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den amerikanischen Differenzialzoll auf deutschen Zucker. Auch in deutschen linksstehenden Blättern werden ähnliche Anschauungen vertreten Der sozialdemokratische »Vorwärts" redet sogar von einem „agrarischen Vorstoß gegen Amerika."
Es bedarf demgegenüber kaum einer besonderen Versicherung, daß cs sich bei der Maß nähme des Bundesrals lediglich um einen Akt der Abwehr handelt; es soll der Ruin unseres Obstbaues verhütet werden! Die Verwüstungen die die gleichfalls aus Amerika eingeschleppte, in ihrer Gefährlichkeit aber erst später erkannte Reblaus angerichtet hat und die sich in dem europäischen Weinbau schon jetzt auf Milliarden von Mark belaufen, sind ein warnendes Beispiel der verhängnisvollen Folgen nicht rechtzeitig ergriffener Schutzmaßregeln, wädrend anderseits die Fernhaltung des Kolorado-Käfers durch das in der kaiserlichen Verordnung vom 26. Februar 1895 ausgesprochene Verbot der Einfuhr von Kartoff ln aus Amerika beweist, daß rechtzeitig getroff-rie Abwehrmittel von durchgreifender Wirksamkeit sein können. UeberdieS beträgt die Obsteinfuhr aus Amerika nur den vierzehnten Teil unserer Gesamteinfuhr an Obst, und welcher deutsche Obstzüchter hätte wohl jetzt noch nennens werte Vorräte an Obst und damit ein Interesse an der etwa eintretendcn geringen Steigerung des Obstpreises! Und wenn die Amerikaner sich gegen das so gefährliche Insekt durch Gesetze schützen, warum sollen wir nicht auch dagegen Vorgehen? Vor allem aber weiß jeder Mann, der deutsche Verhältnisse auch nur einigermaßen kennt, daß der gegenwärtige Reichskanzler Fürst Hohenlohe unter keinen Umständen in irgend eine Maßregel einwilligen wird, die auch nur den Schein einer absichtlichen Verletzung oder Umgehung der Handels-Verträge Hervorrufen könnte.
Württemberg.
Reutlingen, 7. Februar. Wie die Schw. Kreisz. mittcilt, hat Obecbürgerw. Benz am Samstag sein Entlassungsgesuch eingericht. Die Veranlassung zu diesem Schritt bildet sein dauernd angegriffener Gesundheitszustand.
Der Liederkranz in Reutlingen hat für 42 000 »ckL ein Grundstück erworben, auf dem eine Sängerhalle errichtet werden soll.
Heidenheim, 6. Febr. Eine freudige lleberraschung wurde einem hiesigen armen Fabrikarbeiter zu teil, indem ihm der Hauptgewinn der Eßlinger Lotterie mit 15 000 Mark zugefallen ist. Der glückliche Gewinner beabsichtigt vorerst in aller Ruhe seinem seit herigen Berufe nachzugehen.
Tuttlingen, 7. Febr. Da die Lösch- arbeiten bei Brandfällen durch die neue Wasserleitung, wodurch das Wasser überall mühelos und in jedem beliebigen Quantum zur Verwendung kommen kann, sehr erleichtert sind, beabsichtigt man die hiesige Feuerwehr in eine freiwillige umzugestalten und die Mannschaft auf die Hälfte zu reduzieren (von 620 Mann auf ca. 300). Die sich freiwillig meldenden Mitglieder, im Alter von 20 bis 40 Jahren, verpflichten sich auf 5 Jahre zur Dienstleistung, die übrigen bisher Feuerwehrpflichtigen zahlen in die Feuerwehrkaffe je 10 -M, wodurch den freiwilligen Mitgliedern eine gewisse Entschädigung gereicht wird. Damit ist eine strammere Organisation und Disziplin der neuen Feuerwehr und somit auch eine größere Leistungsfähigkeit im Ernstfall gewährleistet.
Maulbronn. 8 Febr. Das hiesige Schöffengericht hat ein wohl auch weitere Kreise interessierendes Urteil gefällt. Ein Metzgermeister war der Nahrungsmittclfälschung ange- klagt, weil er Kartoffelmehl zur Wurstfabrikation verwendet hatte. Das Schöffengericht sprach den Angeklagten unter Uebernahme der Kosten auf die Staatskasse frei. In den Entscheidungs gründen wurde ausgeführt, daß keine Täuschung des Publikums vorliege, da das Kartoff lmehl nur als Bindemittel dem Wurstbrät beigejetzl worden sei.
Stuttgart. fLandesproduktenbörse. Bericht vom 7. Februar von dem Vorstand Fritz Krcglinger.f Der Wochenverlauf brachte im Getreidegeschäft keine
wesentliche Aenderung. Das Angebot sowohl von Argentinien, als auch von Amerika und Rußland bleibt schwach bei fest behaupteten Preisen. Hier wird indessen von unseren Mühlen nur das Notwendigste gekauft wegen unrentabler Mehlpreise. Die Landwärkte zeigen durchweg kleine Preiserhöhungen. Der heutige Saatfruchtmarkt war reichhaltig beschickt, sehr schön arrangiert und gut besucht. Durch diese Einrichtung ist jedem Landwirt Gelegenheit gegeben, sich seinen Bedarf bequem zu beschaffen. Der Verkehr war demzufolge auch sehr lebhaft. — Mehlpreise Per 100 Kilogr. inkl. Sack: Mehl Nr. 0: 34 ^ bis
35 -k — Nr. I: 32 bis 33 -14 —
Nr. 2 . 30 ^ 50 ^ bis 31 ^4 50 Nr. 3: 29 ^4 — bis 29 50 Nr. 4: 25 ^4 — bis 25 50
Suppengries 34 50 bis 35 -14 50 -f. Kleie 8 -1L
Ausland.
Paris, 7. Febr. Der Prozeß gegen Zola begann heute um 12 Uhr. Die Thore an der Place Duphine wurden um 11 Uhr ge öffnet, die Thüren des Schwurgcrichtssaales um 12 Ubr geschlossen Zwischen dem Präsidenten des Schwurgerichts und dem Kommandanten der Gendarmerie sind für die Handhabung der Ordnung im Gebäude selbst die strengsten Maß regeln vereinbart. Außerdem hat ein Teil der Garnison von Paris und Vincennes den Befehl, bis zum Ausgong des Prozesses in Bereitschaft zu sein. Der Vorsitzende Delgorane ist fest entschlossen, bei der geringsten Kundgebung den Saal räumen zu lassen. Er hat auf die Anweisung des Justizministers die etwa 600 Gesuche um Eintrittskarten, die ihm von den Allerweltsparisern, persönlichen Freunden und aus dem Auslande zugegangen sind, abschlägig be- schieden und im Einvernehmen mit dem Syndicus der Gerichtspresse die Gesuche eines Teiles der Preßvertreter beantwortet. Auf die gesamte ausländische Presse kommen nur 38 Karten.
Paris. 8. Febr. Prozeß Zola. Die Verhandlung wird um 12 Uhr 30 eröffnet. Der Präsident verliest ein Schreiben Esterhazys in welchem dieser sich weigert. Aussagen vor Gericht zu machen. Die Verteidigung verlangt die zwangsweise Vorführung Esterhazys. Hierauf wird zum Aufruf der Zeugen geschritten. — I'/» Uhr. Der Gerichtshof beschließt entsprechend den Anträgen der Verteidigung die Vorladung von Boisdeffre, Mercier, Paty du Clam und Esterhazy. Als erster Zeuge wird Frau Drryius aufgerufen. Der Präsident weist die Frage Laboris zurück betr. das Verhalten Paty du Clams gelegentlich der Verhaftung Dreyfus.
Aermischtes.
Der „praktische Ratgeber im Obst- und Gartenbau" veröffentlicht an der Sp'tze seiner neuesten Nummer einen Aussatz „Der Obstbau der Zukunft," der viel Aufsehen machen wird und auf den wir an dieser Stelle die Aufmerksamkeit von Gutsbesitzern und der Landwirte überhaupt lenken möchten. In diesem Aufsatze empfiehlt Johannes Böttner, der Chef- redakteurderWochenschrift. auf Grund sorgfältiger, praktischer Versuche, die. wie an andern Stellen, so besonders auf der mit dem praktischen Ratgeber verbundenen 45 Morgen großen Versuchsstation. der Hedwigsberg, gemacht sind, auch in Deutschland Obst im Großen oichtwie bisher üblich in Baumform, sondern in Busch- form anzupflanzen, wie dies in Amerika seit einigen Jahren mit großem Erfolge geschieht. Die Vorteile solcher Pflanzung faßt Böttner in folgenden Punkten zusammen: Frühe Fruchtbarkeit — Leichte Pflege, leichte Ernte, — Geringer Schnitt, — Möglichkeit des Anbaus schwachwüchstger, frühtragender Sorten, — Vollkommenes ausgebildetes Obst — Regelmäßiger Ertrag. — Der Aufsatz, der sich, wie gesagt, auf praktische Versuche stützt, verdient die weiteste Verbreitung. Das Geschäftsamt des praktischen Ratgebers in Frankfurt a. Oder sendet die Nummer auf Wunsch gern umsonst und postfrei zu.
In London verkauften die Kunsthändler Arthur Tooth Söhne des französischen Malers Dagnan Bouverets im letzten Salon ausgestelltes Bild „Christus und die Jünger zuEmaus" für 400000 M. an den Amerikaner Frick in Pittsburg.
(Ein Vergnügungssüchtiger.) „Wie komnU Sie denn dazu, in diesem entsetzlich vollgepfropft^ Bergnügungszug zu fahren?" — „Ach wG Sie: ich wollte halt auch einmal mein Leben j, vollen Zügen genießen."
Auflösung des Rätsels in Nr. 20. !
Golgatha — Gotha.
Rätsel.
Aufs lieblichste geschmückt von der Natur, Zeigt mein Ganzes vom Ersten keine Spur, Mein Zweites ist für viele ein Genuß, Bedauernswert jedoch ist der, der eS gebrauchen muß, Mein Ganzes liegt im Schwabenland Und ist als zweites weltbekannt.
Telegramme. I
Berlin, 9. Februar. Die Morgenblättkr besprechen die gestrigen Verhandlungen diji Reichstags, die an die besten Zeilen Bismarck; erinnerten. Sie sprechen sich anerkennend aast über Frhr. v. Bülow, der, wie die „National., zeitung" sagt, sich als vorlreffl cher Redner rr> wies und sowohl in der wohlüberlegten Art, wie er ernste Dinge ernst behandelt, als durch die nicht gleicbgiltige Kunst, die Debatte durch ein paar Geistesblitze zu beleben, jene Heiterkeit hervorruft, welche befriedigte Zustimmung bi, deutet. Die „Bojsijche Zeitung" hebt hervor, wie Frhr. v. Bülow bei der Behandlung dn chinesischen Angelegenheit allen Mächten gerecht zu werden verstand. Es war ein Meisterstück der Diplomatie und seine beste Eigenschaft dn ungeteilte Eindruck der Aufrichtigkeit. Deutsch, land kann mit seinem Schachzug in Ostasini vollauf zufrieden sein.
Paris, 9 Febr. Sämtliche Kapitel bei Etats des Auswärtigen wurden angenommni. Im Laute der Sitzung erklärte der Minist!! Hanokaux, daß er keine Verhandlungen bezüglich eines Handelsvertrags mit Italien geführt hadi.
Paris, 9. Fibr. Als Zola gestern den Justizpalast nach der Sitzung verließ, muck er in dem Hose des Gebäudes von der Meng! umringt, die teils „Es leb? Zola" teils „nieder mit Zola" rief. Unter dem Schutz seiner Freunde und der Polizei gelang es Zola den Wagen zu erreichen. Eine Person, welch! „Hoch Zola" rief, wurde von der Menge miß handelt. Rochefort wurde mit den Rufen lebe Rochefoct," „Es lebe die Armee," „Es led! Frankreich" empfangen. 2 Personen wurden verhaftet.
Paris, 9. Febr. (Prozeß Zola.) Nach dem Senator Scheurer-Kestner wuck Casimir Perier vernommen. Im Saale herrscht! große Bewegung. Der Präsident sagt zu den Zeugen, sie sollen schwören und ohne Haß und ohne Furcht die Wahrheit sagen, wird aber von Casimir Perier mit den Worten unterbrochen: „Verzeihung, ich kann nicht schwören und dil Wahrheit sagen, weil ich nichts sagen kann.) Für mich ist es Pflicht, nichts zu sagen!" (Bewegung.) Der Präsident erwidert hierauf, daS Gesetz verpflichte die Zeugen zum Schwören ehr sie sprechen, sogar in dem Falle, wenn sie die Aussage verweigern. Das Gesetz zwinge ihn, ihm den Zeugeneid aufzuerlegen. Perier erhebt hierauf seine Hand zum Schwur, Labori fragt den Zeugen: „Können Sie sagen, ob zur Zeit, da Sie Präsident der Republik waren, Sie von der Verhaftung des betreffenden Offiziers wußten, daß auf einem Offizier des Generalstabes der Verdacht lag, daß er Verrat begangen habe und welche Verdachtsgründe gegen ihn Vorlagen?" Der Präsident greift ein und sagt, die Frage dürfe nicht gestellt werden. (Lärm.) Labori fragt den Zeugen, ob er gewußt habe, daß iin Kriegsministerium geheime Aktenstücke existieren. Perier erwidert, er habe keine Kenntnis gehabt, daß ein Aktenstück Esterhazy existiere. Labon fragt: „Wissen Sie, wie es kommt,, daß dein Kriegsgerichte ein geheimes Schriftstück mitgeteilt wurde?" Hierauf erwidert der Präsident) „Diese Frage wird nicht beantwortet werden. (Erneuter Lärm.) Labori erklärt hierauf, er werde dann seine Anträge stellen. ,
Mit einer Beilage.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh in Neuenbürg.
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Neuenbü gestrigen Sonnta lung der Deutsi Mitgliedern des d geht uns im Ansc letzten Nr. folgen der Vorsitzende T sammlung eröffn Jahresversammlu so wichtigen Zeit; Die Ereignisse der die Reichspolitik werde. Die Floi zu verstehen, wi, deutschen Vaterla Frage der Lande loses „Nein" oui dauern, daß sich Volkspartci nicht pedition nach C Engländers Jam betonte die Wich Reform und indc lung seitens des Slaatsministeriun er die Hoffnung mit dem Bund di sofern derselbe fei zu lassen geneigt eingehend zu den über. Wenn die Beibehaltung der für die Avnahmi machen, so werde Scheitern des E> Landtagsabgcordn richtete sodann e Handlungen des Stiuerporlage. b nominelle Moxin das Scheitern dct sei zu Hessen, de weiteren Verhandl die l. Kammer mache, so werde l kommen, was drir berichtet Redner üi Steuergesetze in d und deren Ergebt v. Mittnacht bei i Revision gegen di seien als durchai was auch in der ck Die Aushebung d Vorsteher werde dagegen die Rücku demokratische Pr! Frage der Abfch überhaupt mit der der deutschen Par werfen zu können, die der Kammer sollten in der Sl dieser Richtung s, guent, wenn Frage so haben die di Kammer, bei Fra kratischen Bierbrau Redner weist die Volkspartei eingeh Partei selbst geber Wirkung nicht vcr Abg. Sachs die vorliegenden Arm konstatiert, daß u Volkspartei die R die Beraniworiur Mvß mit der Ve staklion der beulst 8>wiss,„haften Ult ferner handeln w< detont die Einigke