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wenn Du dienstfrei bist." erklärte sie. „Ich kann nicht Ruhe finden, wenn sie nicht bei mir ist; und übrigens kommt's wohl noch so weit, daß Du Dich um mich gar nicht mehr kümmerst, wenn Du nur die Afraja bei Dir hast."
Sie hielt dann aber oft mit dem Kinde ein Stündchen länger bei mir aus. Ja, wenn's dabei geblieben wäre! Aber was geschah, Aschen lernte den Weg kennen und kam allein. Voll Angst und Schrecken suchte sie meine Frau überall, bis sie gewahr wurde, wohin das Kind gelaufen war. Da setzte es tüchtig Schelte. „Du böses Kind, schmollte die Mutter mit ein paar Thränen in den Augen, „was machst Du mir für Sorge!" Aber alles half nicht, Aschen ließ sich das Herauslaufen nicht abgewöhnen, sobald sie einige Minuten unbeaufsichtigt war, entschlüpfte sie wie eine flinke Eidechse und kam frohlockend zu mir, neben dem Bahnkörper daher, wo ein schmaler Fußpfad war.
Eines Tages, es war gerade um die Mittagszeit und Frau und Kind bei mir, passierte bei meinem Posten etwas Schreckliches. Ein Arbeiter des Hüttenwerkes war der Kürze wegen außerhalb des Ueberganges über die Schienen gelaufen. Ich hatte das nicht bemerkt, weil ein Schnellzug signalisiert war und ich aufzupassen hatte. Die Barrieren hatte ich auch vorschriftsmäßig heruntergelassen.
Der Schnellzug brauste heran. Die Kurve machte es bis zum letzten Augenblick dem Zugführer unmöglich, zu sehen, was in der Nähe meines Postens vorging. Rasch war seine Hand an der Bremse, aber es war unmöglich, den Zug auf die wenigen Schritte zum Stehen zu bringen. Der Mann fiel zu Boden und die Räder gingen über ihn weg. Während der Zug nun langsamer ging und der Führer sich von der Maschine weit abbeugte, um zu sehen, was aus dem Manne geworden war, entdeckte er mit Erstaunen, daß hinter dem letzten Wagen der Neberfahrene sich flink aufrichtete und davonlief. Der Lokomotivführer droh-e ihm mit der Faust und gab sofort wieder Volldampf. Ich aber holte mir den Mann heran und setzte ihn scharf zur Rede, wie er sich unterstehen könne, vor meinen Augen das Reglement zu übertreten. Er war froh, mit heiler Haut davongekommen zu sein und ließ sich ausschelten. Seine Geistesgegenwart hatte ihn gerettet: er hatte sich schnell ganz platt zwischen die Schienen gestreckt, so daß die Räder der Wagen ihn nicht hatten berühren können.
Ich notierte ihn zur Bestrafung. Aschen stand dabei und blickte den Mann mit großen erstaunten Augen wie ein blaues Wunder an. Der Vorfall machte einen großen Eindruck auf das Kind, aber das Schreckliche desselben begriff sie nicht.
„Herr Gott." sagte meine Frau entsetzt, „wie ist's hier gefährlich! Ich werde unser Aschen gar nicht mehr herauslaffen. Du kannst mir's nicht verdenken, Mann. Hörst Du, Afraja, Du darfst nicht mehr hierher gehen! Wehe Dir. wenn Du unfolgsam bist, Du bekommst sicher die Rute! Ich sperre Dich in den Stall und lasse Dich hungern."
Aschen stand ganz bestürzt, die Thränen liefen ihr über die rosigen Bausbacken herab und es war ein Ausdruck in ihrem Gesicht, als wollte sie sagen: „Ich Hab' doch nichts Unrechtes gelhan!"
„Nun geh' nur. Aschen", sagte ich, das Kind liebkosend, „ich komme ja bald herein und wenn ich dienstfrei bin, wollen wir recht viel miteinander spielen. Ich bin auch schon dabei, Dir einen schönen Puppenwagen zu bauen."
Meine Frau führte sie fort, aber ich sah, wie sie sich immer wieder nach mir umschaute, bis sie mich nicht mehr sehen konnte.
Am dritten Tage kam sie doch wieder allein wieder zu mir heraus. Sie lachte und jubelte: „Ich will bei Dir sein Papa!" Dann eilte sie zu den Kaninchen und nahm ihren Liebling auf den Arm. ein niedliches großes weißes Tier, dem sie ein rotes Bändchen um den Hals gebunden hatte. Ich hätte ja ein Barbar sein müssen, wenn ich das Kind hätte hart anlassen wollen! Meine Frau aber schalt sie tüchtig aus
und zankte mit mir. „Du wirst sie noch 'mal auf dem Gewissen haben!" sagte sie, worüber ich sehr böse wurde und das Kind in Schutz nahm. Endlich aber sah sie doch selbst ein, daß wir dem Kind die Freiheit und die Freude ihrer Jugend nicht nehmen konnten.
„Aschen ist eines Bahnwärters Kind", sagt' ich, „da muß sie sich an die Gefahr gewöhnen. Unser Leben steht in Gottes Hand."
Dabei blieb cs nun Das Kind kam täglich, spielte mit den Kaninchen und kletterte, Blumen pflückend, an dem Abhange umher, an welchem ein reizender schattiger Weg hinauf- führte. Dieser Weg wurde im Sommer auch von Touristen viel benutzt, welche die umliegenden Berge besuchen wollien.
(Schluß folgt.)
Aeöer Klein- und Jeldbahnen.
n.
Es sei bei dieser Gelegenheit auf eine von dem Bochumer Verein herausgegebene Denkschrift über den Bau und Betrieb der Kleinbahnen hingewiesen, in der u. a. hervorgehoben wird, daß sich von einzelnen Kreisen selbst gebaute und betriebene Kleinbahnen aufs Beste bewährt haben. Für die bloß mit Pferden oder von der Hand betriebenen Feldbahnen ist jedoch jede beliebige Spurweite zulässig, doch haben sich auch hier in der Praxis gewisse Normalien herausgebildet. Während in Fabriken unter Umständen noch kleinere Spurweiten als 600 mm Vorkommen, wenn die Oertlichkeiten beschränkt sind, so gilt für die Landwirtschaft dieses Maß auch im Auslande beinahe überall als Norm, da das Material in dieser Spur bei transportablen Strecken bei hinreichender Stabilität doch noch genügende Leichtigkeit und Beweglichkeit besitzt. Während selbst bei Kleinbahnen, wenigstens nach dem Gesetz in Preußen, ein Schienenprofil von mindestens 9,5 KZ für den m zur Anwendung kommt, sind bei Feldbahnen mit Pferde- und Handbetrieb solche von einem Gewichte von etwa 7 KZ. für den m und noch weniger zulässig und üblich. Wie nach der Größe der zu transportierenden Lasten die Stärke und Schwere der Geleise sich richtet, so nach der Dauer des Betriebes oder der Ausbeute, die Art derselben nämlich ob sest, halbbeweglich oder leicht beweglich. Die Ersten finden sich meist bei Bergwerken, Steinbrüchen, industriellen Anlagen, während in der Landwirtschaft meist die sich bis an die Arbeits- oder Schnittstelle ausdehnende halb- oder leichtbewegliche Konstruktion verwandt wird. Häufig bewährt sich aber am praktischsten eine Kombination von 2 oder allen 3 Arten, indem an ein festes Stammgleise sich beliebig zu verlegende bewegliche Gleise anschließen. Letztere gewähren den Vorteil, daß sie, aus durch Stahlschwellen verbundenen Gleisrahmen von meistens 5 m Länge bestehend, von nur 2 Mann in kürzester Zeit verlegt werden können, sich durch ihre Beweglichkeit ohne Schwierigkeit mittelst der patentierten Schuhwinkellasche mit einander verbinden, allen Unebenheiten des Geländes anpassen und sich auch ohne eigens gebogene Schienen in Kurven, wenigstens größeren Radien, legen lassen. Anschließend an die Gleise seien die die Verbindung mit anderen Linien herstellenden, dem jeweiligen Bedarf entsprechenden Zungen-, Schlepp- und Kletterweichen erwähnt, ferner Drehscheiben, auch transportable, dann Kreuzungen, Karrdielen u. i. w. Gegenüber den manig- faltigen Betrieben des Landwirts findet sich eine ebenso große Auswahl von Transportmitteln, als deren Urtypus der sogen. Unioersalunterwagen (Truck) zu bezeichnen ist, der durch die verschiedensten Zusammensetzungen eine fast unerschöpfliche Verwendbarkeit findet in Gestalt von Kippwagen jeder Art (Rund-, Vorder- und Seitenkipper) sür die verschiedensten Zwecke, so für den Transport von Hackfrüchten, Dünger, Erde, Lehm, Kies, Kohle rc., ferner als Ziegel-sEtagem und Plattformwagen, Wagen für Lang- und Scheitholz-, Torf-, Garben- und andere, auch Viehtransporte. Einer besonders praktischen Verwendung von Trucks sei noch gedacht, nämlich der zum Transport von allerlei Landsuhrwerk, das mitelst eigener Gabeln unter die Achsen gefaßt und dann auf den Trucks über Feldbahngleise gefahren wird.
Der Vorteil eines ausgedehnten Feldbahnsystems besteht also m der Möglichkeit, in kürzester Zeit und mit verhältnismäßig wenig Kosten Gleise an die verschiedensten Produktionsstellen, seien es Aecker, Forste, Moore, Kiesgruben oder andere Stellen, zu führen und diese unter großer Ersparnis an Zeit und tierischer Kraft, also an Geld, es mit dem Gutshof, der Fabrik, der Sägmühle, oder der nächsten Bahnstation oder anderen Stellen in unmittelbarer Verbindung zu bringen und eine billige, schnelle Beförderung der Güter in jeder Richtung zu schaffen. Der Bochumer Verein hat jahraus jahreinhäufig Gelegenheit gehabt, die verschiedensten Anlagen dieser Art, auch in Württemberg, zu bauen. Die ausgedehnte, vielseitig betriebene Landwirtschaft, die ausgebildete Waldwirtschaft mit ihren reichen Beständen an Bau- und Nutzholz, die reichen Torflager, wie die zahlreichen Ziegeleien im Lande, alle diese Betriebe werden in unserer Zeit der täglich sich steigernden Konkurrenz zur äußersten Anspannung ihrer Kräfte angeregt, wozu nicht allein Ausdehnung des Absatzes, sondern auch Verbilligung der Arbeitskraft unter gleichzeitiger Beschleunigung der Herstellung, Vereinfachung und Verbilligung der Transporte in der Fabrik, sowie bei der Abfuhr der Produkte gehört. Die Mittel hierzu,
Maschinen zur Herstellung und Gewinnung der einzelnen Erzeugnisse wie, und nicht in 2. Linie, die Transport, mittel in Gestalt der geschilderten, vielseitig verwendbaren Feldbahnen, sowie der Kleinbahnen, um die Erzeugnis?, schnell und billig aus den Markt, bezw. zu den qroßm Verkehrsstraßen zu bringen, finden unsere Landwirte auf der Ausstellung in Cannstatt in reichster Auswahl Denn, um mit den Worten des Geh. Rat Eyth aus der Hauptversammlung der Deutschen Landwirtscbaits' gesellschaft am 20. Febr. ds. Js. zu schließen, „die Industrie hat gelernt, was die Landwirtschaft zu lernen beginnt daß die Zeit der Not auch die Zeit der höchsten Thätiq- keit und Weitsichtigkeit im eigenen Berufe sein muß",
(Einges.) „Es giebt keine wahrhaft gute Erziehung, es giebt kein warhaft gutes Herz ohne Mitleid mir den Tieren." Wer seine Kinder früh zum Mitleid erzieht, wird im Alter Trost und Stütze an ihnen haben. Aus einer Jugend, die sich am Quälen hilfloser Tiere erfreut, erwachsen jene harten, unbarmherzigen Menschen, die auch ohne Mitleid und Erbarmen gegen ihre Mitmenschen sind, ja, eine Gefahr und Geißel werden können für die Menschheit. Der Mangel an Mitleid ist die Hauplquelle für alles mensch. liche Elend. Darum sind die größten Wohlthäter der Menschheit die, welche das Mitleid in die Herzen pflanzen. Das Kind lernt unbarmherzig, ja grausam werden am Tiere, über das es schon frühe Gewalt hat. Daher ist es so wichtig, das Kind schon in den ersten Lebensjahren an Mitleid und Barmherzigkeit gegen Tiere zu gewöhnen. — „Unbarmherzigkeit und Grausamkeit gegen die Tiere verhärten das Herz und verwildern das Gemüt und lassen auch unbarmherzig und grausam werden gegen die Menschen."
(Kal. d. Berl. Tierschutzver.)
Eisberge im Atlantischen Ocean. Die zwischen dem nördlichen Europa und New- Jork verkehrenden Schiffe haben große Schwierigkeiten durch Eisberge und Packeis zu gewärtigen, weshalb das hydrographische Amt in Washington eine Warnung an die Schiffsführer ergehen läßt. Das Eis kommt in diesem Jahr in ungewöhnlicher Menge von den arktischen Gebieten, so daß die Küste von Neufundland seit längerer Zeit blockiert und der Hafen von St. JohnS unzugänglich ist. Von Schiffsführern sind zahlreiche Meldungen über Eisberge eingelaufen, wogegen Packeis nicht so häufig beobachtet worden ist. Die Eisberge haben in diesem Jahre eine grünliche oder oft bläuliche Farbe, woraus man schließt, daß sie von den festen Eismassen auf sehr hohen nördlichen Breitegraden losgerissen worden sind, was wieder darauf hindeutet, daß in diesen Gebieten eine verhältnismäßig milde Witterung geherrscht hat.
Ein Regimentsteppich erregt in der Berliner Ausstellung in der Gruppe für Bekleidungsindustrie Aufsehen. Er ist nämlich aus den Achselklappen fast sämtlicher deutschen Regimenter aus den letzten fünfzig Jahren zusammengesetzt. so daß Jeder, der einmal gedient hat, leicht seine Regimentsnummer oder den Namenszug seines Regimentsinhabers wieder- finden kann.
sHöchste Neugierde.j „Sie haben keine Idee, wie neugierig diese Weiber sind! Was hat nicht meine Schwägerin gethan, um die tägliche Fortsetzung eines spannenden Zeitungsromans einige Stunden früher lesen zu können? Zeitungsträgerin ist sie geworden!"
Auflösung des Scherz-Rätsels in 86.
Brauch, Rauch, auch.
Zitat-Rätsel.
Aus jedem Zitat ist ein Wort zu nehmen, so daß ein neues Zitat entsteht.
1. Da schlug mein Herz in banger Sorg . - -
2. Arm in Arm mit dir, ford're ich mein Jahr
hundert in die Schranken.
3. Hinaus in die Ferne . . .
4. Hoffnung ist ein Wundcrstab ...
5. Ist der Jäger verliebt, geht der Schuß fehl.
6. Man ist nie weniger allein, als allein.
7. O frag' nicht, was mir fehle ...
8. Was hat man dir, du armes Kind, gethan r
9. Das ist nun so der Lauf der Welt.
10. Hoffen und Harren macht Manchen zum
Narren.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.