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ist mit kleiner Gefolgschaft entflohen. Besonders erfreulich ist es, daß die von dem Mahdi ge fangen gehaltenen Europäer, darunter der deutsche Missionar Neufeld, befreit werden konnten. Der vom Standpunkte des allgemeinen Kultur- Interesses erfreuliche Waffen - Erfolg der Engländer hat den Kaiser veranlaßt, nach dem Feldgottesdienst auf dem Waterlooplatz in Hannover auf diesen Sieg hinzuweisen und ein Hoch auf die Königin von England auszubringen, nachdem der Monarch vorher der deutsch-englischen Waffenbrüderschaft bei Waterloo gedacht hatte. Und weiter hat der Kaiser umgehend an die britische Regierung telegraphisch folgenden Glückwunsch gesandt: „Ich freue mich aufrichtig, zu dem glänzenden Siege bei Omdurman gratulieren zu können, der endlich den Tod des armen Gordon rächt." - - In Chartum ist bereits am Montag Abend die ägyptische Flagge gehißt worden. Darauf wurde von den in die Trümmerstadt eingerückten englischen und ägyptischen Abteilungen eine Trauerseier für Gordon veranstaltet. Auf dem Schlachtfeld von Omdurman sind bereits die Leichen von etwa 5000 Derwischen der Erde übergeben worden. - Die „Daily News" melden aus Omdurman vom Montag, daß Major Stuart Wortley mit eingeborenen Truppen vor der letzten großen Schlacht Dörfer und Forts am rechten Nilufer von etwa 1000 Derwischen besetzt gesunden habe. Die eingeborenen Truppen hätten sich sehr tüchtig gehalten und die Derwische von Dorf zu Dorf gejagt, wobei sie 350 derselben töteten und auch drei Geschütze erbeuteten.
Ottawa, 7. Sept. 2 Bogen der bei Cornwall über den Lorenzstrom führenden großen Eisenbahnbrücke stürzten gestern plötzlich zusammen; dabei sind 30 Personen ums Leben gekommen, 12 erlitten erhebliche Verletzungen.
London, 8. Sept. Das Reuter sche Bureau meldet aus Peking vom 7. ds. Mts.: Li Hung-Tschang wurde abgesetzt.
Unterhaltender Teil.
Der letzte Gruß.
Erzählung aus dem dreißigjährigen Kriege von E. Escherich.
(Fortsetzung.-,
Er schwieg. Leise schluchzten die Frauen, der greise Priester aber neigte sich jetzt zur Freifrau: „Der liebe Gott hat's gegeben, er hat's wieder genommen, er weiß warum; füget Euch drein, arme Mutter und folget mir nun und ruhet Euch aus. Nach dem Sturm kommt immer Stille; und in der Einsamkeit könnet auch Ihr den Balsam finden, den Eure Wunde bedarf."
Widerstandlos ließ sich die alte Dame von ihm fortführen.
Schon wollte auch der Junker sich entfernen. Aber das Fräulein, das zurückgeblieben war, ergriff seine Hand und zog ihn zu einer Sitzbank: „Verzeiht den wenig gastlichen Empfang, der Euch bereitet worden. Sonst ist die Naabburg allzeit berühmt gewesen, ob ihrer Wirtlichkeit; aber heute, wo sie zum Trauerhause geworden um ihren letzten Herrn, dürfet Jhr's nicht übelnehmen. Auch nicht, daß die Mutter Euch den Dank zu sagen vergessen hat, für die Mühe und Beschwerlichkeit, die Ihr gehabt, uns diesen letzten Gruß des Bruders zu bringen. So gut es möglich ist, werd' ich sorgen, daß Ihr Euch ausruhen und stärken könnet, nach dem langen Ritt, aber zuvor sagt mir noch eins: „Hat er lange und schwer gelitten?" Ihre Stimme zitterte stark.
Der Junker hielt noch ihre feinen, weißen Hände zwischen den seinen. „ Es war ein schneller, kurzer Todeskampf; ich glaube, daß er sich des Schmerzes kaum bewußt war, denn sein Antlitz blieb noch im Tode still und friedlich, wie das eines Schlafenden." Er fühlte einen schwachen Druck ihrer Finger.
„Habet Dank, tausendfachen Dank." Das wird mir über viel weghelfen. Aber nun folget mir, daß ich für Eure Bequemlichkeit sorge."
Der Junker wollte abwehren. Er werde sogleich wieder fortreiten, nun er sein traurig Geschäft abgethan; er wolle nicht weiter stören.
Sie aber ließ ihn nicht zu Ende kommen. Die Mutter würde schelten, wenn sie später erführe, daß sie ihn so fortgelassen und ehe er sich's recht versehen, da hatte sie ihn in ein wohl eingerichtetes Gastgemach geführt, mit breiter Lagerstelle und Weichen Decken und Kissen. „Nun möget Ihr den Staub der Heerstraße von Euch waschen und rasten nach Eurer Bequemlichkeit, ich werde Euch einen Diener heraus senden, so Ihr sein bedürfet."
Damit war sie gegangen. Bald hernach aber kam ein Knecht mit Wein und kaltem Wildbret und frug nach seinen Befehlen. Junker Axel, der seit langem nimmer an solch anmutig weibliche Fürsorge gewöhnt war, fand sich ganz feiertäglich berührt. Schon während der Studentenzeit und nachher während dem Lagerleben, war ihm solches nimmer vorgekommen.
Er ließ sich beim Umkleiden bedienen, dann verzehrte er das reichliche Mahl, und zuletzt streckte er sich aus das, mit dem feinsten Linnen bezogene Bett, zog die seidengefütterte Bärendecke über sich und schlummerte so schnell ein, daß ei- gar nimmer merkte, wie der Diener die Reste des Essens abräumte.
Als er wieder erwachte, war der Abend so tief herabgesunken, daß es bereits zu dunkeln begann, und so behaglich schien ihm dies wohlige Hindämmern, daß er sich erst nach geraumer Zeit entschließen konnte, auszustehen.
Bald nachher kam der Diener mit Licht: „Das gnädige Fräulein läßt fragen, ob der Herr Junker den Abendimbiß am Herrentisch zu nehmen beliebt? Es ist aufgetragen!"
Ganz schnell hatte Axel sich die Kleider geordnet. Er sollte das liebe, süße Gesicht wieder sehen., die holde Stimme wieder hören, die es ihm schon gleich beim ersten Begegnen angethan. Kaum konnte er den Augenblick erwarten, dem Fräulein gegenüber treten zu dürfen.
Im Speisesaal fand er die beiden Damen und den Kflplan. Frau von Weißenseis hatte sich gefaßt. Bleich, aber still sah das Weiße Gesicht aus dem schwarzen Gebänd der Wittwen- haube. Milde bot sie ihm die Hand: „Die traurige Stunde bietet wenig Wünschenswertes für den Gast, ich aber erkenne dankbar das Opfer an, das er uns bringt hier zu bleiben und die erste, schwerste Zeit mit uns zu teilen; denn wohl thut es mir, Jenen noch bei mir zu wissen, der dem Hingegangeuen liebgewesene, und einen Bruchteil des Gefühles das bislang dem Toten gegolten, ans den Lebenden übertragen zu können."
Axel errötete. Von einem Opfer seinerseits konnte nicht die Rede sein. Er drückte einen ehrfürchtigen Kuß auf die Hand der Freifrau und beugte sich nachher auch zu den rosigen Fingern des Fräuleins nieder, doch zeugte dieser letztere Kuß weniger von scheuer Ehrfurcht, als jener süßesten Empfindung, die das Menschenherz nur einmal durchströmt, der ersten, unentweihten Liebe.
Einsilbig verlief die Mahlzeit. Nach Tisch sprach der Kaplan mit dem Junker von den schlimmen Kriegsläufen und zuletzt, da die Damen sich zurückzogen, schlug er ihm ein Schachzabelspiel vor; und da sich erwies, daß die beiden Männer gleich gute Partner in dieser edlen Kunst waren, so widmeten sie ihr noch etliche Stunden und fanden so viel Gefallen an einander, daß sie sich trotz vorgerückter Nachtzeit nur ungern trennten.
Am nächsten Morgen sprach Axel schon beim Frühmahl davon, sein Pferd satteln und ins Lager zurückreiten zu wollen. Aber sowohl die Damen, als der Kaplan ließen ihn nicht fort, und da das Menschenherz sich durchschnittlich nicht lange nötigen läßt, zu dem, was es selber gerne thut, so blieb er.
Und so gingen vier Tage ins Land und Junker Axel saß noch immer zu Naabburg. Am fünften Morgen aber kamen flüchtige Bauern von Neustadt her, die Schweden ständen dort, sie kämen Wohl in kürzester Zeit auch hierher.
Da fuhr Axel auf aus seinem träumerischen Sinnen. Der Feind in Sicht und er selber fern von seinem Regiment. Er rief dem Diener zu, sein Pferd zu zäumen, und flog hinüber zu den Damen, Urlaub zu nehmen.
Wie ein Blitz war der Kriegsruf in das M, Schloß gefahren, aber nicht verheerend, nur er- leuchtend. Fräulein Erika wenigstens wußten,;, einemmal, daß der hochgewachsene Fremde iß, näher stand als sie sich selber eingestehen nwchi Dennoch zuckte sie mit keiner Miene. Z sie ihm die Hand zum Abschied bot: glücklich und mög Euch die heilige Jungsm beschützen!" ^
Dann aber, da er durchs Thor über de ! Wallgraben sprengte, folgten ihm ihre Auge noch lange. Ob sie ihn jemals wiedersah? W' wann? Endlich als ein vorspringender Hmst in ihren Blicken entzog, ging sie ins Haus^A unter, ihren täglichen Geschäften nach.
Aber der Abschied war für kürzere Z«, gewesen, als sie gemeint.
(Schluß folgt.) ,
Bismarck, ein deutscher Klassiker.!
xi. !
Auch ich nehme den Charakter eines Ehrenmanm für mich in Anspruch; denn die Geschicke eines StEr; von zwanzig Millionen lassen sich weder in gewiß» loser noch anders als in der Weise eines Ehrenmanns lenken.
Wenn ein Bürger die Ehre hat, von seinen bürgern zu ihrem Vertreter gewählt zu werden, so h- er keine dringenderen Geschäfte, als hier anwesend x sein und sein Mandat wahrzunehmen.
Minister müssen sich manches gefallen lassen, i« es braucht ja niemand Minister zu werden.
Ein Landrat hat privatim zu einem Bürgern,«)!, gesagt: „Es ist Ihre Pflicht, für gute Wahlen zr sorgen." Ja, das ist unzweifelhaft seine Pflichl; e- fragt sich nur, welche sind die guten? ;
Meistern Sie mich nicht in meiner Politik i>M<! halb des Bundesrates! Sie werden mich darin meines Weise eigensinnig finden, die nicht zu einem vertcha liehen Ende führen wird. >
Der Süddeutsche macht keine Volksbewegung übt keinen nationalen Druck aus seine eigene Regiemp auf seine eigene Dynastie — mit der Gefahr für Hin und Knochen, er könnte dabei zu Schaden komm«.
Einen Menschen zu überzeugen, ist an und siir'l sehr schwierig.
Die Unzufriedenen fühlen das Bedürfnis, dies einmal aufzumachen, ein Rad herauszuholen u»d , sehen, ob es dann vielleicht nicht noch besser geht. ;
Laupheim, 7. Sept. Daß der Abrüstung! Vorschlag des Zaren auch seine „Schattenseite', hat, zeigt folgender Fall. Zwei trink- u. strei) bare Bauern aus dem Oberamt Ehingen.behandelten" nämlich auch dieses Thema letzter Sonntag, wovon der eine für, der andere gege: dieses Friedenswerk war. Wie es nun so geh Heiß war es, heiß wurde es immer mehr, daz> kam infolge eben dieser Hitze ein kolossaler Duri und das Ende vom Lied war, daß die beide: „Politiker" auf dem Heimwege den Abrüstung- gedanken wohl anders behandelten, als es de Herrscher des gewaltigen Reiches im Sinne Hai sie prügelten sich nämlich so windelweich, das beide „blaue Medaillen" am Kopfe zu tram erbeuteten. Der eine davon hatte noch dazu ds zweifelhafte Vergnügen, zu Hause von seine besseren Ehehälfte mit dem Besen empfangen w zu Bette begleitet zu werden. Beide wollen jtz nicht mehr politisieren und den Abrüstung- Vorschlag „auslegen". Uebrigens sind beide M ausgesöhnt.
(Fatale Beruhigung.) Zahnarzt: »seier Sie unbesorgt, Fräulein, es thut durchaus M Weh?" — Patientin: „Der Herr eben W- aber so furchtbar!" — „Ja; aber nur desy , weil ich ihm statt des kranken einen gesun - Zahn ausgezogen hatte!" ^
Telegramme.
Hamburg, 8. Sept. Das Erkennv : der Klagesache der Erben des Fürsten arck gegen die Photographen Priester unv-- urde heute von der Feriengerichtskamme
andgerichts verkündet. Das Urteil laute - n 5. August von der Ferienzivilkammer e I! erfügung wird bestätigt, jedstch "er ^ Zorte „20000 ^ Geldbuße sur jedK etungsfall" dahin abgeändert ei eafe von 6 Monaten für jeden emzelnen F :s Zuwiderhandelns."
Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh in Neuenbürg.