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Clienten bezüglich der Entstehung der Brände nicht iür unglaubhaft. Seine Intelligenz fei allerdings in Ordnung aber sein Wille fei ge- trübt und ein gewisser Grad von Gleichgiltigkeit bei ihm entstanden. Sollten die Herren Geschworenen Vorsätzlichkeit annehmen, dann bitte er. jedenfalls auch die auf mildernde Umstände gerichteten Fragen unter Berücksichtigung seiner vermutlichen Trunkenheit und der Reue, die er durch seine freiwillige Anzeige bewiesen hätte zu bejahen. — Der von dem Obmann der Geschworenen, Fabrikant N. Wendler, Gomaringen, verkündete Wahrspruch derselben lautete an Schuldig der vorsätzlichen Brandstiftung in allen drei Fällen unter Ausschluß mildernder Umstände, worauf die Staatsanwaltschalt für die Brand- sti'tung in Jgelsloch eine Zuchthausstrafe von 5 Jahren, für die beiden andern Fälle eine solche von je 4 Jahren und eine Gesamtstrafe von 10 Jahren Zuchthaus, sowie Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte aus Lebensdauer beantragte. Das nach kurzer Beratung verkündete, den alten Zuchthäusler dem Anschein nach nicht im Ge- nngsten rührende Urteil lautete auf eine achtjährige Zuchthausstrafe und Ehrverlust auf die Dauer von 10 Jahren.
Hcilbronn, 6. Januar. Wegen eines unbedeutenden Kinderstreites gerieten 2 Frauen hinter einander, wobei die eine als Angriffs- Werkzeug ein Tischmesfer und ein Spatzenbrekt benützte. Mit erstcrem brachte sie ihrer Nachbarin 6 Verletzungen an der Hand bei, so daß eine bedeutende Blutung eintrai, überdies erhielt diese unter der Nase noch zwei Verletzungen. Die kgl. Staatsanwaltschaft wird sich mit der Sache besoffen.
Stuttgart. fLandesproduktenbörse. Bericht vom 4. Januar von dem Vorstand Fritz Kreglinger.s In der abgelaufenen Woche sind die Forderungen von allen Exportländern wiederum etwas höher. Die Be- i richte über die Ergebnisse der argentinischen Ernte! lauten nicht so günstig als erwartet wurde. Die Landmärkte waren bei unveränderten Preisen schwach befahren. Der Verkehr an der heutigen Börse war der Feiertagsstimmung entsprechend ein ruhiger. Der Zufuhr auf dem heutigen Hopfenmarkt war gering, das Geschäft ruhig. — Mehlpreise pr. 100 Kilogr. inkl. Sack: Nr. 0: 31 ^L 50 kis 32 Nr.
1: 29 ^L 50 bis 30 -4L — Nr. 2: 28 -4L —
bis 29 Nr. 3: 26 bis 26 -4L 50
Nr. 4: 22 -4L 50 ^ bis 23 -4L — -l. Suppengries
32 ^L 50 -j, Kleie 8 --L 70
Ausland.
St. Gallen, 5. Jan. Bei Altstätten sind auf dem Rheineis fünf Mädchen einge.brochen und ertrunken.
In der böhmischen Hauptstadt ist der kürzlich zum ersten Bürgermeister gewählte Alttscheche Serb zurückgetreten und nun ist sein jungtschechischer Gegner Podlypni mit 83 von 85 Stimmen zum Bürgermeister gewählt worden. Dieser kündete gleich in seiner Antrittsrede einen energischen Kampf für die geliebte tschechische Sprache an, was ins Deutsche übersetzt so viel heißt, daß das Deutschtum in Prag möglichst unterdrückt werden soll.
Die französische Regierung hat einen ihrer gefährlichsten Gegner, den früheren Finanz- minister Doumer im radikalen Kabinet Bourgeois, zum Generalgouverneur in Indo-China ernannt und Doumer hat diesen reichbezahlten Posten angenommen. Damit ist aber der Genannte unschädlich gemacht und gleichzeitig geraten auch feine übrigen Parteigenossen in den naheliegenden Verdacht, daß es mit ihrer Opposition gegen die Regierung so arg weit nicht her fei. Wenn Doumers Parteigenossen über den „Verräter" Doumer heftig herfallen, so wollen sie offenbar den gegen sie selbst entstandenen Verdacht entkräften.
Die Erneuerungswahlen zum französischen Senat haben das auch für die Franzosen überraschende Ergebnis geliefert, daß die Republikaner gegen früher noch einige Sitze gewonnen haben. Von einer Abschaffung des Senats, wovon die Radikalen seit dem Sturze des Kabinets Bourgeois so viel sprachen und schrieben, in also offenbar noch lange keine Rede, und der friere Senat, der damals das Kabinet ' Bourgeois gestürzt hat, kann sich jetzt nicht
nur auf diesen Vorgang, sondern auch auf die Zustimmung des Landes berufen, wenn er wieder einmal in die Lage kommen sollte, einem Ministerium nachdrücklichen Widerstand zu leisten.
Anläßlich des Neujahrsfestes hat der rus fische Zar ein Glückwunschtelegramm an den Präsidenten der französischen Republik gerichtet, worin aber nur von einer unauslöschlichen Erinnerung und von der Erhaltung des Friedens die Rede war. Die radikalen Blätter Frankreichs erklären ganz offen, ein kleines Stückchen Vertrag wäre ihnen lieber gewesen.
Die Spanier haben auf den Philippinen. Inseln den dortigen Insurgenten eine sehr schwere Niederlage beigebracht und auch eine große An zahl der Anstifter des Aufruhrs und Führer der Ausständigen gefangen genommen. Dieselben wurden vor das Kriegsgericht gestellt und stand rechtlich erschossen. Darunter befanden sich auch drei eingeborene Geistliche Auch auf der Insel Cuba haben die Spanier ziemlich beträchtliche Erfolge erzielt. Die Provinz Pinar del Rio aus der Insel Cuba ist durch die spanischen Truppen von den Insurgenten gesäubert worden. Der Arzt und Freund des erschossenen Maceo veröffentlicht eine Mitteilung, wonach es um die Sache der Aufständischen auf Cuba ganz ver zweifelt steht. Der amerikanische Freibeuter- Dampfer Three Fräends hat, entgegen der von den Amerikanern ausgegebenen Meldung, Waffen, Munition und Geld den Insurgenten nicht ein- händigen können; die 2 Barken des Dampfers, welche das reiche Kriegsmaterial ans Land schaffen sollten, wurde von den Spaniern in den Grund geschossen, wobei 56 Freibeuter ertranken und die ganze Ladung verloren ging.
Die Engländer sind in nicht geringer Sorge wegen Ostindiens, wo zwar die Gefahr einer Hungersnot infolge eingetretenen Regen- salles ln den Hintergrund tritt, dasür aber die Pest immer mehr um sich greift. Während die Cholera nur in den heißen Monaten sich ausbreiten kann, ist die Pest von Wärme oder Kälte nicht abhängig und bei dem ungemein regen Verkehr zwischen England und Ostindien erscheint es gar nicht so unmöglich, daß eines schönen Tages diese gefürchtete Beulenpest auch in London ausbricht. Uebrigens hat die englische Regierung, wie die Behörden aller übrigen seefahrenden Nationen Europas energische Bor- sichtsmoßregeln gegen die Einschleppung der Pest getroffen.
Aus Belgien. 2 Jan. Das Schwurgericht zu Limburg hatte vor zwei Jahren einen Unschuldigen wegen Mordes zum Tode verurteilt. Der Jagdaufseher Salemaus war Januar 1895 bei Lommel erschossen aufgefunden worden, und ein lljähriger Bursche hatte den Arbeiter Joseph Brys aus Lommel als den Thäter angezeigt, nachdem das Gericht einen Preis von 300 Franken auf Entdeckung des Mörders gesetzt hatte. Weinend beteuerte Vrys seine Unschuld, konnte sich aber nur auf das Zeugnis des Angebers berufen. Das Todesurteil wurde ausgesprochen, aber nicht bestätigt. Jetzt hat es sich herausgestellt, daß V>YS unschuldig ist, und daß der Angeber nur. um die 300 Franken zu erlangen, die nichtswürdige Lüge ausgesprochen hat. Der Justizminister begab sich nach Feststellung des Thatbestandes sofort selbst in das Gefängnis, um Vrys der Freiheit und seiner Familie zurückzugeben. Dem Parlamente sollen 40 000 Franken als Entschädigung für den unschuldig verurteilten Vrys ah- verlangt werden. Bravo!
Aus Mailand schreibt man: Das DorfSantAnnaPelago, das 181 Gebäude mitetwa900Einwohnern zählt, ist während der Feiertage durch einen Bergrutsch gänzlich zerstört worden. Kein einziges der Häuser steht mehr aufrecht, nicht einmal die Kirche, und unter den Häuser- trümmen liegt die ganze Habe der Dorfbewohner begraben. Sant Anna Pelago liegt im Apennin, etwa in der Mitte zwischen Modena und Pise, im Quellgebiet des Flusses Scoltenna, der in seinem Unterlaufe Panaro heißt und in den Po mündet. Oberhalb des Dorfes liegen einige >
kleine Seen, ohne sichtbaren Abfluß. Die Dorfflur besteht überwiegend als Weideland und ist nach dem Flußbette des Scoltenna zu sanft geneigt. In der Nacht auf den 22. Dezember wurden die Einwohner des Dorfes durch ein eigentümliches Krachen und Reißen der Häußer- mauern aus dem Schlafe aufgeschreckt. Zn ihrem Entsetzen mußten die armen Leute alsbald wahrnehmen, daß sich die Mauern zu spalten begannen und einzustürzen drohten. Zu Tode erschrocken fand sich die Bevölkerung auf dem Dorfplatze zusammen. Niemand konnte sich die entsetzliche Erscheinung erklären. Um ein Erdbeben handelt es sich offenbar nicht, da keine Erdstöße zu merken waren. Aber geheimnisvolle unterirdische Kräfte setzten das Zerstörungswerk fort. Noch in derselben Nacht stürzten viele Häuser und, mit furchtbarem Krachern, der Kirchturm ein. Als der Morgen graute, wurde es den Unglücklichen klar, daß ihre ganze Dorfflur, etwa 7 Quadratkilometer abwärts rutschte, dem Flußbette des Scoltenna zu. Schon war der Lauf dieses Flusses und andere Bäche versperrt, sodaß auch noch eine Ueberschwemmung drohte. In den folgenden Tagen stürzten auch die übrigen Häuser des Dorfes ein. Die Obdachlosen wurden in den umliegenden Dörfern ausgenommen und werden vorläufig auf Kosten der Regierung unterhalten. Sie geberden sich fast sämtlich wie geistesgestört. Militär eröffnet den Bächen ein neues Bett und sucht aus den eingestürzten Häusern zu retten, was sich retten läßt. Die Ursache der Katastrophe erblickt man in einer Umspülung der Dorfflur durch die Abflußwasser der kleinen Seen, die oberhalb des Dorfes liegen. In den großen Städten Italiens bereitet man öffentliche Sammlungen zu Gunsten der so hart geschädigten Bewohner vor.
Das Kalierreich Japan umfaßte, nach der letzten Volkszählung, am I. Jan. 1898 mit Ausnahme von über drei Millionen Bewohnern von Formosa, 7,9 Mlll. Familien. Unter den 42 27 M>ll Einwohnern waren 21,345 Mill. männliche und 20,924 Mill. weibliche Personen.
Vermischtes.
Zweibrücker,, 3. Jan. Der größte Soldat der Berliner Garnison, der 2. Sohn deS Zimmermeisters Loch, Fritz, welcher gegenwärtig bei der Garde in Berlin dient, ist mit seiner Länge von 1.92 Meter der Flügelmann seines Regiments und somit der größte Soldat der Berliner Garnison. Der größte Zweibrücker und Bayer wurde bei einer Besichtigung des Regiments seitens des Kaisers durch eine Ansprache ausgezeichnet.
(Große Erbschaft.) In Wiesbaden verstarb am 4. November ein Postüirektor a. D. mit Namen A. Herbst, ein Sonderling u. Vegetarianer, infolge Entkräftung, der ein Vermögen von 312 000 hinterlüß. Der Erblasser war am 23 November 1823 in Flemlingen als Sohn des Ackeres Johannes Herbst geboren. Ein lediger Bruder des Erblassers lebt heute noch in Frankenthal in der Kreiskrankenanstalt, wo er auf Kosten der Gemeinde Flemlingen verpflegt wird.
Paris, 1. Jan. Als eine sehr gewichtige Sache wird man den „Verein der Hundert- Kilogramm-Männer" anjehen müssen, der sich hier gebildet hat, und dessen Satzungen bestimmen: Die Hundert-Kilogramm-Männer von Paris vereinigen sich, um einen Mittelpunkt für ihre freundschaftlichen und gesellschaftlichen Beziehungen zu haben, Ausflüge za unternehmen, Bankette zu veranstalten u. j. w. Der Verein jetzt sich aus 45 Mitgliedern zusammen, doch ist die Zahl keine beschränkte und kann erhöht werden Der Verein verpflichtet sich formell, sich niemals mit religiösen und politischen Fragen zu befassen. Wackere Leute diese zwei Zentner schweren Männer!
jDeplaziert.j Erster Lieutenant: „Na, Kamerad, wie haben Ihnen die Liliputaner gefallen?" — Zweiter Lieutenant: „O, riesig, riesig!"
Redaktion. Druck und Verlag von C. Me eh in Neuenbürg.