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Württemberg.

Württembergischer Landtag.

(170. Sitzung.)

Stuttgart, 9. Dez. Bei überfüllten Tribünen pröffnet Präsident Payer um 3'/4 Uhr die Sitzung. Auf der Tagesordnung steht die erste Beratung deS Entwurfs eines Gesetzes betr. die Bestellung und die Amtsobliegen­heiten der Orts vorst eh er und der Ver­waltungsaktuare. Schuhmacher -Spaich- ingen erklärt, daß die Bolkspartei im Wesent­lichen mit dem RegierungS Entwurf einverstanden sei; auch die O-isvorstcher selbst ständen gegen wärtig der Abschaffung der Lebenslänglichkeit nicht mehr jo sehr schroff gegenüber. Bon 1900 zeigten sich nur mehr 400 entrüstet über den Entwurf. Die Bolkspartei wünsche die Orts» Vorsteher auf 8 Jahre gewählt zu jehen. Die­selben, welche nach einer 8jährigen Amlsperiode nicht wiedergewähli werden, sollen keinen An­spruch auf Pension haben. Einen Anspruch auf geringe Pension haben solche, welche nach weiteren 8 Jahrrn wieder gewühlt werden; größere Pen­sion sollen die beziehen, die nach Verlauf von den dritten 8 Jahren in den Ruhestand treten. Diewohlerworbenen Rechte" könne die Volks- Partei nicht anerkennen. R e m b o l d - Aalen spricht im Namen des Zentrums und betont, daß dasselbe für die Abschaffung der Ledcns- längllchkeit einlrclen werde; es werde aber auch wohlerworbene Rechte wahren, worunter es den Pensionsanspruch aus Gehalt und allen Neben­bezügen der Ortsvorsteher, und zwar auf Lebens- zeit, versteht. Pension nur aus dem Gehalt der Orlsvorsteher zu bewilligen, entspreche nicht der Gerechtigkeit, besonders da die Nebenbezüge der Ocisvorstcher manchmal sehr namhafte seien. Be­züglich der Rückwirkung müsse die Kommission einen Weg zu finden trachten, der gangbar sei und den Interessen der Gemeinden nicht zuwidcr- laufe. Freilich wäre es mißlich, die gegen, wäriigcn OrtSvorstehcr auf Lebenszeit im Amte zu belassen, aber es handle sich ja nur um eine Uebergungszcit. Redner hält cs für das b>ste, den Entscheid bis nach der Einführung des bürgerlichen Gesetzbuches aufzuschieben. Schuh- macher-Spaichingen hat einen Antrag eilige- bracht, den Entwurf einer aus 15 Mitgliedern bestehenden Kommission zu überweisen. Hart ransl Freudenstadt: Die Abschaffung der Lebens länglichteit sei in Württemberg zum politischen Glaubrnöbekennlnis geworden. Um dasob" handle es sich nicht mehr, sondern nur mehr um das wie". Der Regierungsentwurf mit einer zehn­jährigen Wahlperiode treffe das richtige. Redner befürchtet Abschaffung der Lrbenslängllchkeit, daß die Ausübung des Polrzcistrafrcchtcs Ge fahr laufe. Auch er tritt dafür ein, mit der Entscheidung bis nach Einführung des bürgert. Gesetzbuches zu warten. In Bezug auf die Rückwirkung ginge der Entwurf wert über be­stehende Rechte hinaus. Krug-Biberach spricht für Heretnziehung der Nebenbezüge der OrtS- vorsleher bei der Pensionsberechnung; auch er hält den jetzigen Zeitpunkt für den denkbar un­günstigsten für das Gesetz. P f a f f-Cannstatt ist für eine 10jährige Ämtsdauer und für Ein­beziehung des Nebeneinkommens bei Berechnung der Penfton. Sachs Crailsheim verschließt sich der Zweckmäßigkeit der Abschaffung der Lebens länglichkeit nicht, hält aber den Zeitpunkt für sehr ungünstig. Man könne sich vielleicht mit einem Jnterimsgesetz bis zur Einführung des bürgerlichen Gesetzbuches behelfen. Einer lOjähr. Wahlperiode stimme er zu, verwirft aber ganz entschieden die Rückwirkung des Gesitzcs. Kloß- Stuttgart (Stadl) erkennt die erworbenen Rechts­ansprüche der Ortsvorsteher an, wünscht aber die Rückwirkung des Gesetzes. Sommer-Saul- gau teilt den Standpunkt seines Parteigenossen Rembold. Minister v. Pis chek ist überrascht, daß von verschiedenen Selten die Aufhebung der Rückwirkung gewünscht werde. Im Jahre 1895 sei die Majorität für die Rückwirkung gewesen. Rechtlich habe kein Beamter Anspruch auf lebens längliche Anstellung und der Gesetzgeber könne auchwohlerworbene Rechte" ohne Entschädig- ungspflicht uusheben; das geschehe aber nicht, da

der Entwurf den abtretenden Ortsvorstehern auf Lebenszeit ihr Gehalt (ohne Nebeneinkommen) verspricht. Dem Entwurf könne also keineswegs eine Rechtsverletzung unterschoben werden. Er bittet den Entwurf nicht zurückzustellen und in die Beratung einzutreten. R a t h - Münsingen ist ebenfalls gegen eine Verschleppung. Prälat v. Sandberger tritt für Wahrung der Rechte der Schulzen ein.

Unterhaltender Teil.

Die Geheimpolizei des Unkle Sam.

(Schluß.)

Wird denn im Schatzamt nichts gestohlen oder sind dort nur ehrliche Leute angestcllt? fragte ich aufatmend, als der Kapitän innehielt.

Obwohl die Regierungsdeteklivs Alles thun, was in ihren Kräften steht, sind doch Diebstähle im Schatzamt und oftmals recht erhebliche nur allzuhäufiz. Im Juni 1870 ließ ein Dieb, der sich eingeschlichen hatte, seinen Hut, wie von ungefähr, fallen und schlepple in demselben, als er ihn aufgesetzt hatte, ein Packet 10-Dollar-Nolcn im Werte von 5000 Dollars unbemerkt fort. Als der Diebstahl entdeckt wurde, wurden die Nummern der Bank­noten bekannt gemacht und ein Detektiv fing den Dieb am nächsten Tage in der New Dort Bank gerade als er se ne Beule deponieren wollte, lieber die Hälfte des gistohlenen Geldes wurde gerettet.

Im selben Jahre stahlen 2 Angestellte 62 000 Dollars. Detektivs bekamen Arbeit und die Diebe samt einem Restbeträge von 12 700 Dollars wurden eingedracht. Im selben Jahre stahl ein Angestellter 10000 Dollar daourch. daß er das Papiergeld durch ein Pack<t Schnitz ! ersetzte. Detektivs fingen ihn und 5700 Dollars, die er noch bei sich hatte. Die Detektivs des Schatzamts haben sich sehr ausgezeichnet, mein Herr!"

Gewiß! Aller Ehren wert! Doch fahren Sie nur fort! Ich bin sehr neugierig!" versetzte ich, auch mir eine neue Zigarre anzündend.

Auch in der Paienl-Office werden Detektivs gebraucht," fuhr der Erzähler fort.Schon manche schlaue That haben sic vollbracht! Die schlaueste von allen war die Wiederdringung der Schätze, welche anPräsibenten und RegierungS- deamte von auswärts her als Geschenke gegeben wurden. So erhielt Grant von dem Imam von Maskat eine Puuflische m>l echtem Rosenöl, eine Flasche mit Perlen, eine mit Diamanten, eine Tabaksdose mit Brillanten, einen edelstem besetzten Säbel u. s. w. und denken Sie sich, alle diese Kostbarkeiten würben grstohlen!"

Aber wie ist das nur möglich!" rief ich aus

Weiß Gon! Geschehen ist'S dennoch. Die gestohlenen Sachen wurden nach New Jork gebracht und sollten dort verkauft werden. Die Detektivs aber hatten die Diebe schon aufgespürt, che sie ihre Beute an den Mann bringen konnten. Die gestohlenen Kostbarkeiten, von denen ich sprach, befinden sich jetzt im National-Museum in Sicherheit."

Jetzt haben wir also schon 7 verschiedene Sorten Detektivs kennen gelernt: solche, die den Präsidenten beschützen; solche, welche die Kongrrßbibllotyek bewahren; solche, die die Archive mit ihren Argusaugen bewachen; solche, welche die Ausgaben der Beamten registrieren; solche, die die Postangestelllen und Briefträger überwachen; endlich solche, die das Schatzamt zu sichern haben und letzt endlich solche, welche die Patent Office behüten! Verzeihen Sie, Herr Kapitän, sind dasdie Knaben alle?" Der Rest der Verwaltung in Washington ist also ehrlich?" fragte ich ironisch

Huron sabel" rief er aus, indem er die Asche von seiner Zigarre klopfte,lieber die Detektivs des Zollamts müssen Sie Neugieriger doch auch etwas erfahren l"

Gut! Also Nummer 8. Vorwärts."

Die Detektivs haben hier den schwersten Stand, denn die Schmuggler sind, wie Sie wissen, geriebene Kerle und die Beamten, welche mit ihnen im Bunde stehen, womöglich noch geriebenere. Da heißt es aufpassen. Namentlich

im Opiumschmuggel wird Großartiges geleistet. Baumstämme in Holzladungen sind ousgehöhlt und enthalten Opium. In den Kohlen der Dampfer stecken oit Tausende Pfunde von Opium. In den hohlen Eiscnmassen, zwischen den Scheidewänden, in den wasserdichten Schotten überall kann man vermuten Opium. Nächst Opium wird meist in Diamanten geschmuggelt und hier stehen die Zollbeamten ebenfalls in Verdacht und sind heimlich von Detektivs um­geben, welche sie Tag und Nacht nicht aus den Augen lassen. Ich kann Ihnen unmöglich die Unmasse von Arbeit schildern, welche diese Klasse G.Heimpolizisten zu bewältigen hat."

Das glaube ich Ihnen!" versetzte ich kopf­nickend.Doch fahren Sie fort. Wir haben bis jetzt 8 Sorten! Welches ist die neunte?"

Die neunte?" fragte der Herr Kapitän verblüfft.Sind das noch nicht genug?"

Allerdings, man sollte meinen! Doch wenn wir noch eine Klasse auftreiben könnten, dann hätten wir jaAlle Neune" beisammen!"

Nun ja freilich, aber sehen Sie, so kann man sie doch nicht klassifizieren I Was ein guter Detektive ist, ist zu Allem zu gebrauchen. Daß die Einen oder Andern mehrere Jahre in dieser oder jener Abteilung des Regierungsdienstes stehen, ist schier Giwohnheit, nicht Befähigung zu dem bestimmten Zweck. So mag es ja noch ein Dutz nd verschied!ne Klassen geben, aber haarscharf unterscheiden kann man sie nicht,'von einander."

Wieviel Gehalt bekommt solch ein Detektiv im Durchschnitt?" fragte ich.

Je nach seiner Erfahrung von 100150 Dollars den Monat!"

Welche erhallen das höchste Salair?"

Di j'nigcn, deren Dienst mit unmittelbarer Lebensgefahr verbunden ist "

Und wenn Sie zum Krüppel geschossen werden?"

Geschieht es im Dienste der Regierung, so erhallen sie Pension, welche auch auf die Hinter- bliebenen übergeht!"

So mein Herr Kapitän!" rief ich, indem ich mich erhob,Jetzt danke ich Ihnen für alle Ihre freundlichen Mitteilungen. Uber die Sicherheit von Regierungen aber wollen wir unter diesen Breitengraden uns n'cht weiter ent­zweien! Leben Sie wohl!"

6ooä dzea 8ir! Oooä d^o! Oomo aZain!"

In Gens hat sich vor einiger Zeit eine hochelegante Dame bemerkbar gemacht, die sich Prinzessin von T. nannte und große Einkäufe besorgte. Besonders ein Wäsche- und Modeartikelmagazin beehrte sie mit ihrer Gunst und ließ sich von demselben für nahezu 40 000 Franken Waren liefern. Im Anfang zahlte sie, nach bewährter Gaunerart, um Ver­trauen zu erwecken. Eines schönen Tages aber war sie verschwunden. Der geprellte Geschäfts­mann legte Klage ein, und auf die gerichtlichen Nachforschungen hin gelang es in der That, die elegante Prinzessin vor einigen Tagen im Hotel Louvre in Paris zu verhaften. Sie hatte dort unter dem Namen einer Frau Rapp logiert. Bis zur Abwicklung der Auslieferungs­formalitäten wurde die holde Gaunerin uns dem Louvre nach Saint Lazare in das dortige Gefängnis gebracht.

Stargard (Pommern), 5. Dezbr. Seit einiger Zeit werden hier die höheren Kreise durch unterschriftlosc Briefe belästigt. Auch der Land­rat v. Glasow und dessen Gemahlin wurden auf diese Weise schwer beleidigt. Als Thäter wurden verschiedene Personen, meist Damen, verdächtigt, u. a. auch die Gattin eines höheren Offiziers. Der letztere hat nun eine Belohnung von 5000 -/A für Ermittelung des Thäters ausgesetzt.

(Der Pomolog in Begeisterung ) Pomolog: . . .und wenn ich dann einst sterben lhu . . . kein Slein, kem Denkmal darf mir auf mein Grad. . . nichts als eia Burebaum (Birn­baum) ..." Sicinhaucr:Ja, jal No stautet d'Leut na und saget: Do liegt au e gute Bnr ..."

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