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Ausland.
Lemberg, 18. Aug. Eine Feuersbrunst äscherte gestern in Skalat 300 Häuser ein. 1800 Menschen sind obdachlos.
Christiania, 17. Aug. In Folge starker Gewitter sind hier und in der Umgebung Überschwemmungen eingetreten. Mehrere Straßen der Stadt stehen unter Wasser. Der Bahndamm der Lysaker Strecke ist auf 400 Mtr. unterspült.
Kopenhagen, 17. Aug. In der verflossenen Nacht sind starke Gewitter über Jütland niedergegangen. 4 Personen wurden vom Blitze erschlagen. Mehrere Häuser und Gehöfte sind durch Blitzschläge in Brand geraten.
In einem neuen, an die Botschafter in London, Paris, Rom und Petersburg gerichteten Zirkular verlangt die Pforte abermals, daß die Admirale auf Kreta die Landung von türkischen Rekruten zulassen sollen, welche zum Ersätze der ausgedienten Mannschaften bestimmt sind. Im Interesse der Ruhe auf Kreta haben die Großmächte die Forderung aber nicht bewilligt.
Bombay, 17. Aug. Die Pest ist wiederum epidemisch geworden. In der letzten Woche starben infolge derselben 102 Personen gegen 85 in der vorhergegangenen.
Unterhaltender Heil.
Der geheimnisvolle Neffe.
(Schluß.)
Familie Pfeifer hatte also eine Wohnung efunden. -- Tekelchen mußte nun sofort nach er Bahn gehen, um die Besorgung des Gepäcks anzuordnen. Inzwischen entspann sich daheim zwischen ihren Eltern folgender kleiner Dialog:
„Weißt du, Männe, wenn der Neffe Herrn Worbkes seinem Onkel ähnelt, muß er ein sehr netter Mensch sein — innerlich wenigstens'"
„Herr Worbke macht einen sehr netten Eindruck", war Männes abweichende Erwiderung.
„Ich denke mir, der Neffe wird auch aus Berlin sein. Warum nur Herr Worbke das uns nicht sagte — nicht mal den Namen seines Neffen nannte er. Gott, bei der Geheimnisthuerei wird er sich nichts gedacht haben wir lernen ihn ja noch kennen, den jungen Herrn. In Staatsdiensten? Was soll man darunter verstehen? Regierungsrat — Assessor? Mindestens doch Assessor! Weißt du, Männe, ich Hab' eine Bitte! Laß uns Herrn Worbke nicht sagen, aus welchem kleinen Neste wir sind. Du kannst ja die größere Nachbarstadt nennen. Es ist wegen Tekelchen!"
„Was Ihr Weiber doch gleich alles aus heckt! Mach' was du willst, und laß mich aus dem Spiele!"
Frau Eleonore kannte ihren Gestrengen. Wenn er in dem Tone redete, war nicht alle Hoffnung zu verlieren, wenn es auch vorläufig besser war, das Thema abzubrechen. Ueberdies mußte Tekelchen jeden Augenblick heimkehren; nun, man würde ja Wohl morgen Gelegenheit zu weiterm finden.
Und die Gelegenheit fand sich, indem Frau Pfeifer früh morgens bereits, als sie sich mit Tekelchen auf dem Wege zum Bade befand, mit Herrn Worbke zusammentras, der ihr sofort freudestrahlend erzählte, daß er soeben von seinem Neffen einen Brief erhalten habe, worin ihm dieser seine Ankunft für übermorgen Mittag festsetzte. Als Herr Worbke aber zum untrüglichen Wahrheitsbeweis seiner Mitteilung den Brief triumphierend vorzeigte, suchte Frau Eleonore einen raschen Blick auf den Stempel desselben zu werfen. Richtig! Ihre Vermutung hatte sie nicht betrogen, der Brief kam aus Berlin.
An diesem Morgen ging die biedere Frau Rechnungsrat nicht mehr zum Bade; sie hatte ganz andere Pläne, und die veranlaßen sie, ihre Schritte gen Heringsdorf zu lenken.
Wenn Herrn Worbkes Neffe aus Berlin kam, war er verwöhnt wie alle Großstädter, und da war es leicht möglich, daß Tekelchen auf seine verfeinerten Nerven den Eindruck eines Land- Pommeränzchens machte. Das mußte um jeden Preis verhütet werden, denn man konnte ja nicht wissen . . . Ein elegantes, kleidsames Kostüm macht manchmal viel aus bei jungen Mädchen
. .. Gut denn! Mit mütterlichem Opfermut entschloß sich Frau Eleonore zn der großen Ausgabe und bestellte in Heringsdorf ein reizendes, mattgelbes Srandkostüm für Thekla, für sich selbst aber kaufte sie einen Hut, der nachher Herrn Pfeifer beinahe Nervenkrampfe verursachte. Dann kehrte sie befriedigt heim.
So kam der Tag endlich heran.
Unten im Garten hatten Pfeifers den Kaffeetisch gedeckt.
Tekelchen stand im neuen Kleide und servierte. Es war ihr überhaupt anbefohlen worden, heute das Licht ihrer häuslichen Erziehung leuchten zu lassen. Herr Rechnungsrat aber lehnte malerisch in seinem Korbstuhl und las „seine Zeitung", während Eleonore, angethan mit einem lebensmüden Schwarzseidenen, von Zeit zu Zeit Tekelchen einen Absatz aus Knigges Umgang mit den Menschen ins Gedächtnis zurückrief. Zuweilen auch warf sie unruhige Blicke nach dem Hauseingang, ob sich denn dort noch immer nichts von dem „großen Ereignis" zeigte.
Da — plötzlich ertönen im Hausflur Schritte,
dann lassen sich Stimmen hören. „Er" war also da!
„Männe," flüsterte Frau Pfeifer, um diesen aufmerksam zu machen. In diesem Augenblick erschien im Thürrahmen eine wohlbekannte Gestalt — Herr Worbke. Ihr folgt eine andere, hoch und schlank, wie es schien, — jetzt kann man deutlicher sehen und . . .
„ Himmlische Mächte, habt Erbarmen!" Das ist ja Schnittchen, der leibhaftige Schnittchen aus N.!
Frau Eleonore droht, zur Salzsäule zu erstarren, während ihr Ehegemahl ein kräftiges: „Himmelkreuz .. ., das kann gut werden!" losläßt.
Mehr zu äußern war ihm leider nicht vergönnt, denn schon nahte Herr Worbke mit seinem Neffen.
Nun war die Reihe an diesem, verblüfft seinen Vorgesetzten anzustarren. Das that er denn auch wortlos, während sein Onkel freudeleuchtend die gegenseitige Vorstellung besorgte, die Schnittchen mit keiner Silbe unterbrach, da er aus allem gehört hatte, daß Rechnungsrats das Städtchen, aus dem sie gebürtig waren, hier verleugnet hatten. Mit Tekelchen aber wechselte er einen stummen, bedeutungsvollen Blick. Dann ließ er sich am Kaffeetisch nieder, erzählte in der harmlosesten Weise und versicherte einmal über das andere, er wisse seinem Onkel gar nicht Dank genug für die liebenswürdige Bekanntschaft, die er ihm hier vermittelt habe. Schade nur, daß er sich durch einen kleinen Abstecher nach Berlin um einige Tage verspätet hätte. Freilich, er konnte ja nicht ahnen . . . Und wie er das sagte, warf er Tekelchen wieder einen jener geheimnisvollen Blicke zu, unter denen sie jedesmal errötete.
Der Herr Rechnungsrat aber mußte wohl oder übel gute Miene zum bösen Spiel machen - war er, der früher so glühende Verteidiger kleinstädtischer Verhältnisse, ja so wie so schon vor dem jungen Sekretär durch das Verleugnen seines Wohnsitzes blamiert. Wenn das in N. herauskam! Freilich, wenn Schnittchen dort ebensoviel Takt besaß wie hier Herrn Worbke gegenüber, dann kam es nicht heraus. In seiner Hand war man aber immerhin, und wer trug die Schuld daran? Die Weiber trugen sie! Mochten sie es nun ausbaden! Er kümmerte sich um nichts mehr; so bemerkte oder wollte er auch den Glücksausdruck nicht bemerken, der Tekelchens Antlitz geradezu verklärte.
Und Herr Worbke erst! Der schwamm in Seligkeit! So ganz im Geheimen deutete er der immer noch völlig geknickten Frau Eleonore sogar an, daß er seinen Neffen zum alleinigen Erben seiner Südfruchthandlung einsetzen wolle, sobald sich eine Frau für den jungen Sausewind gefunden habe. Diese Worte gab en der bekümmerten Mutter neuen Lebensmut — und neue Pläne.
Von Schnittchen kam man, seitdem man hier falsche Thatsachen vorgespiegelt hatte, überhaupt nicht mehr los, das war klar. Außerdem hatte das Schicksal, dem man immer folgen soll, doch recht merklich durch den Zufall gesprochen, schließlich mußten Tekelchens Gefühle berücksichtigt
werden und endlich . . . Herr Worbke mit der Südfruchthandlung!
Während dieser schwerwiegenden Erwägunge» lebte Tekelchen beinahe in den Gefilden ver Seligen, dabei dachte sie weder an die Südfrucht- Handlung, noch an den Kummer von Frau Eleonore. Sie dachte überhaupt nicht, und das war immer ein Hauptvorzug ihres Wesens gewesen. Vielleicht lag es an dieser ihr anhaftenden Eigentümlichkeit, daß sie das lieben um so schneller lernte.
Und dank Tekelchens heiß entflammter Liebe gelang es Sekretär Schnittchen schon nach drei Wochen das zu erreichen, wonach er in N. Jahre umsonst gestrebt hatte — er durfte nämlich die Sorge für das leibliche und geistige Wohl von Fräulein Thekla Pfeifer auf Lebenszeit übernehmen.
Der Rechnungsrat hatte sich zwar bedenklich gesträubt, seine Einwilligung dazu zu geben doch rechte Energie besaß er seit seinem Ahlbecker Fiasko nicht mehr, und so hatte Schnittchen leichtes Spiel gehabt.
„Nun aber heim!" war alles, was Männe dann noch wünschte.
In seinen alten vier Pfählen angekommen, schwor er seiner Eleonore mit feierlichem Eide, daß er eine Sommerreise in seinem ganzen Leben nicht wieder mache.
Und sie konnte diesmal ausnahmsweise mit ihm fühlen, denn wenn man es so recht bedachte, Schnittchens Bekanntschaft hätte man eigentlich auf billigere und bequemere Weise machen können,
Teplitz, 16. Aug. Witterungsbericht von Rud. Falb. Der kritische Termin vom 2. August begann mit einer Zunahme des Vulkanismus am Vesuv am 27. Juli. Das schon längere Zeit nicht mehr beobachtete Ausströmen flüssiger Lava bot einen prachtvollen Anblick. Vom 29. zum 30. Juli fand in Kärnten ein Temperatursturz statt, die Zentralalpen waren bis ins Holz hinab in Neuschnee gehüllt. Unsere Prognose^ hatte sich also auch in diesem auffälligen Punkte genau erfüllt. Am 30. Juli fiel im Riesengebirge nach langer Trockenheit reichlicher Regen. Am 4. August trat wegen zahlreicher Gewitter eine ausgebreitete Telegraphenstörung ein. Auch diesmal rückte die Aeußerung des kritischen Termines von Süden nach Norden vor. Es fielen an diesem Tage in München 11, Salzburg 17, Graz 14, Ischl 12 mm Niederschlag. Das Maximum trat aber, genau wie im vorigen Monate bei der analogen Konstellation, 6 Tage später ein. An demselben Tage hatten in Schlesien viele verderbliche Gewitter stattgefunden. Am 7. erfolgte ein schwerer Gewitter-Orkan in Köln und Umgebung, der ganze Gassen in Trümmerhaufen verwandelte. An diesem und dem folgenden Tage traten allenthalben zahlreiche Gewitter ein. Am 9. reichte in Innsbruck der Neuschnee bis 1500 m herab, in Bozen in den Dolomiten bis zur Thalsohle, in Savoyen bis 1800 m. Auf dem Kleinen Bernharrd lag der Neuschnee am 10. '/? m hoch. Durch diese auf- fallenoen Analogien im Witterungsverlause des Juli und August ist der Einfluß des Mondes für jeden Unbefangenen neuerdings glanzend erwiesen. Erst nach dem 17., einem kritischen Termine II. Ordnung, sind Regen, namentlich um den 22. mit Temperaturfall zu erwarten. Da der 31. theoretisch der stärkste Termin dches Jahres ist, sind vom 27. ab zahlreiche Gewitter mit nachfolgendem Temperatursturz wahrscheinlich.
(Hartnäckig.) A.: „Sie müssen doch viel Geld haben, wenn Sie, wie ich höre, jo viel Vergnügungen mitmachen." — B.: „I bewahre, ich bin jeden Abend zu Hause." — A.: »M dann müssen Sie aber kolossal viel sparen.
Auflösung des Füllrätsels in Nr. 126:
S
P
Eier.
T A
Mina.
O
R
Egon.
R
I
Alto.
M
A
Laien.
Storm — Paria.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh in Neuenbürg.