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genommen, der dringend verdächtig ist, den Mord an der Modellsteherin Babette Wirth aus Rache oder Eifersucht verübt zu haben. Seine Festnahme erfolgte auf Grund der Aussagen des Einsenders des Briefes mit der Chiffre U. Ll. 101 an die K. Staatsanwaltschaft, der sich inzwischen bei Herrn Oberstaatsanwalt Herrschner gemeldet hat. Die Ermordete wird nunmehr beerdigt werden.

Friedrichshafen, 4. Dez. Auf dem Bodensee entwickelt sich gegenwärtig ein recht in­teressantes Schauspiel. Auf etwa 3040 Booten sind die Fischer damit beschäftigt, die in dieser Zeit regelmäßig vom Untersee in den Obersee wandern­den Blaufelchen, eine vielbegehrte Spezialität des Bodensees, in ihren Netzen zu fangen. Diesel­ben werden zum größten Teil an die Fischhandlung von A. Langenstein hier abgeliefert und von hier aus nach aller Herren Länder versandt. In den letzten Tagen konnten gegen 2000 Stück abgeliefert werden und bei günstiger Witterung erwartet man in den nächsten Tagen noch reicheren Fang. In etwa 5 bis 6 Tagen wird der Massenfang beendet sein. Während dieser kurzen Zeit können die Fische um 2030 °/<> b Niger wie sonst abgegeben werden.

Leipzig, 4. Dez. Das Schwurgericht verurteilte den Rechtsanwalt l)r. James Breit in Leipzig, der am 16. August den muäiosns juris Richard Oettinger aus Stuttgart in einem Duell erschossen hat, wegen eines vor dem Duell begangenen Hausfriedensbruchs zu 3 Wochen Ge­fängnis und wegen des Zweikampfes mit tödlichem AuSgang zu 3'/- Jahren Festungshaft. (Ueber die Vorgeschichte des Duells ist, nach der Frkf. Ztg., Folgendes festgestellt worden: Der stuck. zur. Oettinger war Mitglied einer hiesigen studentischen Korporation, aber aus persönlichen Gründen aus­getreten. Eines Tages traf er im Palmengarten mit einem Sudiosus C. zusammen, der ihm einen Bekannten, welcher der in Frage kommenden Ver­bindung angchörte, vorstellen wollte. Oettinger lehnte die Vorstellung ab, vielleicht in etwas brüs­kem Tone, und dadurch fühlte sich C. in seiner Ehre gekränkt. Es kam zu schriftlichen Auseinander­setzungen, und schließlich wandte sich C. an den ihm bekannten Rechtsanwalt Breit, der an und für sich mit der Angelegenheit nichts zu thun hatte, er solle versuchen, von Oettinger eine ihn zufriedenstellende Erklärung zu erlangen. Rechtsanwalt Breit über­nahm den Auftrag; er forderte Oettinger auf, die Erklärung zu unterschreiben, die er ihm anbei ein­sende. Oettinger lehnte das scharf ab, und auf einen zweiten Brief Breits äußerte er sich dahin, er halte Breits Intervention nicht für angebracht. Er ließ durchblicken. Breit interveniere lediglich des Honorars wegen, auch soll er ihn einenKneifer" genannt haben. Tann reiste er zu seinem Bruder nach Plauen im Vogtlande. Ter Rechtsanwalt Breit ist ihm nun nachgereist, er begab sich in die Oettinger'sche Wohnung, wo er den Studenten, noch

im Bette liegend, antraf. Nun hat er den jungen Mann mit einer mitgebrachten Reitpeitsche traktiert, worauf er sich zum Bahnhof begeben hat. Oettinger ist ihm dahin gefolgt, und es ist im Wartesaal zu einer wüsten Szene gekommen, beide haben da mit Stock und Schirm aufeinander eingeschlagen. Die Forderung zum Duell war der Schluß. Am frühen Morgen des 16. August fand der Zweikampf im Leutzscher Holze statt. Oettinger erhielt einen Schuß in die rechte Seite der Brust, das Rückgrat ist schwer verletzt worden, und Oettinger starb nach wenigen Stunden im hiesigen Krankenhause, wohin man ihn transportiert hatte, vr. Breit stellte sich selbst den Behörden, ward aber nach Hinterlegung einer Kau­tion in Höhe von 10 000 wieder auf freien Fuß gesetzt.)

Berlin, 4. Dez. Der 21jährige Student der Medizin Kurt Volk, Sohn eines Mainzer Kaufmannes hat sich aus unbekannter Ursache in seiner Wohnung erschossen.

Berlin, 5. Dez. In hiesigen maßgebenden Kreisen wird dem Lokal-Anzeiger zufolge die deutsch­feindliche Bewegung unter der polnischen Studenten­schaft des Auslandes mit großer Ruhe verfolgt. Die Rücksprache der deutschen Botschafter in Wien und Petersburg mit den dortigen leitenden Ministern hat ergeben, daß sowohl die österreichische wie die russische Regierung entschlossen sind, Deutschland in der Abwehr der deutsch-feindlichen polnischen Be­strebung zu unterstützen,- zumal man sich nicht ver­hehlt, daß diese Bestrebungen im letzten Grade darauf gerichtet sind, das gute Einvernehmen der beteiligten drei Kaisermächte zu stören.

Wien, 4. Dez. Wie die Neue freie Presse meldet, hat in der Angelegenheit der anti-deut­schen polnischen Demonstrationen in Lem­berg zwischen dem deutschen Botschafter Fürsten Eulenburg und dem Grafen Goluchowsky eine Be­sprechung stattgefunden, welche zu einer befriedig­enden Erledigung in dieser Angelegenheit geführt hat.

Warschau, 4. Dez. In dem Orte Za- wierszo wurden 28 Personen von einem tollen Hunde gebissen. "'Ein 8jähriges Mädchen ist bereits gestorben.

»'Brüssel, 5. Dez. Inder gestrigen Buren- Conferenz erklärte Dr. Leyds, daß bisher von England kein annehmbares Friedens-Angebot vor­liege. Eine Autonomie unter englischer Kontrolle könnten die Buren niemals acceptieren. Ueberdies seien die Buren noch auf 5 Jahre mit Munition, Waffen und Lebensmitteln versehen.

Paris, 4. Dez. Heute Nacht stürzte in einem Variöte-Theater während der Vorstellung eine Treppe auf der Szene ein, wodurch 10 Schau­spieler mehr oder weniger schwer verletzt wurden.

London, 4. Dez. Der Daily Mail wird aus Pictermaritzburg berichtet: Die Behörden melden, Louis Botha habe mit einem Commando von 1800 Mann bei Ermelo Posto gefaßt. Die

Mannschaften weigern sich jedoch, wie es heißt, den Kampf mit den Engländern aufzunehmen. Das­selbe Blatt meldet aus Bermudas: eine große An­zahl von Buren sei entflohen. Die Behörden haben eine Prämie von 3 Pfund Sterling für das Ein­bringen je eines Entlaufenen festgesetzt. Es scheint, daß die Buren von der Bevölkerung der Insel unterstützt werden. Ein Mitglied des Parlaments dieser Insel soll sich durch burenfreundliche Reden besonders bemerkbar machen.

London, 5. Dez. Der General-Ausschuß des Verbandes der liberalen Vereine Englands hat nach längeren stürmischen Erörterungen eine Reso­lution angenommen, in der erklärt wird, daß der Zeitpunkt gekommen sei für Unterhandlungen mit den Buren zum Abschluß eines ehrenvollen und dauernden Friedens, zu welchem Zweck ein außerordentlicher Commissär nach Südafrika gesandt werden soll.

Hirsau Eingesandt.

Auf das Eingesandt vom 1. Dezember d. I., Wochenblatt Nr. 145, betreffend die hies. Wasser­versorgungsanlage, Beseitigung der Polizeistunde, neues Ortspolizcistatut, Gasbeleuchtung, Gemeinde­ratswahl, Korrektion des Calwer Wiesenwegs u. a., wird der Herr resp. die Herren Verfasser des frag­lichen Artikels höflichst ersucht, ihre werten Namen bekannt zu geben, damit der hiesigen Bürgerschaft Gelegenheit geboten ist, fragl. Herren bei der in nächster Woche stattfindenden Ergänzungswahl ein­stimmig in den Gemeinderat wählen zu können. Wir hoffen von der Wahl dieser Herren ein mächtiges Aufblühen unseres Gemeinwesens, denn wir sind überzeugt, daß dieselben nicht nur im Stande sind, uns mit großen Verbesscrungsvorschlägen an die Hand zu gehen, sondern daß sie auch Mittel und Wege wissen, wie die Gemeinde die Kosten der von ihnen aufgestellten Projekte deckt, ohne die Steuer­beutel der Bürger über Vermögen in Anspruch neh­men zu müssen.

Standesamt Kalw.

Geborene.

29. Nov. Anna Klara Furthmüller, Tochter des Jakob

Furthmüller, Fabrikarbeiters hier. Gestorbene.

30. Nov. Eva Katharine Rentschler hier, Ochsenwirts

Witwe von Altburg, 76 Jahre alt.

2. Dez. Gottliebin Pauline Schwämmle, Ehefrau des

Gustav Schwämmle, Ochsenwirts hier, 80 Jahre alt,

3. Georg Schrof, Steinhauer hier, 56 Jahre a.

GotLesdierrA«

am 2. Advent, 8. Dezember.

Vom Turnm 634. Predigtlied: 98 Ermuntert euch rc. 9H- Uhr: Vormitt.-Predigt, Herr Dekan Roos. 1 Uhr: Christenlehre mit den Söhnen. 5 Uhr: Bibel- stunde im Vereinshaus, Herr Stadtpfarrer Schmid. Areitag, 13. Dez., monatl. Bußtag.

10 Uhr: Predigt im Vereinshaus, Herr Dekan Wurm.

Mann und könne für sich selbst sorgen. Hat er nicht im Grunde Recht?"

Vielleicht ja!" seufzte die Lady.Aber haben Sie nicht auch bemerkt, wie er sich verändert hat? Er bleibt halbe Nächte lang fort, weicht allen Fragen aus, die ich an ihn stelle, ist blaß und elend und hat keinen Appetit. Das sind deutliche Zeichen-"

Von was ?"

Nun, von Lebensüberdruß und geheimem Kummer. Ich weiß auch recht gut die Ursache. Lily ist schuld!"

Ich, Tante!" fuhr das Mädchen erschrocken auf.

Ja, du! Hieltest du dein Versprechen, würdest du ihn schnell zurückge­winnen. Ich tadle meinen armen Jungen nicht, denn nur deine Unfreundlichkeit hat ihn so weit gebracht."

Verzeihung, Tante, aber du irrst dich!" widersprach Lily.Philipp und ich haben verschiedene Male über die Sache gesprochen; er verlangt nicht, daß ich ihm eine Zuneigung heuchle, die ich nicht empfinde. Daß ich ihn wie eine Schwe­ster liebe, weiß er und ist damit zufrieden."

Das ist nicht wahr!" brauste die Lady auf.Freilich, wenn du so wenig Selbstgefühl hast, Philipp zu sagen, daß du diesem namenlosen Antony, der deine Liebe obendrein verschmäht, noch immer nachseufzst-"

O Tante," unterbrach Lily sie leidenschaftlich,du bist grausam gegen Tony und mich! Du zwingst mich mit deinen Worten, dir zu erklären, daß ich Antony nicht vergessen kann, eben weil er namenlos und verstoßen ist und daß ich nur ihn liebe."

Undankbares Geschöpf!" rief die Gräfin zornbebend.Wenn du dich so benimmst, werde ich Philipp raten, eine andere mit der Grafenkrone zu beglücken, du bist es nicht wert! Ah, da kommt er selbst!"

In der That erschien in diesem Augenblick der junge Lord auf der Schwelle' Er sah müde und übernächtigt aus, war aber augenscheinlich in bester Stimmung, denn seine neuen Freunde hatten ihn vorläufig, schlauer Weise noch gewinnen lassen. Die Damen nachlässig begrüßend, warf er sich in einen Lehnsessel und bat Miß Paget um eine Tasse Kaffee.Hungrig bin ich nicht!" fügte er hinzu.

Du bist jetzt niemals hungrig, Philipp!" bemerkte die Gräfin nicht ohne Gereiztheit.Seit wir hier sind, scheinst du allen Appetit verloren zu haben. Du wirst dich auf diese Weife bald zu Grunde richten "

Pah! Hättest du mich heute früh um vier Uhr Beefsteak essen und Cham­pagner trinken sehen, du würdest das nicht sagen."

Um vier Uhr Morgens? Welch' unpassende Zeit! Und wann kamst du nach Hause?"

Vor einer halben Stunde. Ich war bei meinem Freunde eingeschlafen und wachte erst um zehn Uhr auf. Wie spät ist es denn jetzt?" fuhr er fort. Schon Mittag! Was fangen wir heute an?"

Wir gehen in den Palazzo Farnese," erklärte seine Mutter in strengem Ton,und für dich, denke ich, wäre es das Beste, dich schlafen zu legen."

Hm, das werde ich vielleicht thun. Keine Briefe gekommen?"

Nur die Zeitungen. Du hast mir aber noch nicht gesagt, mit wem du gegessen hast."

Das kann dich doch nicht interessieren," meinte der Lord, dieTimes" entfaltend.Wenn ich dir auch den Namen sage, du kennst die Leute ja nicht."

Ich möchte es aber wissen. Hoffentlich verkehrst du mit niemand, dessen man sich zu schämen brauchte."

Gewiß nicht! Es sind Landsleute von mir."

(Fortsetzung folgt.)