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dieses Jahres bereits 2286 Vereine. Mit dem raschen Aufblühen des Raiffeisenschen Genossen­schaftsanwesens nahm die Entwickelung der Landwirtschaftlichen Zentraldarlehnskasse in Neu­wied, welche den Vereinen als Geldausgleichungs­stelle dient, einen großartigen Aufschwung. Ihr Umsatz betrug im Jahre 1892 14 Mill. und im Jahre 1896 bis zum 1. Oktober 73 Mill. Mark

Schiltach. 10. Okt. Gestern abend äußerte sich ein geborener Schiltacher, seines Zeichens ein Kellner, in einer hiesigen Wirtschaft in Gegenwart von mehreren Gästen, er schäme sich, ein Deutscher zu sein und einer solchen Nation anzugehören. Unter den empörten anwesenden Herrn befand sich ein Geschäftsreisender, der diesem Manne handgreiflich machte in Form von einigen Ohrfeigen, daß man sich nicht zu schämen braucht, ein Deutscher zu sein und zur deutschen Nation zu gehören, was sich derselbe für die Zukunft hoffentlich merken wird.

Freiburg, 9 Okt. Ein boshafter Streich wurde einem hiesigen Holzsägerei- besitzer gespielt. Demselben wurde in der Nacht vom 8. auf 9. ds. Mts. in das Transmissions­lager der Sägerei und zwar im verschlossenen Maschinenhaus eine Flüssigkeit gegossen, durch welche das Maschinenöl beim Gang der Maschinen alsbald zu schäumen anfing, auch wurden Trans­mission und Lager alsbald warm. Offenbar war es darauf abgesehen, das Triebwerk in einen derartigen Zustand zu versetzen, daß das­selbe einen Brand verursache.

Württemberg.

Stuttgart, 10. Okt. Heute, am Geburtstage der Königin Charlotte, die in ihr 33. Lebensjahr tritt, ist an der Hoftafel die Verlobung des zweiten Bruders der Königin, PrinzenAlbrecht vonSchaumburg- Lippe, mit der Herzogin Elsa von Württemberg, einer Tochter des 1877 verstorbenen Herzogs Eugen von Württemberg und der Großfürstin Wera von Rußland, ver­kündigt worden. Von den drei Brüdern der Königin stehen zwei in der österreichisch-ungar­ischen Armee. Der älteste, Prinz Friedrich Rittmeister im Husarenregiment Graf Nadasdy Nr. 9 zu Oedcnburg. hat sich bekanntlich im Mai d. I. mit der Prinzessin Luise von Däne­mark verheiratet. Prinz Albrecht, der in diesem Monat sein 27. Lebensjahr vollenden wird, ist Oberlieutenant im Dragonerregiment Prinz Albrecht von Preußen Nr. 6 zu Brünn; seine Braut, welche die Herzogin Olga zur einzigen und Zwillingsschwester hat. ist zwanzig Jahre alt. Der dritte Bruder der Königin, Prinz Maximilian, ist Sekondelieutenant im Ulanen­regiment König Wilhelm I. (2. württembergisches) Nr. 20 zu Ludwigsburg. Die einzige Schwester des verstorbenen Vaters der jungen Braut, Herzogin Pauline, ist die Gattin des praktischen Arztes vr. moä. Willim zu Breslau. Bei der Vermählung mit diesem hat sie seiner Zeit den Titel Herzogin abgelegt und durch königliche Verleihung den Namen v. Kirbach erhalten.

Sstujttgart. Wie alljährlich hat die Königin auf ihr Geburtsfest zu außer­ordentlichen Spenden für Zwecke der Wohlthätigkeit sich veranlaßt gesehen, wobei in erster Linie die Notstände auf dem Lande Be­rücksichtigung gefunden haben. So erhielt der neubegründete Notstandssonds der Zentralleitung des Wohlthätigkeitsvereins 1000 Mark; der Verein zur Hilfe in Notstandssällen auf dem Lande 500 Mark. Außerdem wurden die durch das Brandunglück in Haiterbach O.A. Nagold, betroffenen Familien, die Nationalindustrieanstalt (zur Verwertung von Handarbeiten unbemittelter weiblicher Personen) und der Freischülerinnen­fonds der Arbeitsschule des Schwäb- Frauen­vereins mit reichen Gaben bedacht.

Nach einer am 10. Oktober getroffenen Verständigung mit dem ständischen Ausschüsse als der ständischen Verwaltungsbehörde für die Staatsschuld ist, so teilt der St.A, mit, ein Ge­setzentwurf vorbereitet, betr. die Umwandlung der 4prozentig en Staatsanlehen aus den Jahren 1875 bis 1887 in eine 3*/,prozentige Schuld. Es handelt sich dabei um einen Schuld­

betrag von rund 315 Mill. -/L In Aussicht genommen ist die gleichwertige Umwandlung mittelst einfacher Abstempelung der Schuldver­schreibungen und unter Ersatz der ihre Giltigkeit verlierenden 4prozenligen Zinsscheine durch neue auf 3'/, Prozent berechnete Zinsscheinbogen zu Gunsten aller derienigen Gläubiger, welche nicht binnen einer zu stellenden Frist erklären werden, daß sie die bare Heimzahlung der Schuldbeträge vorziehen. Auch soll zugesichert werden, daß eine weitere Herabsetzung des Zinsfußes der um­gewandelten Schuldverschreibungen in den nächsten 10 Jahren nicht stattfinden wird. Die unkünd­baren Schuldverschreibungen der Pensionsfonds würden durch die Maßregel nicht berührt. Die Einbringung dieses Gesetzentwurfs bei dem ständ­ischen Ausschuß behufs der Vorbereitung seiner verfassungsmäßigen Beratung durch die Stände- Versammlung wird in nicht ferner Zeit erfolgen können.

Stuttgart, 12. Okt. Die Deutsche Verlagsanstalt schlägt die Verteilung einer Dividende von 8*/? Proz. (Vorjahr 9 Proz.) bei 30000 Mark außerordentlichen Abschreib­ungen vor.

Stuttgart, 9. Okt. Mit Bezug auf die in Nr. 159 ds. Blattes mitgeteilte Stellung­nahme der Stuttgarter Handels- und Gewerbe­kammer zu der Frage der Organisation des Handwerks wird uns von gegnerischer Seite Folgendes geschrieben, das wir zur Be­urteilung der Sache ebenfalls aufnehmen:Alle die Dinge, die die Kammer als Mittel zur Hebung des Handwerks vorschlägt, lesen sich recht schön, wie es aber mit deren praktischer Durchführung aussehen wird, ist eine wesentlich andere Frage. Zuzugeben ist, daß die Gesetzgebung bezügl. der Ziffer 2 und 5 eintreten kann. Gegenüber dem Submissions- unfug würde z. B. schon sehr viel dadurch er­reicht werden, daß mittels Gesetz oder Verord­nung eine Bestimmung getroffen würde, wonach immer das niedrigste Submissionsangebot prin­zipiell von dem Zuschlag auszuschließen wäre. In einigen Städten Deutschlands, so z. B. in Mannheim ist unseres Wissens eine derartige Bestimmung praktisch schon durchgeführt und hat sich als segensreich erwiesen. Daß die Stuttgarter Handelskammer bezügl. der Hausierer und Ausverkäufer entgegen ihrer bisherigen langjährigen Praxis die Zügel fest angezogen zu sehen wünscht, ist recht erfreulich, aber nach- dem der Reichstag erst vor kurzem diesbezügl. Gesetze geschaffen hat, die allerdings nicht aus­reichen, ist kaum zu erwarten, daß er die kaum vollendete Arbeit rasch verbessere. Was die Ausbildung der Lehrlinge und die Eindämmung der Lehrlingszüchterei betrifft, so kann freilich auch die Gesetzgebung vor allem die obligatorische Lehrlingsprüfung einführen und solchen Meistern, die nicht im Stande sind, Lehrlingen gründliche Kenntnisse beizubringen, das Halten von Lehr- lingen verbieten. In dieser Beziehung aber würde die Gesetzgebung und zwar ausschließlich durch die Behörden einen Zwang ausüben, der viel schärfer wirken müßte, als eine Ordnung dieser Angelegenheit durch die Innung. Wie weiter eine Besserung des Kredits, der Produktion, Ein- und Verkaufsbedingungen, eine Stärkung des Solidaritätsgefühls und des Korpsgeistes der Handwerker ohne eine Zwangsorganisation des Handwerks will fertig gebracht werden können, das erscheint uns als ein unlösbares Rätsel. Die Stuttgarter Handels- und Ge­werbekammer fordert auch eine kräftigere Vertret- ung der Mittelstandsinteressen.in den Handels­kammern sogar gegenüber den gesetzgebenden Faktoren. Hier wird aber ein Wechsel ausge- stellt, den die Stuttgarter Handelskammer nach ihrer ganzen bisherigen Haltung gegenüber den 2 Vertretern des kaufmännischen Mittelstandes nicht nur nicht einlösen kann, sondern auch nie­mals eingelöst hat oder einlösen will.

Stuttgart, 13. Okt. (Handwerkerver­sammlung). Die Kundgebungen des württemb. und deutschen Gewerbevereinstags gegen den Gesetzentwurf über die Organisation des Hand­werks finden doch auch in süddeutschen Hand- werkerkreisen lebhaften Widerspruch. Wie wir hören, werden die vereinigten Jnnnungen Stutt­

garts am Montag den 19. Oktober nachmittags 3 Uhr im großen Saale des Europäischen Hchz nahe dem Stuttgarter Hauptbahnhof eine allge. meine Versammlung von Handwerkern und Freunden des Handwerks veranstalten. In der- selben wird zunächst der Gesetzentwurf in such, licher Weise erläutert und dann von weiteren Rednern die gegen denselben geübte Kritik widerlegt werden. Bei der nachfolgenden Dis. kussion werden Freunde und Gegner des Ent. Wurfs in gleicher Weise zu Worte kommen. Die Versammlung, welche voraussichtlich von Hand- Werkern aus allen Landesteilcn besucht werden wird, dürfte zur Klärung der gegenwärtig so viel umstrittenen Handwerkerfrage wesentlich beitragen.

Ulm, 11. Okt. Auf dem Parteitag der deutschen Volkspartei erstattete Reichstags, abgeordneter Galler den Kassenbericht, Reichs, tagsabgeordncter Ehni den Parteibericht. Reichs- tagsabgeordneter Galler sprach sodann über Marinepläne". Er erklärte, daß nur das für die Verteidigung des Vaterlandes Notwendige zu bewilligen sei. Eine dahin gehende Resolu- tion wurde einstimmig angenommen. Muser- Offenburg sprach zur Frauenfrage. Er begründete eine Resolution, die sich für Verbesserung der Lage der Frauen hinsichtlich ihrer Bildung und Existenzmittel ausspricht. Dr. Graetzer-Berlin sprach über Zwangsorganisation des Handwerks und schlug eine Resolution vor, die in der Form angenommen wurde, daß die Partei entschieden die Ablehnung des Zwangsgesetzes, dagegen die Vorlegung eines Entwurfs über Handwerks­organisation aui freiheitlicher Grundlage ver- langt. Der Reichstagsabgeordnete Konrad Haußmann berichtete über die Thätigkeit des Reichstags und der Volkspartei in demselben. Hierauf referierte Sonnemann-Frankfurt über die Frage der Versicherung gegen Arbcitslosig. keil. Dc. Quidde-München empfahl die Her- stellung populärer Parteischriften. Darnach fanden die Aufgaben des Parteitages ihre Er­ledigung. Als Vorort wurde Stuttgart wiedel- gewählt. zum nächsten Versammlungsort Mann> heim bestimmt.

Stuttgart. fLandesproduktenbörse. Bericht vom 12. Oktober, von dem Vorstand Fritz Kreglinger.j Der Getreidemarkt verkehrt in andauernd fester Stimm­ung, Preise konnten gegen die Vorwoche weiter in die Höhe gehen. Mais und Hafer sind auch wesentlich höher. Der Bedarf bleibt fortwährend ein guter. Die Landmärkte waren schwach befahren bei festen Preisen. Wir notieren per 100 Kilogramm: Weizen, bayr. 16 -4L 75 ^ bis 17 ^L 25 , Ulka 13 50 ^ bis

18 75 Azima-Nikolajeff 18 -4L 50 <4 bis 18 46

75 ^, Azima-Rohstoff 17 75 ^ bis 18 4L 50 4,

Saxonska 18 -4L 50 bis 18 -4L 75 4, Laplata 18 4L 25 bis 18 4L 50 ^, Rumänier neu 18 46 25 ^ bis 19 -4L 25 dto. alt 17 -4L 75 4 bis 18 -kt 25 4, Amerikaner 18 -4L 50 4 bis 19 4L 25 4!, Roggen, russ. 15 4L 4 bis 15 4L 50 4, Amerikaner 15 -16

bis 15 4L 25 ?!, Rumänier 15 4L 4, Gerste, Pfälzer 17 4L 25 4 bis 17 --6L 50 ^, Ungar. 18 46 75 4 bis 20 4L 4, rumän. 15 4L 4, Hafer, Alb In. 16 4L 80 4, Land 11 4L 80 4 bis 12 4L -4. russ. alt 15 -4L 50 4 bis 16 4L 4, dto. neu 15 46 25 4 bis 15 4L 75 -4L, amerik. 14 -4L 50 4 bis 14 4! 75 Mixedmais 10 4L 50 4, weißes amerik. 10 46 50 4, Laplata 10 4 bis 10 4L 50 4. Mehl- preise per 100 Kilogr. inkl. Sack: Nr. 0: 2S -,16

4 bis 29 4L 50 4, Nr. 1: 27 4L 4 bis 27 46 50 Nr. 2: 25 -4L 50 ^ bis 26 4L 50 4, Nr. 3: 24 4i 4 bis 24 -4L 50 4, Nr. 4: 21 4L 4 bis 21 4L 50 4. Suppengries 30 Mk. Pf. bis 30 Mk. 50 Pf. Kleie 8 Mk. 50 Pf.

Obstpreiszettel.

Stuttgart, 12. Okt. Zufuhr: 33 Waggon, reis pr. Ztr. 5.40 Mk. bis 5.80 Mk. 13. Oktober ostobstmarkt auf dem Wilhelmsplatz. Zufuhr loOO rniner. Preis per Zir. 5.60 Mk. bis 6.60 Mk.

Eßlingen, 12. Okt. Güterbahnhof. Zufuhr: 25 Wagen Mostobst, Preis per Ztr. 5.- Mk. bis ZO Mk. . ^

Kirchheim u. T-, 12. Okt. Obstmarkt. ZuM.

0 Säcke Aepfel, Preis per Zentner 6.60 Mk. vis 10 Mk. Bahnhof: Preis per Ztr. 5.60 Mk.

Reutlingen, 12. Okt. Güterbahnhof: Zu- hr 20 Wagen schw. Mostobst, Preis per Ztr. 5 - M. z 5.50 Mk., 1 Wagen Tafelobst, Preis per Ztr. w Z 12 Mk.

Stuttgart, 13. Oktober. Kartoffelmarkt r Leonhardsplatz. Zufuhr 1100 Ztr., Preis per Z-r. -4L 40 ^ bis 3 4L 80 4. - Krautmarkt °m arktplatz. Zufuhr 1800 Stück Filderkraut. 16 -4k - -s

Fortsetzung in der Beilage.

Redaktion, Druck uud Verlag von T. Meehiu Neuenbürg.