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bewegen, gegen die Instruktion des Tribunals zu handeln.
„Ihr werdet mit mir vollkommen zufrieden sein," gab Armand zur Antwort.
Sie hatten mittlerweile den Hofraum über- schritten und betraten nun das Innere des furchtbaren Gefängnisses.
Zwei mürrische Männer, die an einem alten Eichentische saßen, auf welchem neben einem Stoß Akten auch Pistolen und Dolche lagen, glotzten den Eintretenden an.
„Ich bringe hier den Bürger Armand, einen neuen Gehilfen, welcher den kranken Jean vertreten wird", redete der Pickenmann den Da- sitzenden an.
„Hoffentlich ein geeigneteres Jndividium für unseren Dienst als der besoffene Jean Reelles," brummte der Eine der Beiden. Nachdem er ihn mit einem fragenden halb mißtrauischen Blicke noch gemnstert hatte, sprach er: „Gut, ich bin einverstanden mit Eurer Wahl und bemerke nur, daß Ihr alle Aufträge, die Euch zukommen, unverzüglich und ohne Rücksicht auf den etwaigeen Stand der von Euch überwachten Gefangenen auszuführen' habt. — Hier kennen wir keine Aristokraten, sondern nur Bürger und solche, die ihre Bürgerrechte verwirkt haben. Dies zu Eurer Richtschnur. — Wo wohntet Ihr bis jetzt?" —
„In Saint-Antoin, Bürger-Kapitän," gab der Angeredete zur Antwort.
„Gut. — Führe ihn in sein Quartier, Stafflet", wandte sich der Mann, welcher weder in seinem Benehmen noch Charakter einem Offizier glich, in der Conciergerie jedoch die Rolle eines solchen spielte, an den Pickenmann.
Es war ein düsteres, zellenähnliches Ge- mach, in welches beide eintraten. Zwei hohe vergitterte Fenster führten nach dem Hofraume. In dem Gemache standen nebst einem Tische nur einige morsche Stühle und zwei Bettstätten. An dem Tisch saß bei einer gefüllten Flasche ein hagerer, struppiger Mann. Bor ihm lag ein Schlüsselbund. Unter dem Tische lag ein großer schwarzer Bluthund, der knurrend die Schnauze erhob, als die beiden Männer eintraten.
„Pelris! hier bringe ich den neuen Kameraden, welcher die Stelle Jean Reelles übernommen hat", redete der Pickenmann Stoflct den Dasitzenden an, „hoffentlich verträgst Du Dich besser mit ihm als wie mit Jean!"
Grinsend streckte der struppige Gefängnis- Wächter dem neuen Kollegen die Hand entgegen. „Schau! schau! begann er dann, Armand scharf musternd, „hast ja noch ein wahres Milchgesicht, schier wie einer vom Adel. Man sollte fast meinen Du wärest nicht berufen zu solch schwerer Arbeit, wie solcher Deiner hier harret."
Der Angejprvchene suchte seine Verlegenheit, in die ihn die Worte des Wächters versetzten, zu verbergen und unter erzwungenem Lächeln gab er zur Antwort: „Du bist sehr im Irrtum, Bürger, ich war vor Jahren einmal Student und später, hm, hm, wie es halt schon geht, das Studieren wollte mir nicht behagen — später war ich Seifensieder in Saint Antoin. Seit der Zerstörung der Bastille, an welcher ich beteiligt war, habe ich mein Handwerk ganz an den Nagel gehängt und bin ein Bolksfreund geworden. Als solcher war ich einer der ersten auf den Barrikaden."
„Glaub' es schon, Genosse, daß Du ein guter Patriot und wackerer Jakobiner bist", erwiderte der Wächter, wobei er sein Gesicht zu einem affenartigen Grinsen verzerrte.
Der Begleiter Armands, welcher sich um das Zwiegespräch der Beiden, von denen er vermutete, daß sie bald gute Kameradschaft schließen würden, keineswegs kümmerte, empfahl sich nun.
Als der Aufseher das Gemach verlassen hatte, begann der struppige Kerl von Neuem: „Bevor ich Dich Genosse in Dein Tagewerk vorschriftsmäßig einweihe, laß uns in echter Brüderlichkeit ein Glas aus das Wohl der jungen Republik und den ersten Bürger derselben, Robcspierre leeren, der ja alle Feinde Frankreichs und der Freiheit vernichtet." Bei diesen Worten füllte er zwei Gläser mit Wein, von denen er das Eine dem Armand darreichte. Dieser er
griff anscheinend bereitwillig das Glas, stieß mit seinem neuen Genossen an und trank es hastig aus.
„Nun, zu unserem Geschäfte, Freund". Hub der Wärter, sein leeres Glas auf den Tisch schiebend, von Neuem an, „die linker Hand vom Ausgange gelegenen 8 Zellen mit 42 Insassen hast Du zu überwachen; die zur rechten Hand gelegenen sind meiner Ueberwachung anvertraut. Hier ist die Liste der Gefangenen. Sobald das Tribunal einen von Deinen Leuten in die Ewigkeit schicken will, so machst Du an der Thür der betreffenden Zelle ein Zeichen mit der Kreide, meinetwegen ein Kreuz. Ein jeder einzelne Gefangene hat seine Nummer. Wünscht das Tribunal die Nummer 3. so holst Du diese Nummer heraus. Ja, ja, Freundchen, wir sind gute Mathematiker, wie Du siehst, denn wir rechnen nicht mehr mit Menschen, sondern der Gleichheit halber mit Zahlen. .Uebrigens sind die hier Ge- fangenen alle Nullen. — Doch, wozu das viele Gerede; Du wirst ja doch hoffentlich bald praktisch in Deinem Dienste werden. Hier nimm Deine Liste. —"
(Fortsetzung folgt.)
vnd i schreib halt mein Name «et na't
von's Barthels Frieder ans dem Verlag von Rud. Roth M. Holland), Stuttgart. Preis hübsch gebunden 60 Pfg., soeben erschienen.
Selle-n-obed, wo Heiretstaa gwäe-n°ist, Hot d Mreikätter en Brief kriegt von Buffalo: wenn se et trutzet hält, no hätt se glei dervo' a'ghebt, wie der Pole hoi'komme'-n-ist; jetzt aber sait se airst de-n-andere Mittag: „Der Aendres Hot au gschriebe'." — „So, was schreibt erkenn?" — „Was werd er schreibe, daß beim Jockel sei' Rhauthoreter nex sei weder e Lomp."
Der Rauthoret Hot schau vor eme' Johr Geld welle' vom Pole, der Hot em geschriebe:
Lieber Vetter Paul! Es geht mihr soweit ganz Guht en dem Ammerihka; ich bin ein Unternehmer in Holz und Britter; ich habe zwei Siigmihlen und ich thue alle Straßen bauen bei der Stadt Buffalo. Aber bei dem grossen Geschäft braucht man vill geld. Wenn du mihr ohngefer 500 Gulden schicken würdest, so wird es mich sreuhen, ich gebe dir acht Prozend Zinß. hier schlachtet jedermann 6 bis acht Schweine em Jar; Schmahlz gibt es so vil das mann es gar nicht ales esen kann.
Es grißt Dich Dein August. Ueb immer treu und Redlichkeit bis an Dein kühles Grab.
Das ist mein Wahlspruch!
Der Pole Hot sellemol gmoit, wenn der Rauthoret jetz en dem Amerika ebbes worre sei, weil er gschaffet häb, no sott me'-n-em schiergar au ebbas z Gfalle thu'e; me' müeßt halt gucke' wie me' s Geld zäme' brächt; koine acht Prozent Zei'ß wett er ett, s war genueg an fäufe'. D Mreikätter Hot aber gsait, s pressier et mit em Geld-schicke': em August sei älleg nie koi' wohres Wort aus em Maul raus gange', do mueß me' se doch voar befrage', aih me-n-em so vill Geld schicke' tüe. D Mreikätter Hot en Brief gschrieb-n-an selle' Kirschebacher, mo s airstmol vom Rauthorete bricht ghet Hot, ond der Schuelmoister Hot müeße' d Adreß mache; jetz ist d Antwort komme', dui Hot ghoiße':
Buffalo, den 21. Juni 1851. „Schicket doch ja dem August keinen Kreuzer; schaffen thut er freilich, weil er sonst verhungern könnte, denn bei uns heißt es: „wer nicht arbeiten will, braucht auch nichts zu essen." Er verhält sich mit Steinschlagen ond Holzmachen: vor sich bringen thut er nichts, es ist auch kein Segen aus ihm. Er ist bisher noch was er früher gewesen ist: ein grundverlogener Lump."
Es grüßt Euch
Euer Andreas Nufer.
„Siehsch Pole," sait d Kälter, „isch et guet gewäe', daß de mer gsolget hast ond et eileds Geld furtgschickt? tätest mer no' jetzt au folge'; bacht s gruit de no', wenn de dein Name' beim Pfarr na'schreibe' tuest! Aber du wirst deiner Lebtag et gscheidt."
Der Pole ist bei Kenner Sach freile aus seim Kopf bliebe', Lr Hot em aber au reacht tau'.
Am Sonnteg goht der Kasper henter em Flecke rom em Pfarrhaus zue; d Ann zuit iar Sonntagno- mittagshäs a' ond goht dur d Gärte-n-au zom Pfarrhaus; wie no der Pole ond der Müller dle Gaß auf- erkommet ond an der Haustüer send, kommet selle boide au hear ond s goht älles mit enander d Stieg aufe en d Studierstub.
Der Pfarr frogt, ob älles en der Ordnung sei, ob d Elter mit der Heirot einig feie, ond mo denn em Bräutegam sei' Mueter sei. Dui well et reacht eineg sei, sait der Pole, desweage' sei se au et mitkomme'; sell häb aber nex z sage'. Sau'st zoigt se koi' Hindernis; der Pfarr schreibt älles auf e Papeier, s schreibt e jedes sein Name' na, no hent se könne' hoi' gau; no' der Kasper Hot müeße' no' do bleibe'.
Fr a u e n als Sch ü tz e n. JnGuhrau (Schlesien) ereignete sich bei dem Gewerbeschießen,
daß Schloffermeister Wistnba mit 52 Zirkeln den ersten. Frau Gastwirt KwiatkowSka mit 51 ZiM^ den zweiten Preis und Frau Bäckermeister LasM mit 50 Zirkeln den dritten Preis erhielt. ^
Aus Bayern. 14. Okl. Eine Feuer. Wehrabteilung weiblichen Geschlechts, organisiert auf Grund vestalischer Statuten, hat, laut „Fränk. Kur.", die freiwillige Feuerwehr des Psarrdorfes Bischberg a. M. Die zur Zeit 37 „Mann" hohe Wafferträgerinnen Rotte ist stramm einixerziert und fehlt bei keiner größeren Uebung. Die den Mädchenschuhen entwachsene und Heranwachsende Jungfrau erachtet es alz Ehrenpflicht, einzuspringen, und trägt mit Stolz die Armbinde. Offenkundig werdende Verfehl, ungen gegen das vestalische Statut oder Ver. heiratung haben den Austritt zur Folge. Die Feuerwehrvestalinnen streben aber auch nicht nach dem Regiment, sie bescheiden sich gehorsam den Anordnungen ihres kontitox maxiwnz eines älteren OrtSbürgers. '
Bei der New-Uorker Polizei sind zur Zeit 700 Stellen frei, da das dortige Polizei, departcment mit schlechten Elementen aufräumt. Das Anfangsgehalt des dortigen Schutzmanns beträgt 1000 Dollar und steigt bis 1400 Dollar. Bei guter Führung erhält der Schutzmann Pension.
Herbstnachrichten.
Stuttgart, 13. Okt. Zum 1896 er H e rbsi. Man schreibt uns: Ein bei den Weingärtnern beliebtes und oft bewährtes Sprichwort: „Wenn unser Herrgott erst um 11 Uhr Feuer macht, so kann er noch mehr als genug kochen", scheint sich zu großer Freude auch dieses Jahr zu bewahrheiten Bei Beginn dieses Monats schaute manches Auge bang und verzagt W> Himmel, tiefbewegt blickten wir unsere vielen Trauben an, die Früchte einer Jahresarbeit, uns entsagend, daß wir eben wahrscheinlich wieder viel umsonst gearbeitet haben. Doch kaum bescheint unsere liebe Sonne eine Woche kräftig unsere Weinberge, und die ganze Lage ist eine andere. Der Weingärtner geht wieder mit Freude und neuer Hoffnung seinem Beruf nach, unsere Trauben blicken freundlich und verheißend aus dem Laub. Es darf wohl mit Recht gesagt werden, daß, wenn heute schon Herbst gemacht werden müßte, die Quantität desWeinsvon 1894 weit üb er- troffen würde. Haben wir uns aber noch einer oder zweier sonniger Wochen zu erfreuen, so steht uns bestimmt ein guter Mittelwein in Aussicht. I« unseren trockenen Keuperbergen hat trotz des nassen September nur wenig Fäulnis angesetzt und sich nur an Silvaner, Elbling und Portugieser in kaum nennenswerter Weise gezeigt; alle anderen Sorten aber sind hievon fast ganz verschont geblieben; namentlich ist es aber unser Trollinger, der in schon lange nicht mehr gesehenem Früchtenreichtum und Gesundheit dasteht. Unsere Weinberge sind, wie der Augenschein lehrt, noch schön belaubt, wie mitten im Sommer und dank der in hiesiger Gegend zeitig angewendeten Borbeugungsmittel konnte auch die verheerende Blattsallkranlheit abgewendet und unschädlich gemacht werden. So ist anzunehmen, daß das Jahr 1896, welches als Weinjahr fast schon aufgegeben war, noch ein recht segensreiches werden kann.
Willsbach. 16. Okt. (Weinlese.) Rotes Ge- wächs einige Käufe zu 75, gemischt zu 60 fn 3 bl. In 1895er ein Kauf nach Stuttgart zu «L 25g pr. 3 bl.
Die Weinlese im Neckarthal hat bereits bereits begonnen, so in Hohensteinheim, Kirchhejm. Am Montag den 19. ds. beginnt sie in Walheim und in Löchgau. Ju Brackenheim erfolgten schon Käufe zu 60—70 Mk. Pr 3 Hektol. gem. Gewächs-!
Wir geben hiemit wiederholt die Schluß- zeit für Inserate unseres Blattes bekannt. Dieselbe ist:
Für das Dienstags blatt am Montag vorm. 11 W
„ Donnerstagsblatt am Mittwoch „ H »
„ Samstagsblatt am Jireltag „ ^ "
„ Sonntagsblatt am Samstag „ 8 ,,
Die Aufnahme größerer Inserate ist nur möglich wenn solche tags zuvor schon übergeben worden fmo Diese Ausgabezeiten sind unbedingt abhängig von den Postverbindungen des Bezirks, mit welchen ein großer Teil der Auflage versendet wird.
Wir bitten die H.H. Auftraggeber recht dies gef. beachten zu wollen, da wir mit Rücksicht am o Orte, welche nur Postbotenverbindung (von M - Herrenalb und Liebenzell aus) haben, oben angegeoe Zeiten eiuhalten müssen. Die Sonntagsnummer wn den z. B. diese Orte erst Montags erhalten, wenn o Blatt nicht schon am Samstag vormittag an""""' würde.
Redaktion und Verlag des
Redaktion, Druck mrd Verlag von <r. Meeh in Neuenbürg.