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Panoramas, so blickt man rechts und links durch doS grünblaue Wasser in die geheimnisvolle Meerestiefe mit felsigen Grotten aus mächtigem Gestein. Muscheln, Bernsteinlager, Telegraphen' kabel rc. rc. Gewiß wird das neuausgcstellte Rundgemälde allgemeinem Interesse begegnen und dauernd eine große Besucherzahl anziehen.
Ludwigsburg 22. Juli. Gestern früh zwischen 3 und 4 Uhr brach in dem Doppelhaus des Schäfers Friedrich Rommel und des Matthäus Theurer in Neckarweihingen ein Brand aus. Der Verdacht der Brandstiftung liegt nahe; die 23 jährige Enkeltochter des Theurer wurde an den Händen gefessellt in ihrer Kammer von den zum Löschen in das Haus eintretenden Nachbarn aufgefunden. Wie es scheint, ist das Mädchen vor ihrer Fesselung in Ohnmacht gefallen beim Anblick ihres Peinigers, hatte aber bald wieder so viel Geistesgegenwart, daß sie um Hilfe rufen konnte, sonst wäre sie und ihr Großvater verbrannt. Einer der Ab- gebrannten ist versichert. Das Mädchen wollte gestern mit ihrem Hausrat nach Stuttgart ziehen, woselbst sie sich nächsten Samstag verheiraten wollte; nun ist ihr aber ihre ganze Aussteuer verbrannt, welche nicht versichert ist. An baarem Geld wurden 500—600 o/L geraubt. Wegen des Verbrechens wird seitens der Staatsanwaltschaft Stuttgart der 49 Jahre alte Schumacher Hch. Theurer von Neckarweihingen steckbrieflich verfolgt.
Nürtingen, 23. Juli. Heuer scheint unsere Gegend ganz besonders von Gewittern heimgesucht zu werden. Gestern folgte von morgens 3 Uhr bis gegen Abend ein Gewitter dem andern. Ströme von Regen über unsere Fluren ergießend und teilweise leichte Hagel- körner mit sich führend. Die Steinach schwoll wieder derart an, daß sie an einigen Stellen aus ihren Ufern getreten ist, ohne jedoch größeren Schaden anzurichtcn. Der Blitz schlug in das Telefon des Schmid'schen Fabrikanwesens, glücklicherweise ohne zu zünden.
In Thailsingen schlug am Dienstag Abend während eines heftigen Gewitters der Blitz in das Haus des B. Ammann und zündete. Das Feuer ergriff auch alsbald die Nachbarhäuser des Jakob Merz und Konrad Schüller. Alle 3 Anwesen sind total niedergebrannt.
Zazenhausen, 23. Juli. Die Pferde einer Chaise, worin sich Hofbäckermeister Haug von Berg und der Kunstmüller Albrecht Wilder- muth aus Faurndau befanden, wurden in der Nähe des hies. Viadukts scheu und waren nicht mehr zu halten. Das Fuhrwerk stürzte mit seinen Insassen, jedoch ohne den Kutscher, der sich durch rechtzeitiges Abspringen noch retten konnte, in die Tiefe und die beiden Genannten erlitten schwere innere Verletzungen. Der Wagen wurde total zertrümmert.
Leonberg, 23. Juli. Auf welche Wege die Trunksucht den Menschen führen kann, das hat sich wieder einmal in unserer Nachbargemeinde Eltingen in schrecklichem Lichte gezeigt. Ein 42 Jahre aller kinderloser, dem Trünke ergebener Mann geriet am Ende voriger Woche aus einem geringfügigen Anlaß mit einem 23 Jahre alten Verwandten von ihm in Streit. In dessen Verlauf stieß er demselben eine Dunggabel mit solcher Gewalt in den Kopf, daß der junge Mann bald darauf an den erhaltenen Verletzungen starb. Bei dem Thäter brach, nachdem derselbe in das Untersuchungsgefängnis in Leonberg überführt worden war, das Delirium tremens aus. Heute Morgen wurde er tot in seiner Zelle aufgefunden.
Ausland.
Bei der Einschiffung von neuen spanischen Truppen nach Cuba haben die Mütter der Soldaten in Barcelona eine Kundgebung gegen weitere Truppensendungen nach Cuba gemacht. Die Rcgierungsorgane erklären, diese Kundgebung sei durch kubanische Aufständische angestiftet worden. was aber keinen Glauben verdient. — Die amerikanische Nachricht über xin entsetzliches Umsichgreifen des gelben Fiebers I
unter den spanischen Truppen hat sich als Humbug erwiesen.
Der russische Zar wird in der zweiten Hälfte des Septembers zuerst nach Wien, dann nach Darmstadt und schließlich nach Berlin kommen. Die Franzosen sind begreiflicherweise äußerst erregt darüber, daß immer noch keine Ankündigung von einem Zarenbesuch in Paris erfolgt ist. Die russische Presse besänftigt die Franzosen mit dem Hinweis darauf, daß die Erwägungen bezüglich eines Besuches in Paris noch nicht abgeschlossen seien. Irgend eine plausible Ausrede, warum der Zar doch nicht nach Paris kommt, wird sich wohl später finden lassen. Die Franzosen sind politische Kinder: verspricht man rhnen ein goldenes „Warteinweilchen", so sind sie später mit einem silbernen „Nichtschen" zufrieden.
/X Brüssel, 18. Juli. Ein neuer raffinierter Schwindel wird seit einiger Zeit von England aus in Belgien betrieben. Eine sogen, englische Compagnie schickt nämlich an belgische Wirte Preislisten ihrer Fahrräder, wobei sie an dieselben die Bitte richtet, die Preislisten auf den Tischen der Wirtszimmer aufzulegen. Als Belohnung für diese Gefälligkeit fügt die Compagnie ihrem Schreiben ein Los zu einer demnächst stattfindenden Verlosung bei, bei der der höchste Gewinn in einem prächtigen Fahrrade bestehen soll. Einige Tage später erhält nun der Wirt die angenehme Nachricht, daß auf sein Los der höchste Treffer gefallen sei und daß er sich daher ein recht schönes Fahrrad ganz nach Belieben aus dem Kataloge auswählen möge. Nur ersuche man ihn, umgehend die Kleinigkeit von 10 Schilling an die Compagnie einzusenden, damit diese das kostbare Instrument auch recht sorgfältig verpacken und es franko an ihn abschicken könne. Verschiedene Wirte kamen dieser Aufforderung auch nach, ohne indessen weder von dem ausgesuchten Fahrrade noch auch von der englischen Compagnie das Geringste gehört zu haben, und da es sehr möglich ist, daß die ehrenwerte Gesellschaft demnächst auch Deutschland zum Schauplatze ihrer Thätigkeit zu machen versuchen wird, so sei hiermit vor derselben aufs nachdrücklichste gewarnt.
Am Bienenstand im Juki.
i.
Der Kälterückschlag im April hat uns Bienenzüchtern in mancher Beziehung großen Schaden gebracht. Unter anderem hat die Stockung im Brutgeschäft gerade die leistungsfähigsten Königinnen gekostet. Mancher Bienenzüchter hat kopfschüttelnd die langsame Erstarkung der Völker betrachtet oder beklagt. Bei näherer Untersuchung hat er wohl Weiselzellen gefunden und sich noch mehr gewundert, da der Stock doch nicht schwarmreif war. Am Ende hat er auch noch Schwärme bekommen, von denen er keine Ahnung hatte. Diese sogenannten „Singer- vorschwärme" haben aber junge, unbefruchtete Königinnen; ebenso ist das der Fall bei sämtlichen Nachschwärmen. Das Schwärmen wird nun wohl auf allen Ständen zu Ende sein. Eine genaue Musterung ist nötig, um sich zu überzeugen, ob alle Völker weiselrichtig sind, ob die Königinnen tadellos, die Eierlage regelmäßig, die Brut geschlossen und zahlreich vorhanden ist. Ergiebt sich irgendwo ein Anstand, so ist die fehlerhafte Königin unbedingt zu entfernen. Lieber einen Stock weniger, als solche Stöcke, mit untauglicher Königin. Kleine Nachschwärme, oder solche mit mehreren Königinnen, lassen sich auf die einfachste Weise zur Weiselzucht benützen. Sind die jungen Königinnen befruchtet, so entfernt man untaugliche Königinnen und setzt nach 3 Tagen die junge Königin unter Anwendung der nötigen Vorsicht zu. Wie das zu machen ist, lese man in einem guten Bienenbuche nach.
Ottenhausen. M. Bürkle, Schult.
Härter als der Diamant. Die „Zentral- Zeitung für Optik und Mechanik" meldet, daß Moissan eine Substanz entdeckt hat, welche eine Verbindung von Kohle und Bor darstellt, durch
Erhitzung von Borsäure und Kohle in einem elektrischen Ofen auf eine Temperatur von 5W ^ Grad erhalten wird und den Diamanten „„ Härte übertrifft. Der Körper ist schwarz und nicht unähnlich dem Graphit. Er wird die Diamanten zum Zwecke der Gesteinsbohrungen, zum Glasschneiden und anderen industriellen Zwecken in ausgezeichneter Weise ersetzen und schneidet den Diamanten selbst ohne Schwierig, keit. Außerdem kann der Stoff in Stücken von jeder erforderlichen Größe hergestellt werden.
Ein gefährliches Pflaster ist das des Militär - Tierarznei - Instituts zu Nun. Dem dort angcstellten Professor Dr. PolaM wurde nämlich brieflich angedroht, daß er, falls bei der Prüfung ein Studierender durchfiele, niedergeschossen würde.
Das Schielen wird zuweilen auf eine einfache Weise geheilt, indem man das gesunde Auge mit einem schwarzseidenen Läppchen, dos doppelt zusammengcgt und mit Bändchen am Kopf befestigt wird, bedeckt und nur das kraule Auge ausschauen läßt. Es liegen Fälle vor, wo schon nach 10—14 Tagen bei Anwendung dieses einfachen Mittels das Schielen beseitigt war.
(„Wieder eine Andere!") Frau B. ist eine der Damen, die nur selten mit der Dienstboten. Vermittlerin nichts zu thun haben. Händler und andere, die in ihrem Hause zu thun haben, treffen an der Thür fast allemal neue Dienst- leute. Als cs einmal klingelte, ging nun Fron B. zufällig selbst an die Flurthür und fand davor den Milchmann stehen. Als er sie erblickte, schreckte der gute Mann zurück und sagte mitleidig: „Na, Sie werden nicht lange aushalten. Die Frau vom Hause ist als der reine Drache bekannt." — Seit diesem Tage soll Frau B> auch — den Milchmann gewechselt haben.
(Die Herrlichkeit der Welt!) Aus Paris schreibt man: „Temis", der historische Rappe des großen franz. Heldengenerals Boulanger, zieht gegenwärtig die Droschke Nr. 7183. Wei hätte ihm das bei der Truppenschau am U, Juli 1886 vorausgesagt?
(Brave Kinder.) „Nun, Johanna, waren die Kinder während meiner Abwesenheit recht brav?" — „O ja . . . nur zum Schluß haben sie tüchtig gerauft miteinander!" —Warumdenn nur?" — „Jedes wollte am bravsten gewesen sein. (Fl. Bl. m. Jllustr.)
(Annonce einer Schmiere.) Auf Verlangen findet morgen unwiederruflich die letzte Vorstellung statt. Peter Schlau. Direktor.
Telegramme.
Berlin, 23. Juli. Dem „Reichsanzeiger« zufolge ist deutscherseits das erforderliche veran- laßt worden, daß vom 25. ds. Mts. ab die Erzeugnisse Spaniens und seiner Kolonien nach dem allgemeinen deutschen Zolltarif ohne Zuschläge abgefertigt werden.
Berlin, 23. Juli. Saatenstandsbericht für das deutsche Reich pro Mitte Juli: Winterweizen 2,3; Sommerweizen 2,6; Winterspelt 2 6; Sommerspelt 1,7; Winterroggen 2,4; Sommerroggen 2,6; Sommergerste 2,6; Hafer 2,7; Kartoffel 2,4; Klee 2,9; Wiesen 2,4- Der Stand des Wintergctreides namentlich des Weizens ist gegen den vorigen Monat nicht wesentlich verändert. Die Roggenernte hat in vielen Bezirken begonnen. Für Sommergetreide sind wegen Mangels an Regen, besonders in Preußen die Ernteaussichten herabgemindert. Im Süden wird dagegen eine befriedigende Ernte erwartet,
Molde, 23. Juli. Die Yacht Königs Oskar ankerte heute Vormittag 9 W gegenüber der „Hohenzollern". Der König begab sich sofort an Bord der „Hohenzollern - wo ihn Kaiser Wilhelm empfing- Bm Monarchen begrüßten sich herzlich. Um '/»ll kehrte König Oskar zu seiner Jacht zurück; tu z darauf setzte die „Hohenzollern" ihre Fahrt so
Mit einer Beilage. _^
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh iu Neuenbürg.