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Deutsches Weich.
Ueber das untergegangene Kanonen- bot „Iltis" werden von sachkundiger Seite Mitteilungen gemacht, die für das große Publikum von Interesse sein dürften. Der „Iltis", der mit einer dreimastigen Schoonertakelage und mit Segelsteven älterer Konstruktion versehen war, war in Marinekreisen durch seine schwerfällige Manövrierfähigkeit bekannt und entsprach durchaus nicht mehr den jetzigen Anforderungen. „Iltis" sollte gleich seinem Schwesterschiff „Wolf" vor Jahresfrist ausrangiert werden. Daß d'es nicht geschah, ist auf Sparsamkeitsrücksichten zurückzuführen.
An den Kaisermanövern "nd de.i damit in Verbindung stehenden Festlichkeiten in Breslau und Görlitz werden folgende Fürstlichkeiten teilnehmen: der König von Sachsen, Generals, ldmorschall Prinz Albrecht von Preußen. Regent von Braunschweig, Gencrolieldmarschall Prinz Georg von Sachsen. Herzog Nikolaus von Württemberg und der jüngste Sohn de? Königs Oskar von Schweden, Prinz Eugen von Schweden. — Die bayerischen Corpsmanöver an denen der Kaiser und der Prinzregent Luü- pold teilnehmen, werden Anfang September bei Würzburg stattfinden.
Auf dem Nordostseekanal haben die Einnahmen im ersten Jahre seit Eröffnung der Wasserstraße noch nicht eine Million ergeben. Der Kanal hat 150 Millionen Mark gekostet. Bei der Begründung des Gesetzentwurfes von 1886 wurde angenommen, daß der Kanal jährlich passiert würde von 18000 Schiffen mit zusammen 5'/, Millionen Tonnen. Die Kaual- gebühren wurden auf durchschnittlich 75 Pf. für die Tonne veranschlagt. Dies würde eine Einnahme von rund 4 Millionen Mark ergeben haben. Die Einnahmen sind also weit hinter dem Voranschlag zurückgeblieben.
Seil über vier Wochen herrscht in der Provinz West Preußen große Dürre. Dazu ist seit 10 Tagen enorme Hitze getreten. Infolge dessen sind die Viehweiden meistens verdorrt. Das Vieh muß schon mit dem für den Winter geernteten Futter erhalten werden! In den Ortschaften der Höhe herrscht starker Wassermangel; viele Brunnen, selbst kleine Teiche sind ausge- trocknet, das Wasser für Menschen und Tiere muß weit herbeigefahren werden. Bei solcher Dürre droht eine völlige Mißernte der Kartoffeln. Viele Kartoffelfelder trocknen bereits ab, ohn« daß sie Früchte angesetzt haben.
Württemberg.
Da der württemb. Landtag keinesfalls vor Mitte November, vielleicht sogar erst im Dezember Zusammentritt, so beeilen sich die Parteien begreiflicherweise noch nicht, bezüglich der Ausstellung eines Landlagskandidaten für den Bezirk Cannstatt Beschlüsse zu fassen. Auf demokratischer, wie auf sozialistischer Seile war von einzelnen in ihren Parteien ziemlich angesehenen Leuten der Name Bossert als gemeinschaftlicher Kandidat genannt worden, aber die frühzeitige Veröffentlichung seine? Namens scheint den letzteren geniert zu haben, weshalb er alsbald ein Dementi erließ, wozu er thatsächlich keine Berechtigung hotte, da ein an ihn gestellter Antrag nicht behauptet worden war. Die deutsche Partei hat sich noch gar nicht mit der Frage befaßt, doch hört man vielfach den Wunsch aussprechen, es möge der letztmals nur mit ca. 300 Stimmen unterlegene Kandidat, Bankier Pfaff, wieder ausgestellt werden.
In Württemberg zeigen sich in allen Weinbaubczirken die Fruchtansätze in außer- ordcnilicher Menge, wie seit lange nicht mehr. Der dermalige Stand der Reben ist außerordentlich schön und vielversprechend.
Auf Grund der Beschlüsse des Gemeinoerais und der Ortsarmenbehörde in Ulm sind sämtliche städtischen und hospualitischen Beamtungen im Interesse der Gcschäftsvercinsachung und zur Vermeidung unnötiger Schreiberei angewiesen worden, im Verkehr unter sich und gegenüber den Vorgesetzten örtlichen Behörden und deren Vorständen alle Eingangs-. Höflichkeits- und Schlußformeln wegzulassen. Auch sonstige Bestimmungen für
einfache und sachliche Berichterstatung wurden gegeben. Für den Geschäftsverkehr zwischen verschiedenen Abteilungen derselben Behörde wurde bestimmt, denselben möglichst durch mündliche und allenfalls telephonische Besprechung der beteiligten Beamten zu fördern.
Ausland.
Der sozialistische Arbeiter-Kongreß wurde am Montag inLoudon unter dem Vorsitz von Edward Cowey eröffnet. Die Zahl der Delegierten beträgt etwa 800. Nach der Eröffnung entspann sich eine Debatte über die Zulassung der Anarchisten zu den Beratungen. Mit 223 gegen 144 Stimmen wurde beschlossen, den in Zürich gefaßten Beschluß, nur Sozialisten zuzulassen, aufrecht zu halten. Die geplante Kundgebung für den Weltfrieden im Hyde- park wurde gänzlich zu Wasser. Stömender Regen brach herein, als die ersten Reihen des langen Festzuges den Park betraten. An der Kundgebung nahmen über 700 auswärtige Vertreter, darunter Liebknecht, Bebel und Singer, teil, die Red.» halten sollten. Bevor die Redner aber noch begonnen hatten, strömte der Regen in solchen Massen herab, daß die Versammlung aufgegeben werden mußte.
Einen lehrreichen Beitrag zu den Segnungen des streng parlamentarischen Regierungssystems bietet der „Figaro", mdem er bloß die Minister des Innern zusammenzählt, die Frank reich seit 1870 gemacht hat. Es sind nicht weniger als 47. Dies ergiebt eine durchschnittliche Amtsdauer von 6 bis 7 Monaten für jeden. Am längsten war Constans Minister des Innern, nämlich 4 Jahre, aber nicht hintereinander, sondern in dreimonatlichem Absatz im Jahre 1880, 1889 und 1890; dann kommt Waldeck-Rousseau mit 2 Jahren und einmaliger Unterbrechung; er war unter Gambetta und unter Jules Ferry Minister des Innern. Fallieres, Goblet, Sarrien, Bourgeois und Dupuy waren sämtlich zweimal Minister des Innern, jedoch im ganzen nicht länger als ein Jahr. Sarrien war eigentlich dreimal Minister des Innern, menn seinen achttägigen Aufenthalt im Ministerium Bourgeois mitrechnet.
Paris, 28. Juli. In der Nähe von Macon hieb ein Bauer versehentlich feinem dreijährigen Kinde beim Mähen mit der Sense den Kopf ab. Aus Verzweiflung darüber erhängte sich der Mann dann.
Athen, 30. Juli. Ein Regiment Artillerie in Athen und ein Regiment Infanterie in Kalamata wurden nach Larissa beordert. Außerdem fanden mehrere Truppenverschiebungen nach der Grenze statt.
Vermischtes.
(Saure Gurkenzeit.) Die allgemeine Ferienzeit Pflegt das Publikum, das Jean Paul einmal mit „Bielkops" bezeichnet hat, auch ganz allgemein zu einer gewissen Muße in allerlei Thun und Treiben zu verleiten; daraus entspringt denn auch manche unzutreffende Meinung über die Thälig. keit in diesem, oder jenem Berufe. So wird beispielsweise die sogenannte „Saure Gurkenzeit" als ein förmliches Dorado für die Zeitungsredaktionen angesehen. Ost genug begegnet den Redaktionsmitgliedern die Anrede: „Na, sie haben jetzt gute Zeit — nichts zu thun!" Bestreitet das der so Angeredele und fragt, woher denn diese Wissenschaft stamme, ob denn der Betreffende auch die Zeitungen lese, so lautet die Antwort gewöhnlich: „Jetzt Zeitung lesen? — Es steht ja doch nichts drin!" — Der Irrtum über die vermeintliche Arbeitslosigkeit der Redakteure während der „Sauren Gurkenzeit" liegt in der That lediglich in der falschen Voraussetzung des Publikums, das häufig genug noch der Ansicht ist, die Herren da auf den Redaktionspult- Schcmeln „saugen sich die Nachrichten aus den Fingern" oder lauern förmlich auf die „Reporter" uud wüßten nicht, wie die Zeitung „Vollkriegen". Als ob im Sommer die Weltgeschichte stiüstände! E, „passiert" da durchschnittlich gerade so viel, wie in andern Jahreszeiten; denn wenn auch die Parlamente (wenigstens in Deutschland) meist Sommerpausen machen, so treten an ihrer Stelle Kongresse aller Art, Festlichkeiten, das Reise-
und Badcleben. und die Arbeit des Redah,M ist im wesentlichen dieselbe, wie sonst Freytags „Journalisten" wird etwas verdächtig, aber doch nur, um eine drollige Wirkung ?r. zielen. Wir nehmen die Sache auch keines»,^ tragisch, halten es indessen für nicht unzweckniäM den „Allrezensent Bielkopf", vulgo Publikum zu einer gründlichen Prüfung der Tatsachen einmal anzuregen, sonst bleibt das Urteil eben „ferienhafl bequem".
Berlin, 30. Juli. Ein „Obdachloser" bei dem man 21000 Mark in Wertpapieren vorfand, war dieser Tage in Braunschweig von- der Polizei festgenommen worden. Diese Fest, nähme hat sich nun als ein Mißgriff heraus, gestellt. Der Festgenommene, der allerdings nicht sonderlich „elegant" gekleidet war, konnte sich als ein vom Besuch der Berliner Gewerbe, ausstellung heimkehrender Landmann legitimieren, der sein Vermögen bei sich führte, damit es ihm in seiner Abwesenheit nicht gestohlen würde. Der Mann halte in Braunschweig auf der Bahn den Anschluß versäumt und war dann, da er bis zur Abfahrt des nächsten Zuges nicht noch in einem Gasthofe logieren wollte, andererseits aber auch sämtliche Wirtschaften sich geschlossen zeigten, auf den Straßen umhergewandert, dis er von Wächtern als verdächtiges Individuum ins Polizeigewahrsam geführt wurde.
Hausen, 28. Juli. Man muß sich zu helfen wissen. Zwischen zwei hiesigen Nachbarfrauen herrscht seit geraumer Zeit - wie das wohl mancherorts vorkommt — erbitterte Fehde. Die Zänkereien und Streitigkeiten wurden meistens an den Küchenfenstern ausgefochten, die sich gegenüber befinden. Einer der geplagten Ehemänner ist nun auf ein radikales Milte! verfallen, um dem Krieg ein Ende zu machen.
Er errichtete auf feinem Grunde dicht vor dem Nachbarhause eine 4 Meter hohe Bretterwand. Der Erfolg soll glänzend sein. Es ist jetz! mäuschenstill.
(Allerseits gefürchtet.) „Papa, was ist ein König?" — „Ein König, mein Kind, ist ein Mann, dessen Wort Gesetz ist und welchem Jedermann Gehorsam leisten muß." — „Papa, ist die Mama ein König?"
Herr Lehmann zu seiner bösen Schwiegermutter: „Wenn ick man bloß Beziehungen za Li-Hung-Tschang hätte, Dir würde ick der Groß- kreuz vom doppelten Drachen in Brillanten za erwirken suchen."
Telegramme.
Berlin, 31. Juli. Der Kaiser empfing, wie der „Reichsanzeiger" meldet, an Bord der „Hohenzollern" den französischen Marineattache, welcher beauftragt war, dem Kaiser die Teilnahme des Präsidenten Faure an dem Untergang der „Iltis" auszudrücken.
Berlin, 31. Juli. Der Kreuzer „Cos- moran" ist gestern nach Chefro zurückgekehrt mit der Nachricht, daß die „Arcona" den Sachverhalt der Strandung des „Iltis" bestätigt. Die Ursache ist noch unbestimmt. Der Kommandant und die Besatzung des „Iltis" gingen mit drei Hurrahs auf den Kaiser in den Tod.
Berlin, 31. Juli. Ein Telegramm des Gouverneurs von Dares-Saloam meldet: Der Pflanzungsleiter Friedrich Schröder wurde I wegen von ihm verübter Gewaltthäligkeien vom I kaiserlichen Gericht in Tanga zu 15 Jahren l Zuchthaus verurteilt. I
Thorn, 31. Juli. 3 Knaben in Thorn j fanden auf dem Artillerieschießplatz einen Zünder, > welchen sie in ihrer Wohnung entladen wollten. > Dabei explodierte derselbe. Ein Knabe wurde > fürchterlich verstümmelt uud war sofort tot, die beiden anderen aber wurden schwer verletzt.
Bern. 31.Juli. Der Bericht der Züricher ! Regierung an den Bundesrat über die Unruhen ist eingetroffen. Da darin die Ruhe vls vollständig wiederhergestellt bezeichnet und verstche« wird, daß jeder Wiederholung vorgebeugt n>, verzichtet der Bundesrat auf jegliche Maßnahme von Seiten des Bundes.
Mit einer Beilage.
Redaktion, Druck «ad Verlag von E. Merh tu Reueubärg.