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Horb. 8. April. Vorqestern wurden im Garten der Frau Müller z. „Bären" die ersten Spargeln gestochen.
Wcrvktprreise.
Neuenbürg, 11. April.
Butter, V, Kilo.»k 0.80—0.90
Landeier .... 2 Stück 11 «!, 1 Stück 6 ^ Kisteneier.1 Stück 6 «j.
Pforzheim, 11. April.
Landbutter, V, Kilo.0.95 1.05
Süßrahmbutter.1.00—1.15
Landeier 2 Stück .12 —13 «t
Kisteneier, 2 Stück.io—12 ^
Stuttgart, II. April.
Saure Butter, V, Kilo. 1 —
Süße Butter, V, Kilo .... 1.10—1.20
Frische Eier 10 Stück .55 ^
Kalkeier, 10 Stück .—
Ausland.
Die Italiener werden bei aller Freude über den gegenwärtigen Besuch des deutschen Kaiserpaares in ihrem Lande ihre afrikanischen Sorgen nicht los. Neuerdings spitzt sich wieder die Lage bei Kassala zu. Zwar hat dort Oberst Stevani die Derwische durch seinen Sieg vom 2. ds. Mts. wieder zurückgeschlagen, aber der alsdann unternommene Versuch des italienischen Kommandanten, die Derwische aus ihren eigenen Berschanzungen bei Tucru hinauszuwerfen, gelang nur teilweise, auch kostete er den Italienern 300 Tote und Verwundete. Oberst Stevani wollte zwar den Angriff am 4. d. M. erneuern, er mutzte indessen auf Befehl des Generals Baldiffera mit seiner Kolonne nach Agordat abziehen. Londoner Meldungen wollen sogar wissen, die Italiener hätten Kassala überhaupt geräumt, doch bedarf dieses Gerücht noch der Bestätigung. Zwischen den Italienern und den Abessyniern scheint zur Zeit eine Art stillschweigende Waffenruhe zu herrschen, doch auch über den Fortgang der Friedensverhandlungen vermutet man nichts.
Ein großes römisches Blatt schätzt nach einem aus Asmara eingetroffenen Briefe den Verlust der Abesshnier in der Schlacht bei Adua an Toten auf 5000 und an Verwundeten auf 7—8000 Mann.
Fürst Ferdinand von Bulgarien macht gegenwärtig Besuche bei verschiedenen europäischen Höfen. Nach der Rückkehr des Kaisers wird Fürst Ferdinand gegen Ende dieses Monats auch in Berlin eintreffen und wird hier wahrscheinlich am 30. April vom Kaiser empfangen werden.
Unterhaltender Heil.
Milli's Geheimnis.
Roman von S. S. Ham er.
(Fortsetzung.)
Wie gebrochen trat Milli in's Haus, schloß die Thüre hinter sich, sank vor einem Stuhl in die Kniee und weinte zum Steinerweichen.
Die Trauung Gertrud Barts war vorüber. Die Leute strömten aus der Kirche. Auf dem Vorplatz bildeten sich Gruppen von Frauen, denn sie mußten doch ihre Meinung austauschen und Klatsch treiben.
„Die nächste Hochzeit wird wohl in ihrem Hause abgehalten werden, Meisterin? wandte sich die Schwester Wilhelms an Frau West.
„Bei mir? Wer sagt das?" fragte diese ärgerlich.
„Nun, alle Welt!" entgegnete die junge Frau ausweichend.
„Wirklich? Alle Welt! Sagen Sie lieber: das Klatschmaul, Ihr Bruder!" kam es verächtlich von den Lippen der Meisterin.
„Mein Gott, warum machen Sie denn ein solches Geheimnis aus der Geschichte, Schwieger- mutter? mischte sich jetzt Sabine schadenfroh ins Gespräch. „Karl führte ja das Mädchen mit dem Buttermilchgesicht ganz offen in der Allee spazieren und Hans erzählte mir, daß sein Bruder, als er ihn neulich mit Milli Melland neckte, so rot wurde, wie ein Truthahn!"
„Das Mädchen wäre so übel nicht, nur sieht sie wie eine Herrnhuterin aus", bemerkte Betti Stolz, die Selchersfrau.
„Ich begreife es wahrhaftig nicht, wie Karl West dazu kommt, eine Fremde zu heiraten! Als ob es bei uns nicht genug hübsche Mädchen gäbe! Wenn das gut ausgeht, soll ich nicht Tischlermeisterin Schulze heißen!"
Die gute Dome besaß drei heiratsfähige Töchter und doppelt so viele Nichten, die alle ein Auge auf Karl geworfen hatten.
„Ich glaube, daß ein Mann, wie mein Sohn thun und lassen kann, was er will!" rief Frau West gereizt „Er wird wohl nicht erst die ehrenwerte Frau Schulze um Rat fragen."
In diesem Augenblick traten die Hochzeitsgäste aus der Sakristei und Frau West benutzte die Gelegenheit, um sich aus dem Staube zu machen. Der Boden brannte ihr unter den Füßen. Was kümmerte sie die fremde Braut, wo es sich um Karls Zukunft handelte? Sie witterte Unheil und konnte nicht umhin, ehe sie ins Haus ging, einen Blick über die Weiß dornhecke ins Nachbargärtchen zu werfen. Das Herz blieb ihr beim Anblick der frischgehackten Blumenbeete fast still stehen.
Hastig warf sie ihren Sonntagsstaat ab und begab sich, schmerzlich bewegt, in die Küche. Es that ihr weh, die Liebe ihres Erstgeborenen mrt einem andern Weibe teilen zu müssen. Eifersucht und bitterer Groll erfüllte sie gegen das Mädchen, von dessen Vergangenheit sie so gut wie gar nichts wußte und das doch die Macht besaß, ihr ihren Sohn abwendig zu machen. Wenn sie nicht selbst in ihren trüben Gedanken eingesponnen gewesen wäre, hätte cs ihr auffallen müssen, daß Karl bei Tisch kaum einen Bissen aß. Er mußte sich förmlich dazu zwingen, sie über den Verlauf der Trauung zu befragen.
„Um Dir die Wahrheit zu sagen, meine Gedanken waren heute mit etwas ganz Anderem beschäftigt, als mit der Trauung Trude Barts. Die Leute haben mich gefragt, wann wir die Deinige mit Milli Melland, dieser Puppe, feiern würden. Sie sind mit Recht über Deine Wahl erstaunt." sprudelte sie. sich in Zorn redend, hervor.
„Ich begreife nicht. Mutter, wie Du auf ein solches Geschwätz hören kannst?" entgegnete er mit gerunzelten Brauen. „Was kümmert es die Leute, selbst wenn es wahr wäre?"
„Mich kümmert es aber und es wäre der größte Kummer meines Lebens!" schluchzte die alte Frau.
„Wie kannst Du, eine Wittwe, so etwas aussprechen?" rief er zornig.
„Gott verzeih' mir's, aber nicht einmal am Begräbnistage Deines Vaters war mein Herz so schwer wie es heute ist. Ich hoffe zwar noch immer, daß Du Dich nicht von der schlauen, berechnenden Ausreißerin-"
„Schweig!" rief Karl, mit zornfunkelnden Augen von seinem Stuhl aufspringend. „Ich dulde es nicht, daß Du dieses Mädchen schmähst. Sollte ich noch einmal solche Worte von Dir hören, so würden es die letzten gewesen sein, die Du zu mir gesprochen. Ich mag mit Niemanden unter einem Dach Hausen, der Milli Melland Böses nachsagt. ... Ich würde den Traum meiner Jugend verwirklichen und nach Amerika auswandern. Du weißt, daß ich dies längst ge- than hätte, nur die Liebe zu Dir hielt mich zurück. . . . Und noch eins, Mutter: Ich liebe Milli und werde sie stets lieben, mag kommen, was da will. Heute habe ich Sie gebeten, mein Weib zu werden.->"
„Karl!" schrie Frau West schmerzlich auf.
„Und diese berechnende, schlaue Ausreißerin hat Deinen Sohn rundweg abgewiesen!" fuhr er mit heiserer Stimme fort. „Was sagst Du jetzt?"
Die Ueberraschung und Entrüstung der im Innersten getroffenen Mutter läßt sich unmöglich beschreiben. Sie faßte es einfach nicht, starrte Karl eine Weile sprachlos an, dann aber rief sie entrüstet:
„Abgewiesen! Weshalb denn? Wer ist diese Person, daß sie einem Karl West „Nein" zu sagen wagt?!"
„Sie ist Milli Melland — das schönste, das beste Weib in ganz Deutschland! Mutter, ich habe noch nicht alle Hoffnung aufgegeben.
Vielleicht wird Milli doch noch Deine Tochter Und glaube es mir. sie würde Dir eine gute Tochter sein. Versuch' es. mir zu Liebe, Dich mit ihr zu befreunden." schloß er ernst. ^ Arme Frau West! Als Karl das Zimmer verließ, sank sie wie vernichtet in ihren Stuhl zurück. Eifersucht. Zorn. Enttäuschung nagten an ihrer Seele. Sie haßte Milli Melland mehr denn je. Milli, die ihr die Liebe ihres Karl gestohlen, weigerte sich nun gar. ihn zu heiraten! Was sich diese „Puppe" wohl einbildete? Karl West, den hübschesten Burschen in der Umgeb. ung, den geschicktesten und gesuchtesten Hand- werker, ihren Sohn! Träumte sie? Es konnte nicht anders sein. Die alte Frau kneifte sich tüchtig in den Arm und mußte erfahren, daß sie wach sei und das Unfaßbare wahr.
(Fortsetzung folgt.)
fEin Schweren öter.j Mein Herz schlägt effektiv nur für Sie. Fräulein Emma! — Wirklich? — Ganz und gar nur für Sie, Fräulein Emma! Es ist sozusagen — emailliert!
(Fl. BU
Telegramme.
Wien, 12. April. Das „Fremdenblattsagt in einem Artikel zur Begrüßung des deutschen Kaisers, welcher am 15. ds. der Frühjahrs- Parade beiwohnen wird: Dem deutschen Kaiser gilt am 15. April der Gruß der rauschende» Feldmusik, aber auch der Gruß aller österreichischer und ungarischer Soldaten, und wenn sie diesen Gruß darbringen, werden sie der in den Annalen der Weltgeschichte verzeichnten That- sache gedenken, daß Waffenbrüderschaft die stärkste Bürgschaft für große Erfolge ist. Die Heere sind unüberwindlich in ihren Vereine und unüberwindlich sind die Staaten, welche ihnen vertrauen.
Wien. 13. April. Der Reichskanzler Fürst Hohenlohe und Gemahlin sind gestern Abend hier eingetroffen.
Venedig, 12. April. Das deutsche Kaiserpaar wohnte heute dem Gottesdienst an Bord der „Hohenzollern", die italienische Königsfamilie dem Gottesdienst im königl. Pailais bei.
Venedig, 13. April. Das Galadiner im Königsschlosse ist glänzend verlaufen. Der Kaiser erschien in Husarenuniform und dem Annunziatenorden. der König und der Kronprinz in Generalsuniform mit dem schwarzen Adlerorden. Die in Venedig weilenden Minister und Botschafter, sowie ein großes Gefolge von Herren und Damen nahmen Teil. Der Kaiser verlieh zahlreiche Auszeichnungen. Es herrscht sehr lebhafte Feststimmung.
Dünkirchen, 12. April. Der englische Dampfer „Hero" nahm im hiesigen Hafen eine Ladung von 75 Millionen Rubeln an Bord, die von der russischen Regierung in der Pariser Münze bestellt worden war. Das Geld, welches in 300 Kisten zu 50 Kgl verpackt, mittelst Sonderzugs hierher transportiert worden war, wird unter besonderen Vorsichtsmaßregeln erst nach Hüll in England und sodann mittels eines für derartige Zwecke eigens eingerichteten Schiffes nach Kronstadt gebracht werden.
Newyork, 12. April. Wie aus Havanna h gemeldet wird, beläuft sich der Ertrag der Zuckerernte auf Cuba bis 1 . April d. I. aus 77 228 Tonnen gegen 489 200 Tonnen im Vorjahre.
Madrid. 12. April. Wie aus Keywest gemeldet wird, verließ der Dampfer „Chile" mit Flibustiern ganz öffentlich den dortigen Hafen. Die Freibeuter segelten in Begleitung eines andern Schiffes, welches Waffen und Munition für Cuba mit sich führt.
Dem „Newyork Herald" wir aus Managua telegraphiert, daß 500 Aufständische unter General Otiz die Bundesstreitmacht, bestehend aus Truppen der Republiken Nicaragua und Honduras und befehligt von General Bonnller, gestern bei Elvego angegriffen haben; nach einem 5stündigen blutigen Kampfe seien die Aufständischen völlig" in die Flucht geschlagen worden und hätten ihre Munition in den Händen de Regierungstruppen zurückgelaffen.
Redaktion, Druck »ad Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.