558
Abfallen von Blüten nnd Beerchen, sowie durch den Heuwnrm an der mit Grund in Aussicht genommenen Traubenmenge verursacht wurde, als eine beträchtliche. Nach mehreren Berichten haben besonders die Trollinger sehr notgelitten. Einige Berichte erwähnen starkes Auftreten der Peronospora.
Ausland.
Kuba und die Philippinen.
Seit dem Ausbruch der Feindseligkeiten zwischen Nordamerika und Spanien sind schon mehrere Monate ins Land gegangen. An blutigen Kämpfen hat es nicht gefehlt, aber die Ent scheidung des ungleichen Ringens, die mit dem Menschenfreund auch der einsichtige Politiker sehnlichst herbeiwünscht, verzögerte sich in unvorhergesehener Weise. Stück für Stück muß die spanische Herrschaft auf Kuba von den Amerikanern zerstört werden. Der leichte Siegeszug, den man erhoffte, hat sich in eine langwierige, erbitterte Blutarbeit verwandelt. Und noch ehe die spanischen Feldzeichen endgiltig vor dem Sternenbanner in den Staub gesunken sind, melden sich Anzeichen einer wachsenden Entfremdung zwischen den Kubanern und ihren amerikanischen Befreiern. Daß durch den bisherigen Verlauf der Kriegsereignisse eine Besserung der Zustände auf der unglücklichen Insel angebahnt sei, läßt sich schwerlich behaupten.
Aehnlich auf den Philippinen. Staatsrechtlich gehören sie noch zu Spanien, thatsächlich übt auf der Hauptinsel Luzon der Jnsurgentenführer Aguinaldo das Regiment aus. Mit ihm haben die Amerikaner bei der Ausführung ihres politischen Programms auf den Philippinen in erster Linie zu rechnen. Ob aber ein solches Programm in Washington überhaupt festgestellt und von den maßgebenden Politikern einstimmig angenommen worden ist? Zuständige Beobachter sind geneigt, diese Frage mit Nein zu beantworten und enthalten sich am liebsten jeder Aeußerung über das künftige Schicksal der Philippinen.
Eine Folge dieser durchaus ungeklärten Lage ist die Unsicherheit aller auf den Philippinen bestehenden Rechtsverhältnisse. Sie erfordert die größte Wachsamkeit derjenigen auswärtigen Regierungen, welche dort Interessen ihrer Landes- Angehörigen zu schützen haben. Daß auch die deutsche Regierung sich hierbei einer verantwortungsvollen Aufgabe bewußt ist, wird durch die Entsendung kaiserlicher Kriegsschiffe nach den philippinischen Gewässern außer Zweifel gestellt. Bisher haben sich die deutschen Seestreitkräfte auf sorgfältige Beobachtung der Ereignisse beschränken können. Jede Einmischung in den Verlauf der Dinge auf dem ostasiatischen Kriegsschauplätze wurde, entsprechend der ehrlichen Neutralität unserer Politik, vermieden. Nur vereinzelt sind lediglich aus Humanitären Rücksichten Maßregeln getroffen worden, denen man in der ausländischen Presse vergebens eine politische oder militärische Bedeutung anzudichten versucht hat. Was die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen deutscher Reichsangehöriger aus den Kämpfen um Manila betrifft, worüber jüngst in deutschen Blättern berichtet wurde, so darf man zu unserer Diplomatie wohl das Vertrauen haben, daß sie diese Angelegenheit zu geeigneter Zeit fest in die Hand nehmen wird. Gegenwärtig aber besteht auf den Philippinen überhaupt keine Regierung, bei der man die übrigens im einzelnen noch näher festzusetzenden Ent- schädigungs - Ansprüche völkerrechtlich betreiben könnte.
Unterhaltender Heil.
Das Fräulein von Harlaß.
Novelle von Waldemar Berndl.
(Schluß.)
Eine Pause entstand, der junge Mann schien im Geiste noch einmal jene Schreckenszeit an sich vorüberziehen zu lassen. Auch die Zuhörer durchlebten das Abenteuer mit und die Baronin übersiel heftiges Zittern, als sie sich in die Situation hineindachte.
Dann erzählte Waldemar weiter:
„Mit der Post gelangte ich wieder hinab nach Stilfs, wo ich mich sofort in ärztliche Behandlung begeben mußte. Der Arm war aus
der Kugel gedreht und mußte eingerichtet werden, eine sehr schmerzhafte Prozedur. Meine Brieftasche, in welcher sich mein Geld befand, war fort ich mußte meine Uhr und Ringe verkaufen, um leben zu können."
„Weshalb schriebst Du nicht an mich?" fragte die Baronin verwundert.
„Du warst krank, Mama, und würdest Dich um mich gesorgt und geängstigt haben," versetzte der Sohn. „Außerdem wollte ich auch den Vorfall geheim halten, um den Verbrecher, der mich natürlich für tot halten mußte, desto sicherer zu fangen, abgesehen davon, daß ich den kranken Arm überhaupt nicht zum Schreiben brauchen konnte."
„Dann konntest Du mir Mitteilung machen, davon würde der Mensch nie etwas erfahren haben," warf der Schloßherr ein.
„Das widerstrebte meinem Gefühl, ich konnte es nicht über mich gewinnen, mein erstes Auftreten mit der Bitte um Geld einzuleiten," versicherte der junge Mann. „Außerdem besaß ich ja noch hinreichende Wertstücke, die mich vor finanziellen Verlegenheiten bewahrten. Als ich soweit hergestellt war, daß ich zu schreiben vermochte, teilte ich Dir, Mama, mein Unglück mit, erhielt aber den Brief mit dem Vermerk zurück: Abgereist. Jetzt wußte ich, daß Du wieder gesund warst und Ivo ich Dich zu suchen hatte, und sobald ich dies im Stande war, reiste ich ab. Fast hätte mich Papa nicht vorgelassen und ich mußte unverrichteter Sache von dannen ziehen!" fügte er scherzend hinzu.
„Die Aussagen des jungen Mannes, der sich hier in Gewahrsam befindet, lauten freilich ganz anders," nahm der Staatsanwalt jetzt das Wort; „nach denselben sollen Sie von Schwindel erfaßt und in Folge dessen in den Abgrund gestürzt sein."
„Daran würde mich schon die schützende Barriere verhindert haben," entgegnete der junge Baron. „Außerdem habe ich nie an Schwindel gelitten, so daß ein unwillkürliches Hinabstürzen völlig ausgeschlossen ist."
„Sie glauben also, das ein geplantes Verbrechen vorliegt?"
„Ganz zweifellos!"
„Haben Sie noch besondere Gründe für diese Annahme?" forschte der Beamte weiter.
„Ich war offenherzig genug gewesen, dem Reisegefährte meine Familienverhältnisse zu erzählen," fuhr Waldemar fort. „Villeicht war es unvorsichtig von mir, aber Loisl kam mir mit gleichem Vertrauen entgegen und auf einsamer Gebirgsreise, wo man oft tagelang kein menschliches Wesen sieht, schließt man sich enger an. Wohl that er hin und wieder Aeußerungen, die auf eine verbitterte Gemütsstimmung schließen ließen, aber ich legte denselben keinen Wert bei. „Sie Glücklicher gehen einer beneidenswerten Zukunft entgegen; warum ist mir dieses Loos nicht auch beschieden?" sagte er wiederholt, und mehrmals erkundigte er sich nach allen Einzelheiten, die mich und meine Angehörigen betrafen, besonders fragte er in einer Weise, die mir jetzt ja auch auffällt, immer wieder aufs Neue, ob mein Vater mich wirklich noch nie gesehen habe, ob er ein Bild von mir besitze und ob ich Aehn- lichkeit mit ihm habe. Alles das deutet doch darauf hin, daß Alois Rechberg nach einem wohldurchdachtem Plan handelte, den er längst vorbereitet hatte."
Der Staatsanwalt nickte zustimmend.
„Darf ich bitten, Herr Baron," wandte er sich an Waldemars Vater, „einem Ihrer Diener zu befehlen, daß er den Angeschuldigten hieher in dieses Zimmer begleitet? Und Sie, junger Herr, haben Wohl die Güte, sich einstweilen in das Nebengemach zu begeben!" Loisl erschien; trotzig und selbstbewußt trat er vor den Staatsanwalt.
„Bleiben Sie bei Ihrer gestrigen Aussage stehen, nach welcher der junge Baron von Eberstein ohne Ihr Zuthun in den Abgrund gestürzt ist?,, fragte der Beamte.
„Ohne mein Zuthun — wie soll ich das verstehen?" versetzte der Tiroler. „Soll damit etwa angedeutet werden, daß ich der Mörder meines Reisegefährten sein könne?"
„Waren nicht zufällig andere Touristen in der Nähe, die den Vorfall mit angesehen haben?"
„Weit und breit keine Seele!" nieM Loisl, und ein Lächeln siegesbewußter Schadenfreude zuckte um seinen Mund. „Der einziae Zeuge, der die Wahrheit meiner Darstellung bestätigen könnte, liegt leider zerschmettert in der Tiefe des Abgrundes."
„Vielleicht auch nicht!" sagte ruhig der Staatsanwalt, indem er sich erhob und die Mi zum Nebenzimmer öffnete, auf dessen Schwelle Waldemar erschien.
Der Angeschuldigte trat einige Schritte zurück, als fürchte er die Berührung dieser Spuckgestalt. Entsetzensstarr schaute er auf den Todgeglaubten, seine Augen traten weit aus ihre« Höhlen hervor und sein Antlitz nahm eine aschgraue Färbung an.
„Werden Sie angesichts dieses Zeugen noch ferner Ihre unwahren Anssagen aufrecht erhalten?' fragte der Kriminalbeamte.
Loisl sank in seinen Stuhl, matt und gebrochen. Sein Spiel war verloren, seine Hoffnungen schwanden unrettbar dahin. Kein Wort kam über seine Lippen.
„Das Schuldbewußtsein dieses Mensche« prägt sich in jeder Faser seines Gesichtes aus,' wandte sich der Staatsanwalt an die Anwesende«, „hier hat ein gütiges Geschick ein furchtbares Verbrechen verhütet. Unser Strafgesetz ist unerbittlich, es wird die That zu sühnen wissen und auf lange Zeit unschädlich machen."
Er stand auf.
„ Sind meine Beamten angekommen?" fragte er den eintretenden Diener.
„Ich komme, um ihr Eintreffen zu melden,' versetzte dieser.
„Dann steht unserer Abreise nichts mehr im Wege!" meinte Jener und verabschiedete sich, den Angeklagten den beiden inzwischen eingetretene« Subalternbeamten übergebend.
Oed und still ward es wieder im alten Schlosse Eberstein, die Spinnen webten wieder ihre zarte« grauen Gardinen an die Fenster und in die Ecken der Zimmer, während vor dem große« Portale, dessen schwere Eichenthüren fest geschlosst waren, sich munter sprießender Rasen ansiedelte Desto heiterer und froher ging es drüben in de neuen Villa zu, wo die Sonne des Glückes« langen Wirrsalen wiedervereinigte edle Mensche« und ein herzliches, freudiges Familienleben be- schien.-
Telegramme.
Berlin, 28. Juli. Der Reichsanzciger veröffentlicht die Verleihung des Schwarzen Adlerordens mit Brillanten an den Kaiser von China.
Hamburg, 28. Juli. Die „Hamburger Nachrichten" schreiben: Das Befinden des Fürsten Bismarck giebt den Aerzten zur Zeit noch z» thun, aber es liegt keinerlei Grund zur Beunruhigung vor. Schmerzen sind zwar noch vorhanden, aber die beiden letzten Nächte waren relativ gut. Der Appetit beginnt sich zu heben. Der Fürst ist bei gutem Humor. Als sich gestem eine größere Anzahl Turner vor dem Schlöffe eingefunden hatte und der Fürst davon benachrichtigt wurde, äußerte er scherzend: Sehen kann ich sie ja nicht, aber daß sie Turner sind, jagen Sie ihnen doch, daß ich schon seit 8 Tagen aus dem „Kopfe stehe".
Paris, 28. Juli. Im Temp s wird aus Madrid gemeldet: In Anbetracht dessen, daß keine Kriegsentschädigung gefordert und die Souveränität Spaniens auf den Philippen gewahrt wird, hält die Mehrheit der hieM» Blätter die von Präs. Mac Kinley gestellte riedensbedingungen für annehmbar. ^ Leitungen erheben nur Einspruch gegen da Ansinnen der Vereinigten Staaten, vorläupg > Feindseligkeiten fortzusetzen.
Madrid, 28. Juli. In amtlichen Kreise" wird erklärt, daß die von den Blättern mi sü teilten Auszüge aus der Botschaft, welche Präsidenten Mac Kinleh mitgeteilt worden I, ungenau seien. Eine amtliche Meldung Portorico sagt, der Feind stehe noch bei ^ in den alten Stellungen. Mehrere amerika sd Kriegs- und Transportschiffe kreuzen ring die Insel.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.