacht ist Ferner stiftete der Kaiser einen Brunnen nach eigenem Entwurf.

Pera, 24. Okt. Das kaiserliche Geschwader ist nachts // Uhr in den Dardanellen auge­kommen und wurde feierlichst begrüßt. Ter Kaiser wechselte mildem Sultan herzliche Depesche:

Paris, 23. Okt. Der Ministerpräsident richtete an den Kriegsminister ein Schmie», in welchem es heißt:Ich bin glücklich, Hm mitzuteilen, daß die Regierung mich gebeteM, an Sie Ihren Dank zu richten für die Beihilfe, welche ihr die Armee in letzter Zeit geleistet hat. Die Ordnung ist aufrecht erhalten und die Arbeit friedlich wieder ausgenommen worden dank der von den Heerführern ergriffenen Maß­regeln und der Disziplin der Truppen und dank dem vollkommenen Einvernehmen zwischen Militär- und Zivilbehörden.

Paris, 24. Okt. Eine Note der Agence Havas erklärt, die beunruhigenden Gerüchte, welche über die Beziehungen zwischen Frankreich und England verbreitet wurden, seien völlig unbegründet. Ebenso sei es unrichtig, daß i» irgend einem französischen Kriegshafen außer­ordentliche Maßregeln getroffen worden seien.

Perth, 23. Oktober. Lord Rosebery hie« gestern hier eine Rede, in welcher er sagte, ohne einen ausführbaren Plan dürfte der Abrüstungs- Vorschlag des Zaren zu keinem greifbaren Resul­tat führen. Nachdem Rosebery den Bemühungen des Kaisers von Rußland vollends Lob gespendet hatte, erklärte er, der europäische Frieden hmige gegenwärtig in der Hauptsache von der Sch" ab, welche die gewaltigen Rüstungen einslößen. Des weiteren führte Rosebery aus, er HG und glaube, daß die Expedition Marchands nur eine Forschungsexpedilion gewesen sei. diesem Glauben hätte ihn die Erklärung de- französischen Ministers des Aeußeren gebrach Wenn aber Marchand nicht Emmissär m Zivilisation, sondern der Herrschaft und Gewalt­samkeit sei, dann werde die Angelegenheit ei» stark verändertes Aussehen erhalten. Rosem« betonte, daß England Egypten dasjenige WM verschafft habe, von dem die französische Reg« ung erklärt hätte, daß es Egypten gehöre.

Pretoria, 23. Okt. Wie gerilchM verlautet, soll am Zoutpamberg ein M Haufe von Kaffern und Magatos unversehe-- eine Abteilung Buren überfallen habe"., Angriff soll durch mörderisches Artillerieseu zurückgeschlagen worden sein.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.