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Fürst Bismarck N

Neuenbürg, 31. Juli.Fürst Bis­marck ist nachts 11 Uhr in Friedrichsruh gestorben", so lautete die heute srüh bei uns eingetroffene Drahtnachricht, welche wir durch ein Extrablatt unfern Lesern, soweit dies am Sonn­tag möglich, mitgeteilt haben.

Fürst Bismarck tot, nachdem die letzten Nachrichten über ihn, den greisen Staatsmann im Sachsenwalde, Hoffnung ließen auf fernere Er Haltung seines Lebens. Fürst Bismarck ist tot, der größte unserer Zeitgenossen ist gestorben, so geht es von Mund zu Munde, und bis in die entferntesten Winkel der Welt verkündet der Tele graph diese Trauerkuude, dies geschichtlicheEreignis. In Folge einer unerwarteten Lnngcnlähmung ist der erste Kanzler des Reichs, dessen Wieder­aufrichtung sein Werk, zum ewigen Frieden ent­schlummert. Mit inniger Teilnahme steht die deutsche Nation vor seiner Bahre, die in ihm einen seiner größten Söhne verloren. Ueberall, wohin diese Kunde dringt, wird sie schmerzliche Em­pfindung Hervorrufen, überall in deutschen Landen wird die Teilnahme für den verehrten Mann in Trauerkundgebungen ihren Ausdruck finden. Des eisernen Kanzlers Leben und Wirken wird unfern Kind und Kindeskindern nie aus dem Gedächtnis schwinden. Sei es nun auch an uns, ihm ein ehrendes Andenken zu bewahren.

Hamburg, 31. Juli. (Ausführlicher Be­richt.) DieHamb.Nachr." melden: Am Donners­tag Abend war auf eine Verschlimmerung, wie sie im Oktober v. I. wiederholt stattgefunden hatte, eine Besserung eingetreten, welche dem Fürsten erlaubte bei Tisch zu erscheinen, lebhaft an der Unterhaltung teilzunehmen, 'Champagner zu trinken und gegen die Gewohnheit der letzten Zeit wieder mehrere Pfeifen zu rauchen. Das Befinden war derartig befriedigend, daß Geh. Rat Prof. Dr. Schweninger, nachdem sich der Fürst zur Ruhe begeben hatte, Friedrichsruh verlassen konnte, um am Samstag wieder dorthin zurück­zukehren. Der Zustand blieb während des Vor­mittags relativ befriedigend. Am Samstag morgen las der Fürst noch die Hamburger Nach­richten und sprach über Politik, namentlich über die russische. Auch genoß er im Laufe des Vor­mittags Speisen und Getränke und beklagte sich aber scherzhaft über den geringen Zusatz von geistigen Getränken zu dem Wasser, welches man ihm reichte. Da trat plötzlich eine Verschlimmer­ung durch akutes Lungenödem ein. Im Laufe des Nachmittags verlor der Fürst häufig das Bewußtsein. In der letzten Zeit hatte er neben den gewöhnlichen lichten Momenten mehr oder weniger soporöse Zustände gehabt und dann war er entweder in einen längeren Schlaf geraten oder zu vollkommen frischem Erwachen gelangt. In den Abendstunden des Samstags nahmen die bedenklichen Erscheinungen zu. Der Tod trat leicht und schmerzlos gegen 11 Uhr ein. Geh. Rat Dr. Schweninger, welcher erst kurze Zeit zuvor wieder eingetroffen war, versuchte dem Sterbenden durch Linderung der Atmungsbe­schwerden Linderung zu leisten. Die letzten Worte des Fürsten waren an seine Tochter, die Gräfin Rantzau gerichtet, welche ihm die Stirne getrocknet hatte,Dank mein Kind". Am Sterbe­lager war die gesamte fürstliche Familie ver­sammelt und außer Geh. Rat Schweninger und Dr. Chrysander auch Baron und Baronin Merk zugegen. Nachdem Dr. Schweninger während drei Minuten keinen Atemzug und keinen Pulsschlag wahrgenommen, erklärte er, daß der Tod eingetreten sei. Der Fürst liegt, wie er sich schlafen legte, mit dem Kopfe nach links geneigt. Der Gesichtsausdruck ist mild und friedlich ver­klärt.

Berlin, 31. Juli. Das Hinscheiden Bismarcks wurde in der Reichshauptstadt in der Frühe durch die Morgenblätter und Sonder­ausgaben bekannt. Die Bevölkerung zeigt sich überall tief bewegt und von der unerwarteten jähen Verwirklichung der jüngsten Befürchtungen schmerzlich betroffen. Die meisten Blätter er­scheinen mit Trauerrand und geben in warm empfundenen Artikeln der nationalen Trauer um den dahingeschiedenen großen Staatsmann Aus­

druck, dessen Lebensgang, Persönlichkeit und un­sterbliche Verdienste um das deutsche Vaterland, dessen heroische Größe von deutscher Eigenart einmütig würdigend.

Bergen in Norwegen, 31. Juli. Der Kaiser erhielt gestern Abend spät die erste be­sorgniserregende Nachricht in dem Befinden des Fürsten Bismarck und heute früh tieferschüttert die Todesnachricht. Die Flagge derHvhen- zollern" weht halbmast. Die Flaggenparade unterblieb. Der Kaiser befahl die sofortige Rück­kehr nach Deutschland; am Montag abend wird er in Kiel eintreffen.

Hamburg, 31. Juli. DerHamburger Korrespondent meldet aus Friedrichsruh: Der Kaiser hat vom Bord derHohenzollern" aus telegraphisch angeordnet, daß das Infanterie- Regiment Nr. 31 in Altona eine Ehrenkompagnie nach Friedrichsruh entsende. Die Ehrenkompagnie ist heute nachmittag 2 Uhr in Friedrichsruh ein­getroffen.

Wien, 31. Juli. Obwohl die Nachricht von dem Tode des Fürsten Bismarck erst in später Nachtstunde bekannt wurde, bringen fast sämtliche Blätter Nachrichten über den Verstorbenen. Die Wiener Ztg. schreibt: Mit dem Fürsten Bismarck ist eine jener gewaltigen Persönlichkeiten dahingegangen, wie sie nur selten in dem Rahmen der Weltgeschichte erscheinen, einem ganzen Zeitalter Inhalt und Gestalt, einer fernen Zukunft noch bestimmte Bahnen und eine feste Richtung gebend. Fürst Bismarck war der Schöpfer des deutschen Reiches, einer der Mit­begründer des Dreibundes, welcher den Völkern Europas den Frieden hoffentlich für alle Zukunft erhalten wird, wie er es bisher gethan hat. Bei allen Erfolgen dieses Staatsmannes, welcher entgegen den diplomatischen Ueberlieferungen vergangener Zeiten seine eigene Bahn gewandelt ist, spielt der Zufall fast gar keine Rolle. Nichts Unsicheres, nichts Sprunghaftes zeigte sich in seinem Vorgehen, Schritt für Schritt ging er aus sein großes Ziel los. Blut und Eisen gilt als die Natur jenes Mannes, der so das Reich in ungeahnter Herrlichkeit wieder aufrichtete. Das Glied, welches auf den Schlachtfeldern Frankreichs, die deutschen Stämme unlöslich an einander kettete, ist unter dem sorgenden Einflüsse Bismarcks auch zum befruchtenden Dünger geworden, ans dem der Wohlstand des neu- erstandcnen Reiches mächtig emporblühte.

Wien, 31. Juli. DieNeue Freie Presse" sagt: Der Held, der das deutsche Reich auf­richtete, der Staatsmann ohnegleichen, der seiner Zeit den Charakter ausgeprägt hat, tritt endgiltig vom Schauplätze ab. Damit ist das 19. Jahr­hundert zu Ende; nicht nur in Deutschland, soweit die Zivilisation reicht, wird diese Empfind­ung vorherrschen, denn Teilnahme erfüllt die Welt; mit diesem Namen ist alles verbunden, was die Geschichte unserer Tage groß und denkwürdig gemacht hat. DasFremdenblatt" schreibt: Fürst Bismarck zählt zu den Kolossalfignren der Weltgeschichte. Bismarck fand eine Nation vor, die, obwohl eine der zahlreichsten und tüchtigsten Europas, ohne Ansehen war und sich vergeblich nach ihrer Aufrichtung sehnte. Bei seinem Hinscheiden ist diese Nation eine der ersten Mächte der Erde. Ihr Wort fällt überall ins Gewicht. DieDeutsche Zeitung" sagt: Deutschlands größter Sohn, der letzte des großen Triumvirats: Kaiser Wilhelm, Moltke, Bismarck, weilt nicht mehr unter den Lebenden. Durch Deutschlands Völker nicht bloß, durch die Völker des Erdenrunds geht ein Weh und Todestrauern. Die übrigen Blätter sprechen sich in ähnlichem Sinne aus.

Budapest, 31. Juli. Sämtliche Blätter widmen deni Fürsten Bismarck an erster Stelle sehr warme Nachrufe und geben in ergreifenden Worten der Teilnahme der ungarischen Nation an dem schweren Verluste Ausdruck, welchen nicht nur Deutschland, sondern auch die ganze zivilisierte Welt durch das Hinscheiden des größten Staatsmannes des Jahrhunderts erlitten hat. Die Blätter heben insbesondere auch die warme Sympathie hervor, welche Fürst Bismarck für Ungarn gehegt hat und welche durch seine Freund­schaft mit dem Grafen Andrassy als Mitbegründer des Dreibundes noch inniger gestaltet wurde.

Aus Stadt Bezirk und Umgebung.

Neuenbürg, 1. August. Die Witterung in diesem Sommer läßt immer noch zu wünschen übrig; ihr Charakter ist Regen und wieder Regen, weit mehr als genug. So war es auch wieder nach einigen trockenen, schönen Tagen am Freitag nnd Samstag den 29. und 30. Juli- am letzteren Tage regnete es eigentlich nur ein­mal, nämlich von srüh morgens bis spät abends unaufhörlich, so daß alle Gewässer, Bächlein und Flüsse ordentlich anschwollen. Die Enz war bis abends zu einem reißendem Strom geworden, was schon da und dort Befürchtungen für die kommende Nacht anfkommen ließ. Glück­licherweise hörte es aus zu regnen, ja der gestrige Sonntag zeigte nachmittags wieder blauen Himmel und Sonnenschein. Freilich hatten die über viele Gegenden niedergegangenen Hagel­gewitter und die erwähnten Niederschläge sehr empfindliche Abkühlung gebracht, es war Freitag und Samstag so unwirsch, daß man sich in den November hinein versetzt glauben konnte. In Wildbad wurden laut Anschlag der allzukühlen Witterung wegen" die für den gestrigen Sonntag bestimmten Veranstaltungen bis zum Eintritt eines warmen Tages verschoben, für die jetzige Hundstagszcit gewiß sehr bemerkenswert. Falls Prognose lautete bekanntlich: Die tiefen Tem­peraturen lassen noch immer kein richtiges Sommerwetter aufkommen. Um den 25. und 26. Juli und in den letzten Tagen des Monats treten wieder ziemlich bedeutende Niederschläge ein. Um den 29. ist in den Alpen Schneefall wahrscheinlich. Da der 2. August der zweit­stärkste kritische Termin dieses Jahres ist, sind auch um diese Zeit ziemlich bedeutende Nieder­schläge wahrscheinlich. Endlich sind auch um den 7. nnd den 13. Niederschläge zu erwarten. Wir wollen hoffen, daß der alte Wettergelehrte, wenigstens was den Monat August anlangt, eine gründliche Täuschung erleben möge.

-ü- Herren alb, 31. Juli. Von den Höhen desAxloh" und desKaltenbronnen' wird von gestern srüh bedeutender Schneefall gemeldet. Ihr Berichterstatter maß auf da meteorologischen Station Gaisthal für da gestrigen Tag eine Regenmenge von 59.1 um, die höchste Zahl in diesem überaus regenreichen Sommer; der Juli allein hat uns 20 Regentage gebracht, und nur vom 14. bis 18. ist eine größere Pause. Sonst waren immer nur ein oder zwei Tage ohne Regen.

Pforzheim, 28. Juli. Aus dem Turn­fest in Hamburg errangen sich folgende Pforz- heimer Turner, Mitglieder des Turnvereins, Preise: Gustav Schüller den 21. und Turn­wart Emil Sonet den 33. Preis und Wilhelm Deiß eine Belobung.

Deutsches Meich.

München, 31. Juli. Anläßlich des Todes des Fürsten Bismarck, Ehrenbürgers der Stadt München, sind die städtischen Gebäude halbmast beflaggt. Am Dienstag halten die städtischen Kollegien eine gemeinsame Trauersitzung ab. Zur Beisetzung wird eine städtische Deputation nach Friedrichsruh entsandt.

Der Staatssekretär des Reichspostamts, v. Podbielski, hat, wie verschiedentlich ge­meldet wird, auf seiner Reise in Oesterreich- Ungarn, den Balkanstaaten und der Türkei mit dortigen Post- und Telegraphenbehörden ent­gehend verhandelt und die günstigsten Ergebnis erzielt, so daß verschiedene Gegenseitigkeits-Ver­träge abgeschlossen werden konnten.

Um den von Hamburg in Kiel cintrefsen- den 20000 Turnern in ausgiebiger Weise die Möglichkeit zur Besichtigung der deutschen Kriegsflotte zu bieten, war die vorzeitige Rückkehr des Panzergeschwaders aus der Noro- see befohlen worden. Gleichzeitig hatte da Reichs-Marineamt Weisungen ergehen lasten, den Turnern alle möglichen Erleichterungen z gewähren. . , , _

Ueber die Entwicklung der Kleinbahn,, vom Geltungsbeginn des Kleinbahn-Gesetzes, a s dem 1. Oktober 1892 bis Ende September i»v liegen jetzt die amtlichen Zahlen vor. ^ betrug die Zahl der dem Verkehr dienstbar g