die Reihen der Mannschaften lichten sich, die Stunden vergehen und die Schlacht tobt weiter. Gott sei Dank, daß man so viel am Geschütz zu thun und keine Zeit hat, dem gräßlichen Blutbade seine Aufmerksamkeit zu widmen! Nun entfalten sich drüben die Kavalleriemasfen; es sind die französischen Gardckürassiere. Das Feuer verstummt für einige Minuten; die Reitergeschwader und unsere Infanterie maskieren die Thätigkeit der Kanonen und Gewehre.
Eine bange Pause — die Kavallerie braust heran; die 52er vor uns stehen lautlos, unbe- wegt wie ein Fels. Jetzt sind die Kürassiere dicht herangekommen, da blitzt es und kracht es in den preußischen Reihen auf, und das stolze französische Regiment zerschellt an preußischem Gewehrfeuer. Und wieder vergeht eine bange Stunde, und der Feind dringt immer mächtiger heran; die langen, gelichteten Reihen des III. Korps können kaum noch die anflutenden Wogen der ganzen französischen Armee eindämmen. Der Marschall Canrobert stürmt mit mehreren Divisionen gegen Vionville vor. Da brechen aus einer Mulde die gelben Kürassiere und die Altmärkischen Ulanen hervor. Zwei französische Linien reiten sie nieder; mehrere feindliche Batterien werden niedergehauen; aber der Erfolg kann nicht andauern, die schwache Reiterschar muß zurück. Es ist 3 Uhr nachmittags geworden. Seit 5 Stunden stehen wir im heftigsten Kampf und dort drüben an der Römerstraße die französische Artillerie-Linie, sie wächst noch immer und dehnt sich! Immer dichter wird der Hagel der einschlagenden Geschosse, und obwohl man taub von dem Donner des Kampfes, jo dringt der scharfe Knall der einschlagenden und springenden Geschosse doch noch an das dumpf gewordene Ohr. Da fährt vor unserer Batterie eine Granate in die Erde — ein Krach — die Splitter sausen in die Luft und leblos sinkt unser Freund Paul zu Boden. Er war gerade durch das Herz getroffen! Ich konnte nicht hinzuspringen. Ernst, der an demselben Geschütz stand, beugte sich zu ihm nieder; er rührte sich nicht mehr, er war tot! der Kampf brauste weiter, er wurde gewonnen, Bazaine zurückgeworfen! Aus der Höhe aber, wo heute das Denkmal der Brandenburgischen Artillerie steht, unter der abgebrochenen Säule schläft unser Paul den ewigen Schlummer. Wir Freunde waren tief erschüttert; nichts ergreift den Jüngling mehr, als einen Altersgenossen hinweggehen zu sehen, dem man innig befreundet war. Ernst, der den Freund dicht an seiner Seite verloren, war gar nicht zu beruhigen; er schluchzte wie ein Kind, und ich habe ihn seit jener Stunde nicht mehr heiter gesehen. Er sollte der Nächste sein! Seine zarte Natur war den Anstrengungen und Aufregungen nicht gewachsen. Vergeblich schlug unser freundlicher Batteriechef ihm vor, er solle sich schonen, zu den Reservemannschaften unserer Batterie übertreten. Er konnte sich nicht von uns trennen und bat, bei uns belassen zu werden.
Das dritte Armeekorps wurde der Belagerungsarmee von Metz zugeteilt; wir lagen im Flecken Vionville. Der Ort war natürlich überfüllt, und wir mußten uns mit Zeltlagern, die aus französischen Beständen erbeutet waren, begnügen. Das Wetter war entsetzlich; Tag und Nacht regnete es, wir standen und lagen stets im Wasser, es war nicht mehr möglich die Uniformen trocken zu bekommen. Kein Wunder, daß Krankheiten ausbrachen, und eines der ersten Opfer war Ernst. Der geschwächte Körper konnte den Angriffen des Nervcnfiebers keinen Widerstand bieten. Am Tage der Schlacht von Sedan, am Tage, da von Noisseville der dumpfe Donner der Geschütze unseres kämpfenden ersten Korps zu uns herüberhallte, drückten wir ihm die Augen zu. Sein Ende war friedlich, schmerzlos, auf dem Kirchhofe von Vionville liegt er begraben. Hans und ich sanken uns weinend in die Arme, wir waren die Letzten!
Sedan fiel, Metz kapitulierte; wir marschierten unter dem Befehl des Prinzen Friedrich Karl nach der Loire. Am 20. November wurde uns beiden eine große Freude zu teil; wir wurden zu überzähligen Unteroffizieren befördert.
Dann nahte der Weihnachts-Monat, diesmal so traurig für uns, fern von der Heimat, im Herzen des Feindeslandes!
(Schluß folgt.)
Im Weihnachtsmonat.
Es ist eine schöne Zeit jetzt, vor Weihnachten, nicht nur für unsere Kleinen, die sich auf die in Aussicht stehende Bescherung ganz unsagbar freuen, soweit sie „artig" gewesen sind, sondern auch für uns Erwachsene, die wir der eigenen, seligen Kinderzeit gedenken wie eines Freundes, dessen Bild uns immerdar vor der Seele steht
Wir werden in diese« Tagen des seligen Höffens und Harrens noch einmal zum Kinde, klettern wohl im Geiste auf lieb Mütterchens Schoß, wenn die Dunkelstunde gekommen ist und die treu schaffenden Hände für eine Weile ruhen, und bestürmen sie mit der Bitte : „Erzähl' uns doch was, Mütterchen! Bitte, bitte!"
Und Mütterchen erzählt uns die ewig schönen, nie den Reiz der Neuheit verlierenden Märchen vom „Rothkäppchen", „Schneewittchen», vom „Dornröschen" und wie sie alle heißen, die schönen Geschichten, die uns noch jetzt ein glückliches Kinderlächeln auf die Lippen zaubern. Sie erzählt uns auch die ewige Wundermür vom lieben Christuskind, das uns der Herrgott zu Weihnachten gesandt hat.
„Aber vorm Christkind her geht der bärbeißige Knecht Ruprecht, der sehen soll, ob die Kinder auch hübsch artig sind und Christkindchens Gaben verdienen. Wenn er aber hört, daß die Kinder ungezogen gewesen sind, bekommen sie eine Rute!"
Und da pocht es auf einmal dumpf ans Fenster.
„Wer ist denn da?" ruft Mütterchen.
„Ich bins, Knecht Ruprecht!" Und zum schnell geöffneten Fenster ruft eine verstellte Stimme herein: „Sind die Kinder auch hübsch artig gewesen? Können sie wohl auch beten?"
Und wie sie beten können! Der Segen bleibt denn auch nicht aus, und aus einem langen Sack läßt Knecht Ruprecht Nüsse, Aepfel, Honigkuchen zum Fenster hinein auf den Boden rollen. „O selig, o selig, ein Kind noch zu sein!" . . .
Ob es sich wohl der Bischof Nikolaus von Myra in Lycien hat träumen lassen, daß er einmal, Dank einem Knecht Ruprecht, der populärste Heilige sein würde? Die christliche Legende erzählt uns, wie der fromme Seelenhirt auf weißem Roß die Lande durchzog und nach seines Meisters Wort: „Lasset die Kindlein zu mir kommen" die Kinder besonders in sein Herz geschlossen hatte m d sie in freigebiger Weise beschenkte, mochte sein böser Knecht Ruprecht auch noch so scheel auf sein Thun blicken und der sich um den frommen Bischof scharenden Jugend grollen. Am 6. Dezember feiert die christliche Kirche seinen Namenstag. . . .
Ucberhaupt stehen Aberglaube und Gespensterfurcht im Weihnachtsmonat in voller Blüte. Jetzt ist die Zeit der „Rauhnächte" (auch „Frei-Nächte" oder „schwarze Nächte" genannt), an denen den Menschen eine Frage an das Schicksal freisteht, besonders den hold erblühten Knospen des schöncrn Geschlechts.
Zum heiligen Andreas, der an die Stelle des alten Frcir, des altgermanischen Ehegottes, getreten ist, beteten dann in der Nacht des 30. Dezember gar viele Jungfrauen im Harz und Schlesierland, daß er ihnen ihren Zukünftigen zeigen solle. Im Oberharz stellten die holden Schönen vorm Schlafengehen ein Glas mit Wein und eins mit Wasser auf den Tisch und beteten dabei.:
„Mein liebster Andreas,
Laß mir doch erscheinen Den Herzallerliebsten meinen!"
Sie glaubten nämlich, „Er" werde sich in der Nacht im Zimmer zeigen und aus dem einen der Gläser trinken. Wählt er als Kenner dasjenige mit Wein, so ist er arm wie eine Kirchenmaus. Auch setzt man wohl in der genannten Nacht eine Hopfenranke ins Wasser, denn nach dem Volksglauben wird sie in der Weihnacht blühen.
Ein geheimnisvolles Singen und Sagen durchzieht das deutsche Haus in der erwartungsfrohen Advenlszeit, und all die Herzen von Groß und Klein schauen jenem lichten, herzener- wärmenden Tage entgegen und jubilieren und jauchzen ihm voraus: „O du selige, o du fröhliche, gnadenbringende Weihnachtszeit!"
Am Bienenstand im Winter.
ii.
Soll die Ueberwinterung aus dem Sommerstande eine glückliche sein, so müssen verschiedene Faktoren günstig zusammenwirken. Ein strenger mäßig langer Winter ist den Bienen weniger nachteilig als ein stets wechselnder, längerer. Die Hauptsorge des Bienenzüchters hat sich daraus zu richten, daß auf seinem Stande Ruhe herrsche. Gar zu oft ist es die Sonne, sonst so begehrt, welche in den wärmeren Tagesstunden das Volk in seiner Winterruhe stört, namentlich dann, wenn die Fluglöcher nach Süden gerichtet, es der -Sonne ermöglichen, in dieselbe hinein zu scheinen. Lassen sich die Bienen vom trügerischen Sonnenschein täuschen und eilen ins Freie, so fallen sie dem eisigen Wmd zum Opfer. Daher ist es nötig, sogenannte Blenden anzuwenden, um den direkten Sonnenschein vom Flugloch abzuhalten. Ein vor das Flugloch auf die Kante gestelltes Stückchen Holz leistet die besten Dienste. An Tagen mit Tauwetter, wenn das Thermometer im Schatten auf 8—I0»li. steigt, sind sie zu entfernen, um dem Volke einen allfalsigen Reinigungsausflug zu ermöglichen.
Bienenstände an frequenten Straßen oder in der Nähe von Schmiedewerkstätten, Holzplätzen sind öfters bei gefrorenem Boden Erschütterungen ausgesetzt, welche unheilvoll auf das Volk in seiner Winterruhe einwirken. Gar zu leicht lösen sich infolge eines Schlages Bienen vom Bienenknäuel, fallen auf das Bodenbrett und erstarren. Unruhe im Volk verursacht ein vermehrtes Zehren und schließlich Honigmangel, manchmal auch die Ruhr. Katzen verursachen durch ihre Sprünge über die Kästen häufig ebenfalls Unruhe — darum halte sie fern. Mäuse sind mit der Falle, Wenns auch keine automatische ist — wegzusangen.
Manche Vögel, namentlich Meisen, verfallen in ihrer Not aus die List, die Bienen durch Pochen am Flugloch hervorzulocken, um sie dann wegzusangen. Vorgespannte weiße Fäden halten sie ab, sich auf das Flugbrett zn setzen.
Durch täglichen Gang zum Bienenstand überzeuge man sich genau, daß keine der angegebenen Ursachen die Völker beunruhige.
(Gladstone als Sänger.) Daß der „Grand old Man" als Redner glänzt, und zwar ebensowohl im Privatleben wie im Parlamente, ist Jedem bekannt. Vielen dürfte es aber wohl neu sein, daß Gladstone früher als Kupletjänger hervorragte. In seinen jüngeren Tagen war er für Abendunterhaltungen ein sehr begehrter Gast, der sich das Abendessen wohl oder übel mit schottischen Liedern und Tänzen abverdienen mußte.
(Dimethylamidophcmildimethhlpyrazolon!) So heißt, einem Aussatz der „Verl. Klin. Wochenschrift" zufolge, die neueste Errungenschaft der deutschen Heilkunst, welche ein Mittel gegen Fieber darstellt. Das Wunderbarste dabei ist, daß dieses Pulver mit dem fürchterlichen Namen ganz angenehm schmecken soll.
(Gut ausgefallen.) Ein noch im vollen Besitz seines Haarschmuckes Befindlicher streitet sich mit einem Kahlköpfigen und ruft schließlich diesem in seiner Erregung zu: — Das Einzige, was gut an Ihnen ausgefallen ist, sind Ihre Haare!
(Aus Erfahrung) Chef: „. . . . Ich nehme nur verheiratete Männer!" — Rath: „Weßhalb den?" — Chef: „Die bleiben immer sehr lange im Bureau!"
(Genaue Bezeichnung ) Hänschen (vom Spaziergang heimkommend): „Mama, heut Hab ich ein Schweinerl gesehen, ein wirkliches . . . eins, das nichts dafür kann!"
(Aus einem Kolportage-Roman. . . . Nach all' der Not war das ererbte, einträgliche Wurstgeschäft die Brille, durch welche Adolf die Welt hinfort in rosigem Lichte sah.
Auflösung des Homonyms in Nr. 190.
Händel.
Redaktion, Druck und Berlag von C. Meeh in Neuenbürg.