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Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.

* Neuenbürg, 27. Juli. Bei dem am gestrigen Sonntag in Calw stattgehabten Gau- Turnfest hat sich wiederum der hiesige Turn- Ber ein durch Erringen verschiedener Preise ausgezeichnet. Die durch 24 Turner gebildete Musterriege erhielt bei 30 erreichbaren Punkten den ersten Preis mit 28'/, Punkten. Der Turnverein Calw hat mit derselben Punktzahl ebenfalls einen ersten Preis erhalten. Im Einzelwettturnen gingen folgende 9 Turner des hies. Vereins als Sieger hervor; bei 50 erreichbaren Punkten errang mit 44'/, Punkten Rob. Ferenbach den I. Preis, W. Titelius, 42 Pkt. den II. Pr., W. Bauer, 40'/- Pkt. den IV. Pr., Alb. Bosch, 39Pkt. den VIII. Pr., K. Titelius u. K. Blaich mit je 39 Pkt. zwei IX. Preise. Diese Preise bestehen in Kränzen mit Diplom. Diplome allein erhielten ferner die Turner Rud. Kain er und Fr. Seeger mit 38 bezw. 36 Punkten. Im Zöglings- wettturnen erhielt K. Schmid den V Pr. Nach Bekanntwerden dieses so schönen Re­sultates versammelten sich die hies. Vereine mit ihren Fahnen, um den Turnverein am Bahn­hof gebührend zu empfangen und zu beglück­wünschen. Beim Einmarsch in die Stadt wurde der einem Festzug ähnliche Zug mit Böller­schüssen empfangen, und mehrere Häuser waren beflaggt. Auf dem Marktplatz dankte der Vor­stand des Turnvereins für die dem Verein erwiesene Ehre und lud die Vereine noch zu einem Glas Bier in das Bereinslokal ein, wo­selbst denn auch der doppelt heiße Tag einen schönen Abschluß gefunden hat. Da die Preis­verteilung erst abends '/,7 Uhr stattgefunden hat, konnte vor Abgang des Zuges in's Enzthal das ganze Resultat nicht mehr abgewartet werden. So viel bekannt, haben sich auch die Turner von Wildbad, Calmbach, Höfen und Birkenfeld nennenswerte Preise geholt. Wir werden näheren Bericht folgen lassen. Württemberg.

Stuttgart, 25. Juli. Präsident Dr. v. Silch er, Ministerialdirektor im Ministerium des Kirchen» und Schulwesens, lebenslängliches Mitglied der Kammer der Standesherren, ist heule, 67 Jahre alt, gestorben. Er war ein Neffe des bekannten Llederkomponisten Friedrich Silcher.

Stuttgart, 26. Juli. Am heutigen Sonn tag war der Zuzug von Fremden zu den hie­sigen Ausstellungen wieder ein kolossaler. Auf dem Sängerfestplatz herrschie wiederum ern reges Treiben; in der Sängerhalle und in den einzelnen Musikpavillons in den Kgl. Anlagen konzertierten wieder verschiedene Militärkapellen. Pünktlich um 6 Uhr stieg mit ihrem Begleiter Frln. Paulus aus Frankfurt a. M. in ihrem Ballon auf, mit dem angekündigten Fallschirm» absturz war es aber nichts; nachdem man nun ca. 2 Stunden lang die glühende Sommerhitze geduldig ertragen hatte, sah man das Paar ganz fröhlich davonjegeln. So viel bis jetzt be­kannt ist, flog der Ballon in mäßiger Höhe über Ludwigsburg hinweg und wird nun in der Nähe von Markgröningen gelandet sein.

Künzelsau, 25. Juli. Auch im hiesigen Oberamt sind Reblausherde entdeckt worden und leider gleich in 2 Gemeinden auf einmal, nämlich auf den Markungen Cricsbach bei Jngel- fingen und Niedernhall. Gestern war der Präsi­dent der Zentralstelle für Landwirtschaft Freiherr von Ow. aus Stuttgart nebst einem Beamten dieser Behörde persönlich erschienen, um die bekannten Anordnungen belr. Ausrottung und Verbrennung der Weinstöcke u. s. w. anzuordnen.

Biberach, 22. Juli. Vergangene Woche war eine Frau in der sog.Burghalde" bei Ochsenhausen mit Hacken beschäftigt. In einer Tiefe von etwa 40 Zentimetern stieß dieselbe auf einen Topf mit alten Silbermünzen. Die­selben stammen aus dem Anfänge des 17. Jahr­hunderts, sind verschiedener Größe und östereich- ischen, bayrischen und schweizerischen Gepräges. 11 Stück in der Größe der Markstücke tragen das Bild Gustav Adolfs, andere die Bilder von Bischöfen. 140 Stück sind in der Größe von alten Sechsern.

Stuttgarter Ausstellungsbriefe.

X.

Stuttgart, 23. Juli. Wenn man fragen sollte, warum wir dem Landcsgewerbe- muieum den Rücken gekehrt haben, ohne der Möbelbranche eine Besprechung zu widmen, so möchten wir vor Eintritt in den Stadtgarten gleich bemerken, daß die MöbelauSstellung infolge des bekannten Streiks nicht zur richtigen Zeit fertig geworden ist und daß deshalb erst kaum l Gelaß dürftig möbliert war. als wir die König Karl Halle verließen.

Beim Eintritt in den Stadtgarten, von der Schellingsstraße aus kommt man zunächst an prächtigen Blumenbeeten vorbei an den See, dessen Springquell elektrisch beleuchtet wird, was übrigens meistens nicht der Fall ist. Schreitet man weiter vor, so trifft man auf ein Standbild Kaiser Wilhelm I in Galvanobronze, das der Geislinger Metallwarenfabrik entstammt. Schon hier beginnt das Elend des Katalogs. Ist schon die ganze Ausstellung so unübersicht­lich und durcheiilandergewürfelt, als nur mög­lich, so ist das im Katalog noch ärger als arg. Da uns am Standbild des siegreichen ersten Wilhelm nichts weiter mitgeteilt wird, als daß der Vertreter der Metallwarenlabrik in der Gewerbehalle zu treffen sei. ziehen wir unsere Straße weiter, vorbei an Friehmelt's Cigarretten- und Cigarren-Pavillon, wo man sich eine ins Gesicht pflanzen kann, um nachher die Plakate zu lesen:Rauchen verboten" und die vielen Sünder zu bewundern, die trotz dieser geduldigen Plakate sich den Glimmstengel trefflich munden lassen.

Dann treffen wir (nach dem Wasseralfinger Wetterhäuschen) zuerst auf die Glocken von Heinrich Kurtz Dieselben sind für die neue Garnisonsklrche in Straßburg bestimmt. Die größte führt das Bildnis des 2. Wilhelms und trägt die Inschrift:Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist." Sie heißt also die Kaisecglocke und ist mit ihren beiden kleineren Schwestern zu einem 0. Noll-Accord zujammengestimmt.

Die Glocken werden allabendlich gegen 6 Uhr geläutet. Außer diesen Glocken hat Kurtz noch die Nikolaus-Glocke und die Herz Jesuglocke für die Stuttgarter Nikolaus-Kirche ausgestellt und ferner die Königsglocke für die Kirche Bürgfelden. Die letztere trägt das Medaillon II. Majestäten und die Umschrift: Furchtlos und treu" und ist aus der allen Glockenspeise der Glocke aus dem 15. Jahr­hundert hergestellt.

An diese Glockenausstellung schließt sich die Kunststeinfabrik vonSchobinger u. Reysuß. die einen dekorativen Aufbau aus Kunststein aufgeführt haben, der sehr gut gelungen ist. Dann lenkt wieder eine sehr hübsch entworfene und schneidig durchgeführte Statue das Augen­merk auf sich, die einen bayerischen Soldaten darstelll, welcher einen französischen Adler er­beutet hat. Es ist wirklich mühevoll im Katalog die einzelnen Bestandteile der Geislinger Galvanoplastik zu finden.

Wenden wir uns nun den beiden auf­fälligsten Bauwerken in der Kanzleistcaße zu, so finden wir in erster Linie das Kunstwerk, Pal. Zschokke, dann an dem gewaltigen Kamin angebracht, die von der Maschinenfabrik Eßlingen erstellte elektrische Schornsteinbeleuchtung.

Hierauf wenden wir uns dem Kesselhaus zu, das 4 große Dampfkessel enthält, nämlich einen von der Maschinenfabrik Eßlingen, einen von Wagner u. Eisenmann-Cannstatt, und 2 von Kuhn-Berg.

Vom Kesselhaus wenden wir uns zur Maschinenhalle. Auch hier die alte Klage. Der Katalog ist ohne schwere Mühe kaum brauchbar und alles ist durcheinandergewürfelt wie von der Knetmaschine der Firma Werner u. Pfleiderer- Cannstatt.

Zustand.

Auf einem französischenSozialisten- tag in Lille wollten auch die deutschen Sozial- demokraten Bebel, Liebknecht und Singer er­scheinen. Die französischen Blätter verhöhnten sie deshalb und erklärten ihre Anwesenheit für eine BeleidigungFrankreichs. Als die

Deutschen trotzdem erschienen, kam es zu einer lauten Volksdemonstration. Die Menge schrjx. ^ Nieder Deutschland! Nieder Preußen! Es lebe ^ Elsaß Lothringen!" Nur auf geheimen Wegen gelangten die deutschen Sozialisten zu der Fest, feier nn Stadthaus. Bebel rühmte sich in seiner Rede, gegen die Annexion der Reichslande protestiert und dafür zweiiähriqe Gefängnisstrafe erduldet zu haben. Auf der Straße dauerte der Tumult fort.Nieder mit den Sozialisten!" hörte man fortwährend rufen. Es mußte füglich Militär einschreiten. Die Pariser Blätter fordern die Absetzung des sozialistischen Stadtrales und Sladthauptes. Liebknecht, Bebel und Singer mögen nur nach Paris kommen, die Bevölkerung würde ihnen einen Empfang bereiten, den die > Internationale nicht sobald vergessen würde. In Lille dauerte auch am Tage nach der Ankunft der deutschen Sozialisten der Straßentumult fort, 20000 Personen beteiligten sich daran.

Paris, 25. Juli. Nachdem die deutschen sozialistischen Reichstags-Abgeordneten gestern ohne weiteren Zwischenfall vorsichtig Lille verlassen hatten, um von Calais aus nach London weiter zu reisen, hielten die franzö­sischen Sozialisten gestern abend in dem ihnen vom Bürgermeister zu diesem Zwecke zur Verfügung gestellten Stadttheater ihre Schluß­sitzung ab. Vor dem Gebäude hatte sich eine Menge angesammelt, die man auf 10000 Köpfe schätzte. Eine starke Polizeimannschaft und be­rittene Gendarmen sollten die Ordnung aufrecht erhalten. Gegen 10 Uhr standen sich die feind­lichen Massen, Sozialisten und Patrioten, gegen­über. Letztere führten eine dreifarbige Fahne und begaben sich zuerst nach dem Geschäftslokal des BlattesReveil du Nord", wo ein Hand­gemenge stattfand; Fensterscheiben wurden emge- worfen. Auf dem Haupiplatz wurde ein blinder Reoolverschuß abgegeben. Die Sozialisten drangen dorr auf eine Anzahl Offiziere ein, die vor einem Cafehause saßen; die Offiziere vermochten sich erst nach einer längeren Rauferei der So­zialisten zu erwehren. Unterdessen ritten die Gendarmen durch die Straßen, auch Truppen- abteilungen zogen umher, um die zahlreich aus- tauchenden Banden von Kundgebenden zu zer­streuen. Einige sozialistische Gruppen, die meist aus halbwüchsigen Jungen bestanden, durch­streiften bis zu später Nachtstunde die mitten in der Stadt gelegenen Arbeiterviertel, indem sie das Lied auf die Internationale sangen; jeden Augenblick wurden solche Banden von den Patrioten, welche die Marseillaise sangen, zer­streut. Die Patrioten kamen an den Wohn­ungen des Bürgermeisters und seiner Beigeord­neten vorbei und warfen bei letzteren die Fenster­scheiben ein. An allen Enden und Ecken wurde gerauft. Die Zahl der Verletzten ist erheblich. Ein Redakteur derDepöche" ist schwer verletzt, eine nicht geringe Anzahl Verletzter wurde nach dem Krankenhause gebracht. Das am Bahnhof gelegeneCafe Plancq", wo die fremden Sozia­listen abgestiegen waren, wurde vollständig ver­heert. Von den vielen Verhaftungen, die im Laufe des Abends vorgenommen wurdAk>>sind 21 aufrecht erhalten worden, darunter diejenige eines Redakteurs des SozialistenblattesReväl".^ Die Ruhe konnte erst nach 2 Uhr morgens wieder hergestellt werden. ^

London, 25. Juli. Ä»-?d Röseberh, der gestern in Epsom die neue Gewerbe- und Kunstschule eröffnete, betonte aufs dringlichste die Notwendigkeit der Vervollkommnung der gewerblichen Ausbildung als Ersatz für d» heute mangelhaft gewordene praktische Ausbild­ung der Lehrlinge und zur Abwehr des scharfen ausländischen besonders deutschen Wett­bewerbs, dessen Erfolg er hauptsächlich der Verbesserung des deutschen gewerblichen Unter­richts während der letzten 80 Jahre öuschncb. Redner befürwortete eine staatliche Untersuchung über die Ursachen des Rückganges des britischen Geschäftes und des Vordringens des auslano- ischen Wettbewerbs.Daily Chronicle" unter­stützt diesen Vorschlag.Daily News" heb hervor, Lord Rosebery habe die Befürchtunge von der deutschen Einfuhr aus dem geM" geordneten Buche eines SchutzzöllnersKaa

in Cermanz^ geschöpft; die zunehmende deutfch