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Volkslebens zur Zeit des persischen Eroberungskrieges giebt.
Köln, 8. Aug. Gestern Nachmittag ging über Köln und Umgegend ein schweres Gewitter, verbunden mit furchtbarem Hagelschlag, nieder. Zahllose Bäume wurden von dem orkanartigen Sturme entwurzelt, viele Schornsteine umgestürzt, Häuser und Kirchen abgedeckt. In Poll stürzte während der Nachmittagsandacht der Kirchturm und mehrere Häuser ein. Einige Personen wurden verletzt. In Hermülheim ist das neue Stationsgebäude teilweise eingestürzt.
Köln, 8. Aug. Der Schaden, welchen der gestrige Orkan angerichtet hat, ist weit größer als man anfangs vermutete. Mehrere wertvolle Domfenster sind erheblich beschädigt, viele Telegraphenstangen umgeworfen und viele Betriebsstörungen sind eingetreten. Die Vororte Poll und Bayenthal gleichen Trümmerfeldern. In Bayenthal sind 6 Gebäude der Kölner Maschinenbaugesellschaft vollständig zerstört. Der Betrieb ist unterbrochen. Der Kirchturm in Bayenthal ist zusammengestürzt. In Poll sind bei dem Einsturz eines Hauses 2 Kinder und eine Frau tötlich verletzt worden. Ein Kind ist bereits gestorben. Die Zahl der Leichtverletzten ist erheblich. Der Oberbürgermeister von Köln erläßt einen Aufruf zu Sammlungen für die durch das Unwetter Geschädigten.
Berlin, 8. Aug. In der heutigen Sitzung des Ausschusses des Bundes der Landwirte wurde Freiherr v. Wangenheim zum ersten Vorsitzenden gewählt, nachdem Roesicke die zuerst auf ihn gefallene Wahl abgelehnt hatte.
Zittau i. S., 7. Aug. Das Spielen mit Schußwaffen hat hier wieder ein Menschenopfer gefordert. Mit einem kleinen Terzerol erschoß der Schornsteinfegergeselle Krause den 17jährigen Lehrling Neubert. Beide hatten zum Zeitvertreib auf dem Hofe Schießübungen veranstaltet und die Kugel traf den Lehrling, als dieser ein Schießloch auf der Scheibe verkleben wollte. Das Geschoß durchbohrte die Lunge und traf das Herz, so daß der Tod sofort eintrat. Der Thäter wurde verhaftet.
Hagen, 8. August. Nach dem Genüsse in Fäulnis übergegangener Waldbeeren sind hier drei schulpflichtige Kinder eines hiesigen Handwerkers schwer erkrankt; eines ist gestorben, die beiden anderen sind noch in Lebensgefahr.
Auf dem Nvrd-Ostsee-Kanal sind im Quartal April-Juni dieses Jahres rund 400 000 M. eingenommen worden. Das heißt fast 1000 Mk. mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Württemberg.
Stuttgart, 6. Aug. Die Depesche, welche Ministerpräsident Dr. Frhr. v. Mittnacht von Friedrichshafen nach Friedrichsruh sandte, hat folgenden Wortlaut: „Namens der K. Württem- bergischen Regierung erfülle ich die traurige Pflicht, den Angehörigen des großen deutschen Kanzlers aufrichtige und innige Teilnahme auszusprechen. Mittnacht."
Stuttgart, 6. Aug. Bei der Jerusalemsfahrt des Kaisers wird, wieder „Kirchl. Anz." vernimmt, Prälat v. Sandberger die württ. Oberkirchenbehörde vertreten.
Stuttgart. Eine aufregende Szene spielte sich vorletzten Sonntag während des Nachmittagsgottesdienstes in der Johanneskirche ab. Inmitten der Predigt des Geistlichen erhob sich eine anscheinend den besseren Ständen angehörige Dame, verließ mit lautem Protest gegen die Ausführungen des Redners die Kirche und eilte zum Feuersee, in der Absicht, sich zu ertränken. Die Anwesenheit eines Schutzmannes, sowie des Mesners, der ihr nachgefolgt war, hinderte sie jedoch an ihrem Vorhaben. Ihre Aeußerungen ließen erkennen, daß man es mit einer Geisteskranken zu thnn hatte, welche von dem Wahn befangen war, daß die Ausführungen des Geistlichen direkt gegen ihre Person gerichtet gewesen seien.
Stuttgart, 6. Aug. Daß das Radfahren nicht allen Leuten wohlbekommt und namentlich Herzleidenden von diesem Sport abzuraten ist, hat sich neulich an einem hiesigen Vorfall wieder gezeigt. Ein junger Italiener kehrte ermattet von einer Frühtour per Rad nach Hause zurück,
nahm noch das Frühstück ein, wurde aber noch im Laufe des Vormittags tot aufgefunden. Er war vom Schlag gerührt worden.
Cannstatt, 4. Aug. Ein Stuttgarter hatte vor einigen Tagen 38000 ^ in Wertpapieren verloren. Ein bei Kuhn in Berg beschäftigter Eisengießer fand das Paket in Berg und lieferte es dem Eigentümer ab. Hiefür erhielt der ehrliche Mann 550 -/A Finderlohn. Das so unverhofft erworbene Geld wurde von dem Arbeiter auf die Sparkasse getragen.
Vom Truppenübungsplatz, 9. Aug. Dem letzten großen, unter der Inspektion des Artillerie - Inspekteurs stattfindenden Artillerie- Schießen wohnten gestern Montag, eine große Zahl Zuschauer aus allen Teilen unseres Landes bei. Für Artillerie-Uebungen sei, so versichern Sachverständige, das Gelände des Münsinger Uebungsplatzes weit geeigneter als das des Darmstädter Schießfeldes.
Mün singen, 9. Aug. Die hies. bürgerlichen Kollegien beschlossen nach dem Vorgang anderer Städte die Einführung einer Bierabgabesteuer. Das Bieroktroi wirft in die Stadtkasfe ca. 5000 ^
Geislingen, 5. Aug. Zum Nachfolger des verstorbenen Reichsschullehrers Betz in Kamerun ist, nach der „Geisl. Ztg.", vom auswärtigen Amt in Berlin Unterlehrer Gottlob Fischer an der evang. Volksschule hier, früher Lehrer an der Missionsknabenanstalt in Basel, ernannt worden. Derselbe wird sich bereits am 10. August in Hamburg auf dem Wörmann- dampfer einschiffen.
Tettnang, 9. Aug. Gestern wütete ein furchtbarer Sturm, der zum Orkan ausartete über unserer Gegend. Der so viel versprechende Ertrag von Obst und Hopsen ist zum größten Teil vernichtet. Ganze Hopfenanlagen sind verwüstet und umgeworfen. Die schönsten Obstbäume find gespalten und armsdicke Aeste liegen abgerissen am Boden. Der Schaden ist unberechenbar und bis jetzt noch nicht zu übersehen.
Walddorf OA. Nagold, 3. Aug. Die Altersversicherung, über die schon so viel in absprechender Weise geurteilt worden ist, beginnt doch allmählich ihre wohlthätigen Wirkungen zu entfalten. Die 77jährige Elisab. Walz Witwe von hier, durfte dies gestern erfahren. Sie erhielt nämlich die Rente von 744 ^ nachbezahlt, nachdem sie die rückständigen Beiträge von zusammen 41 c/A einbezahlt hatte. Sie hat damit ein Kapital in die Hände bekommen, wie sie ein solches in gleicher Höhe noch nicht oft besessen haben dürfte. Vor einigen Monaten erhielt hier eine Witwe ebenfalls über 600 ^ Rente nachbezahlt.
Der am 16. Juli zum Ortsvorsteher von Gültlingen gewählte Stadtpfleger Müller von Besigheim ist zurückgetreten. Die Neuwahl ist auf 23. August anberaumt.
Stuttgart. sLandesproduktenbörse. Beritt vom 8. August von bem Vorstand Fritz Kreglinqer.j In der Tendenz im Getreidegeschäft ist gegen die Vorwoche in der Weise eine Aenderung eingetreten, als Amerika für effektive Ware etwas höhere Preise notiert, während sich die Donauländer zu Konzessionen neigen. In Folge prachtvollen Erntewetters bleibt die Stimmung im Allgemeinen eine flaue u. beobachtet der Konsum seine reservierte Haltung. Die südd. Getreidemärkte melden schwache Zufuhren bei etwas billigeren Preisen. — Mehlpreise Pr. 100 Kilogr. inkl. Sack: Mehl Nr. 0: 33 50 ^ bis 34 «4L SO ^1, Nr. I : 31 -44 50 ^
bis 32 50 Nr. 2: 30 «« — -k bis 30 50
Nr. 3: 28 «4L 50 ^ bis 29 «« — ^1 Nr. 4: 26 «4L — ^ bis 26 -44 50 Suppengries 34 «4L — ^j. Kleie 8 «44
Anstand.
Aus Paris liegen wiederum verschiedene kleine „Dreyfusiana" vor. Nach einer Meldung des „Journal de Paris" hätte der Untersuchungsrichter Bertulus die Untersuchung gegen Esterhazy und Frau Pays eingestellt. Dem „Matin" zufolge ist die Anklage-Akte gegen Oberst Picquart unterzeichnet worden, Picquart will indessen sofort die Nichtigkeitsbeschwerde erheben. Zu einem Straßentumult führte die am Sonntag in Paris vom französischen Freidenkerbund veranstaltete Kundgebung vor der Statue des 1546 verbrannten Humanisten Etienne Dolet, indem Gegner des Bundes die Manifestanten angriffen.
Es entspann sich em Handgemenge, wobei di, Rufe ertönten: „Hoch Rochefort!", ^ Zola!", „Nieder mit Rochefort!", „Nieder Zola!", „Hoch die Kommune!", „Hoch tzj. Revolution!" Die Polizei machte schließlich den Handgemenge durch Verhaftung mehrerer Teil- nehmer ein Ende.
Paris, 9. Aug. Der Saatsanwalt kW sich gegen die Strafverfolgung Esterhazys und der Pays ausgesprochen. Die Entscheidung lm, indes beim Untersuchungsrichter. "
Reims, 9. August. Ein entsetzliche; Unglück hat eine hiesige Familie in tiefe Bestürzung versetzt. Eine Frau Argentie war aA gegangen und hatte ihre beiden Kinder im Alt» von 3 Jahren und 3 Monaten allein in dei Wohnung zurückgelassen. In Abwesenheit da Mutter spielte der kleine Marcel mit einei Schachtel Streichhölzer, welche er in der Stubr fand, und steckte Plötzlich die Vorhänge der Wiege, in welcher sein Brüderchen lag, in Brand. I einem Augenblick stand die Wiege in Flammen. Als die Mutter nach Hause zurückkehrte, das Kind vollständig verbrannt.
Neue Unruhen drohen in Armeniens zubrechen. Nach in Konstantinopel eingetroffem« Privat-Meldungen haben in dem Distrikt w Achlat im Vilajet Bitlis Kurden acht armenisch, Dörfer teilweise geplündert, weil das Geruch aufgetaucht war, daß eine armenische Bande D gezeigt hätte. Auch in andern Vilajets trete,! beunruhigende Anzeichen zu Tage, welche die bevorstehende Rückkehr der armenischen Fluch: linge zurückgeführt weroen.
Vermischtes.
Berlin, 6. August. Die Zeitungen sini noch immer angefüllt mit Erzählungen uii! Anekdoten aus dem Leben des Fürsten Bismari Auch Sammlungen von Kernsprüchen und Andrücken des Altreichskanzlers, die teils M geflügelte Worte geworden, teils auf dem Weg, dazu sind, werden veröffentlicht. Ein besondki- kräftiges Wort Bismarcks entreißt der Münch« Maler Franz v. Lenbach, der im Herbst 18? in Gastein die Bekanntschaft des Staatsm»! gemacht hatte, der Vergessenheit. Darnach Hs. Bismarck dort beim Durchsehen von Papiem in der Erregtheit die halb zornigen halb scherzhaften Worte hingeworfen: „Ich werde noch an der Spitze der Sozialdemokraten gegen di, L .. . . von Geheimräten marschieren müssen/ Die Geheimräte haben manchmal den Zorn Bismarcks zu kosten bekommen.
(Bismarck und Schweninger.) Dr. Schwei: nger wurde dem Fürsten durch den Abgeordneten Dietze-Barby, einen Jugendfreund des Fürsten, zugeführt. Bismarck wollte von einem Wechsel in der Person seines Arztes lange nichts wissen Schließlich arrangierte man es so, daß man endlich sein Jawort erlangte und den bereitgehaltem Schweninger sofort in das Gemach Bismarck: einführte. Als der kranke Staatsmann am dritte« Tage eine von Schweninger nicht erlaubte SheP essen wollte, nahm der Arzt ihm oen Teller voi der Nase weg und schüttete den Inhalt durck das Gartenfenster. Bismarck war zuerst ganz verdutzt, dann lachte er trotz seiner Schmerzen über dieses energische Eingreifen. Schweninger hatte ihm imponiert. Bismarck schenkte von nun an dem neuen Arzte volles Vertrauen und behielt ihn bis an sein Lebensende. Schwemnger war der einzige Mann, der Gewalt über Bismarck hatte. —
Aus fernen Welten. In der Nacht zwischen Mittwoch dem 9. und Donnerstag be
10. Augustsoll ein großerSternschnupPensa in den Gesichtskreis der Erdenbewohner komme - der so stark sein wird, daß es förmlich „S>te regnet." Auch in den Nächten vorher i nachher kann man sich auf reichlichere s e chnuppen als sonst gefaßt machen.
(Aus einem Bortrage.) Meine Herren, h : dieser Flasche ist eines der stacksten ' Halten. Ein Atemzug aus dttyer -ingt den sicheren Tod mit sich
Wenn
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der Herren sich vielleicht davon nberz
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.