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Unterhaltender Heil.

Im Dunkel der Nacht.

Eine Erzählung von Otto Eber st ein.

(Schluß.)

Plötzlich warf Fritz das Zeitungsblatt auf die Seite, erhob sich und schritt erregt in dem kleinen Zimmer auf und ab. Dann trat er zu Hannchen, legte seine beiden Hände auf deren Schulter und sagte:

Weißt Du auch, daß es mit Drobsch sehr schlecht steht?"

So hat sich seine Krankheit verschlimmert?" fragte Hannchen rasch im Tone aufrichtigen Mit- leides.

Jener nickte.

Ein heftiges Nervevfieber hat ihn befallen und der Arzt fürchtet das Schlimmste," erzählte er weiter.Freilich entbehrt er auch der nötigen weiblichen Pflege, die oft mehr wirkt, als die Kunst der Aerzte und alle Arznei."

Dem Himmel sei Dank, daß er durch Dich von dem sichern Verderben gerettet wurde!" sagte» Hannchen tief aufatmend.Wie in aller Weitest aber der alte Mann zur Nachtzeit in diesezgefahrvolle Lage geraten?"jj

Wie er erzählt hat, kennt er den Weg durch die Sümpfe, denn er bei Tageslicht un­zählige Male zurückgelegt, so genau, daß er ihn ohne Bedenken auch zur Nachtzeit zu betreten wagte," erwiderte Fritz.Er war in's Rothen- auer Amt gefordert worden, um dreihundert Thaler, die für ihn auf dem Hause seines Schwagers Gründling standen, in Empfang z i nehmen; denn der Grenzausseher hat keinen Gefallen mehr daran gefunden, sich mit den Schmugglern herumzuschlagen; er hat sein kleines Besitztum verkauft und ist Herrschaftlicher Jäger auf einem benachbarten Gute geworden. Die Post war bereits fort gewesen, als Drobsch seine Geschäfte erledigt halte, und er machte sich daher zu Fuß auf den Weg. In der Dunkelheit hat er dann den richtigen Pfad ver- fehlt und ist in den Sumpf geraten."

Hannchen schaute vor sich hin; sie schien sich mit einem Gedanken zu trogen.

Du jagst, daß er keine ausreichende Pflege habe?" siug sie nach einer Pause,laß mich ihm Pflegerin und Wärterin sein! Er hat uns viel Böses zugesügl, es ist wahr, aber diese Schreckensnacht wiegt alles w eder auf. Jetzt ist es an uns, ihm Böses nicht mit Bösem zu vergelten. Ich will zu ihm eilen, ihm die Schmerzen lindern, die Leidensstunden zu ver­kürzen suchen."

Der junge Mann drückte der Geliebten die Hand und ein dankbarer Blick aus seinen Augen versicherte sie seiner Zustimmung.

Er halte cs nicht gewagt, von ihr das Opfer zu fordern; jetzt aber, wo sie sich selbst dazu erbot, war fern stiller Wunsch erfüllt; mit der sanften Pflegerin, die an das Schmerzens­lager des armen Kranken trat, mußte diesem ein neuer Hoffnungsstern aufgehen.

-j- -ft

*

Wochen waren dahin geschwunden und wieder brauste der Novembersturm durch die engen Gassen des Städtchens. Die Wetterfahnen auf den Giebeln der Häuser knarrten und quitschlen, als seien sie unwillig über die raschen Bewegungen, zu denen sie der kalte Nordwind zwang und die Neste der entlaubten Bäume klapperten ineinander, daß es klang als klagten sie sich gegenseitig über den rücksichtslosen Patron ihre Not.

Die Straßen waren noch einsamer, als sonst, denn Niemand schien Lust zu haben, dem Sturme und Regen, den jener vor sich her­peitschte, zu trotzen.

Aber je rauher und unfreundlicher draußen die Natur erschien, um so friedlicher war es in der Behausung des alten Tischlermeister Drobsch.

Eine angenehme Wärme herrschte in dem geräumigen Zimmer, dessen Ausstattung von einer gewissen Wohlhabenheit zeugte.

In dem Lehnstuhle am Ofen saß der Haus­herr in einen langen Schafpelz gehüllt. Die Spuren der überstandenen schweren Krankheit prägten sich noch deutlich auf seinem bleichen

Antlitze aus; aber eine gewisse Milde, eine zu­friedene Ruhe war über sein ganzes Wesen ausgebreitet.

Ihm zur Seite saßen Hand in Hand Fritz und Hannchen. und die Drei, welche sich einst so feindlich gegenüberstanden, schienen jetzt eine einzige Familie zu bilden.

Und so war cs auch

Lange hatte Drobsch zwischen Leben und Tod geschwebt, endlich aber hatte seine kräftige Natur und die aufopfernde Pflege Hannchens die Krankheit besiegt.

Langsam erholte er sich, und von den schweren Lerdestagen schien nichts zurückgeblieben zu sein, als die Dankbarkeit für seine treue Wärterin. In seinen Fieberphantasieen nannte er oft den Namen des jungen Mannes; als aber die Krankheit zu weichen begann und ihm das klare Bewußtsein wiederkehrte. fragte er wiederholt nach ihm und äußerte endlich den Wunsch, ihn zu sehen.

Er fühlte, daß er. nicht Fritz die Veran- lassung zu dem gespannten Verhältnisse sei, daß Jener ihm viel zu vergeben habe, und in seiner weichen, versöhnlichen Stimmung wünschte er. daß die alte Feindschaft verschwinden und an ihre Stelle ein freundlicheres Verhältnis treten möge.

Als daher eines Abends auf sein ausdrück­liches Verlangen Fritz zu ihm ins Zimmer trat, reichte der Kranke ihm die Hand und sagte:

Vergeben und vergessen! Ist es Dir recht. Fritz?"

Der junge Mann ergriff darauf die dar- gebotene Rechte, und der kräftige Druck, den Jener verspürte, sagte ihm, daß Fritz mit ihm einverstanden sei.

Weiter war zwischen den Beiden kein Wort gewechselt worden. Bon diesem Tage an aber besuchte Hannchens Bräutigam täglich den Genesenden und vertrieb ihm in Gesellschaft deS Mädchens die langen Abende.

Immer herzlicher und inniger gestaltete sich dos freundschaftliche Verhältnis dieser drei Menschen, und als an einem ruhigen, klaren Späiherbsttage Drobsch von seinem ersten Aus­gange zurückkchrte, erklärte er, daß sie fortan für immer beisammen bleiben müßten.

In einigen Wochen heiratet Ihr und nehmt in meinem Hause Wohnung." sagte er; das Hausieren läßt Du sein, Fritz, sonst könnte es Dir in den Sümpfen auch noch einmal so gehen, wie mir. Dafür errichtest Du selbst ein Geschäft, zu welchem hier ein kleiner Anfang ist."

Er schloß das Schreibpult auf, entnahm darauf einen schweren Leinwandsack und reichte ihn dem überraschten jungen Manne.

Da nimm; es ist das Kapital, welches ich damals auf dem Amte in Rothenau auSgezahlt erhielt," fuhr er fort.Es genügt für den Beginn; später werden wir weiter sehen."

Und er hat Wort gehalten, der Meister Drobsch. Mit Rat und That steht er dem jungen, längst vermählten Paare noch jetzt zur Seite und man weiß im ganzen Orte, daß dieses ihn dereinst beerben wird.

Nach Feierabend aber besucht der alte Barthelfried seine Lieblinge und bringt zuweilen den Schmied mit, im traulichen Gespräche werden die ernsten und heiteren Erinnerungen vergangener Zeiten wieder aufgefrischt.

Frarrzöfische Kindersorgen.

In Paris hat sich ernNationalverein für Vermehrung des Kinderreichtums" gebildet, für den die großen Pariser Blätter viel Stimmung machen. In der That haben die französischen Patrioten allen Grund, sich durch die Ergebnisse der Studien über Bevölkerungsstatistik beunruhigt zu fühlen; denn es ergiebt sich daraus die für alle Revanchehoffnungen unbequeme Thatsache, daß die Bevölkerung Frankreichs, nachdem sie lange Zeit gleich geblieben ist, jetzt sogar abzu> nehmen beginnt

Schon seit Anfang des Jahrhunderts herrscht bei unfern französischen Nachbarn die Ansicht, das sicherste Mittel zur Erhaltung und Ver- mchrung seiner irdischen Glückegütcr sei, nur ein

Kind, höchstens zwei, zu besitzen. Noch zu Be- ginn des Jahrhunderts kamen aus 1000 Ein­wohner jährlich 33 Geburten; im achten Jahr, zehnt dagegen sind es nur 24, unb seit 1890 zählt man nur noch 22 Geburten auf 1000 Seelen gegen 38 in Deutschland, Oesterreich und Italien unv 33 in England.

Besonders betrübend sind diese Wahrnehm» ungen unter dem militärischen Gesichtspunkte. Die Anhänger jenes NationalvereinS rechnen ihren Lesern vor, daß unmittelbar nach dem großen Kriege Frankreich fast so viel Rekruten hatte als Deutschland, nämlich 296000 gegen 330000, während gegenwärtig Deutichlanü um die Hälfte mehr Rekruten besitze (,448 000). Glebt cs doch auch seit 1891 in Deutschland doppelt so viel Geburten als in Frankreich (1.9 Millionen gegen 0.9 Millionen.)Dies Volk haßt unS", ruft der Statistiker desTemps" entsetzt aus, es wird uns verschlingen; die Deutschen sagen es, sie drucken es, und sie werden es auch aus- sühren!"

Und wie steht cs mit dem viel gerühmten materiellen Reichtum als Folge der Kinderarmut? Die Antwort unseres Statistikers lautet wenjg tröstlich: Seit 30 Jahren betrug die mittlere Jahresaussuhr in Frankreich 3,33.4 Milliarden Franken. Deutschland dagegen vermehrte seinen Jahresexport von 2 9 aus 4,5 Milliarden Frcs.; ähnlich tst das Verhältnis in Oesterreich.

Wo soll es hinaus, wenn die für 1895 zum ersten Mal beobachtete Erscheinung einer Ab­nahme der Gesamtbevölkerung in Frankreich (um 17 000 Seelen) anhält, während andere Länder, vor allem Deutschland, jährlich mehr künftige Soldaten und Arbeiter Hervorbringen? Der Nationalverein wird nächstens ein Programm zur Abhilfe des großen Uebelstandes Herausgeber,. Wir gutmütigen Deutschen werden sicher in Ge­mütsruhe das Wirken des Vereins abwarten, ohne den uns nachgesagten Heißhunger im Ver- schlingen unserer bekümmerten Nachbarn zu ent- wickeln.

Bönnigheim, 2 April. Auch unsere Stadt beherbergt einen jungen Mann, der einen außergewöhnlich leistungsfähigen Magen besitzt. Dieser Tage ging derselbe eine Welte ein, auf einmal sür eine Mark Wurst: eine Leberwurst, zwei Knackwürste, eine Griebenwurst, scrner ent­sprechende Portionen Schinkenwnrst, Preßwurst rc. zu verzehren. Auch er hat vermöge seines tier­ischen Appetits diese Wette gewonnen.

Lorch,?. April. Eine jener wahnsinnigen Saufwetten brachte einen hiesigen ledigen 22 Jahre alten Schuhmacher in Todesgefahr. Derselbe, der wohl schon genug über Durst ge­trunken Halle, rühmte sich in einer hiesigen Wirtschaft, ein Liter Schnaps, wenn es ihm be­zahlt werde, in 3 Zügen zu trinken. Die Sache wurde ausgesührt, aber bewußtlos mußte der leichtsinnige Zecher nach Hause getragen werden. Sein Leben stand auf dem Spiel.

(161000 Mark Einnahmen) hat die Große Berliner Pferde-Elsendahngeseüschaft in den drei Tagen der Zentenarfeier zu verzeichnen gehabt. Trotz der kolossalen Absperrungen, welche gerade im Pferde-Eisenbahn-Verkehr außerordentlich hindernd eingreifen, erzielten die Linien der­selben am Sonntag und Montag rund 55000 Mk. und am Dienstag 51 000 Mk. Fahrgelder. Es sind dies Ziffern, die nur ein einziges Mal und zwar gelegentlich der 25. Wiederkehr des SedantageS übertroffen wurden.

Herr Dr. Heinrich Pudor, der ehemalige Direktor des Konservatoriums zu Dresden, der sich später Heinrich Scham nannte. Kunst, Litteratur, öffentliches Leben, die Kleidung und noch hundert andere Dinge reformieren wollte, spielt jetzt in London als Mitglied eines Orchesters das Violoncell.

(Zuvorkommend.^ Schusterjunge zu einer Köchin, die eine Wurst verloren hat:Sie, Köchln, haben eine Wurst veiloren! . . Den Finderlohn Hab' ich gleich abgebissen!"

Redaktion, Druck und Berlag von E. Me eh in Neuenbürg.