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Krankenpflegerinnen, nach dem Vorgang anderer Bezirke, die Wohlthat einer geregelten Bezirks» krankenpflegc zu verschossen,
Pforzheim. 1. April. Der heutige Schweinemarkt war mit 90 Ferkeln berühren. Verkauft wurden 57 Ferkel zu einem Durchschnittspreis von 15 das Paar.
Ostern.
Ein vereinzeltes Schneewehen mag uns daran erinnern, daß der Winter sich zwar geschlagen, aber dennoch nicht vernichtet fühlt; aber diese letzten Kundgebungen eines vertriebenen Herrschers können doch nicht die einfache und doch so erfreuende Thatsache aus der Welt schaffen, daß der Frühling vor der Thüre steht, der Flur und Feld ein frisches Grün, dem müden Menschen neue Hoffnung und frohe Thatkraft bescheert.
Und zu kund dieser besseren Jahreszeit, zu kund aber auch vor allem der heiligen Lehre des Christentums, daß dem irrenden Sterblichen Vergebung und Versöhnung zu Teil wird durch das Leiden und Sterben des wieder von den Toten erstandenen Gottessohnes feiern wir Ostern; und die christliche Feier des Osterfestes giebt erst den Hoffnungen und Wünschen zum Frühlingsbeginne die würdige Weihe.
Neu schafft der Frühling die Natur, Kraft zu neuem Streben und Arbeiten giebt das Osterfest dem Menschen. Und er mag dieser Kraft mehr bedürfen als je, ernst ist das Dasein, mühevoll die Sicherung der Existenz. Und der Mensch, dessen Scharfblick begrenzt, kann nicht seinem Mitmenschen ins Herz sehen, dessen Denken, Fühlen und Sorgen erkennen. Wer will sagen, ob nicht gerade der, dessen Geschick einen Gegenstand des Neides für so manchen Anderen bildet, am meisten der Kraft bedarf, welche wir vom Osterfeste erstehen?
Stürmisch und gewaltthätig ist unsere Zeit, starrsinnig und voll Trotz so mancher, der behauptet, er wolle allein, ohne Mitwirkung eines gütigen Geschickes, nur durch eigene Thaten erzwingen, was er erstrebt. — Gewiß ist echte Thatkraft und Manneskraft ein Gut, welches gar nicht hoch genug geschätzt werden kann, aber von ihr verschieden ist vermessener Wille, der kein Ziel und kein Halten kennt, der nur Macht will und Glanz und Reichtum nicht zur Genüge, sondern bis über alle Maßen hinaus. Es ist ja so mancher von den Sprossen der Leiter gestürzt, die man Ueberhebung nennt, und an ihrem Fuße zerschellt, und wenn nicht unsere Zeit eine so schnelllebige wäre, würde manches Menschenschicksal als ernste Warnung unvergessen sein müssen. Man hastet vorwärts; wie lange und wieweit das gehen soll? — Wer will das wissen? Ein Geist der Ueberhebung, aus welchem eine aufreibende, lebensverbitternde Unzufriedenheit entsprießt, kennzeichnet unsere Zeit; und damit will man Wunderdinge verrichten?
Ach nein! Früher oder später kommt die zerschmetternde Krisis und bestehen wird nur, was aus echtem Menschengeist geboren, mit echter Menschenkrast ausgesührt wird. — Vieles erscheint heute glänzend und prunkvoll, und doch sind's nur Lustschlösser. Ein eisiger Wintersturin — und zusammenbricht, was nicht fest gegründet war. und ein neuer Frühling mag ein neues Leben aus dem Trümmern Hervorrufen.
Gedenken wir beim Osterfeste, bein Hinblick aus die Wiederauferstehung des Erlösers, bei dem frohen, hoffnungsvollen Ausschau auf den nahenden Lenz, daß wir Grenzen für unser Thun haben, eine Richtschnur für unser Wollen. Bald ist vernichtet, was über alle Anfechtungen erhaben schien, während doch aus redlichem Thun rechtschaffene Frucht erwächst.
Vieles, unendlich Vieles, was heute die Zwietracht im deutschen Volke schürt, und wo- über wir klagen, würde nicht sein, wenn jener undeutsche Geist der Ueberhebung ausgerottet würde, der so schlimme Blüten treibt. Er zeigt sich gerade da, wo er am wenigsten am Platze, und wirkt gerade das Gegenteil von dem, was er erzielen soll. Wir können nur wünschen, daß Ostern hierin ändert, bessert, Hilst!
Deutsches Reich.
Das deutsche Kaiserpaar weilt in Fortsetzung seiner Jtalienfahrt seit Mittwoch in Palermo, woselbst bis zum Ostersonntag abend Aufenthalt genommen werden soll. Auch in der Hauptstadt Siziliens sind die Majestäten von der Bevölkerung mit derselben Begeisterung begrüßt worden, wie schon vorher in Mailand, Genua und Neapel und mit echt süditalienischer Lebhaftigkeit ist hierbei die Freude aller Volkskreise über den Besuch, den jetzt dan deutsche Herrscherpaar zum erstenmale der Stadt Palermo und hiemit der Insel Sizilien abstattet, zum Ausdruck gekommen.
Der Kaiser hat den Gesandten z. D. Grasen zu Rantzau, den Schwiegersohn des Fürsten Bismarck, zum Wirkl. Geh. Rat mit dem Prädikat „Exzellenz" ernannt.
Berlin. 1. April. Der Kaiser schenkte dem Fürsten Bismarck zu seinem heutigen Geburtstag ein Gruppenbild, die photographische Aufnahme der kaiserlichen Familie in kunstvollem Bronzerahmen.
Friedrichsruh, 2. April. Gestern Abend trafen beim Fürsten Bismarck der kommandierende General Graf Waldersee und eine Osfiziersabordnung der Halberstädter Kürassiere ein, die am Mahle teilnahmen. Die Hamburger Sonderzüge brachten etwa 3000 Personen, darunter 300 Fackelträger. Nach dem Essen erschien der Altreichskanzler auf dem Balkon. Die Kapellen stimmten einen Choral an. Auf eine Ansprache Stälins antwortete Fürst Bismarck: Das Wohlwollen der Nachbarn sei für das Leben der deutschen Christen nach lutherischem Katechismus ein Bedürfnis. Er sei erfreut, daß er sich des Wohlwollens der hamburgischen Nachbarn seit so langer Zeit unentwegt erfreue, ohne es inzwischen wie so manches andere Wohlwollen verloren zu haben. Im Laufe seiner Rede legte Fürst Bismarck die Notwendigkeit dar, daß es Hamburg als einer großen Handelsstadt gut gehen müsse; dann werde es auch die fruchtbringenden Strahlen seines eigenen Wohlseins auf das Hinterland verbreiten. Wenn das Hinterland reich und wohlhabend werde, werde auch die Handelsstadt gedeihen. Der Vorbeimarsch der Fackelträger mit fünf Musikkorps dauerte 2/4 Stunden.
Wie es heißt, hat Herr v. Levetzow, der langjährige frühere Präsident des Reichstages, die Absicht, sein Reichstagsmandat niederzulegen.
Das Hauptverfahren gegen den frühem Chefredakteur der „Kreuzzeitung", Freiherrn v. Hammerstein, ist nunmehr eröffnet worden. Die Anklage wird erhoben 1. wegen Fälschung zweier Urkunden über je 100000 auf den Namen des Grasen Finkenstein. 2 . wegen Unterschlagung, und zwar durch Verwendung einer Summe von ea. 12000 ^ zu Privatzwecken des Angeklagten und 3. wegen fortgesetzten Betrugs bei Papierlieferungen.
Berlin, 30. März. Der chinesische Gesandte am hiesigen Hofe Hsü Ching Cheng hatte die Mitglieder der chinesischen Gesandtschaft zu einem Essen im Monopol-Hotel eingcladen. Da bei den Chinesen rot die Farbe der Freude ist, hatte man nicht nur einen Salon mit roter Tapete und gleichfarbigem Meublement ausgesucht, sondern auch ein rotes Tischtuch aufgedeckt und die Tischkarten auf rotem Papier drucken lassen. Dazu die bunten Gewänder der Chinesen — ein äußerst eigenartiges Bild
Berlin, I. April. Die Zeichnungen auf die neue chinesische Anleihe sind in so umfangreicher Weise eingelaufen, daß die Sammlung bereits heute früh wieder geschlossen wurde.
Karlsruhe, 2 . April. Von den jüngst veröffentlichten Reiseanordnungen des Kaisers bleibt noch jene für die Auerhahnjagden aus Kaltenbronn bei Gernsbach in Kraft, und zwar auf die Tage von Donnerstag, Freitag und Samstag (16. bis 18. April).
Württemberg.
Seine Majestjät der König hat die Stelle des Präsidenten der Regierung des Schwarzwaldkreises dem Oberregierungsral v. Bellino in Reutlingen übertragen.
Mit Ermächtigung Sr. Maj. des Königs ist mit Wirkung vom 1. April 1896 zum Vor
sitzenden des württ. Schiedsgerichts III. für In. validiläts- und Altersversicherung in Reutlingen der Regierungspräsident v. Bellino daselbst bestellt worden.
Reutlingen, 1. April. Dem von hier scheidenden Herrn Präsidenten v. Luz wurde gestern abend durch die vereinigten Gesangvereine Reutlingens (Licderkranz, Männergesangverein Leseverein, Frohsinn. Sängerkranz, Arbeitet bildungsverein und Weingärtner-Liederkranz) ein Ständchen gebracht. Unter Begleitung Fackeln tragender Mitglieder des hiesigen Turndundes und der Turngemeinde begaben sich die Sänger von der Lederstraße aus zu der im Kanzlei, gebäude belegenen Wohnung des Hrn. Präsidenten v. Luz. Als das erste Lied „Wem Got! will rechte Gunst erweisen" verklungen war, begaben sich die Vorstände sämtlicher Vereine in die Wohnung des Gffeierten, in deren Namen Herr Stadtr. Rupp eine Ansprache hielt. Die Gesangvereine ließen darauf das bekannte „Nun leb' wohl, du stille Gasse" ertönen und Herr Fabrikant Müller (Garrenstraß-) brachte, nachdem das Lied verklungen war, ein Hoch aus Herrn v. Luz und dessen Familie aus. Als drittes Lied folgte der Chor aus dem „Nachtlager von Granada" „Schon die Abendglocken klangen" Während des Vortrags desselben erschien Hr. Präsident v. Luz am Fenster und sprach in kurzen Worten, in welchen er erwähnte, daß er auch vor langen Jahren einmal als Sänger einem Vereine angehört habe, seinen und seiner Angehörigen Dank für die Ovation aus. Damit war die Feier beendigt und die Sänger zogen in geschlossenem Zuge zum Marktplatz, von wo sich dieselben in ihre Bereins- lokale begaben.
Kreglingen, 2. April. Heute starb hier Kaufmann Georg Pflüger, der von 1890 bis zu seiner im vorigen Jahre aus Gesundheitsrücksichten erfolgten Mandatsniederlegung den Wahlkreis Gerabronn-Künzelsau im Reichstage als Mitglied der Volkspartei vertreten hatte.
Tuttlingen, 31. März. Zu den bisherigen Schuhfabriken mit Maschinenbetrieb gesellen sich zwei neue große Fabriken, die im vergangenen Jahr erbaut wurden und Heuer dem Betriebe übergeben werden. Der Bau einer dritten Fabrik ist in Angriff genommen.
Mönsheim. O.A. Leonberg, 30. März. Ein heute früh gegen 2 Uhr zum Ausbruch gekommene Brand hat 6 Wohnhäuser, worunter 3 Doppelwohnhäuser und 5 Scheuern nebst mehreren kleineren Anbauten (Stallung, Schöpfen und einen Bienenstand), vernichtet. Zweifelsohne liegt boshafte Brandstiftung vor.
Tübingen, 2. April. (Sudmifsionswesen). Die hies. Bauhandwerker haben sich je berufs- weise geeinigt, um eine gemeinsame Lohn- und Accorüliste für die staatlichen Arbeiten außn- stellen. Die Anregung hiezu ging vom Gewerbeverein aus und mau darf mit Recht sagen, daß die Sache ihre Wirkung nicht verfehlen wird, wenn auch andererseits nicht bestritten werden kann, baß das sogen. Stempeln trotz Einigung nicht ganz aufhören wird. Dem ist aber die Genehmigung des Gemeinderats gegenübergestellt, der sich durch Angebote nicht mehr binden läßt.
Ausland.
Kopenhagen, 1. April. Aus der Privatschatulle des Königs Christian hat ein Kammer' diener 40000 Kronen gestohlen, was begreiflicherweise großes Aufsehen erregt.
Rom, 1. April. In Reggio di Calabria hak heute früh ein Erdbeben großen Schrecken verursacht. In Messina und Milazzo haben ebenfalls kurze Erschütterungen stattgefunden.
AusRumänien, 1. April. Gestern haben in der oberen Moldaugegend und au der unteren Donau furchtbare Stürme gewütet und viel Schaden angerichtet.
New-Iark, 1 April. Nach einer pesche des „Heralo" aus La Liverlad haben die Behörden von Honduras in Caballos am A- März den Dampfer „Bermuda", der am März mit Waffen und Munition von New-ZM abgegangen war. mit Beschlag belegt.
Mit einer Beilage. _^
Redaktion, Druck und Verlag von C. Mrrh in Neuenbürg.