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Der portugiesische Minister deS Aeußern hat die allerbündigste Erklärung abgegeben, daß Portugal die Delagoabai an England weder abgetreten, verlaust oder verpachtet habe, noch jemals ausgeben werde. Die gegenteiligen Gerüchte seien von der Chartered-Company ausgestreut worden, die überhaupt die Schuld an allem Unheil in Südafrika trage
Die Jahresabrechnung der Spielhölle in Monte Carlo zeigt, daß der Gewinn dieser Einrichtung nahezu sechzehn Millionen Mark beträgt; diese ungeheure Summe ist also von unglücklichen Spielern in diesem Jahre verloren worden. Unter den Ausgaben befinden sich 1,24 Mill. Mark zur Unterstützung der Presse (!). Diese Summe kommt meist den französischen Zeitungen in Form von „Schweigegeldern" zugute.
Hlnterhaltender Teil.
Falsche Spuren.
Criminal-Novelle von Ferdinand Hermann.
(Fortsetzung.)
Ueberrascht und ein wenig verstimmt, hatte sich Therese erhoben. Sie war auf eine jener Ungezogenheit gefaßt, denen schutzlose junge Mädchen in einer großen Stadt nur zu häufig ausgcsetzt sind; aber alle derartigen Befürchtungen verschwanden, als sie die gemessene Haltung des Eintretenden und seine ernste, kalte Miene gewahrte. Der Besucher war kein Anderer, als der Polizei Kommissar Wangemann, der nämliche Beamte, welcher am Morgen bei der Aufnahme des Thatbestandes im Hause der angeblich ermordeten Fräulein Hegemeier zugegen gewesen war. Allerdings nannte er jetzt seinen Namen nicht, sondern nach einem sehr kurzen Gruße begann er ohne alle Einleitungen und Entschuldigungen mit seinen scharf und unhöflich klingenden Fragen.
„Sie sind die unverehelichte Schneiderin Therese Ulrich — nicht wahr?"
„Allerdings, mein Herr! Aber ich weiß nicht —"
„Gut! Eine einfache Bestätigung genügt! — Sie sind von dem Schicksal der alten Dame unterrichtet?"
„Welcher alten Dame?" fragte Therese mit wachsendem Erstaunen. „Doch nicht etwa des Fräulein Hegemeier?"
„Wie kommen Sie gerade auf diese?" fragte der Beamte rasch, sic scharf fixierend.
„Mein Gott, weil sie fast die einzige atte Dame meiner Bekanntschaft ist, die einzige wenigstens, deren Schicksal ein Interesse für mich haben kann. Aber jo sagen Sie doch wenigstens, was ihr geschehen ist. Sie sehen mich in der höchsten Angst."
„So sollten Sie also nicht wissen, daß Fräulein Hegemeier tot ist?"
„Tot?" Mil einem gellenden Schrei hatte es Therese ausgerufen, und sie mußte sich an der Lehne des neben ihr stehenden Stuhles festklammern. weil es ihr vor den Augen flimmerte und schwirrte. „Tot? O, welch' ein Unglück! Aber sie war herzleidend, und noch bei meinem letzten Besuche sagte sie mit einem wehmütigen Lächeln, sie habe die Ueberzeugung, daß ihre Tage gezählt seien! Aber so schnell, ich vermag es noch gar nicht zu fassen!"
„Nichts destoweniger scheinen Sie ein merkwürdiges Interesse zu haben, festzustellen, daß Fräulein Hegemeter an einem Herzleiden gestorben sein müsse. Ist das Alles, was Sie mir über die näheren Umstände ihres Ablebens sagen können?"
„Gewiß, mein Herr! Aber ich begreife Sie nicht! Wie sollte gerade ich dazu kommen, etwas vom Tode meiner Wohlthäterin zu wissen ?"
„Weil der Eintritt dieses Todes ungefähr zusammcngefallen ist mit der Zeit ihres letzten Besuches bei der alten Dame; vielleicht kehrt Ihnen jetztJhr Gedächtnis zurück, mein Fräulein!"
Der harte, um nicht zu sagen brutale, Ton des Beamten schüchterte das junge Mädchen, welches sich das unerhörte Benehmen des fremden Mannes durchaus nicht zu deuten wußte, immer mehr ein. Für einen Augenblick kam ihr sogar '
der erschreckende Gedanke, sie könnte eS mit einem Irrsinnigen zu thun haben, und ängstlich blickte sie auf die Thür in der Hoffnung, daß die Frau Fehning zu Hilfe kommen möchte.
Dem Polizei-Kommissar dagegen erschienen ihr Schweigen und ihre Verwirrung als untrügliche Anzeichen des Schuldbewußtseins, und er beeilte sich, in noch barscherem Tone fortzufahren :
„Um es kurz zu machen: Wann waren Sie gestern Abend mit Ihrem Bruder, dem Apothekergehilfen Julius Ulrich, im Hause des Fräulein Hegemeier?"
„Ich war überhaupt nicht dort!" erklärte Therese rasch und bestimmt, ihren ganzen Stolz gegen eine so unwürdige Behandlung zu Hilfe nehmend. „Nun aber möchte ich endlich wissen, mein Herr, wer Sie sind und was Sie berechtigt, derartige Fragen in einem so unbescheidenen Tone an mich zu richten!"
„Wenn Sie es wünschen, sollen Sie es erfahren, obwohl mir Ihr Erröten bei meinem Eintritt zur Genüge verraten hat, daß Sie wohl eine Ahnung davon hatten, was mein Besuch bedeute Ich bin der Polizei-Kommissar Wangemann — hier ist meine Legitimation! Sie werden nun begreifen, daß Sie mir auf alle meine Fragen in Ihrem eigenen Interesse wahrheitsgemäß Auskunft zu geben haben. Ich wiederhole also: wann waren Sie gestern Abend mit Ihrem Bruder bei dem Fräulein Hegemeier?"
Noch immer kam Therese keine Ahnung, daß dieser Besuch des Polizeibeamten ein entsetzliches Urteil für sie bedeuten könne. Sie vermutete wohl, daß in dem Häuschen der alten Dame etwas Außerordentliches geschehen sei, worüber man ihr Zeugnis begehre; aber nicht einen Augenblick kam ihr eine Besorgnis für ihre eigene Person.
„Sie sind im Irrtum mein Herr!" erwiderte sie. „Ich muß Ihnen noch einmal erklären, daß ich gestern nicht bei dem Fräulein war, und daß meine Wirtin Sie darüber falsch berichtet hat. Allerdings hatte mich die alte Dame, die mir stets ein lebhaftes Wohlwollen bewiesen, ersucht, ihr meinen Bruder vorzustellen, und er holte mich gestern Abend in der Absicht ab, mich zu ihr zu begleiten. Unterwegs wurden wir anderen Sinnes und gingen nicht hin."
„<so?" — und weshalb wurden Sie anderen Sinnes?"
Das junge Mädchen errötete, und in ihren schönen Augen blitzte es zornig auf.
„Darüber glaube ich Ihnen keine Rechenschaft schuldig zu sein!"
„Nun gut, wie Sie wollen! Wenn nun aber Ihr Bruder bereits eingestanden hätte, daß Sie dennoch bei Fräulein Hegemeier gewesen sind?"
„Das ist eine Unwahrheit: das ist unmöglich!"
„Sie ist verteufelt schlagfertig, und man könnte beinahe irre werden," murmelte der Kommissar vor sich hin, während er sich zur Thür wandte, um dieselbe zu öffnen und einen Namen hinauszurufen. Ein zweiter, ebenfalls in Zivil gekleideter Beamter erschien auf der Schwelle.
Ich habe den Befehl, eine Haussuchung bei Ihnen vorzunehmen, mein Fräulein," sagte der Kommissar kurz und hart; „Sie werden gut thun, wenn Sie mir dabei keinerlei Widerstand entgegen setzten und sich zugleich jeder Einmischung enthalten.
Ueberwältigt von der Wucht dieses unerwarteten Schlages, sank Therese in einen Stuhl. Einer so unerhörten Behandlung gegenüber vermochte ihre Fassung allerdings nicht Stand zu halten, und wie in einer Betäubung, ohne ein ein einziges Wort zu sagen und ohne ein Glied zu rühren, sah sie mit starren, ausdruckslosen Blicken dem Beginnen der beiden Männer zu.
Und rauh und rücksichtslos genug gingen dieselben zu Werke. Alle Kästen und Schubfächer wurden geöffnet und bis auf den Grund durchwühlt. (Fortsetzung folgt.)
Einen Kampf auf Leben und Tod hatte dieser Tage der königliche Förster Böhme zu Sangerqueüen zu bestehen, als er bei einem
Rundgange durch sein Revier auf zwei Wild, diebe stieß. Während der eine Stiefel, Ueber- zieher, Flinte und einen erlegten Hasen zurückließ und das Weite suchte, schoß der andere auf den Förster. Der Schuß traf die Uhr, zerschmetterte diese und verletzte den Beamten auch leicht an der Seite. Da der Dieb sich anschickte, einen zweiten Schuß abzugeben, machte Böhme auch von seinem Gewehr Gebrauch und schoß dem Wilddieb das Gewehr aus den Händen. Hierauf entspann sich ein harter Kampf, bei dem der Förster im Gesicht mit Kratzwunden bedeckt wurde, doch gelang es ihm nicht, den Wilderer zu fesseln. Böhme hatte indes Beide erkannt und sie sollen bereits hinter Schloß und Riegel sitzen. .
Wie auch in der Schneidig! eit zu viel gethan werden kann, das hat der Feuerwehr-Kommandant Thomas in Dresden bewiesen. Als kürzlich in Dresden eine Kirche brannte, kam die pflichteifrige Feuerwehr im Sturmschritt dahergerasselt. Die Leute sprangen von der Spritze, aber nicht so. wie es ihnen einexerziert worben war. Sofort kommandierte der Kommandeur wieder aufsitzen, noch einmal und zwar zum reglementmäßig abspringen. und nun erst durften die Löschunasarbeiten beginnen.
Der Apfelblüten st echer. Zur Zeit der Obstbaumblüte beobachtet man häufig in dem duftigen Blütenkleide der Apfel- und Birnbäume häßliche rostgelbe Flecken (der „Brenner"). Oeffnet man eine der verdorrten Blütenknospen, so findet man darin eine weißliche, rotgestreifte Made, lang und schmal, ohne Beine, mit schwarzem Kopfe, welche das Innere der Knospe verzehrt hat und nur noch von den dürren, gelben Kronblättern umhüllt wird. Aus dieser Made entwickelt sich nach und nach ein dunkelkastanienbrauner Rüsselkäfer, der Apfelblütenstecher. Wenn der Käfer ui großer Menge vorkommt, so ist sein Schaden oft recht bedeutend. Kalkanstrich — Kalkmilch mit Rindsblut oder Leim — ist das wirksamste Vorbeugungsmittel, um den Käfer abzuhalten, sein Winterquartier am Stamme aufzuschlagen. In neuerer Zeit wird auch das Beräuchern der Bäume mit Schwcfeldämpfen vor Oeffnung der Blüten empfohlen. Professor Nördlinger empfiehlt als Vorbeugungsmittel die Kultur solcher Obstsorten, deren Blüten sich im Frühling spät entwickeln. — In derselben Weise lebt der sehr ähnliche Birnblütenstecher auf dem Birnbaum.
(Schadenfroh.) „Host Du 's scho g'hört, Sepp, der Eichelbauer heiratet jetzt au!" — „So, dös ist g'scheid'l! I Han ihn so nie leide könne!"
Telegramme.
Karlsruhe, 7. Mai. Der Bürger- ausjchuß nahm einstimmig die Vorlage betreffend deu Rheinhafen an; der Staat trägt dazu zwei, die Stadt eine Million Mark bei. Die Vollendung wird etwa in zwei Jahren erfolgen.
Paris, 7. Mai. Der Herzog von Aumale starb nach einer wenige Minuten dauernden Krise, ohne zu leiden. Seine bei ihm weilende Schwester, Prinzessin Elementine von Koburg, ist schwer erkrankt.
Paris, 7. Mai. Der „Figaro" eröffnet eine Sammlung, um das Werk des W.ohl- thätigkeitbazars fortzusetzen. Die Fürstin von Wagram, die 5000 Franken dazu zeichnet, wird mir den Damen, die das Unglück überlebt haben, einen besonderen Ausschuß bilden, um das Ergebnis der Sammlung zu verteilen.
Larissa, 7. Mai. Mit Phersala selbst wurden 80 Dörfer der Umgegend von den Türken besetzt, die dabei eine Gebirgsbatterie mit 18 Maultieren, eine Menge Munition und Proviant, sowie auch Gepäck der griechischen Prinzen erbeuteten. Die Griechen hatten viele Tote.
Rom, 7. Mai. Wie es heißt, sind die Mächte übereingekommen, für den Fall, daß die Ereignisse in Athen die königliche Familie gefährden sollten, den Piräus militärisch zu besehen.
Mit einer Beilage.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.