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die Menschheit vergiftete. Auf seine Vermutungen und Besorgnisse durfte man keinen Wert legen.

Bis in die Nacht hinein blieb der Kom­missionsrat bei seinen Freunden und Zechge- nossen, und als er endlich mit schwerem Kopf nach Hause schwankte, freute er sich schon im vor- aus auf das gute Geschäft, welches er am andern Tag mit dem Juwelier zu machen gedachte.

(Schluß folgt.)

Naturwunder.

Was kann es für den denkenden Menschen wohl schöneres geben, als ourch Wald und Flur zu schreiten, um daselbst die Wunder der Natur zu schauen. Es be­darf dazu keiner wissenschaftlichen Vorbildung, denn ein freier, vorurteilsloser Blick genügt schon, um dem Be­obachter gar manches zu zeigen, was dem Gleichgültigen verborgen bleibt, oder an dem er teilnahmslos vorüber­schreitet. Und doch geschehen gar viele Naturwunder täglich vor unseren Augen, während wir andererseits die Kenntnis eines großen Teils derselben dem un­ermüdlichen Eifer dem Forscher zu danken haben.

Obgleich alles, was in der Natur vorgeht, dem Naturfreunde interessant ist, so giebt es doch gewisse Vorgänge, die ihm mehr als anderes Stoff zum denken geben müssen, und unter diesen stehen die wunderbaren Umwandlungen obenan, die ein großer Teil der Tier­welt durchzumachen hat, ehe sich aus dem Embryo, dem Ei, oder wie die Wissenschaft es immer nennen mag, ein vollkommenes Geschöpf eutwickelt.

Wir alle wissen wohl, wie sich aus dem scheinbar leblosen Ei der Vogel entwickelt, aber der alltägliche Anblick läßt uns fast das Wunderbare darin vergessen. Aber ist es nicht demungeachtet ein Wunder, daß aus der zerbrochenen Kalkschale ein lebendes Geschöpf schlüpft, das in seiner ganzen Struktur und in allen seinen Lebensgewohnheiten ein treues Abbild des Elternpaares ist?

Ein jeder Schuljunge kennt die Umwandlungen, die der Schmetterling durchzumachen hat, ehe er zu dem fröhlichen, leichtgeflügelten Insekt wird. Aus dem unscheinbaren Ei entwickelt sich die kriechende, gefräßige Raupe, der Schrecken unserer Gärten, Felder und Wälder. Doch nicht gar zu lange dauert dieser Heiß­hunger, denn bald scheint sie dessen überdrüssig zu werden, sie zieht sich in die Dunkelheit zurück und ist eifrig bemüht, ihren Leib mit einem festen Panzer, oder, wie die Seidenraupe, mit einem Geflecht, bestehend aus unzähligen Fäden, zu umgeben. Aus der Raupe wird die Puppe, oder Chrysallis, die äußerlich für einige Zeit in voller Unthätigkeit verharrt, bis Plötzlich der Panzer zerreißt und der vollkommene Schmetterling daraus hervorgeht, der, fröhlich von Blume zu Blume fliegend, seine Nahrung, nicht wie die Raupe, aus der er entstanden ist, in der Pflanzenwelt selbst, sondern im Blütenhonig findet.

Alle Insekten haben diele Umwandlungen durch­zumachen. Unser Ekel vor der Fleischmade wird wohl dadurch kaum verringert, daß wir wissen, daß es die Raupe der Fliege ist. Die Libelle befestigt ihre Eier mit Hilfe einer besonderen klebrigen Flüssigkeit an die untere Blattseite der Wasserpflanzen, möglichst dicht über dem Wasserspiegel, und gegen Mitte des Sommers ent­schlüpft aus jedem derselben ein langgestrecktes, flügel­loses Tier, das mit 6 Beinen begabt ist. Diese Larve ist einer der größten Räuber in unseren Gewässern, und selbst größere Insekten fallen ihr zur Beute, wobei ihr das zum beißen trefflich eingerichtete Maul gute Hilfe leistet. Die Natur hat dies Tier jedoch noch nebenbei mit einer übermäßig verlängerten Unterlippe und zwei daran befindlichen Haken begabt, die seinen ganzen Kopf wie eine Maske bedeckt. Nähert sich ihm em Insekt, so fällt dieser Apparat und bildet ein natürliches Fang­netz, die Haken halten die Beute fest, und die wieder­aussteigende Maske bringt es zum Munde. Nachdem diese Maske verschiedene Häutungen durchgemacht hat, verläßt sie das Wasser, in dem sie bis jetzt gelebt, und heftet sich, jedoch dicht über der Oberfläche desselben, an die Stämme der Wasserpflanzen, wo sie sich bald mit dem hornigen Panzer der Chrysallis umgiebt, der nach einiger Zeit berstet, um das vollkommene Insekt entschlüpfen zu lassen, das noch kurze Zeit ruhig auf der Pflanze sitzen bleibt, um seine noch nassen Flügel zu trocknen, und dann fröhlich davonfliegt.

So groß sind diese Wandlungen bei einzelnen Tieren, daß selbst Naturforscher vielmals darin einig wurden und Larven und Chrysallis als vollkommene Geschöpfe betrachteten. So mit der Krabbe, die in nichts dem späteren Tiere ähnelt und die man längere Zeit sür ein besonderes Krustentier hielt.

Noch im Jahre 1816 wollte man fünf Species da­von kennen. Die Krabbenlarven kann man füglich als einen unförmlichen Kopf mit einem übermäßig langen, dünnen gegliederten Schwanz bezeichnen. Die Augen sind so groß, daß man ihr den Namen Megalopa, d. h. Groß­auge, beilegte, sie sind jedoch nicht gestielt, wie des späteren Tieres, und unter dem Kopfe befindet sich ein Bündel höchst rudimentärer Beine, mit deren Hilfe und der des Schwanzes sie sich blitzschnell in dem Meere herumtummelt. Die Form erreicht das Tierchen nach mehrfachen Häutungen und mit jeder derselben geschieht eine Umwandlung, so daß es zuletzt einem Hummer nicht unähnlich ist. Der unförmliche Kopf zieht sich in Sie Länge und bildet den Körper, die Augen sind noch immer groß, jedoch bereits gestielt, die Beine und Scheren entwickeln sich, und nach einigen Monaten der- liert es den Schwanz bis auf einen kleinen Stummel,

der in den ungeheuer verbreiterten Kopf und die Brust, die den ganzen Körper der Krabbe bilden, zurückgezogen wird. Aus der lustig umherschwimmenden Larve ist die eckige, ein zurückgezogenes Leben führende Krabbe ge­worden.

Bekannt genug sind die Wandlungen, die der Frosch durchzumachen hat, ehe er zu dem vollständigen Tiere wird. Auf dem Wasser der Tümpel sehen wir im Frühjahr große Mengen eines grünen Schleimes herum schwimmen, es sind dies die Eier des Frosches, der Laich, aus denen bald ein Tier entspringt, das in nichts dem späteren Frosch ähnelt. Die Kaulquappe ist allem Anscheine nach ein Fisch; mit Hilfe des fischgleichen Schwanzes bewegt sich dies Geschöpf behende durch das Wasser, und die hornartigen Kiefern in dem großen Kopfe ermöglichen es ihm, selbst stärkere Wasserpflanzen zu durchbeißen. Die Kaulquappe atmet durch Kiemen, die in der ersten Zeit ihrer Existenz äußerlich am Kopfe befestigt sind; aber in ihrer weiteren Entwicklung ver­schwinden diese Anhängsel, und völlig fischgleiche Kiemen im Inneren des Tieres treten an ihre Stelle. Die Chrysallis-Periode rückt heran, die langen Hinterbeine des Frosches entwickeln sich zuerst, ihnen folgen die vorderen Gliedmaßen, der Fischschwanz verschwindet, und an Stelle der Kiemen treten völlig ansgebildete Lungen. Der junge Frosch ist entstanden, der nicht mehr im Wasser leben kann und der im Gegensatz mit der pflanzenfressenden Quappe sich ausschließlich von Insekten nährt. Während der Frosch in seiner ersten Entwicklungsperiode völlig einem Fische, später fast einer Eidechse gleicht, ist seine vollendete Form eine von beiden wesentlich verschiedene.

In den Seen von Mexiko lebt ein molchähnliches Tierchen, der Axolotl, das wie alle Geschöpfe der Frosch- samilie in ihrer Entwicklungsperiode mit Kiemen und Lungen begabt ist. Da man sah, daß es die Fähigkeit hatte, sich zu vermehren, so kann man sich nicht wundern, wenn man es als ein besonderes Tier aufstellte, und doch haben die neuesten Beobachtungen ergeben, daß unter gewissen Bedingungen, wie z. B. durch Ueber- führen desselben von den Gebirgsseen in das flache Land, der Axolotl seine Kiemen verliert und zur völlig ausgebildeten amerikanischen Eidechse (^.inblMoma) wird, die fortan in ihrer Wasserheimat nicht mehr leben kann. Ein schöneres Beispiel dieser Naturwunder kann es wohl nicht geben.

Nicht immer jedoch bewirkt die Natur in diesen Um­wandlungen einen Fortschritt in der Ausbildung des Tieres; m manchen Fällen erfolgt gerade das Gegenteil: die Larve steht auf einer weit höheren Ausbildungs­stufe als das daraus hervorgehende vollkommene Ge­schöpf. Die Sacculina ist ein Schmarotzertier, das zu­meist auf und von den Krabben lebt. Es besteht einzig und allein aus einem mit Eiern gefüllten Sack, ohne jede weiteren Gliedmaßen, mit Ausnahmen von einigen wurzelartigen Fasern, mit deren Hilfe es die harte Schale der Krabbe durchbohrt und ihre Nahrung aus derselben bezieht. Ihr ganzes Leben gleicht somit mehr dem einer Pflanze als dem eines Tieres. Ans ihrem Ei entspringt ein äußerst behender Embryo der in der Form unfern Blattläusen ähnelt. Mund und alle Ver- dauungsorgcme fehlen, dagegen ist es mit drei Paar Schwimmfußen begabt, mit denen es lustig im Meere herumtummelt. Der Uebergang zur Chrysalis kenn­zeichnet sich durch die Entwicklung eines hornigen Panzers und die von 6 Paar Beinen. Die im Embryo existierenden rudimentären Fühler wachsen zu einer ver­hältnismäßig großen Länge, und mit Hilfe derselben weiß es sich bald auf einer Krabbe festzuheften. Von diesem Augenblicke an hört jedes unabhängige Leben bei ihr auf, sie rst und bleibt ein Teil der Krabbe, die für ihre Nahrung sorgen muß. Mutter Natur ist höchst freigebig in allen ihren Gaben, sie erlaubt aber auch keine Verschwendung, und da nun der Sacculina alle äußeren Gliedmaßen unnötig sind, so sehen wir bald, wie die prächtig entwickelten Organe der Uebergangs- periode absterben, und das vollkommene Tier, geht wieder in die sackgleiche Form über, aus der es hervor­gegangen ist. So sehen wir den verhältnismäßig voll­kommenen Organismus der Entwicklungsstufen nicht höher, sondern rückwärts bis zur äußersten Grenze animalischem und vegetabilischem Leben schreiten.

(Schluß folgt.)

Vom Setzer.Kobold. Man kennt ihn ja schon lange, und wundert sich nicht mehr so leicht. Aber, was zu toll ist, ist zu toll! Steht da in Nr. 326 derKrefelder Zeitung" im Handelsteile ein Seidenwarenbcricht aus Lyon, der über Seidenwaren leider nichts, aber auch rein gar nichts berichtet. Dagegen rollt er die allerintimsten Contorverhältnisse vor dem staunen­den Auge des Lesers auf. Er enthält nämlich die Halbjahresrechnung des Lyoner Seidenwaren- Berichterstatters derKrefelder Zeitung". Uebrigens liegt er uns, so schreibt dieNieder­rheinische Zeitung", der wir Vorstehendes ent­nehmen, fern, mit dieser Enthüllung unserer Kollegin vom Fach etwas Boshaftes sagen zu wollen. Im Gegenteil! Wir sitzen, wie alle Zeitungen in dieser Beziehung, im Glaskasten, und deshalb fällt es uns auch nicht ein, mit Steinen zu werfen. Erst vor wenigen Wochen stand in unserem Handelsteil ein Viehmarktbericht, der getreulich über Scidenpreise berichtete, mit dem

lieben Vieh also nicht das Mindeste zu thun hatte. Und in der letzten Mittagsausgabe U lokalen Teile bezeichnte der Setzer-Kobold den 22. März nächsten Jahres als den hundertjähr­igen Geburtstag Kaiser Wilhelms des Zweiten. Wir wünschen nun unserm Kaiser von Herzen ein langes, langes Leben, aber im nächsten Frühjahr hoffen wir ihn doch nicht als hundertjährigen Greis, sondern in der Vollkraft seiner Jugend zu begrüßen. Aber so gehts! Der Sctzerteufel dreht Alles von unterst za oberst, foppt alle Welt und am meisten die schon ohnehin so viel geplagten und geärgerten Redakteure. Kurz, es wäre eine dankenswerte Aufgabe, man könnte einen Preis auf ihre Lösung sctz n ein Mittel zu finden, um den schadenfrohen Gesellen danernd unschädlich zu machen.

(Eine Jubilarin.) In diesem Jahre feiert, so schreibt dieFr. Ztg." eine unentbehrliche Dienerin, die fast in jedem Hause zu finden ist, ihr fünfzigjähriges Jubiläum: die Nähmaschine. Elias Howe in Massachusetts war es, der nach langen Versuchen die erste Nähmaschine erfand. Im Jahre 1816 wurde seine Elsindung in Amerika patentiert; die Kosten dafür konnte er sich nur mit den größten Mühen verschaffen. Er hoffte, in England Verwertung sür seine Ideen zu finden, jedoch umsonst. Da er die Kosten seiner Reise nicht bestreiten konnte, so nahm er die Stelle eines Schiffskochs an. Als er in die Heimat zurückkehrte, fand er, daß Andere seine Erfindung für die ihrige ausgaben. Er mußte einen Prozeß anstrengen und, um sein L:ben zu fristen, als Gehilfe bei einem Mechaniker arbeiten. Schließlich gewann er doch seinen Prozeß und erhielt eine Entschädigungssumme und 14 Dollars von jeder in Amerika gefertigten Maschine. Bei der bald sich entwickelnden Massenproduktion wurde er ein reicher Mann.

(Ein Kriminalsall.) Hr. P. hatte zwei kost­bare Hemdenknöpfchen mit einer kleinen Fliege von polierten Stahl darauf, so täuschend ge­arbeitet, daß nicht selten, wenn er sie trug, Leute, die mit ihm sprachen, die Fliege weg­jagen wollten. Eins dieser Knöpfchen verschwand; Hr. P., obgleich ec Verdacht hatte, schwieg noch; als aber bald darauf auch das andere wegkam, wurde die alte Magd des Diebstahls beschuldigt und aus dem Hause gejagt. Nicht lange nach­her gewahrt Frau P. ein Spinnengewebe in einem Winkel des Kabincts, und als sie das­selbe entfernen läßt, siehe, da fielen die beiden Hemdknöpfen heraus. Eine große Spinne hatte, durch die Aehnlichkeit getäuscht, dieselben als Fliegen in ihr Netz getragen.

(Gut gegeben.) Jemand, der sich selbst sehr gern reden hörte, erlaubte sich gegen einen etwas schweigsamen Mann die Bemerkung: Sagen Sie denn gar nichts? Es ist wahrlich bei Ihnen ein Wunder, wie bei Bileam's Esel, wenn man Sie einmal reden hört."Aller­dings war es bei jenem Esel ein Wunder, daß er sprach," entgegnete der Angeredete trocken; ein größeres aber wäre es noch, wenn die Esel, welche man immer sprechen hört, einmal schwiegen!"

Ein vorzügliches Rauch erungsmittelin Krankenzimmern ist gemahlener Kaffee, von dem man einige Messerspitzen voll auf Kohlen wirst. Ge­mahlener Kaffee wird auch mit Vorteil zur Konservier­ung von Wildbrett und anderem Fleisch angewendet, indem man dasselbe damit bestreut.

Rätsel.

t s i e t r h ä F r e g t ch i r f u <r tseil chim sträwckür r e W.

R. L, 0.

Silben-Bersteckrätsel.

Es ist ein Sprichwort zu suchen, dessen einzelne Silben in nachstehenden Wörtern ver­steckt sind, wie die Silbe na in Knabe oder Natur. .

Desdemona Reiher Ahnen Perlen Nebensache Optimist Kindesliebe Pflanzung Goldadern

Redaktion, Druck rmd Verlag von L. Meeh in Ne.uenbürg.