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laschender Weise bekundete diplomatische Geschicklichkeit durch die weitere Begnadigung der in dem Putschversuch des Dr. Jameson verwickelten Personen bewährt. Die Freilassung der Gefangenen ist in Südafrika freudig begrüßt worden. Präsident Krüger hat, obgleich er noch stark an Influenza leidet, den ganzen Tag über die Begnadigten empfangen, welche ihm ihren Dank ausdrückten.
Den türkischen Truppen ist es gelungen die von den Kretensern belagerte Garnison von Vamos zu entsetzen und die Garnison nach Herakleion zurückzuführen. Die allgemeine Lage auf der Insel Kreta hat sich gebessert, doch dauert die Erregung noch fort. — Der griechische Ministerrat hat beschlossen, bei der Pforte Vorstellungen wegen der Entsendung türkischer Truppen nach Kreta zu erheben. Auf diese Art bricht man aber Händel vom Zaun. Jede Regierung hat doch das Recht, ihre Truppen da- hin im eigenen Lande zu schicken, wo sie es für nötig erachtet. Die Pforte wird sicherlich die Vorstellung der griechischen Regierung zurück- weisen und sie hat dabei vollständig recht. Man denke sich einmal den Fall, Deutschland würde bei Frankreich oder Frankreich bei Deutschland Vorstellungen erheben, weil irgend ein neues Regiment an die Grenze versetzt worden ist. In einem solchen Falle wäre der Krieg unvermeidlich. Glücklicherweise sind die Großmächte einig in dem Bestreben, im Orient keinen politischen Brand aufkommen zu lassen und so wird der griechische Gernegroß sich wohlweislich hüten, allein mit den Türken einen Krieg anzufangen.
Athen, 3. Juni. Eine türkische Truppen- abtcilung von 85 Mann, die nach Bamos zurückkehrte, um dort zurückgelassenes Material abzuholen, wurde bis auf 2 Mann von den Aufständischen nicdergemacht.
Vermischtes.
Weber Klein- und Jeldöahnen
brachte der Schw. Merk. v. 27. Mai d. Js. einen „Eisen- bahnbries", den auch in unser Bl. aufzunehmen wir veranlaßt worden sind:
I.
Auf der diesjahr. Wanderausstellung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft, die in den Tagen vom 11. bis 15. Juni in Cannstatt stattfindet, nehmen, wie auch schon auf den früheren, die landwirtschaftlichen Maschinen und Transportanlagen einen hervorragenden Platz ein. Es ist ja längst nichts Neues mehr, daß namentlich bei den Amerikanern nicht die unerschöpfliche Fruchtbarkeit des Bodens allein das ausschlaggebende Moment ist siir dis die deutsche Landwirtschaft bedrängende überseeische Konkurrenz, sondern daß in jenen technisch so hoch entwickelten Ländern auch zur Bodenkultur die vollkommensten mechanischen und maschinellen Hilfsmittel heran- aezogen werden, die unvergleichlich leistungsfähiger und dabei auf die Dauer bedeutend billiger sind, als menschliche und tierische Arbeitskräfte. Aber der Nutzen der land- wirtschastl. Maschinen wäre doch nur halb, wenn nicht gleichzeitig die Besörderungsverhältnisse von und nach den Produktionsgegenden und innerhalb dieser selbst außerordentlich ausgebildet und verbilligt worden wären. Diesen Verhältnissen hat auch die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft seit Jahren ihre größte Aufmerksamkeit gewidmet und sucht durch ihre bereits seit 1887 alljährlich wiederkehrenden Wanderausstellungen zur Hebung der Leistungsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft u. a. auch durch Ausstellung techn. Hilfsmittel anzuregen. Bei der Frage der möglichst billigen Beförderung von Produktionsmitteln und Produkten nach und von den Produktionsgegenden und innerhalb dieser selbst spielen die schmalspurige Eisenbahn (die sog. Kleinbahn) wie die verlegbaren Feldbahnen eine große Rolle. Was die Kleinbahnen betrifft, so wurde in Preußen im Jahr 1892 ein eigenes Gesetz erlassen, um den Bau und die Finanzierung von solchen Kleinbahnen möglichst zu erleichtern. Je nach dem Umfang des Verkehrs, der Dichtigkeit der Bevölkerung und der Höhe der Produktion ist natürlich der Rahmen, in dem solche Kleinbahnen gebaut werden, wieder ein verschiedener; das Gesetz in Preußen hat, um allen Verhältnissen gerecht zu werden, außer der Normalspur noch die Wohl zwischen dreierlei Spurweiten freigegeben und zwar 1000 mm, 750 mm und 600 mm. Es würde hier zu weit führen, auf dieses Gebiet noch weiter einzugehen; es sei nur noch kurz bemerkt, daß die kleinste Spurweite von 600 mm sich mehr für die rein ackerbautreibenden, meist flachen Gebiete des Ostens eignet, während in schwierigerem Gelände und dort, wo der Personenverkehr eine größere Rolle spielt, größere Spurweiten zweckmäßig sind, um größeren Spielraum für die Konstruktion der Lokomotiven und Personenwagen zu erhalten. Wenn man nun bestrebt ist, mit der Kleinbahn den Ortsverkehr von Dorf zu Dorf und wenn angängig, von Gut zu Gut aufzunehmen, so bleiben gerade für die Landwirtschaft und Industrie doch noch zahlreiche kostspielige Transporte übrig, die
die Kleinbahn mit mechanischem Betriebe nicht aufnehmcn kann. Es ist dies der rein lokale Verkehr, der in der Landwirtschaft den künstlichen und natürlichen Dung vom Gutshofe auf das Feld, die Massenprodukte, Getreide, Stroh, Heu und besonders Zuckerrüben auf den Gutshof oder zur Kleinbahn oder eventl. an irgend einen Platz zur Verladung aus Schiffe bringt. Bei den hundertfachen Transporten, die in der Industrie, auf den Höfen und in den Fabrikräumen Vorkommen, erwachsen, wenn dieselben auf Fuhrwerken oder Karren mit Pferden- oder Menschenkraft fortgeschafft werden sollen, begreiflicherweise sehr erhebliche Mehrkosten, die z. B. den Rübenbau in großem Maßstabe unter Umständen vollkommen unmöglich machen können. Für diese rein lokalen Transporte hat die Eisenindustrie den untersten Zweig des Eisenbahnwesens, die feste und transportableFeldbahn, geschaffen. Begreiflicherweise haben gerade diele beiden letztbesprochenen Arten, die Klein- und Feldbahn, für die Landwirtschaft die hervorragendste Bedeutung; sie spielen deshalb auch in der Geräteabteilung jeder landwirtschaftl. Ausstellung eine besondere Rolle.
Es sei uns nun gestattet, diesemTeile der Ausstellung an der Hand des Materials des Bochumer Vereins für Bergbau und Gußstahlsabrikation in Bochum näher zu treten. Es befindet sich da reichhaltiges Material für Klein-, Feld-, Forst- und Industriebahnen aller Art und zwar liegendes wie rollendes Material. Der Bochumer Verein, der seit Anbeginn diese Wanderausstellungen regelmäßig beschickt, hat sich für die Entwicklung dieses Fabrikationszweiges besonders interessiert. Das Werk liefert das Material für derartige Bahnen in jeder gewünschten Spurweite.
Die Wochenschrift „Sport im Bild" schreibt: „Folgende kleine Anekdote, welche man sich in radsportlichen Kreisen Kopenhagens erzählt, ist bezeichnend für die allgemeine Verbreitung des Fahrrades. Ein Dienstmädchen hatte dort bei einer anderen Herrschaft Dienst genommen und fragte brieflich bei dieser an, ob es ihr auch gestattet wäre, ihre „Maschine" mitzubringen. Die Herrschaft dachte hierbei natürlich an eine Nähmaschine und gewährte die Bitte selbstver- stündlich. Doch wie erstaunte die gnädige Frau, als am festgesetzten Tage ihre neu engagierte Magd stolz auf dem Stahlroß daher kommt, um ihre neue Stellung anzutretcn.
Aus Frankreich, 26. Mai. Im „Champ de Courses", einem Sportblatte, findet sich folgende kulturgeschichtlich bemerkenswerte Anzeige: „Strick des Erhenkten, authentische Garantie. Herrührend vom Selbstmorde eines unglücklichen Sportsmann, ein Meter 60 Centi- meter. Verkauft zum Nutzen der Witwe. Berühmter Glückstalisman. Ein Centimeter: 5 Franken. Teil des Strickes, der die Strangulation herbeiführte, ein Centimeter: 10 Franken. Das Geld ist mittels Postanweisung zu senden an: M. I. Clifton, 154 Carls Court Road London W."
(Einen seltsamen Hochzeitszug) konnte man am Samstag in Paris vor dem Standesamt sehen: Der Bräutigam saß auf einem Kameel, die Braut rittlings auf einem Esel, gleich den Zeugen und den übrigen Hochzeitsgästen. Die Idee, die Feier in so „origineller" Weise zu veranstalten, war von der Braut, einer 46jähr. Wirtin, die einen ihrer Kellner, einen 22jähr. Burschen, heiratete, ausgegangcn. Die Frau hatte diesem für sie so freudigen Ereignis einen besonderen Glanz verleihen wollen. Der Anblick dieser Zirkus-Hochzeit hatte Hunderte von jungen Leuten angelockt, die dem Brautpaar mittelst Kasserolen und Ofenröhren eine regelrechte Katzenmusik brachten.
(Die Wohlthat eines Regenschirmes) soll jetzt auch den Pferden zu Gute kommen. Die Amerikaner Pittenger und Bretsford beabsichtigen nämlich, an der Deichselstange Kolben zu befestigen, an welche sich nach oben steigende Säulen an- schlietzen. Diese Säulen entsprechen dem Stocke eines Regenschirmes. Es ist nämlich an demselben ein aufklappbares Armsystem befestigt, welches mit einem wasserundurchlässigen Stoffe bezogen ist. Es ist wohl jedem klar, daß eine solche Einrichtung weniger bei Regenwetter, als bei dem den Pferden viel lästiger fallenden Sonnenschein sehr gut geeignet ist.
(Das Fahrrad sängt an, fürchterlich zu werden.) Ein erfindungsreicher Aankee, Charles Close von Danbury, hat eine neue Art erfunden, das Bicycle praktisch zu verwerten. Vor längerer Zeit schon ist ihm die Konstruktion einer Dreh
orgel gelungen, die zehn lange Stücke nach ein- ander spielte. Leider ermüdete der Arm des Spielers bald beim Drehen. Dem half Herr Close jetzt ab. indem er das Instrument mit seinem Bicycle so verband, daß eine mit dem Rade in Verbindung stehende Vorrichtung beim Fahren der Kurbel der Drehorgel bewegt. Was werden nervöse Leute zu dieser Erfindung sagen.
(Treibriemen aus Papier) sind durch D. R.-G.-M. Nr. 51585 an dem Fabrikanten Paul Ebbinghaus in Schäferhof bei Wangen i. Allg. geschützt. Der Riemen besteht nach der „Papier^ Zeitung" aus flachgepreßten Papierrohren, welche durch Draht oder Stifte zusammengehalten wer. den. Das Papier wird aus Natron-Zellstoff, Manilla und Bast hergestellt und die fertigen Rohre werden gegen Temperatureinflüsse und Reibung, sowie gegen Rutschen auf der Scheibe und Dehnung durch Tränken mit geeigneten Stoffen gesichert. Als Vorzüge dieser Riemen werden genannt: Dauerhaftigkeit, Billigkeit, gleichmäßiges Laufen und infolge der sich beim Gange entwickelnden Elektrizität inniges Anschmiegen an die eiserne Riemscheibe. Die Ver- bindung geschieht durch einfachen Draht oder Riemenverbinder.
Im „Anhalt. Staatsanz." lesen wir: „Be. kanntmachung. Se. Hoheit der Herzog hat höchstsich veranlaßt gefunden, dem Kaufmann Nathan Herzberg in Köthen den demselben am 29. April 1895 (dem Geburtstage des Herzogs) gnädigst verliehenen Titel „Kommerzienrat" wieder zu entziehen. Dessau, 27. Mai. 1896. Der Herzogliche Staatsminister, v. Koseritz."
(Schwalben-Klugheit.) A.: „Warum sitzen denn die Schwalben auf die Telephondräht?" — B.: „Weißt D', bei der feuchten Witter- ung haben 's alle Reumadischmus in de Fuß und jetzt lassen sie sich elegdrisiren." — (Anzüglicher Wunsch.) Bei einem Festmahl, das zu Ehren eines Possendichters anläßlich des jüngsten seiner Muse gegeben wurde, erhob einer der Teilnehmer sein Glas und rief aus: „Der Verfasser lebe hoch! „Möge er so alt werden wie — seine Witze!"
(Nicht abzuschrecken j Also wieder ein Hausierer! Drei Ihrer Kollegen Hab' ich heute die Treppe hinunterexpediert!" — „Sehr erfreut! Also hatten Sie die Güte, mir Ihre werten Aufträge zu reservieren?!"
(Nobel) Prinzipal (zum Kommis): „Herr Müller, dem Veilchenblüth sei' Sohn hat geheiratet! Telegraphieren Sie meine herzlichsten Glückwünsch' und setzen Se ihm 's Telegramm aus's Konto!"
(Eine böse Nummer.) Mutter: „Wenn Du in den Salon gehst, bring' doch dem Herrn Referendar eine Zigarre aus Papas Kiste mit." — Tochter: „Nicht wahr, daß der mir auch wieder abspringen soll!"
Rätsel.
Du kennst mich groß und kennst mich klein, Du findest mich in Wald und Hain,
Die Pflanze hat mich, nie das Tier,
Bei Mann und Frau begegn' ich dir,
Im Wachen sieh'st du und im Traum Mich stets, ich bin in jedem Raum.
Telegramme.
Frankfurt a M.. 4. Juni. Die „Frank- furter Zeitung" meldet aus St. Goar: Infolge eines wolkenbruchartigen Regens sind hier m der letzten Nacht bedeutende Bergrutschungen vorgekommen. Die Strecken St. Goar (unks* rheinisch) und St. Goarshausen (rechtsrheinisch) bis Kestert sind von Schuttmassen überschwemmt. Der Verkehr ist voraussichtlich auf 1 Lag unterbrochen.
Basel. 4. Juni. Der große Rat be' willigte mit großer Majorität den Kredit fu die Herstellung eines Krematoriums.
Redaktion, Druck und Berlag von C. Meeh in Neuenbürg.